Normen
AVG §59 Abs1;
GewO 1973 §367 Z26;
GewO 1973 §77 Abs1;
VStG §1 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
GewO 1973 §367 Z26;
GewO 1973 §77 Abs1;
VStG §1 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien
- Magistratisches Bezirksamt für den 11. Bezirk - vom 4. September 1990 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:
"In Ihrer Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft haben sie es zu verantworten, daß am 20. März 1990 um 10.50 Uhr in W, M-Gasse 80, eine Auflage eines rechtskräftigen Bescheides gemäß § 79 GewO 1973 insoferne nicht eingehalten wurde, als bei der Einmündung in den Straßenkanal die Lösungsmittelkonzentration für Styrol von 8 mg/l überschritten wurde, da sie 23,0 mg/l betrug.
Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 26 GewO 1973 in Verbindung mit Pkt. 1. des Bescheides vom 9. Dezember 1988, MBA 11-Ba 2499/2/88, begangen."
Hiefür wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzarreststrafe 12 Stunden) verhängt.
Über eine dagegen erhobene Berufung erkannte der Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 5. August 1991 dahin, daß das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt werde, als der erste Satz des Spruches wie folgt zu lauten habe:
"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der N-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, daß diese Gesellschaft beim Betrieb ihrer gewerblichen Betriebsanlage in W, M-Gasse 80, am 20. März 1990 um 10.50 Uhr nicht dafür gesorgt hat, daß bei der Einmündung in den Straßenkanal für Styrol maximal eine Lösungsmittelkonzentration von 8 mg/l erreicht wird, da diese 23,0 mg/l betrug."
Dieser Ausspruch wurde u.a. damit begründet, mit rechtskräftigem Bescheid vom 9. Dezember 1988 sei für die gegenständliche Betriebsanlage unter Punkt 1 folgende Auflage vorgeschrieben worden:
"Bei Einmündung in den Straßenkanal dürfen maximal folgende
Lösungsmittelkonzentrationen erreicht werden:
Styrol: 8 mg/l
Toluol: 40 mg/l
Xylol: 50 mg/l
Cyclohexanon: 5 mg/l".
Das Strafverfahren gehe auf eine Anzeige der Magistratsabteilung 30 vom 12. April 1990 zurück. Dieser Anzeige sei zu entnehmen, daß bei einer Überprüfung der Abwässer der Betriebsanlage der genannten Gesellschaft am 20. März 1990 um 10.50 Uhr im Hauskanal (letzter Putzschacht in der Einfahrt) eine Lösungsmittelkonzentration hinsichtlich Styrol von 23,0 mg/l festgestellt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt habe, handle es sich bei der gegenständlichen Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Um die Rechtsvermutung für sein Verschulden zu widerlegen und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spreche, habe er einerseits dargetan, daß er unter Anspannung aller seiner Kräfte die Errichtung einer Abwasserreinigungsanlage am bestehenden Standort habe durchführen wollen, andererseits habe er aber auch dargetan, daß er alles in die Wege geleitet habe, um eine Standortverlegung zu erwirken, wobei er hervorgehoben habe, daß der gegenständliche Faßreinigungsbetrieb eine im öffentlichen Interesse gelegene wichtige Entsorgungs- und vor allem Recyclingaufgabe erfülle. Zum Beweis für sein Vorbringen habe er sich auf die Einholung einer Auskunft der Magistratsabteilung 22 - Umweltschutz - und des Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds beantragt. Die belangte Behörde habe diese zum Nachweis seiner Schuldlosigkeit beantragten Entlastungsbeweise nicht eingeholt und dies damit begründet, daß er keine geeigneten Maßnahmenvorkehrungen zum Beweis seiner Schuldlosigkeit behauptet habe. Dabei verkenne die belangte Behörde, daß das zum Nachweis der Schuldlosigkeit erstattete Tatsachenvorbringen nicht bis ins letzte Detail vollständig sein müsse. Gemäß § 6 VStG sei eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt, oder obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspreche, vom Gesetz geboten oder erlaubt sei. Unter Hinweis darauf, daß die Führung des Faßreinigungsbetriebes im Tatzeitpunkt im öffentlichen Interesse notwendig gewesen sei und eine damit einhergehende Beeinträchtigung durch Nichteinhaltung einer Auflage habe in Kauf genommen werden müssen, habe er das Vorliegen einer rechtfertigenden bzw. entschuldigenden Notstandssituation im Sinne des § 6 VStG behauptet. Die Frage der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale dieser Bestimmung sei aber von der belangten Behörde zu Unrecht verneint worden.
Der Beschwerde kommt im Hinblick auf folgende Überlegungen Berechtigung zu:
§ 44a lit. a VStG normiert das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat. Nach § 44a lit. a VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Ausführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- und Verbotsnormen ersetzt werden können. Eine Umschreibung des Tatbildes in der Begründung allein widerspricht den Bestimmungen des § 44a lit. a VStG (vgl. hiezu u. a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).
Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer u.a. in Bescheiden vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach dargetan hat (siehe das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0249, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung), wird dadurch, daß § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, daß derartige Auflagen so klar gefaßt sein müssen, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen.
Im Hinblick darauf entspricht der angefochtene Bescheid - wie auch schon das erstbehördliche Straferkenntnis - insofern nicht dem dargestellten Sprucherfordernis des § 44a lit. a VStG, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflage keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung ALLER TATBESTANDSMERKMALE ermöglicht wird.
Diesem Umstand wurde unabhängig von der im Sinne des § 44a lit. b VStG weiters erforderlichen Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit. b VStG durch Anführung der im Sinne der obigen Darlegungen maßgebenden bescheidmäßigen Grundlage seitens der belangten Behörde nicht Rechnung getragen.
Da die belangte Behörde die dargestellte Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher - ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich im Rahmen des geltend gemachten Kostenersatzanspruches auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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