Normen
B-VG Art131;
B-VG Art132;
LAO Wr 1962 §203;
LAO Wr 1962 §48;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
B-VG Art131;
B-VG Art132;
LAO Wr 1962 §203;
LAO Wr 1962 §48;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bundesland Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Haftungsbescheid vom 10. November 1986 wurde die "XY"-Kunsthandel und Gastgewerbe Betriebsgesellschaft m.b.H. in Wien "auf Grund des § 5 Abs. 2 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971, LGBl. für Wien Nr. 2, in der derzeit geltenden Fassung und der §§ 2 und 5 der Wiener Abgabenordnung-WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der derzeit geltenden Fassung als Haftpflichtige zur Zahlung der für die Zeit vom 1. Jänner 1982 bis 31. Oktober 1983 im Betrieb in Wien nn, A-Gasse 9, entstandenen Getränkesteuerschuld des ehemaligen Pächters Herrn S im Betrage von S 78.678,80 herangezogen und gleichzeitig gemäß 171 WAO aufgefordert, diesen Betrag binnen einem Monat nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin - damals noch ohne den Zusatz "in Liquidation" - mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1986 Berufung.
Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Säumnis der Wiener Landesregierung bei Entscheidung über diese Berufung geltend.
Mit Verfügung des Berichters vom 10. Mai 1990, der belangten Behörde zugestellt am 30. Mai 1990, wurde über diese Beschwerde das Vorverfahren gemäß § 35 Abs. 3 VwGG eingeleitet und die Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides mit drei Monaten bestimmt.
In ihrer Gegenschrift weist die belangte Behörde darauf hin, daß nach Art. 111 B-VG und den §§ 48 und 203 der Wiener Abgabenordnung-WAO, LGBl. Nr. 21/1962, nicht die Wiener Landesregierung, sondern die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien zur Entscheidung über Berufungen in Abgabensachen zuständig ist. Da die Wiener Landesregierung keine Entscheidungspflicht getroffen habe, hätte sie diese Pflicht auch nicht verletzen können. Die gegen die Wiener Landesregierung gerichtete Beschwerde erscheine daher schon aus formellen Gründen unzulässig.
Aus dem beigeschlossenen Verwaltungsakt geht hervor, daß der Magistrat der Stadt Wien mit Berufungsvorentscheidung vom 2. Juli 1990, dem Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt am Tag darauf, über die bis dahin offene Berufung der Beschwerdeführerin entschieden hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß dem zweiten Satz des § 28 Abs. 3 VwGG ist bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG als belangte Behörde die oberste Behörde zu bezeichnen, deren Entscheidung in der Rechtssache verlangt wurde.
Sinn dieser Bestimmung ist es, in einer jeden Zweifel ausschließenden Art und Weise den Verwaltungsgerichtshof erkennen zu lassen, welcher Behörde Säumnis vorgeworfen wird. Welche Behörde belangte Behörde des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, kann allerdings nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden, sondern ist auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt (dafür kommt insbesondere auch die Sachverhaltsdarstellung in Betracht) und den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschließbar. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen als belangte Behörde zu erkennen ist. Dies gilt auch in Säumnisbeschwerdefällen, wenn aus der Beschwerde in ihrem Gesamtzusammenhang (einschließlich allfälliger Beilagen, wie z.B. Berufung an die säumige Behörde) zweifelsfrei hervorgeht, welcher obersten Behörde im Sinn des Art. 132 B-VG Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078, Rechtssatz veröffentlicht in Slg. Nr. 12.088/A).
Es ist freilich unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei der von ihr vorgenommenen Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes und der belangten Behörde ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dessen Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden kann (vgl. hiezu beispielsweise des hg Beschluß vom 20. Jänner 1989, Zl. 88/17/0183, und die dort zitierten Vorbeschlüsse). Diese Beurteilung gilt angesichts desselben dahinterstehenden Regelungszweckes nicht nur für die Bezeichnung der belangten Behörde in Bescheidbeschwerden gemäß § 28 Abs. 2 Z. 2 VwGG, sondern auch für die Bezeichnung der belangten Behörde in Säumnisbeschwerden gemäß Abs. 3 der in Rede stehenden Gesetzesstelle.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich der Wiener Landesregierung eine Säumnis bei Entscheidung über die von ihr erhobene Berufung gegen den erstinstanzlichen Haftungsbescheid zum Vorwurf gemacht. Anhaltspunkte dafür, daß die Beschwerdeführerin mit der so bezeichneten belangten Behörde in Wahrheit die gemäß den §§ 48 und 203 WAO zuständige Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien gemeint hat, sind weder der Beschwerde noch den dieser angeschlossenen Beilagen zu entnehmen. Auch bei der gebotenen verständigen Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens einschließlich der der Beschwerde angeschossenen Beilagen kommt daher eine Umdeutung der in der Beschwerde bezeichneten belangte Behörde von "Wiener Landesregierung" in "Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien" nicht in Betracht.
Unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG ist es, daß jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (das Parteienbegehren) zu entscheiden. Die Pflicht zur Entscheidung kann aber nur eine Behörde treffen, die zum Abspruch über das Parteienbegehren sachlich und örtlich zuständig ist (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 2. Dezember 1987, Zl. 87/13/0216, und vom 2. Dezember 1988, Zl. 88/17/0123).
Da die im Beschwerdefall belangte Wiener Landesregierung nach den vorhin erwähnten Bestimmungen der §§ 48 und 203 WAO zur Entscheidung über die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung nicht zuständig war und ist, mußte die vorliegende Beschwerde aus dem eben genannten Grund wegen Fehlens der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen werden. Ein solcher Beschluß ist gemäß Abs. 3 der eben genannten Gesetzesstelle in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 leg. cit., in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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