VwGH 91/09/0036

VwGH91/09/003626.6.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Germ, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, über die Beschwerde der A-GmbH gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 31. Jänner 1991, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AMFG §9 Abs1;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b idF 1990/450;
AMFG §9 Abs1;
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b idF 1990/450;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11. 510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 18. Oktober 1990 beim Arbeitsamt Metall-Chemie den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den jugoslawischen Staatsangehörigen G für die Tätigkeit eines Schweißers.

Diesen Antrag lehnte die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom 26. November 1990 gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Die Begründung beschränkt sich nach Wiedergabe des § 4 Abs. 1 AuslBG auf folgende Ausführung:

"Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ist davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Schweißer/innen Arbeitssuchende vorgemerkt sind und für eine Vermittlung in Betracht kommen. Es spricht daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung."

Gegen diesen Bescheid brachte die beschwerdeführende Partei ein von der belangten Behörde als Berufung gewertetes Schreiben vom 4. Dezember 1990 ein, mit dem sie auf betriebsbedingte Besonderheiten und auf diesbezüglich notwendige Fachkenntnisse, die der beantragte Ausländer angeblich aufweise, verwies und berücksichtigungswürdige Gründe familiärer Natur (- die Gattin des beantragten Ausländers sei im Besitz einer Arbeitsbewilligung, sei aber nicht in der Lage beide zu ernähren -) vorbrachte.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung wird nach zusammengefaßter Darstellung der Rechtslage (§§ 3 Abs. 1 und Abs. 2, 4 Abs. 1, 4b AuslBG) weiter ausgeführt:

Es sei festgestellt worden, daß der beantragte Ausländer laut vorgelegten Meldezetteln von 8/89 bis 12/89 und von 6/90 bis laufend in Österreich "aufhältig" gewesen sei bzw. sei. Weiters sei festgestellt worden, daß der beantragte Ausländer nicht unter die begünstigende Übergangsbestimmung des § 32 der Novelle 1990 zum AuslBG falle. Danach sei für Ausländer, die zumindest seit dem 1. April 1990 ununterbrochen in Österreich gemeldet seien, dies durch Meldezettel nachweisen könnten und für die bis zum 31. Oktober 1990 der gegenständliche Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht worden sei, eine Beschäftigungsbewilligung ohne Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu erteilen. Da diese Voraussetzungen nicht vorgelegen seien, sei im gegenständlichen Fall die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu prüfen gewesen.

Die beschwerdeführende Partei habe einen Schweißer gesucht und für den genannten Ausländer die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung beantragt. Es sei zwar eine Bescheinigung über die Ausbildung des genannten Ausländers in Jugoslawien zum Schweißer vorgelegen, jedoch werde diese in Österreich nicht anerkannt. Derzeit sei eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische ungeprüfte Schweißer, die Arbeitslosengeld bezögen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden, möglich. An der Vermittlung dieser Personen bestehe - im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung- ein dringendes öffentliches Interesse; diesem Personenkreis sei primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen.

Es sei festgestellt worden, daß der beantragte Ausländer noch keine entsprechenden Dienstverhältnisse in Österreich habe nachweisen können, auf Grund deren er Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hätte. Es seien der beschwerdeführenden Partei an Stelle des beantragten Ausländers beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte angeboten worden. Die beschwerdeführende Partei habe jedoch solche Arbeitskräfte ausdrücklich abgelehnt. Damit habe die beschwerdeführende Partei ihr Desinteresse an der Deckung eines konkreten Arbeitskräftebedarfes bekundet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Maßgebende Rechtsgrundlage für die Entscheidung der belangten Behörde ist § 4 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990.

Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn

a) die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und

b) wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Hinsichtlich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Sinne des genannten § 4 Abs. 1 AuslBG ist im § 4b AuslBG festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer, mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Ausländer, bei denen berücksichtigungswürdische Gründe vorliegen ....) in der mit der Aufzählung angegebenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der beantragte Ausländer nicht unter die Übergangsbestimmungen nach § 32 AuslBG fällt. Weiters ist unbestritten geblieben, daß der beantragte Ausländer noch keine entsprechenden Dienstverhältnisse in Österreich nachweisen kann, auf Grund deren er Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hätte.

Die Behörde stützt ihre Ablehnung darauf, daß die beschwerdeführende Partei einen Schweißer gesucht habe, die einschlägige Ausbildung des beantragten Ausländers in Österreich nicht anerkannt werde und eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische ungeprüfte Schweißer, die in Bezug von Arbeitslosengeld und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stünden, möglich sei.

Daran ist im Sinne des § 4b AuslBG richtig, daß inländische und ausländische Arbeitssuchende, die Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben, soferne sie die objektiv berechtigten Anforderungen an den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllen, vorrangig zu vermitteln sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG, die im gegenständlichen Zusammenhang nur im Hinblick auf die mit der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 erfolgte Einfügung des § 4b hinsichtlich der bevorzugt zu vermittelnden Personen zu modifizieren ist, muß aber auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermitlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt sein, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens eine der bevorzugt zu vermittelnden Personen entsprechend der im § 4b AuslBG enthaltenen Reihenfolge zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben.

Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigende Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die nach den vorstehenden Rechtsausführungen über eine Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zugrunde zu legen sind.

Gemäß § 58 Abs. 2 des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 30 EGVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Den dargelegten Anforderungen entspricht weder das von der belangten Behörde abgeführte Verfahren, noch die Begründung des angefochtenen Bescheides.

Es bleibt offen, ob es sich nicht bei den von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Berufung geäußerten Vorbringen hinsichtlich der an den zu besetzenden Arbeitsplatz gestellten Anforderungen noch um eine zulässige, objektiv gerechtfertigte Modifikation der ursprünglich mit "Schweißer" bezeichneten beruflichen Tätigkeit handelt (vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Zl. 88/09/0040). Ausgehend von der beantragten beruflichen Tätigkeit "Schweißer" ist es aber jedenfalls nicht gerechtfertigt, daß seitens der Behörde deshalb, weil das diesbezügliche Zeugnis des beantragten Ausländers in Österreich angeblich nicht anerkannt wird, das Anforderungsprofil auf "ungeprüfte Schweißer" abzuändern.

In der entscheidungswesentlichen Frage der Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung beschränkt sich die belangte Behörde auf allgemeine Ausführungen, ohne - im Sinne der vorher genannten Rechtsprechung - durch entsprechend konkrete Sachverhaltsfeststellungen und Erörterungen dem Verwaltungsgerichtshof eine nachprüfgende Kontrolle des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit in dieser Hinsicht zu ermöglichen.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, daß der beschwerdeführenden Partei in Vermittlungsvormerkung stehende Arbeitskräfte angeboten, diese aber ausdrücklich abgelehnt worden seien, bleibt aus mehreren Gründen, mangelhaft. Wie bereits vorher dargelegt, entbehrt die Frage der berechtigten Anforderungen an den zu besetzenden Arbeitsplatz hinreichender Feststellungen.

Weiters enthält der Bescheid erster Instanz nur die Aussage, daß auf dem relevaten Teilarbeitsmarkt Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen und deshalb die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung spreche. Daraus folgt aber nicht, daß seitens der Behörde eine konkrete Ersatzkraftstellung versucht worden ist. Der Hinweis in der Gegenschrift, das Arbeitsamt habe eine Ersatzkraftstellung angeboten, der Beschwerdeführer darauf aber nicht reagiert, steht mit diesem Wortlaut der Begründung des erstinstanzlichen bescheides im Gegensatz und findet auch in der Aktenlage keine Deckung. Der diesbezüglichen Erklärung der belangten Behörde in der Gegenschrift, das "EDV-mäßige" Schreiben vom 8. November 1990 sei nach "Bescheiddruck" nachträglich nicht mehr "ausdruckbar", kann - ausgehend von den Grundsätzen eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens - keine für die Ansicht der Behörde stützende Funktion zugebilligt werden. Mangels jeglicher konkreter Angabe im angefochtenen Bescheid bzw. nachvollziehbarer Unterlagen bei den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens bleibt auch offen, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Feststellung gelangt, der beschwerdeführenden Partei seien in Vormerkung stehende Arbeitskräfte angeboten worden und diese seien AUSDRÜCKLICH abgelehnt worden. Sollte dieser Schluß allenfalls aus dem Nichtvorliegen eines "aktuellen Vermittlungsauftrages" gezogen worden sein oder damit im Zusammenhang stehen, wird jedenfalls darauf hingewiesen, daß es eines solchen zusätzlich zum Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu stellenden Antrages nicht bedarf (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1991, Zl. 91/09/0009).

Aus den vorher dargelegten Gründen, mangels entsprechender Feststellung des wesentlichen Sachverhaltes, des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens und einer entsprechenden Begründung für die Entscheidung der Behörde, ist der Verwaltungsgerichtshof nicht in der Lage, eine abschließende Beurteilung der Rechtmäßigkeit vorzunehmen. Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Für das fortgesetzte Verfahren wird bemerkt, daß darauf Bedacht zu nehmen sein wird, daß der beantragte Ausländer gegebenenfalls aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu der nach § 4b Z. 3 AuslBG begünstigten Gruppe zu zählen sein wird und ihm daher nur die unter Z. 1 und Z. 2 der genannten Bestimmung fallenden Personen vorgezogen werden dürften.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes , BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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