VwGH 90/13/0111

VwGH90/13/011117.10.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Rosemarie Z in St. P, vertreten durch Dr. XY, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 10. April 1990, GZ 6/4-4094/89-07, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1220;
ABGB §1225;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;
ABGB §1220;
ABGB §1225;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte in der Einkommensteuererklärung 1987, einen als Heiratsausstattung an den Sohn Rainer H hingegebenen Geldbetrag von S 100.000,-- als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Im Zuge des vom Finanzamt durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, daß der Sohn sich am 31. Jänner 1987 verehelicht hatte; die Hingabe des Geldbetrages erfolgte am 29. Dezember 1987.

Auf einen entsprechenden Vorhalt gab die Beschwerdeführerin am 22. Februar 1989 an, die Ausstattung habe "aus Liquiditätsgründen" erst Ende 1987 erfolgen können.

Bei Erlassung des Einkommensteuerbescheides 1987 versagte das Finanzamt dem Ausstattungsbetrag die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung, weil die verspätete Hingabe der Heiratsausstattung nicht zwangsläufig gewesen sei.

Die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1987 wurde zunächst mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde ausgeführt, der Anspruch auf die Heiratsausstattung sei durch die Eheschließung (des Sohnes) gegeben gewesen. Da eine größere Privatentnahme ohne Beachtung der Liquidität zu einer Gefährdung des Betriebes der Beschwerdeführerin hätte führen können, sei die Auszahlung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung von der belangten Behörde abgewiesen. Die Behörde vertrat darin die Ansicht, daß unter dem Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit einer erst nach der Eheschließung hingegebenen Heiratsausstattung zu prüfen ist, ob eine zwingende Notwendigkeit für diese verspätete Hingabe bestanden habe. Es sei nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob "berechtigte zwingende Gründe", denen sich der Abgabepflichtige nicht entziehen konnte, dazu führten, daß die Heiratsausstattung erst einige Zeit nach der Verehelichung hingegeben wurde. Ein Nachweis solcher zwingenden Gründe sei der Beschwerdeführerin aber nicht gelungen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie dem Sinne nach auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der zum Zeitpunkt der Eheschließung des Sohnes der Beschwerdeführerin geltenden Rechtslage war die Hingabe eines Heiratsgutes von der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausdrücklich ausgeschlossen (§ 34 Abs. 2 zweiter Satz EStG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 587/1983). Mit Erkenntnis vom 16. Juni 1987, G 52/87, hob der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung mit Wirkung ab 6. August 1987 auf (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 1. März 1989, Zl. 88/13/0207). Der von der Beschwerdeführerin im Dezember 1987 ihrem Sohn als Heiratsausstattung bezahlte Betrag von S 150.000,-- war daher grundsätzlich bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung als solche zu berücksichtigen.

Gemäß § 1220 ff ABGB wird der Ausstattungsbetrag zwar zum Zeitpunkt der Eheschließung des Kindes fällig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1990, Zl. 89/14/0274). Die Eigenschaft eines Heiratsgutes (einer Heiratsausstattung) geht aber nicht verloren, wenn dieses nicht schon bei der Verehelichung, sondern erst später hingegeben wird (vgl. das zur Schenkungssteuer ergangene hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1988, Zl. 87/16/0026).

Voraussetzung dafür, einen Aufwand als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 vom Einkommen abzuziehen, ist unter anderem, daß der Aufwand dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen ist. Dabei trifft es zwar zu, daß das Merkmal der Zwangsläufigkeit nicht nur dem Grund und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein muß; der Aufwand darf auch nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden als jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre, nämlich zum Zeitpunkt der Eheschließung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1990, Zl. 90/14/0236, und die dort zitierte Vorjudikatur). Aus diesen Grundsätzen kann jedoch entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht gefolgert werden, daß jede zu einem späteren Zeitpunkt als dem der Eheschließung erfolgte Hingabe einer Heiratsausstattung für die Berücksichtigung der geleisteten Zahlung als außergewöhnliche Belastung schlechthin schon den vom Steuerpflichtigen zu erbringenden Nachweis zwingender Gründe erfordert, welche die Verspätung der Zahlung gegenüber dem Fälligkeitszeitpunkt des Eheschließungstages rechtfertigen. Vielmehr war im Beschwerdefall die Zwangsläufigkeit der gegenständlichen Aufwendung im Hinblick darauf zu bejahen, daß die Heiratsausstattung (noch) in dem Kalenderjahr geleistet wurde, in dem der Anspruch darauf entstanden und fällig geworden ist (vgl. das Erkenntnis vom 9. Oktober 1991, Zl. 91/13/0078, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG hingewiesen wird).

Der angefochtene Bescheid erweist sich schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, sodaß sich eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerde über das Vorliegen triftiger Gründe für die verspätete Hingabe der Heiratsausstattung erübrigte. Der Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Von den unter der Position "Barauslagen" angesprochenen Kosten konnten nur die Stempelgebühren für die Beschwerdeausfertigungen, Vollmacht und die beigelegte Berufungsentscheidung angesetzt werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte