Spruch:
Das Verfahren über die Beschwerde des Zweit-Beschwerdeführers WS wird eingestellt.
Die Beschwerde der Erst-Beschwerdeführerin CS wird als unbegründet abgewiesen.
3. Die beiden Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.) Zur Einstellung des Verfahrens über die Beschwerde des Zweit-Beschwerdeführers WS:
Der Zweit-Beschwerdeführer hat seine Beschwerde mit Eingabe an den Verwaltungsgerichtshof vom 12. Juni 1990 zurückgezogen. Das Verfahren über seine Beschwerde war deshalb gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
2.) Zur Beschwerde der Erst-Beschwerdeführerin CS (in der Folge kurz: Beschwerdeführerin):
Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ein Wegkreuz, welches von A bzw. dessen Rechtsvorgängern auf einem bis zum Jahre 1963 im Eigentum der Pfarrkirche O gestandenen Grundstück aufgestellt und zuletzt von A erhalten worden war. Nachdem dieses Grundstück vorübergehend im Eigentum der mitbeteiligten Gemeinde (in der Folge kurz: MB) gestanden war, gelangte es im Zuge der vorläufigen Übernahme im Zusammenlegungsverfahren O mit der Abfindung br 1/2 wieder in das Eigentum der Pfarrkirche O zurück. Diese Abfindung br 1/2 wurde in der Folge mitsamt dem Wegkreuz an die bis dahin am Zusammenlegungsverfahren nicht als Partei beteiligte Beschwerdeführerin verkauft und in ihr Eigentum übertragen.
Über schriftliche Anregung des A hielt das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (in der Folge kurz: AB) zur Klärung der "Besitz- bzw. Eigentumsverhältnisse am Wegkreuz, welches sich nunmehr auf der Abfindung br 1/2 KG. O befindet", am 15. September 1988 eine mündliche Verhandlung ab, an welcher u.a. auch die Beschwerdeführerin und der Vizebürgermeister der MB teilnahmen. In der Verhandlungsschrift ist nach einer Einvernahme einer Auskunftsperson festgehalten:
"Sodann vereinbaren die Parteien CS und A sowie Vzbgm. M und Pfarrer Z folgende Vorgangsweise:
Das nunmehr auf Abfindung br 1/2 (Frau CS) befindliche Wegkreuz wird auf die Abfindung at/119 (öffentliches Gut, Gemeinde O) versetzt, und zwar so, daß es an der Grenze zur Abfindung br 1/2 in der dort in der Natur vorhandenen Böschung aufgestellt wird. Die Verlegung des Standorts des Kreuzes, also die Errichtung des neuen Betonsockels sowie die Aufstellung des Kreuzes selbst wird durch die Zusammenlegungsgemeinschaft O bis Sommer 1989 durchgeführt.
Die weitere Erhaltung des Kreuzes erfolgt durch die römisch-katholische Pfarrkirche zur Heiligen Margareth. Die Besitzverhältnisse stellen sich fortan so dar, daß die Gemeinde Eigentümerin des Wegkreuzes wird. Für die Gemeinde O entstehen sohin keine Kosten.
Die Parteien erklären sich mit dieser Vereinbarung vollinhaltlich einverstanden."
Mit Schreiben vom 26. Jänner 1989 gab die Beschwerdeführerin der AB bekannt, daß sie sich an die vereinbarte Vorgangsweise nicht mehr gebunden erachte, weil die MB "diese Schenkung durch Gemeinderatsbeschluß im Dezember 1988 nicht angenommen" habe. Am 9. Mai 1989 gab A dazu niederschriftlich vernommen an, daß er sich an die getroffene Vereinbarung nach wie vor gebunden halte; die MB habe in der Sitzung vom 17. Jänner 1989 für die Übernahme des Wegkreuzes gestimmt. Dies bestätigte die MB mit Schreiben an die AB vom 12. Mai 1989. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich dazu, daß der Gemeinderat am 19. Dezember 1988 beschlossen hatte, das Wegkreuz solle im Eigentum der Beschwerdeführerin bleiben, daß es aber am 17. Jänner 1989 zu einer neuerlichen Abstimmung im Gemeinderat gekommen ist, bei welcher mehrheitlich beschlossen wurde, daß das Wegkreuz auf Gemeindegrund kommen und im Eigentum der Gemeinde bleiben, aber von A gepflegt werden sollte.
Mit Bescheid vom 22. Mai 1989 entschied die AB, daß die in der Verhandlung vom 15. September 1988 abgegebenen Erklärungen und der sich daraus ergebende Vergleich des Inhaltes, "daß das nunmehr auf Abfindung br 1/2 (Eigentümerin Frau CS) befindliche Wegkreuz auf die Abfindung at/119 (öffentliches Gut, Gemeinde O) versetzt wird, und zwar so, daß es an der Grenze zur Abfindung br 1/2 in der dort in der Natur vorhandenen Böschung aufgestellt wird, wobei die Verlegung des Standortes des Kreuzes, also die Errichtung des neuen Betonsockels sowie die Aufstellung des Kreuzes selbst durch die Zusammenlegungsgemeinschaft O bis Sommer 1989 durchgeführt wird und die weitere Erhaltung des Kreuzes durch die röm.-kath. Pfarrkirche zur Heiligen Margareth erfolgt und die Gemeinde O Eigentümerin des Wegkreuzes wird, ohne daß ihr daraus Kosten entstehen",
gemäß § 75 Abs. 1 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1978, LGBl. Nr. 54/1978 (TFLG), genehmigt würden.
In der Begründung dieses Bescheides beurteilte die AB den vorliegenden Sachverhalt unter Bezugnahme auf § 75 Abs. 1 und 2 TFLG rechtlich dahin, daß die Parteien am 15. September 1988 vor der AB Erklärungen abgegeben hätten, an welche sie gebunden seien. Der sich daraus ergebende Vergleich habe demnach von der AB genehmigt werden können. Auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses der MB vom 17. Jänner 1989 liege nunmehr auch die Zustimmung zur Übernahme des Wegkreuzes ins öffentliche Gut vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie zwar ebenfalls vom Abschluß der oben angeführten Vereinbarung vom 15. September 1988 ausging, jedoch die Auffassung vertrat, diese Vereinbarung sei durch die negative Willensbildung des Gemeinderates vom 19. Dezember 1988 hinfällig geworden. Die neuerliche Willensbildung der MB vom 17. Jänner 1989 sei unzulässig und überdies nicht im Sinne der Vereinbarung vom 15. September 1988 hinsichtlich der Erhaltungspflicht gewesen.
Nach Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 1989 die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 72 Abs. 4 bis 6 und 75 TFLG als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß das prozessuale Recht einer Berufung gegen einen agrarbehördlichen Genehmigungsbescheid nicht den Sinn haben könne, die Bindungswirkung von der Agrarbehörde gegenüber abgegebenen Parteienerklärungen hintanzuhalten. Nach einer neuerlichen Wiedergabe der von den betroffenen Parteien am 15. September 1988 getroffenen Vereinbarung führte die belangte Behörde weiter aus, auch aus der Sicht der Beschwerdeführerin habe sich der erstinstanzliche Genehmigungsbescheid genau an die durch die Beschwerdeführerin und ihren Rechtsvertreter in der mündlichen Verhandlung vor der AB abgegebenen Parteienerklärungen gehalten. Nach § 75 Abs. 1 TFLG dürften die im Laufe des Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erkärungen nur mit Zustimmung der Agrarbehörde widerrufen werden. Eine solche bescheidmäßige Zustimmung zu dem Verhalten der Beschwerdeführerin liege im Beschwerdefall nicht vor. Die Beschwerdeführerin sei daher weiterhin an ihre Erklärungen gemäß der Verhandlungsschrift vom 15. September 1988 gebunden. Aus dieser ergebe sich nicht, daß die Erklärungen der Beschwerdeführerin nur unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Gemeinderates der MB abgegeben worden wären; auch habe eine solche Zustimmung der MB nicht innerhalb einer bestimmten Frist oder in einer bestimmten Gemeinderatssitzung erfolgen müssen. Entscheidende Parteiabsicht sei es am 15. September 1988 gewesen, das Wegkreuz für die Bevölkerung weiter zu erhalten und es künftig aus Streitigkeiten herauszuhalten. Es sei daher nicht etwa nur um das "zweiseitige Rechtsgeschäft der Schenkung" des Wegkreuzes an die MB gegangen, die Parteien hätten sich vielmehr auf die Festlegung einer "Vorgangsweise" geeinigt, an welcher nicht nur die Beschwerdeführerin und die MB, sondern auch weitere Personen beteiligt gewesen seien. Die Beschwerdeführerin sei nun nicht dadurch beschwert, daß das Wegkreuz in das Eigentum der MB kommen und dort bleiben und von A gepflegt werden solle. Die belangte Behörde gelange daher zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß im Bescheid der AB zu Recht von der Bindung der Beschwerdeführerin an ihre Erklärungen vom 15. September 1988 ausgegangen worden sei. Diese Bindung könne nur mit agrarbehördlicher Zustimmung aufgehoben werden. Sie sei auch nicht etwa dadurch beseitigt worden, daß der Gemeinderat zunächst seine Zustimmung verweigert habe, denn er habe am 17. Jänner 1989 mehrheitlich diese Zustimmung nachgeholt. Es seien daher alle Parteien an die vergleichsweise getroffene Regelung über Eigentum. Situierung, Versetzung und Erhaltung des Wegkreuzes gebunden. Das prozessuale Recht der Berufung gegen den erstinstanzlichen Genehmigungsbescheid sei nicht geeignet, von der am 15. September 1988 festgelegten Vorgangsweise abzurücken. Der Berufung habe daher ein Erfolg versagt bleiben müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt dieser Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf ersatzlose Aufhebung des von der AB erlassenen und mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten agrarbehördlichen Genehmigungsbescheides hinsichtlich der am 15. September 1988 getroffenen Vereinbarungen verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die (von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene) Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Entscheidung der vorliegenden Rechtssache findet ihre Begründung in der in § 72 TFLG normierten Kompetenzkonzentration für die Dauer der Anhängigkeit eines Zusammenlegungsverfahrens, wobei im Beschwerdefall unbestritten ist, daß die für die Aufstellung des strittigen Wegkreuzes vorgesehenen Grundstücke in das noch anhängige Zusammenlegungsverfahren O einbezogen worden sind. Unbestritten ist auch, daß die Beschwerdeführerin durch den Eigentumserwerb an einer in dieses Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Liegenschaft Parteistellung in diesem Verfahren und damit auch im vorliegenden Rechtsstreit erlangt hat.
Gemäß § 75 Abs. 1 TFLG bedürfen u.a. die im Laufe eines Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erkärungen und die mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeschlossenen Vergleiche keiner Genehmigung durch Verwaltungs- oder Pflegschaftsbehörden; sie dürfen nur mit Zustimmung der Agrarbehörden widerrufen werden; die Zustimmung ist zu versagen, wenn aus einem Widerruf eine erhebliche Störung des Verfahrens zu besorgen ist, wie insbesondere dann, wenn auf Grund dieser Erklärungen bereits wirtschaftliche Maßnahmen gesetzt wurden oder Rechtshandlungen oder Bescheide ergangen sind.
Gemäß § 75 Abs. 2 TFLG ist die während des Verfahrens durch Bescheide oder durch vor der Agrarbehörde abgegebene Erklärungen der Parteien geschaffene Rechtslage auch für die Rechtsnachfolger bindend.
Die Beschwerdeführerin bestreitet auch in ihrer Beschwerde nicht, daß sie in der Verhandlung vom 15. September 1988 zugestimmt hat, daß das Wegkreuz von dem ihr gehörigen (Abfindungs-)Grundstück br 1/2 entfernt und auf dem benachbarten Grundstück at/119 der MB aufgestellt werden sollte, und daß dieses Wegkreuz künftig im Eigentum der MB stehen sollte. Trotzdem hält die Beschwerdeführerin den mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten agrarbehördlichen Genehmigungsbescheid für rechtwidrig. Sie argumentiert diesbezüglich ausschließlich damit, daß der an dieser Verhandlung beteiligte Vizebürgermeister keine für die MB bindenden Erklärungen habe abgeben können und daß es am 19. Dezember 1988 zu einer ablehnenden Beschlußfassung im Gemeinderat der MB gekommen sei.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Zum einen blieb die Beschwerde jede Begründung dafür schuldig, weshalb der Vizebürgermeister nicht legitimiert gewesen sein sollte, bei der Verhandlung Erklärungen für die Gemeinde abzugeben. Zum zweiten hat das spätere Verhalten der MB keinesfalls dazu geführt, daß die Beschwerdeführerin von ihrem am 15. September 1988 geäußerten Einverständnis mit der weiteren Vorgangsweise hinsichtlich des strittigen Wegkreuzes entbunden worden wäre. Selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin davon ausgehen wollte, daß die am 15. September 1988 von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen unter dem (stillschweigenden) Vorbehalt abgegeben worden wären, daß sie nur unter der Voraussetzung eines auch für die MB verbindlichen positiven Gemeinderatsbeschlusses wirksam werden sollten, ist den Ausführungen der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten, daß ein derartiger Gemeinderatsbeschluß jedenfalls im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Genehmigungsbescheides bereits vorlag. Warum es rechtlich "nicht angehen" sollte, daß dieser positive Gemeinderatsbeschluß erst nach einem vorangegangenen negativen Abstimmungsergebnis zustandegekommen ist, und warum der Gemeinderatsbeschluß vom 17. Jänner 1989 "überhaupt keine rechtlichen Wirkungen mehr zeitigen" können sollte, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Es wird dies in der Beschwerde auch nur als eine rechtliche Behauptung in den Raum gestellt und nicht weiter begründet.
Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin an ihre am 15. September 1988 vor der Agrarbehörde abgegebenen Erklärungen ungeachtet des späteren Verhaltens der MB gebunden blieb und daß eine Zustimmung der Agrarbehörde zu einem diesbezüglichen Widerruf der Beschwerdeführerin (§ 75 Abs. 1 TFLG) nicht vorliegt. Der Inhalt der mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten agrarbehördlichen Genehmigung hält sich im übrigen streng an die von den Beteiligten am 15. September 1988 abgegebenen Erklärungen; für die Verbindlichkeit dieser Erklärungen ist es völlig unerheblich, inwieweit allenfalls der von der MB gefaßte Gemeinderatsbeschluß im Detail davon abwich. Zu prüfen ist im Beschwerdefall nur, ob die Beschwerdeführerin durch die agrarbehördliche Genehmigung, also durch den von der belangten Behörde bestätigten Bescheid der AB, in ihren Rechten verletzt wurde. Einen allfälligen Eingriff der Agrarbehörden in die Rechte anderer Verfahrensparteien zu bekämpfen kommt der Beschwerdeführerin nicht zu.
Die Beschwerdeführerin ist somit dadurch, daß die Agrarbehörden ihr am 15. September 1988 erklärtes Einverständnis mit der Versetzung des Wegkreuzes auf Grund und Boden der MB einschließlich des damit verbundenen Eigentumsüberganges an diesem Kreuz an die MB genehmigt haben, in ihren Rechten nicht verletzt worden. Ihre Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
3.) Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 59 VwGG; hinsichtlich des Zweit-Beschwerdeführers insbesondere auch auf § 51 VwGG, sowie auf Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206/1989.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)