Normen
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Jeder der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- (insgesamt S 920,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beide Beschwerden wurden wegen ihres sachlichen, rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden.
Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar russischer Staatsbürgerschaft, reisten am 14. September 1989 in das Bundesgebiet ein und stellten am folgenden Tag Asylantrag. Bei der schriftlichen Einvernahme am 21. September 1989 gab der Erstbeschwerdeführer an, er sei in den Jahren 1978 bis 1983, in denen er die Höhere Technische Schule für Chemie in Moskau mit Abschluß besucht habe, Mitglied der Komsomolec gewesen. Im Jahre 1983 sei er nach Bulgarien - sein Vater sei Bulgare - gegangen und habe dort seither in einschlägigen Positionen gearbeitet. Er sei politisch nicht verfolgt worden und hätte auch wegen seiner Religion (orthodox) keine Nachteile gehabt. Mit der Zeit sei ihm aber die Propaganda in diesem Lande "auf die Nerven" gegangen und er habe an seinem Arbeitsplatz mit Arbeitern und Untergebenen diskutiert und ihnen die "Augen öffnen" wollen. Daraufhin sei er von seinem Firmenchef aufgefordert worden, sein Verhalten einzustellen, sonst würde er entlassen werden. Dies habe ihn bestärkt, in ein freies Land zu emigrieren.
Die Zweitbeschwerdeführerin, die seit 1980 mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet ist, gab an, von 1978 bis 1983 an der Höheren Technischen Schule für Chemie in Moskau mit Abschluß studiert zu haben. 1983 sei sie mit ihrem Ehemann nach Bulgarien gereist und habe zunächst in einer Zementfabrik mit ihrem Gatten gearbeitet. Von 1986 bis 1989 sei sie wegen ihrer Kinder nur im Haushalt tätig gewesen. Im Jahre 1989 habe sie noch fünf Monate als Chemieingenieurin in einem Straßenbaubüro gearbeitet. Die Gründe, warum sie Bulgarien verlassen habe, habe schon ihr Ehemann angeführt; sie schließe sich dem an. Sie selbst habe die Erfahrung gemacht, wenn man, wie sie, in einer gehobenen Stellung tätig sei, müsse man der kommunistischen Partei beitreten. Da sie dies nicht gewollt habe, sei sie 1986 entlassen worden. Nach Rußland wolle sie nicht zurückkehren, da es trotz der Perestroika in den verschiedenen Gebieten nationale Streitigkeiten gebe. Sie habe so wie ihr Ehegatte schon vor zwei Jahren versucht, in westliche Länder auszureisen. Erst ab 1989 hätten sich die Gesetze geändert und die Zweitbeschwerdeführerin hätte die Erlaubnis erhalten, gemeinsam mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern auszureisen; sie sei mit dem Zug von Sofia über Jugoslawien nach Wien gefahren.
Mit zwei Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 21. November 1989 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes seien.
Gegen diese Bescheide beriefen die Beschwerdeführer. Der Erstbeschwerdeführer brachte vor, die unmenschlichen Verhältnisse in seinem Heimatland hätten ihn veranlaßt, zu seinen Eltern nach Bulgarien zu fahren. Als die Bedrohungen wegen seiner antikommunistischen Aktivitäten intensiver geworden seien, wäre er mit seiner Familie nach Österreich gefahren. Die Zweitbeschwerdeführerin begehrte in ihrer Berufung im wesentlichen die nochmalige Überprüfung der Unterlagen und wies auf die unmenschlichen Verhältnisse in ihrem Heimatland hin.
Mit den nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde wurden die Berufungen abgewiesen. In der Begründung des an den Erstbeschwerdeführer gerichteten Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, die von ihm im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Gründe stellten keine Verfolgungshandlungen des Staates im Sinne der Konvention, sondern ein "subjektives Zustandsbild" in seinem Heimatland dar. "Diese Situation" (Propaganda, Aufforderung Kritik zu unterlassen) betreffe nicht nur den Erstbeschwerdeführer, sondern das gesamte Staatsvolk und könne daher nicht als eine gegen ihn im speziellen gerichtete Verfolgungshandlung gesehen werden. Darüber hinaus habe er ausdrücklich angegeben, nicht verfolgt worden zu sein und auch wegen seiner Religion keine Schwierigkeiten gehabt zu haben. Die problemlose Ausreisemöglichkeit stelle zusätzlich ein Indiz für das Fehlen von Verfolgungshandlungen dar. Die vom Erstbeschwerdeführer erst in der Berufung behaupteten Bedrohungen seien mangels Konkretisierung nicht "nachvollziehbar" und stünden im Widerspruch zu seinen sonstigen Angaben, weshalb diesen Behauptungen die Glaubwürdigkeit versagt werden müßte.
In dem an die Zweitbeschwerdeführerin gerichteten Bescheid wurde in der Begründung im wesentlichen ausgeführt, die geltend gemachten Gründe für die Ausreise aus Bulgarien stellten keine Verfolgungen im Sinne der Konvention dar, zumal die Zweitbeschwerdeführerin bei "tatsächlichem Empfinden von gegen sie gerichteten Verfolgungshandlungen" den Schutz ihres Heimatstaates hätte in Anspruch nehmen können. Auch die Rückkehr in die Sowjetunion sei ihr offengestanden. Als gebürtige Russin wäre sie nicht Gefahr gelaufen, in allfällige nationale Streitigkeiten involviert zu werden. Darüber hinaus sei die Ausstellung eines für fünf Jahre gültigen Reisedokumentes kurz vor der Ausreise ein Indiz dafür, daß die Zweitbeschwerdeführerin keinen Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention ausgesetzt gewesen sei. Im übrigen seien nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes durch die Nichtmitgliedschaft zur kommunistischen Partei bedingte Nachteile, keine Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention.
Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968 über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 126, in der Fassung der Novelle vom 27. November 1974, BGBl. Nr. 796, ist ein Fremder Flüchtling im Sinne dieses Bundesgesetzes, wenn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Punkt 2 der zitierten Konvention ist als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Im Asylverfahren ist das Vorbringen des Flüchtlings als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen und es obliegt dem Asylwerber, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/01/0299, vom 13. April 1988, Zl. 87/01/0332 und vom 30. Jänner 1991, Zl. 90/01/0196). Die belangte Behörde war daher entgegen den Beschwerdeausführungen nicht verhalten, Ermittlungen über die Möglichkeit der Einbeziehung der Beschwerdeführer in nationale Streitigkeiten oder zur Frage, ob der Heimatstaat der Beschwerdeführer tatsächlich den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr Schutz gewähren würde, durchzuführen.
Die Beschwerdeführer, die russische Staatsbürger sind, haben unbestrittenermaßen nach ihrer akademischen Ausbildung in ihrem Heimatstaat ihre Berufstätigkeit in Bulgarien gleichzeitig gemeinsam begonnen. Sie haben ausdrücklich angegeben, weder aus politischen noch religiösen Gründen dort verfolgt worden zu sein. Damit ist aber ersichtlich, daß sie entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht aus wohlbegründeter Furcht vor einer auch nur möglichen Verfolgung aus den in der Konvention genannten Gründen weder ihr Heimatland noch das Land, in dem sie eine ihrer Ausbildung entsprechenden Beschäftigung gefunden haben, verlassen mußten. Soweit die Beschwerdeführer behaupten, sie hätten Nachteile in ihrem weiteren Berufsleben zu befürchten oder zu erleiden gehabt, weil einerseits die Aufklärung der Arbeiterschaft über ihre "politische Manipulation" zur Androhung des Verlustes des Arbeitsplatzes, andererseits der Nichtbeitritt zur kommunistischen Partei zur Lösung des Dienstverhältnisses geführt hätte, so übersehen die Beschwerdeführer, daß schon nach dem Wortlaut der Konvention die begründete Furcht des Asylwerbers vor Verfolgung sich auf das Land beziehen muß, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Die Furcht vor Verfolgung in einem Land, das nicht das Heimatland des Asylwerbers ist, kann dadurch abgewendet werden, daß der Betreffende den Schutz seines Heimatlandes in Anspruch nimmt. Daß dies für die Beschwerdeführer nicht möglich gewesen wäre, haben sie nicht behauptet. Im übrigen ist der belangten Behörde beizupflichten, daß die in einem Land herrschenden allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die alle Staatsbürger des Heimatstaates der Asylwerber betreffen, für sich allein nicht geeignet sind, eine Verfolgung im Sinne der Konvention darzustellen.
Da die Beschwerden sich sohin als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Kostenaufwand gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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