Normen
GewO 1973 §198 Abs1;
GewO 1973 §198 Abs2;
GewO 1973 §368 Z11;
SperrV OÖ 1978 §1 Abs1 litd;
SperrV OÖ 1978 §1 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
GewO 1973 §198 Abs1;
GewO 1973 §198 Abs2;
GewO 1973 §368 Z11;
SperrV OÖ 1978 §1 Abs1 litd;
SperrV OÖ 1978 §1 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Mai 1990 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als Konzessionsinhaberin zu verantworten, daß - wie auf Grund einer dienstlichen Wahrnehmung von zwei Organen der Bundespolizeidirektion Linz festgestellt worden sei - am 26. Oktober 1989 um 05.25 Uhr ihr Gaststättenbetrieb "XY-Pub" in Linz, Z-Straße 123, noch offen gehalten worden sei, obwohl die Sperrstunde für das Lokal mit 04.00 Uhr festgelegt sei. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit.d und § 3 Abs. 1 lit.c der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. für Oberösterreich Nr. 73/1977, verletzt. Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Oktober 1990 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 und § 368 Z. 11 und § 198 Abs. 2 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit.d der Sperrzeiten-Verordnung 1978 abgewiesen und das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführerin vorgeworfen werde, daß zur Tatzeit jedenfalls einem Gast ein weiteres Verweilen in den Betriebsräumen des "XY-Pubs" gestattet worden sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung mit Beschluß vom 4. März 1991, B 1325/90-3, abgetretene - Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden.
Die vorliegende Beschwerde ist im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt stichhältig.
Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält. Nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.
In § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. für Oberösterreich Nr. 73/1977, wurden in sechs Punkten (lit.a bis f) für verschiedene Betriebsarten die Sperrstunde und die Aufsperrstunde festgelegt, u.a. in lit.d die Sperrstunde mit 04.00 Uhr für Cafe, für Kaffeehaus und für Cafe-Restaurant.
Gemäß § 198 Abs. 2 GewO 1973 hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den in Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Zeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.
Die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 GewO 1973 und des § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978 sind Gebots- bzw. Verbotsnormen. Daß ein Zuwiderhandeln gegen diese Normen eine Verwaltungsübertretung bewirkt, ergibt sich aus der vorangeführten Strafbestimmung des § 368 Z. 11 GewO 1973. Diese Strafbestimmung ist in Verbindung mit § 198 Abs. 2 GewO 1973 und der entsprechenden Bestimmung der Sperrzeiten-Verordnung 1978 die Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit.b VStG 1950, die durch die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Tat verletzt worden sein konnte (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19 Jänner 1988, Zlen. 86/04/0156, 0157, 0158, 0159).
Nach § 44a lit.a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat, nach § 44a lit.b leg.cit. hat er die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Dem Spruchteil nach § 44a lit.a leg.cit. muß im Hinblick auf den Zusammenhang von lit.a und lit.b in § 44a somit die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der im Spruchteil nach § 44a lit.b leg.cit. angeführten Verwaltungsvorschrift entnommen werden können. Insoweit § 1 Abs. 1 lit.d der Sperrzeiten-Verordnung 1978 im Spruchteil nach § 44a lit.b VStG 1950 herangezogen wurde, wäre im Spruchteil nach § 44a lit.a VStG 1950 somit die Betriebsart anzugeben gewesen, derzufolge von einer mit 04.00 Uhr festgelegten Sperrstunde auszugehen gewesen sei. In den Worten des Schuldspruches "Ihr Gaststättenbetrieb 'XY-Pub' in Linz, Z-Straße 123" läßt die für die Anwendung des § 1 Abs. 1 lit.d der Sperrzeiten-Verordnung 1978 maßgebende Betriebsart nicht erkennen. Der angefochtene Bescheid, mit welchem der betreffende Spruchteil ohne die erforderliche Beifügung der Betriebsart aus dem erstbehördlichen Straferkenntnis übernommen wurde, leidet daher an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Obwohl im vorliegenden Fall im Schuldspruch auf Tatbestandselemente des § 198 Abs. 2 GewO 1973, nämlich - bereits im erstbehördlichen Straferkenntnis - auf das Offen-Halten und - im angefochtenen Bescheid - insbesondere auf das Gestatten eines weiteren Verweilens, Bezug genommen wurde, wurde diese Bestimmung im vorliegenden Fall weder im erstbehördlichen Straferkenntnis noch im angefochtenen Bescheid als ein Teil der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschriften bezeichnet. Insoweit im erstbehördlichen Bescheid auf § 3 Abs. 1 lit.c der Sperrzeiten-Verordnung 1978, worin auf § 198 Abs. 2 GewO 1973 Bezug genommen wurde, ist festzuhalten, daß es sich um einen in der Verordnung enthaltenen deklarativen Hinweis, nicht jedoch um die im gegebenen Zusammenhang als verletzt in Betracht kommende Gesetzesbestimmung des § 198 Abs. 2 GewO 1973 handelt. Im angefochtenen Bescheid hingegen wurde § 198 Abs. 2 GewO 1973 zwar als eine Verwaltungsvorschrift, auf die sich die Berufungsentscheidung stützt, angeführt, dies jedoch nicht in der Art, daß erkennbar wäre, daß sie von der belangten Behörde als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a lit.b VStG 1950 angewendet worden wäre. Auch unter diesem Gesichtspunkt leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Pauschalierung des Schriftsatzaufwandes und deren Höhe, ferner nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand (Vollmachtsgebühr) und weiters den unter dem Titel "Barauslagen" geltend gemachten Betrag (siehe hiezu den Tatbestand "Barauslagen" in § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)