VwGH 90/17/0200

VwGH90/17/020029.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der Gemeinde Oggau, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 27. September 1989, Zl. 02/03/89.031, betreffend Vorschreibung eines Kostenbeitrages für Aufschließungsmaßnahmen (mitbeteiligte Parteien: 1) FR und 2) ER),

Normen

AVG §37;
AVG §9;
BauO Bgld 1926;
BauO Bgld 1969 §113 Abs1;
BauO Bgld 1969 §115 Abs1;
BauO Bgld 1969 §18 Abs4;
BauO Bgld 1969 §21 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
LAO Bgld 1963 §3;
AVG §37;
AVG §9;
BauO Bgld 1926;
BauO Bgld 1969 §113 Abs1;
BauO Bgld 1969 §115 Abs1;
BauO Bgld 1969 §18 Abs4;
BauO Bgld 1969 §21 Abs2;
B-VG Art119a Abs5;
LAO Bgld 1963 §3;

 

Spruch:

I. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie die an den Erstmitbeteiligten gerichtete Abgabenvorschreibung betrifft, zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die an die Zweitmitbeteiligte gerichtete Abgabenvorschreibung betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der beschwerdeführenden Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Begehren auf Stempelkostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 26. August 1988 schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde den Mitbeteiligten als Eigentümern des Bauplatzes Grundstücksnummer nn/1 und nn/2, gemäß §§ 18 Abs. 2, 21 und 113 der Burgenländischen Bauordnung, LGBl. 13/1970, in der geltenden Fassung (im folgenden: Bgld BauO 1969), einen Kostenbeitrag für die am "X" durchgeführten Aufschließungsmaßnahmen (Straße, Gehsteig, Straßenbeleuchtung) in Höhe von S 12.186,10 vor. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, daß gemäß § 18 Abs. 1 Bgld BauO 1969 für die aus der Anlage und Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsflächen erwachsenden Kosten der Gemeinde Beiträge zu leisten seien. Nach § 18 Abs. 2 dieses Gesetzes habe der Eigentümer der Grundfläche (Abgabenpflichtiger), auf die sich die Bauplatzerklärung beziehe, innerhalb der Grenzen, in denen gemäß § 17 die Verpflichtung zu unentgeltlichen Grundabtretungen oder zur Leistung von Entschädigungen für Grundabtretungen anderer Personen vorgesehen sei, a) die ganzen Kosten der erstmaligen Herstellung des Unterbaues der Fahrbahn und die halben Kosten der erstmaligen Herstellung der Straßendecke und b) die halben Kosten der erstmaligen Herstellung des Gehsteiges und der Straßenbeleuchtung zu ersetzen. Der Berechnung nach lit. a) dürften jedoch nur die Kosten der Herstellung einer höchstens 3 m breiten Fahrbahnhälfte zugrunde gelegt werden. Die Kostenbeitragspflicht gelte gemäß § 113 Bgld BauO 1969 auch für Eigentümer von Grundstücken, die eine rechtskräftige Baubewilligung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes

(31. Dezember 1969) erhalten hätten, sofern die Aufschließungsmaßnahmen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen würden. Die Baukosten für die Aufschließungsmaßnahmen betrügen: a) Herstellung des Unterbaues der Fahrbahn

S 76.293,--, b) Herstellung der Straßendecke S 96.070,--,

c) Herstellung des Gehsteiges S 103.724,64, d) Herstellung der Straßenbeleuchtung S 62.625,60. Daraus ergebe sich, daß die Kosten der Herstellung des Unterbaues der Fahrbahn pro Laufmeter S 300,90, die halben Kosten der Straßendecke pro Laufmeter S 189,45 und des Gehsteiges pro Laufmeter S 376,90 betrügen. Die halben Kosten der Herstellung der Straßenbeleuchtung beliefen sich - umgelegt auf die öffentliche Verkehrsfläche - pro Laufmeter auf S 123,49. Auf Grund der dargelegten Bemessungsgrundlagen sei daher der Kostenbeitrag im genannten Ausmaß (12,3 Laufmeter x S 990,74) vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 22. September 1988 Berufung erhoben. Der Schriftsatz enthält im Briefkopf als "Einschreiter" die Namen beider Mitbeteiligter. Im Anschluß an die begründenden Berufungsausführungen und den in "Wir-Form" gehaltenen Berufungsantrag findet sich die eigenhändige Unterschrift des Erstmitbeteiligten.

1.2. Mit dem an beide Mitbeteiligten gerichteten Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Gemeinde Oggau vom 26. Jänner 1989 wurde die Berufung gemäß § 213 der Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 76 Bgld Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965, in der geltenden Fassung, als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 15. Feber 1989 Vorstellung erhoben. Dieser Schriftsatz enthielt im Rubrum als "Einschreiter" die Bezeichnung "FR und ER" und wurde mit "Ich zeichne FR" unterfertigt.

1.3. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. September 1989 wurde der Vorstellung von "FR und ER" gemäß § 77 und 79 Abs. 3 Bgld Gemeindeordnung Folge gegeben, der Bescheid des Gemeinderates vom 26. Jänner 1989 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde Oggau verwiesen. In der Begründung wurde unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Bgld BauO 1969 ausgeführt, die "Vorstellungswerber" hätten in der Berufung behauptet, daß der Gehsteig "auf ihrem Grund" errichtet worden sei. Bei Zutreffen dieser Behauptung wäre die bescheidmäßige Vorschreibung der Kostentragung für den Gehsteig auf dem Grundstück der "Vorstellungswerber" nicht statthaft gewesen. Die Berufungsbehörde habe diesen Einwand in ihrer Entscheidung nicht geprüft; durch die Unterlassung der Überprüfung seien die "Vorstellungswerber" in "ihren Rechten" verletzt worden.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sie die vorliegende, von der Gemeinde Oggau eingebrachte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Nach dem Beschwerdevorbringen sei nicht wesentlich, ob eine Grundfläche bereits grundbücherlich abgetreten bzw. diese Abtretung im Grundbuch durchgeführt worden sei, sondern entscheidungswesentlich sei ausschließlich die zumindest konkludente Widmung der vor der Baulinie der Grundstücke Nr. nn/1 und nn/2 liegenden Grundstücksteile als öffentliche Verkehrsflächen im Rahmen des X.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat (hinsichtlich der Zurückweisung in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat) erwogen:

2.1. Der zweitinstanzliche Abgabenbescheid des Gemeinderates der Gemeinde Oggau vom 26. Jänner 1989 ist an die beiden Mitbeteiligten gerichtet und an sie ergangen. Die Abweisung ihrer Berufung bedeutet, daß die erstinstanzliche, an die beiden Mitbeteiligten ergangene Abgabenvorschreibung zum Inhalt des Abspruches des Gemeinderates gemacht wurde; mit diesem Spruchinhalt ist der zweitinstanzliche Bescheid an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides getreten.

Was die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung anlangt, ist an die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zu erinnern, wonach die Behörde in einem Zweifelsfall - aber auch nur in einem solchen - verpflichtet ist, sich über die Frage der Zurechnung einer Prozeßhandlung Klarheit zu verschaffen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11625/A, und das Erkenntnis vom 23. Juni 1989, Zl. 88/17/0171).

Die in Rede stehende Vorstellung läßt eine solche Eindeutigkeit in der Zurechnungsfrage vermissen. Für die Annahme, der Erstmitbeteiligte habe die Vorstellung auch namens der Zweitmitbeteiligten erhoben, sprechen der Briefkopf, in dem beide Mitbeteiligten angegeben worden sind ("FR UND ER"), der

Betreff ("Vorstellung ... Kostenbeitrag für

Aufschließungsmaßnahmen, FR UND ER) und die Textausführung, wonach beim Bau des Güterweges auch "AUF UNSEREM GRUNDSTÜCK" gegraben, angeschottert und asphaltiert worden sei. Andere Umstände deuten in Richtung eines alleinigen Handelns des Erstmitbeteiligten im eigenem Namen hin. So lautet etwa der Einleitungssatz der Vorstellung: "ICH erhebe fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 1989 01 26 im Sinne MEINER Berufung vom 1988 09 22 und MÖCHTE weitere Gründe gegen die Gesetzmäßigkeit des Kostenbeitrages vorbringen." Weiters fällt auf, daß die Vorstellung (ebenso wie die Berufung vom 22. September 1988) nur die Unterschrift des Erstmitbeteiligten aufweist und die Vorstellung noch den Zusatz "ICH zeichne" enthält.

Es ist auf Grund der bisherigen Überlegungen somit keineswegs evident, daß der Erstmitbeteiligte die Vorstellung auch namens der Zweitmitbeteiligten erhoben hat.

Die belangte Vorstellungsbehörde ist ihrer verfahrensrechtlichen Verpflichtung, sich in dieser Frage der Zurechnung des Rechtsmittels die erforderliche Klarheit zu verschaffen, nicht nachgekommen. Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, weil die belangte Behörde zum Ergebnis hätte kommen können, daß das Rechtsmittel (die Vorstellung) der Zweitmitbeteiligten nicht zugerechnet werden durfte. Diesfalls wäre die Abgabenvorschreibung der Zweitmitbeteiligten gegenüber in Rechtskraft erwachsen. Dadurch, daß die belangte Behörde ohne Prüfung der Zurechnungsfrage die Vorstellung zum Anlaß nahm, auch die an die Zweitmitbeteiligte gerichtete Abgabenvorschreibung aufzuheben, wurde die beschwerdeführende Gemeinde in ihren Rechten verletzt.

Der angefochtene Bescheid war somit in dem im Spruch dieses Erkenntnisses umschriebenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

2.2.1. Soweit der angefochtene Bescheid die Aufhebung der gemeindebehördlichen Abgabenvorschreibung an den Erstmitbeteiligten betrifft, hatte der Verwaltungsgerichtshof die Frage der Beschwerdeberechtigung (Rechtsverletzungsmöglichkeit) der beschwerdeführenden Gemeinde vor dem Hintergrund der gleichfalls von Amts wegen wahrzunehmenden Frage der Verjährung des Abgabenanspruches zu prüfen. Sollte sich herausstellen, daß der Abgabenanspruch der beschwerdeführenden Gemeinde im Zeitpunkt der Erlassung des Abgabenbescheides ohnedies verjährt war, dann würde es der Gemeinde an der Möglichkeit, in ihren Rechten im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit Art. 119 a Abs. 9 B-VG verletzt zu sein, mangeln.

Eine solche Rechtsverletzungsmöglichkeit folgt im Beschwerdefall auch nicht aus der der Begründung kassatorischer Vorstellungsbescheide grundsätzlich beizumessenden Bindungswirkung, die nach der Rechtsprechung für die Gemeindebehörden, die Vorstellungsbehörde selbst und für den nachprüfenden Verwaltungsgerichtshof eintritt und derentwegen die Gemeinde in ihrem Recht auf Selbstverwaltung und gesetzmäßige Handhabung des Aufsichtsrechtes verletzt sein kann. Im Beschwerdefall ist nämlich zu bedenken, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis vom 26. Februar 1988, Zl. 85/17/0037, und die dort zitierten Entscheidungen) eine Bindung dieser Art nur an die in dem (aufrecht bleibenden) kassatorischen Vorstellungsbescheid ausdrücklich geäußerte Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde im Umfang der die Aufhebung tragenden Begründungselemente eintritt. Eine Bindung der Gemeindebehörden in der Richtung, daß eine nicht ausdrücklich als Aufhebungsgrund genannte Rechtswidrigkeit von der Gemeindebehörde nicht mehr aufgegriffen werden dürfte, besteht nicht. Im Beschwerdefall schließen nun aber die tragenden, explizit gemachten Aufhebungsgründe des angefochtenen kassatorischen Vorstellungsbescheides nicht aus, daß der gemeindebehördliche Abgabenbescheid noch aus einem anderen, von der Aufsichtsbehörde nicht wahrgenommenen Grund rechtswidrig ist und daß der Gemeinderat bei Erlassung des Ersatzbescheides über die wiederum offene Berufung diese Rechtswidrigkeit wahrzunehmen hat (vgl. den in einem rechtsähnlichen Fall ergangenen hg. Beschluß vom 25. Jänner 1991, Zl. 89/17/0111). Durch die Bindungswirkung des angefochtenen Bescheides ist daher die beschwerdeführende Gemeinde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe, eine dem Gesetz entsprechende, nämlich der Verjährung des Abgabenanspruches Rechnung tragende Entscheidung zu fällen, nicht eingeschränkt. Fehlte es im Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung an einem aufrechten Abgabenanspruch der Gemeinde, dann könnte sie in ihren Rechten nicht verletzt sein. Ob Verjährung eingetreten ist, ist sohin im folgenden zu untersuchen:

2.2.2. Die maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen der Bgld BauO 1969 lauten auszugsweise:

"§ 18

Tragung der Kosten für Aufschließungsmaßnahmen

(1) ...

(2) Der Eigentümer der Grundfläche (Abgabenpflichtiger), auf die sich die Bauplatzerklärung bezieht, hat innerhalb der Grenzen, in denen gemäß § 17 die Verpflichtung zu unentgeltlichen Grundabtretungen oder zur Leistung von Entschädigungen für Grundabtretungen anderer Personen vorgesehen ist,

a) die ganzen Kosten der erstmaligen Herstellung des Unterbaues der Fahrbahn und die halben Kosten der erstmaligen Herstellung der Straßendecke und

b) die halben Kosten der erstmaligen Herstellung des Gehsteiges und der Straßenbeleuchtung zu ersetzen.

Der Berechnung nach lit. a) dürfen jedoch nur die Kosten der Herstellung einer höchstens 3 m breiten Fahrbahnhälfte zugrunde gelegt werden.

...

§ 21

Rechtsnatur der Kostenbeiträge; Verfahren

(1) Die Kostenbeiträge gemäß § 18 und die Kostenersätze gemäß § 19 sind Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern. Ihre Erträge fließen der Gemeinde zu. Sie sind ausschließliche Gemeindeabgaben gemäß § 6 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45.

(2) Der Abgabenanspruch entsteht mit der Rechtskraft der Bauplatzerklärung (§ 13 Abs. 3 bis 5).

(3) Die Kostenbeiträge und Vorauszahlungen gemäß § 18 und die Kostenersätze gemäß § 19 werden mittels Abgabenbescheides vorgeschrieben und mit Ablauf eines Monats nach Rechtskraft des Abgabenbescheides fällig.

(4) Abgabenbehörde erster Instanz ist der Bürgermeister; Abgabenbehörde zweiter Instanz ist der Gemeinderat.

...

§ 113

Kostenbeitragspflicht für Eigentümer bereits bewilligterbzw. bestehender Bauten

(1) Die Kostenbeitragspflicht gemäß § 18 gilt auch für Eigentümer von Grundstücken, die eine rechtskräftige Baubewilligung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erhalten haben, soferne die Aufschließungsmaßnahmen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen werden.

(2) Die Bestimmungen des § 21 finden sinngemäß Anwendung. Der § 18 Abs. 4 bleibt unberührt."

2.2.3. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 23. Jänner 1978, Zlen. 860/77, 256/78, unter Hinweis auf das Vorerkenntnis vom 30. November 1977, Zl. 834/77, dargelegt hat, ergibt sich aus dem Erfordernis einer SINNGEMÄßEN Anwendung des § 21 Abs. 2 Bgld BauO 1969, daß diese Rechtsvorschrift im Zusammenhang mit den besonderen Verhältnissen verstanden werden muß, die einer Anwendung des § 113 Abs. 1 leg. cit. zugrunde liegen. Nach der letztgenannten Gesetzesstelle gehört zum Abgabentatbestand das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung (vgl. hiezu den in den Verwaltungsakten erliegenden - an FR adressierten - Baubewilligungsbescheid vom 10. Feber 1964) vor Inkrafttreten dieses Gesetzes. Gemäß § 115 Abs. 1 Bgld BauO 1969 - so führte der Verwaltungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis weiter aus - trat dieses Gesetz am 31. Dezember 1969 - und zwar, weil es sich beim Inkrafttreten eines Gesetzes um den Beginn eines Zeitraumes handelt, um 0.00 Uhr - in Kraft. Da die bis dahin geltende Bauordnung für Burgenland von 1926 eine Bauplatzerklärung nicht vorsah, vielmehr die Qualifikation eines Grundes als Bauplatz mit der Baubewilligung entstand, erfordert es eine sinngemäße Anwendung des § 21 Abs. 2 Bgld BauO 1969, daß man die "Bauplatzerklärung" für den Anwendungsbereich der Übergangsbestimmungen mit der "Baubewilligung" gleichsetzt. Eine sinngemäße Anwendung dieser Gesetzesstelle erfordert allerdings weiters, daß das Entstehen des Abgabenanspruches nicht früher als mit dem Inkrafttreten der Burgenländischen Bauordnung von 1969 angenommen wird, weil erst ab diesem Zeitpunkt überhaupt eine entsprechende Abgabe auf Grund des § 113 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 leg. cit. eingehoben werden konnte. Vom Boden dieser Auslegung aus läßt sich also die Frage des Entstehens des Abgabenanspruches an Hand der Sonderbestimmung des § 21 Abs. 2 leg. cit. lösen, sodaß ein Zurückgreifen auf die allgemeinen Bestimmungen (vgl. § 3) der Bgld Landesabgabenordnung (LAO), LGBl. Nr.2/1963, nicht in Betracht kommt.

Wenn die Festsetzung der Abgabe nach dem Tatbestand des § 113 Abs. 1 Bgld BauO 1969 auch noch den Beginn der Aufschließungsmaßnahmen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes voraussetzt, so hat dies aber keinen Einfluß auf den im § 21 Abs. 2 leg. cit. - in sinngemäßer Anwendung - bestimmten Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches, weil die in dieser Gesetzesstelle enthaltene Regelung auch außerhalb des Bereiches der Übergangsbestimmungen nach § 113 Abs. 1 leg. cit. generelle Gültigkeit beansprucht, ohne Rücksicht darauf, ob die Aufschließung der Bauplatzerklärung vorangegangen ist oder ihr nachfolgt (vgl. hiezu abermals die schon zitierten Erkenntnisse vom 30. November 1977 und vom 23. Jänner 1978).

Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Rechtsprechung fest und versteht sie so, daß der Abgabenanspruch in den Fällen der Baubewilligung vor dem 31. Dezember 1969 - wegen der zwingenden, der LAO vorgehenden, Bestimmung des Zeitpunktes der Entstehung des Abgabenanspruches in § 113 Abs. 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 2 der Bgld BauO 1969 - am 31. Dezember 1969 entstanden ist und daß das Festsetzungsrecht der Gemeinde innerhalb der Verjährungsfrist ab 31. Dezember 1969 zusteht, sofern die Kostenbeitragspflicht in einem solchen Fall nach § 113 Abs. 1 Bgld BauO 1969 überhaupt entstanden ist. Dies ist nach dieser Bestimmung nur der Fall, wenn die Aufschließungsmaßnahmen NACH Inkrafttreten der Bgld BauO 1969 begonnen wurden. Aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmungen folgt daher, daß mit den Aufschließungsmaßnahmen innerhalb der Verjährungsfrist begonnen werden muß, um eine Abgabenvorschreibung rechtmäßig erscheinen zu lassen: Wird die Aufschließungsmaßnahme NACH Ablauf der Verjährungsfrist, gerechnet vom 31. Dezember 1969, begonnen, scheidet eine Abgabenfestsetzung wegen Verjährung des Abgabenanspruches aus, wurde sie schon vor dem 1. Jänner 1970 begonnen, so verbietet sich eine Abgabenfestsetzung nach dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Bgld BauO 1969.

Für den Beschwerdefall folgt aus diesen Erwägungen, daß der Abgabenanspruch im Jahr 1987, dem Jahr der erstmaligen Geltendmachung dieses Anspruches, jedenfalls bereits verjährt war. Diesen Umstand hatte der Verwaltungsgerichtshof bei der von Amts wegen zu prüfenden Beschwerdeberechtigung der beschwerdeführenden Gemeinde in seine Entscheidung miteinzubeziehen.

Die Beschwerde war somit, soweit sie die an den Erstmitbeteiligten gerichtete Abgabenvorschreibung betrifft, wegen des Mangels der Berechtigung der beschwerdeführenden Gemeinde zur Erhebung der Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2. Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Gemeinde auf Stempelkostenersatz war mangels gesetzlicher Deckung (vgl. § 2 Z 2 und 3 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267, sowie die hg. Erkenntnisse vom 13. Juli 1978, Zl. 1680/77 und vom 22. Mai 1984, Zl. 83/05/0139, 0140) abzuweisen.

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