Normen
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
Spruch:
1. Der erstangefochtene Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von
S 10.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. Die Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid des Militärkommandos Burgenland wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 12. Juni 1991 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 1. März 1989 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes - nach Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 9. Jänner 1990 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1990, Zl. 90/11/0055, neuerlich - gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 91/11/0108 protokollierte Beschwerde.
2. Mit Bescheid des Militärkommandos Burgenland vom 29. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführer "gemäß § 36 des Wehrgesetzes BGBl. Nr. 150/1978" (richtig: § 35 des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305) zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes im Bundesheer vom 28. November 1991 an einberufen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur Zl. 91/11/0114 protokollierte Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beide Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:
1. ZUR BESCHWERDE ZL. 91/11/0108:
Vorauszuschicken ist, daß sich der Beschwerdeführer nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, es lägen keine besonders rücksichtswürdigen familiären Interessen im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 vor, wendet.
Was das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers im Sinne dieser Gesetzesstelle anlangt, so hat die belangte Behörde die besondere Rücksichtswürdigkeit dieser Interessen abermals unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit der Begründung, daß der Beschwerdeführer seine Verpflichtung, die Planung und Gestaltung seiner beruflichen Angelegenheiten mit seiner Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes zu harmonisieren, verletzt habe, verneint. Während die belangte Behörde in dem mit Erkenntnis vom 29. Mai 1990 aufgehobenen Bescheid vom 9. Jänner 1990 nicht davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer diese Harmonisierungspflicht im Zusammenhang mit dem Erwerb der Zahnarztpraxis (samt den damit verbundenen Kassenverträgen) seines (infolge eines Herzinfarktes in den Ruhestand getretenen) Vaters, sondern auf Grund des späteren Eingehens von Kreditverbindlichkeiten im Rahmen seiner Praxis verletzt habe, hat sie sich nunmehr ausschließlich auf jenen Umstand gestützt, indem sie die Auffassung vertreten hat, daß aus näher genannten Gründen keine zwingende Notwendigkeit für eine vorzeitige Übernahme der Praxis bestanden habe und im übrigen trotz deren Übernahme damals die Möglichkeit einer geeigneten Vertretung oder einer "Ruhendstellung" für die Dauer des restlichen Grundwehrdienstes (im noch ausstehenden Ausmaß von vier Monaten) gegeben gewesen wäre.
Aktenkundig ist, daß der Beschwerdeführer mit Bescheid des Militärkommandos Burgenland vom 24. November 1986 von der Verpflichtung zur Leistung des restlichen ordentlichen Präsenzdienstes bis 15. Mai 1988 befreit wurde, "weil Sie zur Zeit mit dem Auf- und Ausbau Ihrer Zahnordination befaßt sind". Damit wurden bescheidmäßig die angeführten Umstände als besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen im Sinne des § 37 Abs. 2 lit. b Wehrgesetz 1978 (nun § 36 Abs. 2 Z. 2 Wehrgesetz 1990) anerkannt, was rechtlich zur Voraussetzung hatte, daß der Beschwerdeführer dadurch, daß er die Praxis seines Vaters im September 1986 übernommen und dann auch geführt hat, die ihm obliegende Harmonisierungspflicht im dargestellten Sinne nicht verletzt hat. In der diesem Bescheid beigegebenen Mitteilung wurde der Beschwerdeführer dementsprechend auch darauf aufmerksam gemacht, daß er (in Zukunft) seine persönlichen und wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen habe, daß er ohne erhebliche Schwierigkeiten seinen restlichen ordentlichen Präsenzdienst "per 29. Mai 1988" ableisten könne. Nur darauf hatte sich der Beschwerdeführer in der Folge einzustellen, weshalb ihm später nicht mehr eine Verletzung der Harmonisierungspflicht vorgeworfen werden durfte, die sich auf einen Umstand bezog, der bei der früheren Entscheidung über einen Befreiungsantrag - sei es zu Recht oder zu Unrecht - bereits als berücksichtigungswürdig angesehen worden war. Der Beschwerdeführer - dem mit dem genannten Bescheid der "Auf- und Ausbau" seiner Ordination ungeachtet der noch ausstehenden Ableistung des Grundwehrdienstes ermöglicht wurde - mußte nach Erlassung des Bescheides vom 24. November 1986 lediglich bestrebt sein, die Planung und Gestaltung seiner beruflichen Angelegenheiten so vorzunehmen, daß für den Fall der Einberufung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Der Beschwerdeführer, dem sogar mit Bescheid vom 18. April 1988 "wegen der festgestellten besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen infolge Verlegung der Zahnarztpraxis" bis 15. Mai 1989 nochmals eine Befreiung gewährt worden ist, hat nunmehr neuerlich das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen geltend gemacht, ohne daß sich die belangte Behörde bei Beurteilung der Berechtigung dieses Antrages mit der Frage auseinandergesetzt hätte, ob der Beschwerdeführer nach Erlassung des Bescheides vom 18. April 1988 ein Verhalten gesetzt hat, das mit seiner Harmonisierungspflicht nicht vereinbar war. Wäre sie hiebei zu dem Ergebnis gekommen, daß dies nicht der Fall war, so wäre diesem Antrag (zumindest wieder befristet) stattzugeben gewesen. Dies hat die belangte Behörde verkannt. Daran vermag auch die von ihr in Erwiderung auf einen entsprechenden Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes geäußerte Ansicht, daß es dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Wehrpflichtigen widerspräche, den Beschwerdeführer dadurch zu begünstigen, daß eine von ihm selbst in Kenntnis der zu erwartenden Einberufung geschaffene Situation als besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse gewertet würde, nichts zu ändern, ist doch eine Wertung in Ansehung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer die Zahnarztpraxis trotz seiner Präsenzdienstpflicht erworben hat, schon bei Erlassung des Bescheides vom 24. November 1986 zu seinen Gunsten erfolgt und wäre die neuerliche Wertung auf dieser Grundlage (unter weiterer Bedachtnahme auf den Bescheid vom 18. April 1988) nur in der Richtung, welche Dispositionen der Beschwerdeführer, davon im Vertrauen darauf ausgehend, seither getroffen und ob er hiebei seine Harmonisierungspflicht hinreichend beachtet hat, vorzunehmen gewesen.
Der erstangefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
2. ZUR ZL. 91/11/0114:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid lediglich in seinem "Recht auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes im Sinne des § 36 Abs. 2 Zif. 2 Wehrgesetz 1990 BGBl. 305 (vormals § 37 Abs. 2 lit. b Wehrgesetz 1978) verletzt". Auch die sonstigen Beschwerdeausführungen stimmen mit diesem Beschwerdepunkt zur Gänze überein. Dabei zieht der Beschwerdeführer zur Begründung dieser Beschwerde die Begründung heran, der er sich in seiner (zur hg. Zl. 91/11/0108 protokollierten und unter Punkt 1. erledigten) Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 12. Juni 1991, betreffend Abweisung seines Antrages auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes, bedient hat.
Dem Beschwerdeführer ist - im Sinne der Begründung des einen ähnlichen, ihn betreffenden Beschwerdefalles erledigenden Erkenntnisses vom 29. Mai 1990, Zl. 90/11/0077, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG näher verwiesen wird - entgegenzuhalten, daß er im Zeitpunkt der Erlassung des Einberufungsbefehles von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes nicht befreit war, sodaß aus diesem Grund kein Hindernis für die Erlassung des gegenständlichen Einberufungsbefehles bestand, und der Umstand, daß der Beschwerdeführer (im übrigen erst nach Erlassung des Einberufungsbefehles) gegen den seinen Befreiungsantrag abweisenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat, im gegebenen Zusammenhang ohne Belang ist. Auch die Aufhebung dieses Bescheides (unter Punkt 1.) führt daher nicht zur Rechtswidrigkeit des Einberufungsbefehles.
Da somit der Inhalt dieser Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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