VwGH 90/02/0134

VwGH90/02/013428.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 1. Juni 1990, Zl. VerkR-13.166/1-1990-II/Ma, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §4 Abs5 idF 1983/174;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Mai 1989 um 17.10 Uhr in Linz auf der A 7 einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw "gelenkt und es nach einem auf Höhe Str.km 6,0 verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden durch Streifung mit

dem in gleicher Richtung fahrenden Pkw ...... unterlassen,

1) sofort anzuhalten und 2) die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen ....". Er habe dadurch Übertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen. Über ihn wurden zwei Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß es zur Unfallszeit am Unfallsort zu einer "seitlichen Streifung" zwischen den beiden beteiligten Pkws gekommen sei, bei der es zumindest am gegenbeteiligten Fahrzeug zu einem geringen Sachschaden gekommen sei. Da es sich bei dem Vorfall um eine "kritische (gefährliche) Situation" gehandelt habe, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, sich vor dem "Wiedereinordnen" vor das gegenbeteiligte Fahrzeug durch einen Blick in den Rückspiegel davon zu vergewissern, ob es zwischen den beiden Fahrzeugen zu einer Kontaktierung gekommen sei.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß es zu einer Streifung zwischen den beiden beteiligten Pkws gekommen und daß eine derartige Streifung für ihn wahrnehmbar gewesen sei. Er wendet sich damit gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nur insoferne, als der Sachverhalt vollständig erhoben wurde und die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen der Behörde schlüssig sind. Ob hingegen die Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß nicht die Verantwortung des leugnenden Beschuldigten, sondern eine ihn belastende Darstellung der Wahrheit entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht überprüfen (vgl. die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Im Lichte dieser eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit ist die Annahme der belangten Behörde, es sei zu einer Streifung zwischen den beiden in Rede stehenden Pkws gekommen, die vom Beschwerdeführer bei Aufwendung der gebotenen Aufmerksamkeit hätte wahrgenommen werden können, unbedenklich. Der Beschwerdeführer stellt nicht ausdrücklich in Abrede, daß es zu der Streifung gekommen sei; er bemängelt nur die Feststellungen, die der diesbezüglichen Annahme der belangten Behörde zugrundegelegt wurden. Es sind dies im wesentlichen die Zeugenaussage des gegenbeteiligten Fahrzeuglenkers, der eine Streifung wahrgenommen hat, und die Tatsache, daß sich die Streifspuren an den beiden beteiligten Pkws ungefähr in derselben Höhe (44 bzw. 45 cm über der Fahrbahn) befanden. Soweit der Beschwerdeführer versucht, die Schlüssigkeit dieser Annahme durch Hinweise auf die Beladung der Pkws und die "Topographie" am Ort der Streifung zu erschüttern, so war sein Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren - wie auch sein Beschwerdevorbringen - hiezu nicht geeignet. Angesichts des aktenkundigen Umstandes, daß sich in beiden Fahrzeugen jeweils nur eine Person befand, hätte es konkreter Behauptungen des Beschwerdeführers über die Beladung seines Pkws bedurft. Dasselbe gilt für sein Vorbringen, die Verhältnisse am Unfallort hätten sich zwischen dem Unfall und der Besichtigung durch den Sachverständigen in einem entscheidenden Punkt - etwa hinsichtlich der Höhenlagen einzelner Teile der Fahrbahn und des mit Gras bewachsenen Mittelstreifens - geändert.

Nach übereinstimmender Auffassung beider Unfallsbeteiligten und der belangten Behörde handelte es sich bei der Verkehrssituation zur Unfallszeit um eine gefährliche, wollte sich doch der Beschwerdeführer bei einer Geschwindigkeit von ungefähr 80 km/h unmittelbar vor dem gegenbeteiligten Pkw auf der Fahrbahn einordnen. Die belangte Behörde verweist in diesem Zusammenhang zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (sie zitiert in diesem Zusammenhang das Erkenntnis vom 20. November 1986, Zl. 86/02/0101), wonach unter derartigen Verhältnissen von den beteiligten Fahrzeuglenkern erhöhte Aufmerksamkeit zu fordern sei; insbesondere hätten Fahrzeuglenker auch den Geschehnissen hinter dem von ihnen gelenkten Fahrzeug ihr Augenmerk zuzuwenden. Dabei kommt es - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - nicht darauf an, welcher der Beteiligten durch sein Verhalten mehr oder weniger zur Gefährlichkeit der Situation beigetragen hat.

Unterläßt es ein Unfallsbeteiligter, auch während des Einordnens auf einen Fahrstreifen das Geschehen hinter dem von ihm gelenkten Fahrzeug zu beobachten - wobei hiezu je nach den Verhältnissen Blicke in Rückspiegel und/oder über die Schulter zielführend sein können -, so hat er es zu verantworten, wenn er eine sich im Zuge dieses Fahrmanövers ereignende Streifung nicht wahrgenommen hat. Auch wenn sich das Verbleiben des Beschwerdeführers in der von ihm behaupteten Situation, nämlich mit den beiden linken Rädern auf dem Mittelstreifen und den beiden rechten auf der befestigten Fahrbahn, (ebenfalls) als besonders gefährlich erwiesen hätte, hätte er nicht ohne Beachtung des übrigen (sich hinter ihm bewegenden) Verkehrs auf der Fahrbahn weiterfahren dürfen, nachdem er sich dort eingeordnet hat.

Es kann daher auch dahinstehen, ob die Annahmen des Sachverständigen über die Fahrgeschwindigkeit der beiden Pkws und über die Dauer des Streifungsvorganges zutreffend sind oder nicht.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

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