VwGH 90/04/0343

VwGH90/04/034323.4.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde der N-GesmbH gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. Oktober 1990, Zl. 313.026/1-III-3/90, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art130 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz mit Schreiben vom 3. Oktober 1989 aufgefordert, hinsichtlich ihrer Betriebsanlage am Standort X, A-Straße 31 (Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar), ein Ansuchen auf Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung einzubringen. Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 30. Oktober 1989 "die Einleitung eines Feststellungsverfahrens nach § 385 GewO". Daraufhin richtete die Bezirkshauptmannschaft Bregenz an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin ein mit 23. November 1989 datiertes Schreiben folgenden Inhaltes:

"Sehr geehrter Herr RechtsanwaltÜ

Die N-GesmbH, X besitzt auf Grund des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11.7.1985, Zl. II-1008/1985, die Konzession für das Gastgewerbe mit den Berechtigungen gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2, eingeschränkt auf kleine Imbisse, Z. 3 und Z. 4 Gewerbeordnung 1973 in der Betriebsart einer Bar am Standort X, A-Straße 31.

In Bezug auf diesen Gastgewerbebetrieb sind bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz mehrere Beschwerden eingelangt, die eine Genehmigungspflicht dieser Anlage im Sinne der §§ 74 ff Gewerbeordnung 1973 begründet erscheinen lassen.

Die N-GesmbH wurde daher aufgefordert, um die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für diese Betriebsanlage anzusuchen.

Daraufhin hat die N-GesmbH, X jedoch den Antrag auf Feststellung gemäß § 358 Gewerbeordnung 1973 gestellt, daß die Errichtung und der Betrieb dieser Anlage keiner gewerbebehördlichen Genehmigung bedarf.

Ein Feststellungsbescheid ist gemäß § 358 Abs. 1 Gewerbeordnung 1973 jedoch nicht zu erlassen, wenn die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig ist.

Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz geht von der Offenkundigkeit der Genehmigungspflicht dieser Anlage aus, weshalb der von Ihnen eingebrachte Antrag gemäß § 358 Gewerbeordnung 1973 nicht weiter verfolgt wird.

'Wenn nämlich bei Bedachtnahme auf den der Partei und der Behörde offenliegenden Sachverhalt keine Zweifel daran bestehen, daß Immissionen im Sinne des § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 nicht auszuschließen sind, so kommt eine Prüfung der Anlage oder des Vorhabens im Sinne des ersten Satzes des § 358 Abs. 1 Gewerbeordnung 1973 nicht in Betracht. In einem solchen Fall ist die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig und im Sinne des zweiten Satzes dieser Gesetzesbestimmung kein Feststellungsbescheid zu erlassen' (VwSlg. 10046/A, Erk. vom 23. Oktober 1984, 83/04/0305).

Die Anzeigen des Gendarmeriepostens X sowie der Nachbarn der Betriebsanlage ergeben eindeutig, daß von dieser Betriebsanlage ausgehende Immissionen im Sinne des § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1973 nicht auszuschließen sind. Es liegt somit eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage vor, die ohne Genehmigung betrieben wird.

Wir ersuchen Sie daher nochmals, im Sinne unseres Schreibens vom 3. Oktober 1989 um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung binnen 2 Wochen anzusuchen. Mit freundlichen Grüßen der Bezirkshauptmann"

Gegen diese Erledigung erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die der Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 19. Februar 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückwies.

Über die auch gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung bestätigte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 16. Oktober 1990 den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg mit der Maßgabe, daß die Berufung vom 12. Dezember 1989 gemäß § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 63 Abs. 1 AVG zurückgewiesen werde. Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. November 1989 komme ein normativer Gehalt nicht zu. Aus diesem Schreiben sei ein Wille der Behörde, über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Oktober 1989 in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise abzusprechen, nicht abzuleiten, da es lediglich Mitteilungen, Rechtsbelehrungen sowie die Mahnung, gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtungen zu erfüllen, enthalte. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen sowie Rechtsbelehrungen und dergleichen könnten jedoch nicht als verbindliche Erledigung im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG 1950 gewertet werden. Auch hänge der Bescheidcharakter einer Erledigung nicht davon ab, ob die Behörde verpflichtet gewesen sei, über das Parteibegehren zu entscheiden, sondern davon, ob die Erledigung nach ihrer Form die Absicht erkennen lasse, über einen Antrag rechtsverbindlich zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf materielle Erledigung ihrer Berufung gegen die erstbehördliche Erledigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, als Bescheid sei eine hoheitsrechtliche Willensäußerung eines Verwaltungsträgers zu werten, die entweder den Bestand oder Nichtbestand eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses feststelle oder ein Recht bzw. ein Rechtsverhältnis begründe, ändere oder aufhebe. Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz sei zuständige Behörde für das Verfahren gemäß § 358 GewO 1973. Die Äußerung, wonach der eingebrachte Antrag nicht weiter verfolgt werde, könne nicht anders, als als hoheitsrechtliche Willensäußerung verstanden werden. Inhaltlich werde zum Ausdruck gebracht, daß ein Recht auf die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nicht bestehe und die Genehmigungspflicht gegeben sei. Dies sei jedenfalls als hoheitsrechtliche Willensäußerung, die über den Bestand oder Nichtbestand von Rechten oder Rechtsverhältnissen abspreche, zu bewerten. Vom Inhalt, nicht von der formalen Ausgestaltung der behördlichen Erledigung, sei auszugehen. Auch das für den Bescheid geforderte Merkmal, wonach die Bezeichnung der Behörde erforderlich sei, sei gegeben. Das Schreiben vom 23. November 1989 sei auf dem Briefpapier der Bezirkshauptmannschaft Bregenz versandt und vom Bezirkshauptmann unterfertigt worden. Auch wenn also die Bezeichnung als Bescheid, die Rechtsmittelbelehrung und die formelle Begründung fehlten, sei das Schreiben als Bescheid zu werten. Inhaltlich sei das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Zurückweisung des Antrages zu werten. Diese Zurückweisung habe mit Bescheid zu erfolgen. Durch die Mitteilung, daß der gestellte Antrag nicht weiter verfolgt werde, habe die Behörde ihren hoheitlichen Willen kundgetan.

Gemäß § 58 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten (Abs. 1). Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird (Abs. 2).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Zl. 9458/A, ausgeführt hat, sind allerdings behördliche Erledigungen nicht nur dann als Bescheide zu werten, wenn alle gesetzlichen Vorschriften über Inhalt und Form der Bescheide und über die Bescheiderlassung erfüllt sind. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedgabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG 1950, gewertet werden.

Gemessen an dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof das in Rede stehende Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23. November 1989 nicht als Bescheid zu werten. Denn die darin gebrauchte Wendung: "... weshalb der von Ihnen eingebrachte Antrag gemäß § 358 Gewerbeordnung 1973 nicht weiter verfolgt wird," kann nicht anders verstanden werden denn als Mitteilung der Behörde, daß sie nicht die Absicht habe, über den in Rede stehenden Antrag in förmlicher Weise, also durch Bescheid, zu entscheiden. Es mangelt der in Rede stehenden Erledigung zur Qualifikation als Bescheid schon an dem Willen der Behörde, einen rechtsgestaltenden oder rechtsfeststellenden Akt zu setzen.

Liegt aber solcherart ein Bescheid nicht vor, so erweist sich die Zurückweisung der gegen diese Erledigung erhobenen Berufung als nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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