Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §20;
BAO §244;
BAO §260 Abs1;
BAO §260 Abs2;
BAO §270 Abs3;
BAO §273 Abs1 litb;
BAO §275;
BAO §311;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §20;
BAO §244;
BAO §260 Abs1;
BAO §260 Abs2;
BAO §270 Abs3;
BAO §273 Abs1 litb;
BAO §275;
BAO §311;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das Erkenntnis vom 7. September 1990, Zl 89/14/0232, verwiesen, in dem der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen den vom selben Vorsitzenden derselben belangten Behörde erlassenen Bescheid betreffend Zurücknahme der Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1980 und 1981 sowie die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1981 (im folgenden nur als Sachbescheide bezeichnet) als unbegründet abgewiesen hat.
Auf Seite 3 des eben erwähnten Erkenntnisses hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, "die für die Erledigung des Fristverlängerungsantrages vom 16. August 1984 zuständige Behörde trifft allerdings Entscheidungspflicht, ....".
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Ansuchen um Verlängerung der Frist zur Mängelbehebung vom 16. August 1984 (im folgenden nur als Fristverlängerungsansuchen bezeichnet) nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens mit der Begründung abgewiesen, die Sachbescheide seien auf Grund der Ergebnisse einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangen. Dem Beschwerdeführer sei seit der am 8. März 1984 nach § 149 Abs 1 BAO durchgeführten Schlußbesprechung bekannt gewesen, welche Änderungen zu erwarten gewesen seien. Die Sachbescheide seien dem Beschwerdeführer am 8. Juni 1984 zugestellt worden. Er habe somit bis zum Ablauf der Berufungsfrist vier Monate Zeit gehabt, um seine Berufung vorzubereiten. Dieser Zeitraum sei durch den am 10. Juli 1984 zugestellten Mängelbehebungsauftrag um weitere fünf Wochen bis zum 15. August 1984 ausgedehnt worden. Bis zum Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Mängelbehebungsfrist sei somit eine - weit über die gesetzliche Berufungsfrist hinausgehende - ausreichende Zeitspanne zur Ausarbeitung der Berufung zur Verfügung gestanden. In der am 18. Juni 1984 von einem Steuerberater eingebrachten Berufung sei ersucht worden, "die Frist zur Antragstellung und Begründung angemessen bzw bis wenigstens 15. August 1984 zu erstrecken", weil die Sachbescheide kurz vor Urlaubsantritt des Sachbearbeiters eingelangt seien bzw sich dieser bis zum 15. Juli 1984 im Ausland auf Kur befinden werde. Nun sei die Mängelbehebungsfrist vom Finanzamt dem Antrag folgend so bemessen worden, daß nach Rückkehr des Sachbearbeiters immer noch ein Monat Zeit geblieben sei, um dem Mängelbehebungsauftrag zu entsprechen. Bei der Festsetzung der Mängelbehebungsfrist habe das Finanzamt daher auf die - dem Steuerberater jedenfalls schon bei Einbringung der Berufung bekannte - Abwesenheit des Sachbearbeiters bis voraussichtlich 15. Juli 1984 ohnehin Rücksicht genommen. Das nur äußerst knapp mit "Urlaubsabwesenheit und Krankheit" begründete Fristverlängerungsansuchen zeige nicht auf, daß mit dieser Frist nicht hätte das Auslangen gefunden werden können. Eine (weitere) Fristverlängerung, die im Ermessen der Abgabenbehörde gelegen sei (§ 20 BAO), sei daher nicht gerechtfertigt erschienen.
In der vorliegenden Beschwerde wird sowohl Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, nicht die belangte Behörde, sondern das Finanzamt hätte über das Fristverlängerungsansuchen entscheiden müssen. Denn auch der befristete Mängelbehebungsauftrag sei vom Finanzamt und nicht von der belangten Behörde erteilt worden. Die Zuständigkeit zur Entscheidung sei auch nicht durch einen Devolutionsantrag übergegangen. Die Abweisung des Fristverlängerungsansuchens entspreche insoweit nicht dem Gesetz, als das bei der Zuerkennung einer Fristverlängerung auszuübende Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei. Es sei unrichtig, daß ihm bereits seit dem 8. März 1984 der wesentliche Inhalt der zu erlassenen Sachbescheide bekannt gewesen sei. Vielmehr habe er erst aus den ihm am 8. Juni 1984 zugestellten Sachbescheiden die Begründung entnehmen können. Es sei ihm daher zur Ausfertigung der Berufung nur ein bedeutend kürzerer Zeitraum als von der belangten Behörde angenommen verblieben. Innerhalb der beantragten und auch bescheidmäßig bewilligten Frist zur Behebung der der Berufung gegen die Sachbescheide anhaftenden inhaltlichen Mängel habe sich herausgestellt, daß der Sachbearbeiter krankheitshalber längere Zeit arbeitsunfähig sei, weshalb auch das Fristverlängerungsansuchen gestellt worden sei. Bereits am 21. August 1984 sei dem Mängelbehebungsauftrag entsprochen worden. Bei dieser Sachlage könne von einer Verschleppungsabsicht nicht gesprochen werden. Dem Finanzamt bzw der belangten Behörde wäre es ohne unvertretbaren Aufschub möglich gewesen, festzustellen, ob die Berufung einer inhaltlichen Erledigung zugeführt werden könne. Die Bedenken der belangten Behörde wegen der knappen Begründung des Fristverlängerungsansuchens wären durch ein einfaches Ermittlungsverfahren zu zerstreuen gewesen. In der Unterlassung dieses Ermittlungsverfahrens sei auch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften zu erblicken, weil es ihm nicht möglich gewesen sei, die mangelhafte Begründung des Fristverlängerungsansuchens zu ergänzen. Er sei daher von einer unerwarteten Rechtsansicht überrascht worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Obwohl im vorliegenden Fall nur ein das Verfahren betreffender Bescheid (Verfügung) angefochten ist, ist die Beschwerde zulässig, weil nach dem Verfahrensstand nach Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides kein die Angelegenheit abschließender Bescheid mehr zu ergehen hat (vgl § 244 BAO).
Gemäß § 260 Abs 2 BAO obliegt dem Berufungssenat als Organ der Abgabenbehörde zweiter Instanz die Entscheidung über die Berufung gegen die Sachbescheide. Nach § 279 Abs 1 leg cit haben die Abgabenbehörden zweiter Instanz die Obliegenheiten und Befugnisse, die den Abgabenbehörden erster Instanz auferlegt und eingeräumt sind. Die den Abgabenbehörden zweiter Instanz eingeräumten Rechte werden, wenn die Berufungsentscheidung gemäß § 260 Abs 2 leg cit durch einen Berufungssenat zu fällen ist, auf Grund des § 282 Abs 1 leg cit zunächst vom Vorsitzenden des Senates ausgeübt.
Die Einrede der Unzuständigkeit der belangten Behörde ist nicht berechtigt. Wie sich aus dem Zusammenhang der vorstehenden Bestimmungen und den Ausführungen im bereits erwähnten hg Erkenntnis vom 7. September 1990 ergibt, ist der Vorsitzende des Berufungssenates zuständig, sowohl über im Rechtsmittelverfahren festzusetzende Fristen als auch über die Zurücknahme von Berufungen zu entscheiden. Denn es wäre nicht einsichtig, der belangten Behörde in einem Rechtsmittelverfahren - insbesondere wenn das Finanzamt untätig bleibt - hinsichtlich der formellen Voraussetzungen eines derartigen Verfahrens keinerlei Entscheidungsbefugnis zuzuerkennen. Die belangten Behörde war daher zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig.
Was die Einwendungen des Beschwerdeführers über die fehlerhafte Ausübung des Ermessens und die ihm zur Ausarbeitung der Berufung zur Verfügung stehende Frist betrifft, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß er in seiner Beschwerde, über die mit dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 7. September 1990 entschieden wurde, auf Seite 3 ausgeführt hat, "daß - wie anläßlich der Schlußbesprechung bereits dargelegt - die Berufungsgründe mit umfangreicher Begründung zu versehen seien, was sehr zeitraubend sei". Die belangten Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer der wesentliche Inhalt der Sachbescheide bereits am 8. März 1984 bekannt gewesen ist. Die Einhaltung der bei einer Maßnahme nach § 275 BAO zu setzenden Frist verfolgt den Zweck, ohne unvertretbaren Aufschub feststellen zu können, ob die Berufung einer inhaltlichen Erledigung zuzuführen ist. Die Verlängerung der gesetzten Mängelbehebungsfrist obliegt dem Ermessen der Abgabenbehörde. Dieses Ermessen ist im Sinn der Bestimmungen des § 20 BAO auszuüben. Im vorliegenden Fall wurden die Sachbescheide am 8. Juni 1984 zugestellt. Die Rechtsmittelfrist endete daher am 9. Juli 1984 (der 8. Juli 1984 war ein Sonntag). Das Finanzamt hat sodann einer diesbezüglichen Anregung des Beschwerdeführers folgend die Frist zur Behebung der der Berufung anhaftenden Mängel bis zum 16. August 1984 erstreckt. Dem Beschwerdeführer stand somit mehr als die doppelte Berufungsfrist (vgl § 245 Abs 1 BAO) zur Verfügung. Wenn nun die belangte Behörde die vom Finanzamt gesetzte Frist nicht verlängert hat, so kann darin keine Verletzung des ihr eingeräumten Ermessens erblickt werden. Denn es war für den Beschwerdeführer nicht unbillig, innerhalb von mehr als zwei Monaten eine den Bestimmungen des § 250 Abs 1 BAO entsprechende Berufung zu verfassen. Dabei ist noch in Betracht zu ziehen, daß der Beschwerdeführer insgesamt mehr als fünf Monate (8. März 1984 bis 16. August 1984) Zeit hatte, seine Berufung vorzubereiten bzw auszufertigen. Nach dem oben dargestellten Zweck der Fristsetzung bei einer Maßnahme nach § 275 BAO wäre es für die belangte Behörde nicht zweckmäßig gewesen, dem Fristverlängerungsansuchen zu entsprechen. Die belangten Behörde hat daher das ihr eingeräumte Ermessen im Sinn des Gesetzes ausgeübt. Daran vermag auch der unkonkretisierte Hinweis des Beschwerdeführers auf "Urlaubsabwesenheit und Krankheit" des Sachbearbeiters nichts zu ändern, weil es ihm bzw seinem Steuerberater innerhalb eines Zeitraumes von mehr als fünf, mindestens aber mehr als zwei Monaten möglich gewesen sein müßte, trotz der behaupteten Umstände den abgabenrechtlichen Obliegenheiten nachzukommen. Es fehlt aber auch an jedem Anhaltspunkt dafür, warum trotz Urlaubs und Krankheit des Sachbearbeiters innerhalb der eben erwähnten Zeiträume bei ordnungsgemäßer Organisation der Kanzlei des Steuerberaters die Beachtung der Bestimmungen des § 250 Abs 1 BAO nicht möglich gewesen sein sollte. Was schließlich den Hinweis auf die lange Untätigkeit der belangten Behörde betrifft, reicht es darauf hinzuweisen, daß dieser Vorwurf nur bei einer Säumnis-, nicht jedoch bei einer Bescheidbeschwerde von Bedeutung ist und auf die Ermessensentscheidung betreffend Gewährung einer Fristverlängerung deswegen keinen Einfluß hat, weil diese unabhängig von der Sachentscheidung zu treffen ist.
Was die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß ein Ermittlungsverfahren nicht dazu dient, einer Partei bessere Argumente für einen Antrag zu liefern. Von einer von der belangten Behörde vertretenen unerwarteten Rechtsansicht kann keine Rede sein, weil dem Beschwerdeführer stets bewußt war, daß ein Fristverlängerungsansuchen zur Behebung der einer Berufung anhaftenden Mängel keine hemmende Wirkung hat. Ein Vorhalt zur Rechtsansicht und zu den rechtlichen Schlußfolgerungen der Behörde entspricht nicht dem Wesen des Parteiengehörs (vgl Stoll, Bundesabgabenordnung, Seite 273, sowie das hg Erkenntnis vom 25. Juni 1990, Zl 90/15/0017). Die belangten Behörde hat daher keine Verfahrensvorschriften verletzt. Bemerkt wird, daß der Sachverhalt in keiner Phase des Verwaltungsverfahrens strittig war.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen (hinsichtlich des Aufhebungsgrundes der "Nichtigkeit" wird auf die Ausführungen im bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 7. September 1990 verwiesen), war diese gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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