VwGH 90/18/0259

VwGH90/18/025915.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Gerhard N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Oktober 1990, Zl. MA 70-11/1828/89/Str, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe am 13. Juli 1989 um 2.35 Uhr in Wien 1, Wipplingerstraße 12, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt und habe im Zuge der unmittelbar darauf folgenden Fahrzeug- und Lenkerkontrolle in Wien 1, Kreuzung Drahtgasse-Schulhof, die Überprüfung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt durch ein hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht verweigert, obgleich habe vermutet werden können, daß er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; die von der ersten Instanz verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe wurde auf S 8.000,-- (sieben Tage) herabgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorliegen einer Gegenschrift der belangten Behörde erwogen hat:

Als alleiniger Beschwerdegrund wird Unzulässigkeit der Bestrafung wegen Eintrittes der Verfolgungsverjährung geltend gemacht; Zeit und Ort der zur Last gelegten Übertretung seien nicht rechtzeitig verfolgt worden. Dem ist folgendes zu erwidern:

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dergleichen), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

An solchen Verfolgungshandlungen innerhalb der mit 13. Jänner 1990 ablaufenden Frist finden sich im Verwaltungsstrafakt folgende:

Ladungsbescheid vom 10. August 1989, zugestellt am 11. August 1989, worin dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wurde, am 13. Juli 1989 um 2.35 Uhr in Wien 1, Wipplingerstraße 12, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt zu haben und sich, obwohl der Verdacht der Alkoholisierung gegeben gewesen sei, geweigert zu haben, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkohol untersuchen zu lassen.

Niederschrift vom 30. August 1989 mit dem ausgewiesenen Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, worin diesem der Inhalt der Anzeige, die darin angeführten Verwaltungsübertretungen sowie der Inhalt der bisherigen Ermittlungsergebnisse vorgehalten wurde, und worin sich dieser zur Rechtfertigung eine zweiwöchige Frist erbat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11525/A), ist das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, verbunden mit der Aufforderung zur Rechtfertigung, eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG.

Straferkenntnis vom 10. November 1989, womit der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, er habe am 13. Juli 1989 um 2.35 Uhr in Wien 1, Wipplingerstraße 12, ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, und, obwohl der Verdacht der Alkoholisierung gegeben gewesen sei, die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat durch ein dazu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht in Wien 1, Drahtgasse-Schulhof, verweigert.

Sowohl die Zeugenaussagen der beiden Sicherheitswachebeamten als auch der neuerliche Vorhalt des nunmehrigen Akteninhaltes am 16. März 1990 als auch der Ladungsbescheid vom 21. März 1990 sowie der Berufungsbescheid liegen außerhalb der Verjährungsfrist.

Es ist daher zu beurteilen, ob die im Berufungsbescheid als erwiesen angenommene Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 von rechtzeitigen Verfolgungshandlungen erfaßt ist. Der Beschwerdeführer bestreitet dies hinsichtlich der Sachverhaltselemente "Zeitraum nach 2.35 Uhr des Tattages" und "Tatort Drahtgasse-Schulhof".

Es ergibt sich aber aus der Anzeige, nämlich aus ihrem mit "Sachverhalt" überschriebenen Text, daß sowohl der auf 2.35 Uhr des Tattages folgende Zeitraum als auch der Tatort Drahtgasse-Schulhof in der Anzeige auf eine solche Weise erwähnt sind, daß sich die strafbare Weigerung des Beschwerdeführers gerade in diesem Zeitraum und an diesem Tatort ereignete. Die im Berufungsbescheid aufgenommenen Sachverhaltselemente waren somit Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung.

Wenn der Beschwerdeführer unter Zitat des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11466/A, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verweist, wonach es rechtlich geboten ist, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich wird, und 2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststehen muß, so ist er darauf zu verweisen, daß gerade beim gegenständlichen Delikt nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO das eben zitierte Erkenntnis es auf Tatzeit und Tatort der Verweigerung der Atemluftprobe abstellt, die durch die (bloßen) Angaben über Zeit und Ort des dieser Tathandlung vorausgegangenen Lenkens eines Fahrzeuges nicht ersetzt werden können. Die belangte Behörde hat damit zu Recht auf Zeit und Ort der Verweigerung der Atemluftprobe abgestellt.

In weiterer Folge hat die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11894/A) ausgeführt, das an die Umschreibung des Tatortes und der Tatzeit zu stellende Erfordernis werde nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschieden zu messendes Erfordernis sein. Das Erfordernis sei nach jenen Rechtsschutzüberlegungen zu messen, daß dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, ferner, daß der Spruch geeignet sein muß, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten sei in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a lit. a VStG 1950 genügt oder nicht.

Der Beschwerdeführer hat jede Ausführung dahin unterlassen, inwiefern die von ihm gerügte - aber nach den obigen Ausführungen nicht vorliegende - verspätete Umschreibung von Tatort und Tatzeit seinen Verteidigungsrechten Abbruch tun oder ihn in die Gefahr einer Doppelbestrafung bringen sollte.

Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlichen Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

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