Normen
AVG §66 Abs4;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §9 Abs3;
VStG §9 Abs4;
AVG §66 Abs4;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §9 Abs3;
VStG §9 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. November 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung der E-Gesellschaft m.b.H. nach außen Berufener im Sinne des § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 176/1983 zu verantworten, daß diese Gesellschaft am 3. April 1989 in W, X-Gasse, ein von ihr importiertes verpacktes Lebensmittel, und zwar eine Packung Olivenöl von Kilis zu 948 g durch Lieferung an die H-Gesellschaft m.b.H. in W, Y-Gasse, in Verkehr gesetzt habe, das insofern nicht entsprechend den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 - LMKV 1973, BGBl. Nr. 627, gekennzeichnet gewesen sei, als die Kennzeichnungselemente nach § 3 Z. 8 (Lagerbedingungen) und § 3 Z. 12 (der Zeitpunkt der Verpackung in verschlüsselter Form) - bestimmt nach Tag, Monat und Jahr - oder die Chargennummer) gefehlt hätten und bei Angabe des Kennzeichnungselementes nach § 3 Z. 10 lit. c LMKV 1973 (die empfohlene Aufbrauchsfrist, bestimmt nach Monat und Jahr) die Angabe des Monats gefehlt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 74 Abs. 5 Z. 1 in Verbindung mit § 77 Abs. 1 Z. 19 des Lebensmittelgesetzes 1975 - LMG 1975, BGBl. Nr. 86, sowie § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 Z. 32 LMKV 1973. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von S 1.500,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Beschwerdeführer bringt vor, wegen der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung hätte über ihn keine Verwaltungsstrafe verhängt werden dürfen, da Verfolgungverjährung eingetreten sei. Als Tatzeit habe die belangte Behörde den 3. April 1989 angenommen. Da es sich bei der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht um die Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben handle, betrage die Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG sechs Monate. Die als erste Verfolgungshandlung anzusehende Zustellung des Straferkenntnisses erster Instanz sei am 14. Dezember 1989 und daher erst nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt. Die Verjährungsfrist könne nicht durch Verordnung ausgedehnt werden. Verjährung liege aber selbst dann vor, wenn von einer sechs Monate übersteigenden Verjährungsfrist ausgegangen werde. Die belangte Behörde habe nämlich den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses neu gefaßt. Eine Verwaltungsübertretung derart, wie sie der angefochtene Bescheid enthalte, sei dem Beschwerdeführer erstmals im Spruch des Bescheides der belangten Behörde angelastet worden. Dieser sei ihm am 3. Jänner 1991 und somit nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellt worden. Die belangte Behörde habe es außerdem verabsäumt, innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist die Tat ausreichend eindeutig zu bezeichnen; die Wendung "eine Packung Olivenöl von Kilis zu 946 g" mache die Ware nicht ausreichend unterscheidbar, da nicht davon gesprochen werde, um welche Packung Olivenöl von Kilis zu 948 g es sich tatsächlich handle. Allein aufgrund des Spruches des angefochtenen Bescheides könnte die Verwaltungsbehörde gegen den Beschwerdeführer ein anderes Verwaltungsstrafverfahren einleiten und mit verurteilendem Bescheid abschließen.
Die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, weil der Anzeiger/Meldungsleger nicht als Zeuge vernommen worden sei, obwohl der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten habe. Jedenfalls seien die bisher vorliegenden Ermittlungsergebnisse derart mangelhaft und unzureichend, daß eine Sachentscheidung noch nicht gefällt werden könne.
Als Verletzung von Verfahrensvorschriften werde auch gerügt, daß dem Beschwerdeführer nach Überreichung der Berufungsschrift der bisherige Akteninhalt vor Erlassung des Berufungsbescheides nicht vollinhaltlich nachweislich zur Kenntnis gebracht worden sei, damit er dazu Stellung nehmen könne.
Bezüglich der Strafbemessung ist der Beschwerdeführer der Meinung, die belangte Behörde hätte von der Möglichkeit des Absehens von der Strafe nach § 21 VStG Gebrauch machen müssen, denn auch wenn der Vorwurf der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zutreffend sei, sei doch für den Beschwerdeführer als Staatsbürger der Türkei, auch wenn er in Wien ein Großhandelsunternehmen führe, die Art und Weise der Begehung der Verwaltungsübertretung nicht als solche zu erkennen gewesen. Daß die Folgen der Übertretung unbedeutend seien, sei evident.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Beschwerdeführer wird eine Übertretung des Lebensmittelgesetzes (§ 74 Abs. 5 Z. 1) in Verbindung mit der LMKV 1973 zur Last gelegt. Bei diesen Verwaltungsübertretungen beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist nach § 75 Abs. 6 LMG 1975 ein Jahr. Dem Beschwerdeführer wurde, wie sich aus der mit ihm aufgeommenen Strafverhandlungsschrift ergibt, am 27. September 1989 die Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben war, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung zur Kenntnis gebracht. Damit wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine die Verjährung ausschließende Verfolgungshandlung gesetzt (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11525/A).
Die belangte Behörde hat den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in folgenden Punkten abgeändert bzw. ergänzt: Der Vorwurf, der Beschwerdeführer habe die Übertretung als zur Vertretung nach außen Berufener der E-GesmbH zu verantworten, wurde dahingehend präzisiert, daß er als "handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen Berufener" zur Verantwortung gezogen werde.
In welcher Eigenschaft der Beschuldigte eines Verwaltungsstrafverfahrens die Tat zu verantworten hat, ist nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit betreffendes Merkmal. Die belangte Behörde durfte daher das erstinstanzliche Straferkenntnis entsprechend ergänzen, ohne ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1987, Slg. N.F. Nr. 12.375/A).
Eine weitere Änderung betrifft die Präzisierung des Tatortes mit "W, X-Gasse", die Aussage, daß es sich bei der beanstandeten Ware um von der E-GesmbH importiertes Olivenöl handle, die Präzisierung der Menge ("eine Packung Olivenöl") und die Änderung der Bezeichnung von "Olivenöl von Kilis A 950 g" auf "Olivenöl von Kilis zu 948 g". Der Tatort W, X-Gasse, war bereits in der Anzeige enthalten, die, wie erwähnt, dem Beschwerdeführer innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht wurde. Die belangte Behörde war daher berechtigt, dieses Merkmal der angelasteten Verwaltungsübertretung in den Spruch ihres Bescheides aufzunehmen. Gleiches gilt für die Menge der inkriminierten Ware und für die Tatsache, daß es sich dabei um Importgut handelte, wobei dies für die Erfüllung des Tatbestandes ohnehin ohne Belang ist. Die Bezeichnung der Ware mit "Olivenöl von Kilis zu 950 g" anstelle von "Olivenöl von Kilis A 950 g" bedeutet keine inhaltliche Änderung.
Schließlich hat die belangte Behörde auch noch eine Präzisierung der als verletzt bezeichneten Rechtsvorschriften vorgenommen, wozu sie berechtigt war (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1985, Zl. 85/03/0081, u. a.).
Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren eine Stellungnahme abgegeben, die von der Strafbehörde erster Instanz als Rechtfertigung in der Richtung gedeutet wurde, daß die E-GesmbH, bevor sie ihre Ware verkaufe, deutschsprachige Etiketten aufklebe, welche den Bestimmungen der LMKV entsprechen. Der Beschwerdeführer hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren nähere Ausführungen, insbesondere ob sich dies auch auf die beanstandete Ware beziehe, gemacht, noch Beweise für seine Behauptung angeboten. Demgegenüber konnte sich die belangte Behörde auf die durch ein amtliches Untersuchungszeugnis der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung und eine Fotokpie der inkriminierten Etikette untermauerte Anzeige stützen. Angesichts dieser Beweislage bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung zur Vernehmung des Anzeigers als Zeugen. Der Beschwerdeführer vermochte in seiner Verwaltungsgerichtshofbeschwerde auch nicht anzugeben, welche Sachverhaltselemente durch eine Vernehmung des Anzeigers als Zeugen geklärt werden sollten bzw. zu welchem Beweisthema dieser hätte vernommen werden sollen. Im vorliegenden Fall liegen daher die vom Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. N.F. Nr. 9602/A, genannten Voraussetzungen, unter denen die Behörde verpflichtet ist, einen Anzeiger/Meldungsleger als Zeugen zu vernehmen, nicht vor.
Wie bereits ausgeführt, wurde dem Beschwerdeführer anläßlich seiner Einvernahme bei der Strafbehörde erster Instanz der (aus der Anzeige bestehende) Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben, sich zu rechtfertigen. Weitere, dem Beschwerdeführer nicht bekanntgegebene Beweismittel hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Es bestand für sie daher auch keine Verpflichtung, dem Beschwerdeführer im Zuge des Berufungsverfahrens den gesamten Akt nochmals vorzuhalten. Dem Beschwerdeführer stand es allerdings frei, Akteneinsicht zu nehmen. Daß ihm diese verweigert worden sei, ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen und wird vom Beschwerdeführer selbst auch nicht behauptet.
§ 44a lit. a VStG stellt das Erfordernis der in den Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Nach § 44a lit. a VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände im Spruch so genau zu umschreiben, daß
1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A).
Der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. 11894/A).
Diesen Anforderungen genügt der Spruch des angefochtenen Bescheides. Es ist kein Grund zu ersehen, warum der Beschwerdeführer aufgrund der von der belangten Behörde vorgenommenen Spruchfassung der Gefahr einer neuerlichen Bestrafung ausgesetzt sein sollte.
Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Eine Person, die in Österreich ein Großhandelsunternehmen führt, ist verpflichtet, sich über die auf dem Gebiet ihrer Tätigkeit erlassenen Vorschriften zu informieren. Unkenntnis dieser Vorschriften vermag vor einer Bestrafung daher nicht zu schützen. Sie führt auch nicht dazu, daß das Verschulden des Täters geringfügig ist und daher § 21 Abs. 1 VStG anzuwenden ist.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
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