VwGH 91/05/0220

VwGH91/05/02207.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des K in N, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 3. Oktober 1991, Zl. MD-VfR-B XV-28/91, betreffend ein Ansuchen um Erstreckung der Erfüllungsfrist eines rechtskräftigen baupolizeilichen Auftrages, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs2;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs7;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §59 Abs2;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs7;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Hauses Wien, F-Gasse 22. Mit Bescheid vom 13. November 1990 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, dem Beschwerdeführer gemäß § 129 Abs. 4 und 10 der Bauordnung für Wien (im folgenden: BO) unter anderem nachstehende Aufträge:

"1. Die lockeren Verputzteile der Gassenschauseite und der rechten Feuermauer des Hintertraktes sind abschlagen zu lassen.

2. Der an mehreren Stellen schadhafte Verputz der Gassenschauseite und der im Bereich des Erdgeschoßes schadhafte Verputz der rechten Feuermauer des Hintertraktes ist instandsetzen zu lassen.

3. Die schadhafte Verblechung des gassenseitigen Hauptgesimses ist instandsetzen zu lassen..."

Im Bescheid wurde ausgesprochen, daß der Auftrag nach Punkt 1 binnen 14 Tagen nach Zustellung, die Aufträge nach den Punkten 2 und 3 binnen neun Monaten nach Rechtskraft des Bescheides ausgeführt werden müssen. Der Bescheid wurde rechtskräftig.

Mit Eingabe vom 29. Juni 1991 ersuchte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Aufträge Punkt 2 und Punkt 3 um Fristerstreckung bis Ende 1992. Eine Instandsetzung des fehlenden Fassadenverputzes sei zur Zeit nicht wirtschaftlich, weil sich der Beschwerdeführer mit der Sockelsanierung des Hauses befasse und diese Arbeit in Auftrag geben würde. Der lockere und schadhafte Fassadenverputz sei bereits abgeschlagen worden, sodaß nicht Gefahr in Verzug sei.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 8. August 1991 wurde dieses Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Die Behörde habe einen Anlaß zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG nicht finden können, weil eine Fristverlängerung besonders wegen der Art der vorhandenen Baugebrechen (schadhafte Gassenfassade) und der damit verbundenen Gefährdung von Personen nicht den öffentlichen Interessen entsprechen würde. Daher sei das Anbringen des Beschwerdeführers, welches die Abänderung eines der Berufung nicht mehr unterliegenden Bescheides begehre, wegen entschiedener Sache "abzulehnen" gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er u.a. vorbrachte, eine Gefährdung von Personen liege nicht mehr vor; es seien alle Maßnahmen gesetzt worden, um eine Verschlechterung des Bauzustandes hintanzuhalten. Nach Absicherung der Finanzierung werde ehestens mit der Erfüllung der Aufträge begonnen werden.

Die Baubehörde erster Instanz führte anläßlich der Vorlage des Rechtsmittels in ihrer Stellungnahme vom 6. September 1991 aus, es sei trotz Abschlagens des lockeren Verputzes mit einer Loslösung weiterer Verputzteile besonders durch Feuchtigkeit und Frosteinwirkung über den Winter hindurch zu rechnen, wodurch eine Gefährdung von Straßenpassanten und der Hofbenützer des Nachbarhauses G-Straße 122 gegeben sei. Die schadhafte Verblechung des gassenseitigen Hauptgesimses trage dazu bei, daß Niederschlagswässer in das Gesimsmauerwerk dringen und dieses durchnässen könnten. Dadurch könne es bei Frosteinwirkung zum Auffrieren des Mauerwerkes und zum Absturz von Gesimsteilen kommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Ein Ansuchen um Fristerstreckung stelle ein Begehren auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides dar, da die Erfüllungsfrist gemäß § 59 Abs. 2 AVG einen Bestandteil des Spruches des Bescheides bilde. Anträge auf Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides seien zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlaß zu einer Verfügung im Sinne der Absätze 2 bis 4 des § 68 AVG finde; auf ein derartiges Vorgehen stehe gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Rechtsanspruch zu. Unter Hinweis auf die erwähnte Stellungnahme vom 6. September 1991 (im angefochtenen Bescheid als Mitteilung eines bautechnischen Amtssachverständigen bezeichnet) wurde ausgeführt, daß eine Fristerstreckung nicht im öffentlichen Interesse gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 59 Abs. 2 AVG ist im Spruch eines Bescheides, mit welchem die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung zu bestimmen. Die Festsetzung einer Erfüllungsfrist kann nicht losgelöst von der Vorschreibung einer Verbindlichkeit zu einer Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes erfolgen, sondern ist immer untrennbar mit der Vorschreibung zur Erbringung einer Leistung oder Herstellung eines Zustandes verbunden. Die Änderung der Erfüllungsfrist einer rechtskräftigen Vorschreibung stellt daher eine Änderung des rechtskräftigen Bescheides, mit welchem die Erbringung einer Leistung oder Herstellung eines bestimmten Zustandes angeordnet ist, dar. "Sache" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG ist somit keinesfalls die Erfüllungsfrist für sich allein, losgelöst von der ausgesprochenen Verbindlichkeit (hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1989, Zl. 88/05/0266).

Nach § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 des § 68 AVG zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechtes steht gemäß § 68 Abs. 7 AVG niemandem ein Rechtsanspruch zu.

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß auf die Erstreckung der Erfüllungsfrist eines in Rechtskraft erwachsenen Auftrages niemandem ein Rechtsanspruch zusteht. Der Antrag des Beschwerdeführers ist daher von der Baubehörde erster Instanz zu Recht zurückgewiesen worden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1988, Zl. 88/05/0133 = BauSlg. 1136; vom 19. Jänner 1993, Zl. 92/05/326; vom 16. März 1993, Zl. 92/05/325).

Allein aus dem Umstand, daß die Berufungsbehörde dem Beschwerdeführer die Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde mitteilte, warum nicht von Amts wegen gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG vorgegangen wurde, kann der Beschwerdeführer keine Rechtsverletzung ableiten. Da sein Antrag jedenfalls zurückzuweisen war, hatte er keinen Anspruch auf Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, sodaß die Behörde auch nicht verpflichtet war, ihm gemäß § 45 Abs. 3 AVG Beweisergebnisse vorzuhalten. Mangels Antragslegitimation gemäß § 68 Abs. 7 AVG erübrigen sich auch Erörterungen darüber, ob durch seine Sanierungsmaßnahmen ein anderer Sachverhalt geschaffen wurde.

Der somit zur Gänze unbegründeten Beschwerde war ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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