Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Elektrizitätswerk. In ihrer Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum 1. Jänner 1988 wies sie eine "Rückstellung der Baukostenzuschüsse" aus. Nach Vorhalt des Finanzamtes erklärte sie, bei den "Baukostenzuschüssen" handle es sich um die von den Anschlußwerbern bzw. Stromabnehmern zu zahlenden Anschlußpreise.
In seinem Wertfortschreibungsbescheid zum 1. Jänner 1988 berücksichtigte das Finanzamt die Rückstellung für "Baukostenzuschüsse" nicht als Schuld im Sinne des § 64 BewG.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie vertrat im wesentlichen die Auffassung, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Energieversorgungsunternehmen und den Stromabnehmern liefen in zwei rechtlich und wirtschaftlich abgegrenzten Phasen ab, nämlich einerseits dem Anschluß an das Leitungsnetz, aus dessen Anlaß ein einmaliger anteiliger Kostenersatz für Anlagen zu leisten sei, wofür ein Strombezugsrecht erworben werde, und andererseits dem Bezug von Strom, wofür laufend ein Preis zu entrichten sei, mit dem die Bereitstellung der Leistungen und Meßeinrichtungen und die gelieferte Arbeit abgegolten werde. Der Baukostenzuschuß enthalte keine Elemente eines Entgeltes für den unmittelbaren Strombezug; er stelle vielmehr eine Refundierung von Baukosten für Anlagen zur Ermöglichung des Strombezuges dar. Wenn der Stromanschluß hergestellt und der Anschlußpreis zur Gänze entrichtet worden sei, bestehe Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung. Es läge keine Schuld der Beschwerdeführerin im Sinne einer rückständigen Leistungsverpflichtung vor. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 1963 den Baukostenzuschuß ebenfalls als selbständige Preiseinheit und nicht als Element des Preises für den gelieferten Strom angesehen.
Die vorliegende Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 65 Abs. 1 BewG sind für den Bestand und die Bewertung die Verhältnisse im Feststellungszeitpunkt maßgebend (Stichtagsprinzip).
Nach § 64 Abs. 1 BewG sind zur Ermittlung des Einheitswertes des gewerblichen Betriebes vom Rohvermögen diejenigen Schulden abzuziehen, die mit der Gesamtheit oder mit einzelnen Teilen des gewerblichen Betriebes im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Unter Schulden im Sinne dieser Vorschrift sind nicht nur Geldschulden (Kapitalschulden) zu verstehen, sondern alle in Geld meßbaren Verpflichtungen, die einen Betrieb wirtschaftlich belasten. Rückstellungen, die in kaufmännischen Bilanzen als Passivposten eingestellt sind, mindern nur dann das Betriebsvermögen, wenn sie im Feststellungszeitpunkt als Schulden anzuerkennen sind, es sich also um bereits entstandene, bewertbare Verpflichtungen handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 81/17/0048, und die darin zitierte Vorjudikatur; Twaroch-Wittmann-Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz2 § 64 Anm. 2; Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz Kommentar15 § 103 Rz. 23).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Frage der Abzugsfähigkeit von Rückstellungen, die ein Energieversorgungsunternehmen (EVU) auf Grund der von Abnehmern bzw. Anschlußwerbern geleisteten Baukostenzuschüsse gebildet hatte, bei der Einheitsbewertung des gewerblichen Betriebes bereits im Erkenntnis vom 1. Oktober 1963, Slg. Nr. 2940/F auseinandergesetzt. Im genannten Erkenntnis hat der Gerichtshof die Abzugsfähigkeit solcher Rückstellungen als Schulden im Sinne des § 64 BewG mit der Begründung verneint, daß eine allgemeine, auf den preisbehördlich genehmigten Lieferungsbedingungen beruhende Verbindlichkeit, allen Abnehmern zu nicht kostendeckenden Preisen Energie zu liefern, bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht zurückgestellt werden kann, weil künftige Ertragsaussichten, also auch negative Ertragsaussichten, bei der Einheitsbewertung nicht zu berücksichtigen sind. Der Gerichtshof führte weiters aus, daß zwar eine bewertbare, vom Rohvermögen abzuziehende Verbindlichkeit des Unternehmers besteht, wenn dieser Vorauszahlungen auf zu erbringende Leistungen entgegengenommen, die Leistungen aber am Bewertungsstichtag noch nicht erbracht hat. Auf die von der damaligen Beschwerdeführerin vereinnahmten Baukostenzuschüsse traf dies jedoch nach der Auffassung des Gerichtshofes nicht zu, da sie die Baukosten für die Herstellung bzw. Erweiterung von Anschlüssen vereinnahmt und die Anschluß- bzw. Erweiterungsarbeiten an den maßgeblichen Stichtagen bereits durchgeführt hatte.
In der Literatur wird ebenfalls die Auffassung vertreten, Rückstellungen für von Anschlußwerbern bzw. Strom-(Energie-)beziehern zu zahlende Anschlußpreise könnten bewertungsrechtlich nicht als Verpflichtung des EVUs angesehen werden (vgl. Twaroch-Wittmann-Frühwald aaO. § 64 Anm. 3).
Im vorliegenden Fall vertritt die Beschwerdeführerin - zusammengefaßt - den Standpunkt, bei den Baukostenzuschüssen handle es sich zivilrechtlich und wirtschaftlich um einen Teil der von den Stromabnehmern im Rahmen der abgeschlossenen Strombezugsverträge zu leistenden Gesamtentgelte und daher um Vorleistungen (Anzahlungen) für die von den EVU zu erbringenden Stromlieferungen; diesen Vorleistungen der Stromabnehmer stünden am Bewertungsstichtag jeweils die noch nicht erfüllten Leistungsverpflichtungen der EVU gegenüber.
Der Auffassung, daß zu den jeweiligen Bewertungsstichtagen bereits entstandene, bewertbare (nämlich mit dem Betrag des jeweiligen der Rückstellung zugeführten Baukostenzuschusses bzw. des noch nicht aufgelösten Teiles desselben bewertbare) konkrete Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin bestünden, kann jedoch nicht gefolgt werden.
Der Begriff des Baukostenzuschusses (Anschlußpreises) ergibt sich aus § 2 der auf Grund der §§ 2 und 5 des Preisgesetzes erlassenen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 236 vom 9. Oktober 1986 kundgemachten Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 7. Oktober 1986 betreffend die von Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Tarifabnehmern verrechenbaren Anschlußpreise (Baukostenzuschüsse), von deren Anwendungsbereich die Beschwerdeführerin nach eigener Darlegung nicht ausgenommen ist. Danach ist Anschlußpreis im Sinne dieser Verordnung ein unverzinslicher und, soweit gesetzlich oder vertraglich nicht anders vorgesehen, nicht rückzahlbarer Baukostenzuschuß, den ein Anschlußwerber oder Stromabnehmer als Kostenersatz für die Errichtung oder Ausgestaltung von Umspann- und Übertragungsanlagen, die unmittelbar oder mittelbar Voraussetzung für die Versorgung der betreffenden Abnehmeranlage sind, zu leisten hat. Gegenleistung des beliefernden EVU ist die Einräumung eines örtlich gebundenen, in seinem Umfang feststehenden und zusammen mit der Abnehmeranlage übertragbaren Strombezugsrechtes.
Aus der zitierten Vorschrift ergibt sich bereits die dem EVU im Zusammenhang mit der Leistung des Baukostenzuschusses durch den Abnehmer bzw. Anschlußwerber obliegende Gegenleistung: Diese besteht - abgesehen von der Errichtung oder Ausgestaltung der Umspann- und Übertragungsanlagen, die unmittelbar oder mittelbar Voraussetzung für die Versorgung der betreffenden Abnehmeranlage sind - in der Einräumung eines örtlich gebundenen, in seinem Umfang feststehenden und zusammen mit der Abnehmeranlage übertragbaren Strombezugsrechtes.
Beim Baukostenzuschuß handelt es sich nach der zitierten Vorschrift somit um das beim Abschluß des Strombezugsvertrages (Zuleitungsvertrages) vom Abnehmer geleistete Entgelt; diesem stehen die aus dem Bezugsrecht des Abnehmers resultierenden Verbindlichkeiten des EVU gegenüber.
Die herrschende Ansicht (vgl. z.B. Bydlinski in Klang Kommentar zum AGBG2 IV/2 193 ff; derselbe, Energielieferung und Kaufrecht, in FS Hämmerle 31 ff., 45) faßt das Bezugsrecht als das Gestaltungsrecht auf, durch eigene reale Bezugsakte oder solche vom Bezugsberechtigten faktisch zugelassener Dritter die gekaufte Energiemenge zu bestimmen und diese Bestimmung laufend zu ergänzen. Dem Bezugsrecht des Stromabnehmers steht auf Seiten des EVU (lediglich) die Verpflichtung, sich zur Leistung bereitzuhalten, gegenüber. Dabei handelt es sich aber am Bewertungsstichtag um eine abstrakte, einer Berücksichtigung als Schuld im Sinne des § 64 BewG nicht zugängliche Verpflichtung. Die Konkretisierung der Stromlieferverpflichtung erfolgt erst durch die jeweilige Ausübung des Gestaltungsrechtes durch die laufenden Bezugsentschlüsse und Bezugsakte des Abnehmers und der von diesem zugelassenen Dritten (vgl. Bydlinski, Allgemeine Versorgungsbedingungen und Energielieferungsverträge, in: Aicher, Rechtsfragen der öffentlichen Energieversorgung 137 ff., 139).
Der Baukostenzuschuß stellt das Entgelt für die Einräumung des Bezugsrechtes an sich dar; der Preis für die bezogene Energiequantität ist der eigentliche Kaufpreis (Bydlinski in FS Hämmerle 45). Mit der Empfangnahme des Baukostenzuschusses ist auf Seiten des EVU somit die - im Beschwerdefall zum Stichtag jeweils bereits erfüllte (vgl. die Vorhaltsbeantwortung vom 24. Jänner 1989) - Verbindlichkeit zur Errichtung der Umspann- und Anschlußanlagen und zur Einräumung des Strombezugsrechts, aus dem die lediglich abstrakte Verbindlichkeit zur Leistungsbereitschaft folgt, verbunden, nicht aber eine am Bewertungsstichtag bereits inhaltlich konkretisierte Lieferverpflichtung.
Eine Schuld im Sinne des § 64 BewG als bereits inhaltlich konkretisierte, bewertbare Verpflichtung liegt im maßgeblichen Bewertungszeitpunkt somit nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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