VwGH 91/04/0201

VwGH91/04/020110.12.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der K in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. März 1991, Zl. Ge-46.398/4-1991/Pö/Dg, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §198 Abs2;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
GewO 1973 §368 Z11;
SperrV OÖ 1978 §1 Abs1;
SperrV OÖ 1978 §3 Abs1 litc;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §198 Abs2;
GewO 1973 §366 Abs1 Z2;
GewO 1973 §368 Z11;
SperrV OÖ 1978 §1 Abs1;
SperrV OÖ 1978 §3 Abs1 litc;
VStG §44a litb;
VStG §44a litc;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. März 1990 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als Konzessionsinhaberin zu verantworten, daß - wie auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz festgestellt worden sei - am 18. Juni 1989, um 04.40 Uhr, ihr Gaststättenbetrieb "XY-Pub" in Linz, Z-Straße 123, noch offen gehalten worden sei, obwohl die Sperrstunde für das Lokal mit "04.40" Uhr festgelegt worden sei. Zum Zeitpunkt der Übertretung hätten sich 10 Gäste im Lokal befunden, welche Getränke konsumiert hätten. Die Beschwerdeführerin habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit.d und § 3 Abs. 1 lit.c der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. für Oberösterreich Nr. 73/1977, verletzt. Gemäß § "366 Abs. 1 Z. 2" GewO 1973 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. März 1991 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950, § 368 Z. 11 GewO 1973 und § 1 Abs. 1 lit.d der Sperrzeiten-Verordnung 1978 abgewiesen und das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Cafe "XY-Pub" am 18. Juni 1989 Gästen zumindest bis 04.40 Uhr ein weiteres Verweilen gestattet worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung mit Beschluß vom 17. Juni 1991, B 420/91-3, abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und nicht dafür bestraft zu werden.

Die vorliegende Beschwerde ist im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt stichhältig.

Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält. Nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

In § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. für Oberösterreich Nr. 73/1977, wurden in sechs Punkten (lit.a bis f) für verschiedene Betriebsarten die Sperrstunde und die Aufsperrstunde festgelegt, u.a. in lit.d die Sperrstunde mit 04.00 Uhr für Cafe, Kaffeehaus und Cafe-Restaurant.

Gemäß § 198 Abs. 2 GewO 1973 hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Zeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

Die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 GewO 1973 und des § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978 sind Gebots- bzw. Verbotsnormen. Daß ein Zuwiderhandeln gegen diese Normen eine Verwaltungsübertretung bewirkt, ergibt sich aus der vorangeführten Strafbestimmung des § 368 Z. 11 GewO 1973. Diese Strafbestimmung ist in Verbindung mit § 198 Abs. 2 GewO 1973 und der entsprechenden Bestimmung der Sperrzeiten-Verordnung 1978 die Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit.b VStG 1950, die durch die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat verletzt worden sein konnte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19 Jänner 1988, Zlen. 86/04/0156, 0157, 0158, 0159).

Nach § 44a lit.b VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Obwohl im vorliegenden Fall im Schuldspruch auf Tatbestandselemente des § 198 Abs. 2 GewO 1973, nämlich - bereits im erstbehördlichen Straferkenntnis - auf das Offen-Halten und - im angefochtenen Bescheid - insbesondere auf das Gestatten eines weiteren Verweilens, Bezug genommen wurde, wurde diese Bestimmung weder im erstbehördlichen Straferkenntnis noch im angefochtenen Bescheid als ein Teil der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift bezeichnet. Insoweit im erstbehördlichen Bescheid auf § 3 Abs. 1 lit.c der Sperrzeiten-Verordnung 1978, welche auf § 198 Abs. 2 GewO 1973 verweist, Bezug genommen wurde, ist festzuhalten, daß es sich um einen in der Verordnung enthaltenen deklarativen Hinweis, nicht jedoch um die im gegebenen Zusammenhang als verletzt in Betracht kommende Gesetzesbestimmung des § 198 Abs. 2 GewO 1973 handelt.Der angefochtene Bescheid, leidet daher im Hinblick auf § 44a lit.b VStG 1950 an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Weiters wurde § 1 Abs. 1 lit.d der Sperrzeiten-Verordnung 1978 als verletzte Verwaltungsvorschrift zitiert, deren Inhalt im Spruch des diesbezüglich im Verwaltungsrechtszug bestätigten Straferkenntnisses jedoch nicht mit der Festlegung der Sperrstunde auf 04.00 Uhr, sondern entgegen der Verordnungsbestimmung mit der Festlegung der Sperrstunde auf "04.40" Uhr wiedergegeben wurde. Auch unter diesem Gesichtspunkt leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Gemäß § 44a lit.c VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten. Im vorliegenden Fall wurde im Spruchteil nach § 44a lit.b VStG 1950 als verletzte Verwaltungsvorschrift aus der Gewerbeordnung 1973 deren § 368 Z. 11, als die bei der Strafbemessung angewendete Gesetzesbestimmung wurde im Spruch des diesbezüglich im Verwaltungsrechtszug bestätigten Straferkenntnisses jedoch "§ 366 Abs. 1 Z. 2" GewO 1973 bezeichnet. Auch unter diesem Gesichtspunkt leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und deren Höhe, ferner den unter dem Titel "Barauslagen" geltend gemachten Betrag (siehe hiezu den Tatbestand "Barauslagen" in § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG).

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