VwGH 90/02/0192

VwGH90/02/019220.2.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. September 1990, Zl. MA 70-11/977/90/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. September 1990 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 16. Dezember 1989 um ca. 2.00 Uhr auf einer näher beschriebenen Fahrtstrecke in Wien einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer die Tatort- und Tatzeitumschreibung in dem im Instanzenzug aufrechterhaltenen Schuldspruch als rechtswidrig erachtet, vermag ihm der Verwaltungsgerichtshof nicht beizupflichten. Im Sinne der im Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11 894/A, dargelegten Rechtsanschauung ist das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes. Bei einer Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO bedarf es sohin weder der Angabe der genauen "Fahrlinie" des Bestraften noch der Zeitpunkte des Beginnes und des Endes der Fahrt, weil die Erfordernisse der Konkretisierung der Tatzeit und Tatort nicht isoliert, sondern in Verbindung zueinander zu betrachten sind; dabei kommt es hinsichtlich der Tatzeit auch nicht auf die exakte Angabe der jeweiligen Minute an, vielmehr

reicht etwa eine Tatzeitangabe von "gegen ... Uhr" aus (vgl.

zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 1990, Zl. 90/03/0110).

Ausgehend davon ist es rechtlich unerheblich, ob die Beschreibung der Fahrtroute im Schuldspruch zur Gänze mit der vom Beschwerdeführer tatsächlich gefahrenen Strecke übereinstimmt, sodaß darauf nicht näher einzugehen war. Aber auch gegen die Angabe der Tatzeit mit "um 2.00 Uhr" bestehen solcherart keine Bedenken. Selbst wenn der Beschwerdeführer für die Zurücklegung der im Spruch angeführten Fahrtstrecke eine etwas längere Zeit gebraucht haben sollte, ist noch nicht erkennbar, daß der Beschwerdeführer unter Bedachtnahme auf seiner Verteidigung dienende Beweismittel Zweifel daran haben könnte, wofür er bestraft wurde und befürchten müßte, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die belangte Behörde stützte ihre Annahme, der Beschwerdeführer habe entgegen der Vorschrift des § 5 Abs. 1 StVO das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, insbesondere auf das Gutachten des Polizeichefarztes vom 2. April 1990. Was zunächst die Eigenschaft dieser Person als Amtssachverständiger im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG 1950 anlangt, so vermag der Verwaltungsgerichtshof die diesbezüglichen Zweifel des Beschwerdeführers nicht zu teilen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 368, unter Ziffer 40 zitierte hg. Vorjudikatur). Weshalb das bezügliche Schreiben vom 2. April 1990 vom Verfasser als "Chefarzt der Bundespolizeidirektion Wien", nicht jedoch "als Gutachter" verfaßt worden sein sollte, ist nicht erkennbar. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 26. Juni 1978, Slg. Nr. 9602/A, ist in diesem Zusammenhang unverständlich; daß der Beschwerdeführer durch das erwähnte Gutachten "unwiderlegbar" überführt worden sei, bleibt von ihm unbegründet.

Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß das erwähnte Gutachten vom 2. April 1990 in Hinsicht auf den "Befund" keine näheren Erläuterungen enthält, sondern lediglich auf die Angaben des Beschwerdeführers über seinen Alkoholkonsum verweist, woraus der Amtssachverständige ohne weitere Ausführungen den Schluß zog, der Beschwerdeführer sei mit Sicherheit zum Lenken eines Fahrzeuges nicht mehr geeignet gewesen, ein Blutalkoholwert von über 0,8 % (richtig wohl Promille) sei anzunehmen. Damit ist für den Beschwerdeführer allerdings nichts gewonnen, weil es sich um einen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unwesentlichen Verfahrensmangel handelt, der nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt:

Die in diesem Gutachten angeführten Angaben des Beschwerdeführers über seinen Alkoholkonsum stellten sich nach der Aktenlage (vgl. die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten, mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschriften vom 19. Dezember 1989 und vom 26. Jänner 1990) so dar, daß der Beschwerdeführer am 15. Dezember 1989 in der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 23.00 Uhr "ein Bier, zwei bis drei Cola mit Rum und zwei Tequila" getrunken hatte. In der Folge hatte er bis zum Antritt der Fahrt insgesamt vier Gläser Sekt (zunächst zwei und nach Unterbrechung noch vier) getrunken. Seinen Zustand während der Fahrt hatte der Beschwerdeführer laut Niederschrift vom 19. Dezember 1989 selbst als "ziemlich stark alkoholisiert" bezeichnet.

Ausgehend von diesen Trinkangaben des Beschwerdeführers war es der belangten Behörde nicht verwehrt, das erwähnte Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom 2. April 1990, der Beschwerdeführer habe beim Lenken des Fahrzeuges einen Blutalkoholwert von über 0,8 Promille aufgewiesen, im Ergebnis als schlüssig zu erachten und ihrer Entscheidung zugrunde zu legen, zumal es nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Oktober 1984, Zl. 84/02/0234) zulässig ist, ein Sachverständigengutachten über den Blutalkoholgehalt lediglich auf Grund von Aussagen über die Art und Menge des genossenen Alkohols zu erstellen, und die vom Beschwerdeführer angegebene Konsumation von Alkohol selbst unter Berücksichtigung eines stündlichen Abbauwertes von

0,12 Promille (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. September 1979, Zlen. 1086/78, 130/79) jedenfalls auch unter den für ihn günstigsten Umständen den Blutalkoholwert von 0,8 Promille zur Tatzeit bei weitem überstieg (vgl. zur durchschnittlichen Erhöhung des Blutalkoholwertes um 0,35 Promille infolge des Konsums eines "Stamperls" Schnaps das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1967, Zl. 1707/65, um 0,2 Promille infolge des Konsums eines Seidels Bier das hg. Erkenntnis vom 28. September 1988, Zl. 88/02/0020, sowie um 0,5 Promille infolge des Konsums eines Viertels Wein das hg. Erkenntnis vom 18. März 1988, Zl. 87/18/0129, wobei der letztangeführte Wert jedenfalls auch für die Konsumation von Sekt verwertbar ist - vgl. dazu die Angaben bei Jarosch-Müller-Piegler, Alkohol und Recht, Wien 1973, S 21). Soweit der Beschwerdeführer aber im Zuge des Verwaltungsverfahrens ergänzend vorgebracht hatte, er habe in der in Rede stehenden Nacht jeweils nach dem Alkoholkonsum erbrochen, so vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11 894/A, im nichtveröffentlichten Teil) die Überlegung der belangten Behörde, es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens, "bei bereits eingetretener Übelkeit weiter Alkohol zu trinken um sich zu übergeben, neuerlich zu trinken und sich wieder zu übergeben" nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde war daher auch nicht verpflichtet, diese Behauptung des Beschwerdeführers in ihre Überlegungen miteinzubeziehen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte