Normen
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AVG §17 Abs1;
AVG §17;
AVG §8;
MRK;
AuskunftspflichtG 1987 §1 Abs1;
AVG §17 Abs1;
AVG §17;
AVG §8;
MRK;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 6. Juli 1988 an die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag auf Einsicht in alle Akten, auf welchen die Informationen im Bericht der Staatspolizei vom 28. Juni 1983 beruhten. Der genannte Bericht enthielt folgende Vormerkungen:
"1970 - Festnahme wegen unbefugten Plakatierens;
1975 - Kundgebungen in verschiedenen Bezirken Wiens;
1976 - Zusammenkünfte der KBÖ-AKW - Gruppen, um radikale
Maßnahmen zu planen;
1977 - Teilnehmer einer Arbeitsbesprechung der AKW-Gegner;
1978 - Teilnehmer der WOGA-Konferenz (Wr. Organisation gegen Atomkraftwerke);
Teilnehmer einer Veranstaltung der AKW-Gegner in Zwentendorf;
Unterzeichner der Unterstützungserklärung für den Kommunistischen Bunde bei den Wr. Gemeinderatswahlen"
Mit Bescheid vom 13. Dezember 1988 wies die Behörde erster Instanz diesen Antrag gemäß § 17 AVG ab. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich am 25. März 1983 beim Bundeskanzleramt um Aufnahme im Bundesdienst beworben. Die dort bestehenden Akten enthielten einen Bericht der Bundespolizeidirektion Wien, Abteilung I, vom 28. Juni 1983, in dem staatspolizeiliche Vormerkungen über den Beschwerdeführer angeführt seien. Dieser Bericht sei über Ersuchen des Bundeskanzleramtes "erstellt" worden. Dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Aufnahme in den öffentlichen Dienst habe mangels einer beim Bundeskanzleramt freien Planstelle nicht entsprochen werden können. Das Recht auf Akteneinsicht komme nur jemandem zu, der als Partei an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligt sei. Bei der Bundespolizeidirektion Wien (Abteilung I) sei kein Verwaltungsverfahren anhängig, in dem der Beschwerdeführer Parteistellung habe.
In der Berufung gegen diesen Bescheid begründete der Beschwerdeführer seinen Antrag auch damit, er müsse feststellen können, ob Verletzungen des Art. 8 MRK oder des § 1 DSG vorlägen, um allenfalls darauf gestützte rechtliche Interessen geltend zu machen oder seine Grundrechte zu verteidigen.
Mit Bescheid vom 13. Februar 1989 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid im wesentlichen aus dessen Gründen.
In der Berufung gegen den Bescheid zweiter Instanz brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, daß er eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte eingebracht habe. Für dieses Verfahren sei es wesentlich, daß ihm uneingeschränkt Einsicht in jene Akte gewährt werde, die Gegenstand des Verfahrens bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte seien.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den Bescheid zweiter Instanz, dessen Gründe auch für die belangte Behörde maßgebend erschienen. Für Zwecke eines anderen Verfahrens, wie etwa eines solchen auf Grund einer Beschwerde bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte, sei eine Akteneinsicht im Sinne der §§ 8 und 17 AVG nicht vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 Abs. 1 AVG und in Verfahrensrechten verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Akteneinsicht ist im § 17 AVG geregelt, der in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr.356/1990 folgenden Wortlaut hatte:
"(1) Die Behörde hat, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, den Parteien Einsicht in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile zu gestatten; die Parteien können sich davon an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten auf ihre Kosten Kopien anfertigen lassen.
(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.
(3) Von der Akteneinsicht sind Beratungsprotokolle, Amtsvorträge und Erledigungsentwürfe ausgenommen. Sonstige Aktenbestandteile (Mitteilungen anderer Behörden, Meldungen, Berichte und dergleichen) sind von der Akteneinsicht ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Behörden herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
(4) Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist kein Rechtsmittel zulässig."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich auf den klaren Wortlaut des zitierten Gesetzes stützt, ist Voraussetzung für die Gestattung der Akteneinsicht, daß der die Akteneinsicht begehrenden Person in dem betreffenden abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Parteistellung zugekommen ist. Ob einer Person in einem bestimmten Verfahren Parteistellung zukommt, regelt grundsätzlich § 8 AVG im Zusammenhang mit den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Da demnach jede Partei Beteiligte aber nicht jeder Beteiligter Partei des Verwaltungsverfahrens sein muß, ist der Kreis der Beteiligten weiter als jener der Parteien (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 1973, Slg. NF Nr. 8444/A).
§ 17 Abs. 1 AVG gewährt nur der Partei des Verwaltungsverfahren ein subjektives prozessuales Recht auf Akteneinsicht (vgl. auch Walter-Mayr Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4 RZ 177). Ein Recht Dritter auf Akteneinsicht gewährt das Gesetz nicht. Der Gesetzgeber ist Bestrebungen, auch Dritten Akteneinsicht zu gewähren, nicht gefolgt (vgl. Haller Die geplante Novelle zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, ZfV 1980 S 216 f). Daraus ergibt sich, daß der Wille des Gesetzgebers in Übereinstimmung mit Rechtsprechung und Lehre das Recht auf Akteneinsicht weiterhin auf die Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens einschränkt. Dem Verwaltungsgerichtshof ist daher die vom Beschwerdeführer angestrebte ausdehnende Auslegung der Vorschriften über die Akteneinsicht verwehrt.
Der Beschwerdeführer hat selbst nie vorgebracht, daß betreffend seine Person bei den Behörden des Verwaltungsverfahrens ein Verfahren anhängig oder abgeschlossen sei. Das von ihm behauptete Verfahren bei der Kommission für Menschenrechte kann einen Anspruch auf Akteneinsicht nicht begründen. Der vor der Bundespolizeidirektion Wien geltend gemachte Anspruch des Beschwerdeführers steht in keinem Zusammenhang mit einer bestimmten, dort anhängigen Verwaltungsangelegenheit, in der der Beschwerdeführer Parteistellung hätte. Die Akteneinsicht wurde sohin außerhalb eines Verwaltungsverfahrens begehrt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht bescheidmäßig dem geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht nicht stattgegeben (vgl. das in einem durchaus ähnlich gelagerten Fall ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1988, Zl. 87/02/0305).
Auch aus dem Blickwinkel der Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz BGBl. Nr. 287/1987, ist eine andere Beurteilung nicht geboten, weil dieses Gesetz keinen Anspruch auf Akteneinsicht einräumt (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1989, Zl. 88/14/0198 und vom 22. Februar 1991, Zl. 90/12/0214).
Soweit der Beschwerdeführer schließlich einen Anspruch auf Akteneinsicht aus verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten ableitet, ist er darauf hinzuweisen, daß Grundrechtsverletzungen gemäß Art. 133 Z. 1 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 B-VG Angelegenheiten sind, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören und daher von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.
Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 VwGG in Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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