VwGH 90/04/0228

VwGH90/04/022828.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Dr. Puntigam, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Juni 1990, Zl. Ge-7547/3-1990/Sch/Th, betreffend Maßnahme gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §360 Abs1;
VwGG §42 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §360 Abs1;
VwGG §42 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 23. Mai 1990 wurde folgendes ausgesprochen: "Der konsenslose Schlachtbetrieb im Standort A ist ab 17. Mai 1990 geschlossen und es dürfen keine weiteren Schlachtungen in diesem Betrieb durchgeführt werden." Zur Begründung wurde ausgeführt, die Voraussetzungen des § 360 Abs. 1 GewO 1973 träfen beim konsenslosen Schlachtbetrieb im bezeichneten Standort zu, weshalb am 17. Mai 1990 als Sofortmaßnahme die Schließung des Betriebes verfügt worden sei. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20. November 1989 sei über den Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 94 Z. 16 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 9.000,-- verhängt worden, weil er in den Monaten Juli bis September 1989 im bezeichneten Standort von ihm gekaufte Schafe für den Weiterverkauf geschlachtet habe, ohne im Besitze einer hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung für das Fleischerhandwerk gewesen zu sein. Dieses Straferkenntnis sei durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. April 1990, mit welchem die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen worden sei, in Rechtskraft erwachsen. Durch dieses Strafverfahren, welches rechtskräftig abgeschlossen sei, sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer durch das Schlachten der Tiere, ohne im Besitze einer hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung für das Fleischerhandwerk gewesen zu sein, eine gesetzwidrige Gewerbeausübung begangen habe. Da die gewerbliche Tätigkeit vom Beschwerdeführer weiter unbefugt ausgeübt werde, bestehe offenkundig der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 und es sei mit Grund anzunehmen, daß die solchermaßen gesetzwidrige Gewerbeausübung weiter betrieben werde. Bei einer amtstierärztlichen Überprüfung des Schlachtbetriebes am 10. Mai 1990 - der Betrieb sei nicht nach § 74 Abs. 2 und 77 GewO 1973 genehmigt - habe der Beschwerdeführer angekündigt, er werde am nächsten Wochenende 200 bis 300 Schafe schlachten. Seitens des Fleischuntersuchungstierarztes sei sodann am 15. Mai 1990 dem hiesigen Amtstierarzt mitgeteilt worden, daß am vergangenen Wochenende tatsächlich ca. 30 Stück geschlachtet worden seien. Über Ersuchen des Bürgermeisters sei am 14. Mai 1990 durch das Amt der oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Wasserrecht, beim konsenslosen Schlachtbetrieb ein Lokalaugenschein zwecks Überprüfung der Abwasserbeseitigung durchgeführt worden, da am Vortage von Anrainern massive Beschwerden beim Gemeindeamt eingebracht worden seien. Bei diesem Lokalaugenschein hätten Container, mit Schlachtabfällen gefüllt, vorgefunden werden können. Weiters sei der Amtskommission ein Polaroidfoto - aufgenommen am 14. Mai 1990 - vorgelegt worden, auf dem neben den Containern auch drei Paletten mit Schafhäuten sichtbar seien. Gegen den Beschwerdeführer sei derzeit bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt neuerlich ein Verwaltungsstrafverfahren wegen unbefugter Ausübung des Fleischerhandwerkes, eingeleitet auf Grund einer Anzeige des Gendarmeriepostens, anhängig. Wie der Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft festgestellt habe, entspreche der konsenslose Schlachtbetrieb nicht den Bestimmungen der Fleischhygieneverordnung vom 3. Mai 1983, BGBl. Nr. 280. Da der Beschwerdeführer das Fleisch der geschlachteten Tiere verkaufe, sei jedenfalls eine Gefährdung der Gesundheit der Fleischkonsumenten als Folge der fehlenden oder mangelhaften Hygieneeinrichtungen gegeben. Auch unter diesem Aspekt sei die Schließung des konsenslosen Schlachtbetriebes dringend geboten gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 27. Juni 1990 wurde der Berufung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 keine Folge gegeben, der Bescheidspruch wurde jedoch wie folgt abgeändert: "Gemäß § 360 Abs. 1 der GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, wird die Stillegung der für die Schlachtung verwendeten Maschinen und Geräte verfügt." Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erstbehörde habe bereits zutreffend die Bestimmungen des § 360 Abs. 1 GewO 1973 zitiert. Allein diese in der zitierten gesetzlichen Bestimmung angeführten Voraussetzungen seien für die Entscheidung maßgebend, während der Fleischhygieneverordnung und sonstigen veterinärrechtlichen Bestimmungen keine Bedeutung zukomme. Auch der in der Berufungsschrift ausführlich dargestellten Amtshandlung der Bezirkshauptmannschaft komme im gegenständlichen Verfahren keine rechtliche Bedeutung zu. Der erstbehördliche Bescheid stelle keine schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides dar. Die unbefugte Ausübung des Fleischerhandwerkes sei mit der Abwicklung des Verwaltungsstrafverfahrens rechtskräftig festgestellt worden. Daraus ergebe sich, daß die Gewerbebehörde im Rahmen eines Verfahrens nach § 360 Abs. 1 GewO 1973 nicht neuerlich zu prüfen habe, ob eine gesetzwidrige Gewerbeausübung vorliege oder nicht.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof in dem Recht auf Unterbleiben der gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1973 angeordneten Maßnahme verletzt.

Die vorliegende Beschwerde ist im Hinblick auf diesen Beschwerdepunkt im Ergebnis berechtigt.

Der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Verfügung der Stillegung der für die Schlachtung verwendeten Maschinen und Geräte wurde der im Verwaltungsrechtszug ergangene Strafbescheid vom 3. April 1990 zugrundegelegt, welcher mit dem hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1991, Zl. 90/04/0147, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden ist.

Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt die Rechtssache durch die verwaltungsgerichtliche Aufhebung des Bescheides in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Bescheides befunden hatte.

Die in dieser Bestimmung normierte "ex-tunc"-Wirkung bedeutet, daß der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet auch, daß allen Rechtsakten und faktischen (Vollzugs-)Akten, die während der Geltung des vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1985, Zl. 85/17/0030).

Der auf den Bescheid vom 3. April 1990 gestützte nunmehr angefochtene Bescheid verlor somit mit dem aufhebenden hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1991 seine Grundlage. Die Rechtslage ist daher so zu beurteilen, als ob der in der Verwaltungsstrafsache erlassene Berufungsbescheid vom 3. April 1990 nicht ergangen wäre.

Der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid leidet aus diesem Grund an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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