VwGH 89/14/0079

VwGH89/14/007914.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Schubert sowie die Hofräte Dr Hnatek, Dr Karger, Dr Baumann und Mag Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr Kirchmayr, über die Beschwerde des Dr W H, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 21. Feber 1989, GZ 234-2/89, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1987, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1220;
ABGB §1225;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;
ABGB §1220;
ABGB §1225;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer begehrte aus dem Titel der außergewöhnlichen Belastung die Eintragung eines Freibetrages von 300.000 S auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987. Diesen Betrag habe er am 30. Dezember 1987 seiner Tochter, welche am 17. Juli 1985 geheiratet habe, als Heiratsgut auf deren Bankkonto überwiesen. Die Zahlung sei deshalb erst zirka zweieinhalb Jahre nach der Eheschließung erfolgt, weil die Tochter in Unkenntnis der Rechtslage, daß ihr ein Heiratsgut zustehe, die Hingabe desselben nicht begehrt habe.

Das Finanzamt wies den Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, die verspätete Hingabe eines Heiratsgutes sei nur dann von steuerlicher Relevanz, wenn hiefür ein triftiger Grund vorläge.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, seiner Tochter sei erst durch die Veröffentlichung des Verfassungsgerichtshoferkenntnisses vom 16. Juni 1987, G 52/1987, zur Kenntnis gekommen, daß auch ihr ein Heiratsgut zustehe. Wenngleich dieser Anspruch bereits anläßlich der Eheschließung entstanden sei, so sei seine Tochter nicht daran gehindert gewesen, diesen erst später geltend zu machen. Der Beschwerdeführer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß für ihn auch noch am 30. Dezember 1987 die gesetzliche Verpflichtung zur Hingabe des Heiratsgutes bestanden habe, weil eine Verjährung dieses Anspruches nicht eingetreten sei.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 1220 ABGB vor, die spätere Hingabe eines Heiratsgutes könne STEUERLICH nur dann berücksichtigt werden, wenn die Verschiebung begründet sei. Das Heiratsgut sei mehr als zwei Jahre später hingegeben worden, ohne daß hiefür ein zwingender Grund bestanden hätte. Im Zeitpunkt der Hingabe habe auch kein sichtbarer Bedarf bestanden. Das vom Schwiegersohn des Beschwerdeführers ab dem Jahr 1982 errichtete Einfamilienhaus sei bereits am 31. Juli 1987 bezugsfertig gewesen. Mangels zeitlichen Zusammenhanges zwischen Eheschließung und Hingabe des Heiratsgutes (nach Schrifttum maximal zwei Jahre), stelle die Hingabe des in Rede stehenden Betrages keine außergewöhnliche Belastung dar. Überdies wäre es dem Beschwerdeführer bereits im Jahr der Eheschließung möglich gewesen, ein Heiratsgut hinzugeben.

Im Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf sein bisheriges Anbringen aus, eine Rechtsvorschrift, wonach eine spätere Zahlung des Heiratsgutes steuerlich nur dann berücksichtigt werden könne, wenn die Verschiebung begründet erfolge, gebe es überhaupt nicht. Im übrigen habe er bereits dargetan, warum die Hingabe des Heiratsgutes nicht unmittelbar nach der Eheschließung erfolgt sei. Ebensowenig könne von Belang sein, ob ihm eine frühere Hingabe des Heiratsgutes möglich gewesen wäre oder nicht. Der Anspruch habe nämlich im Zeitpunkt der Eheschließung ebenso bestanden wie am 30. Dezember 1987. Weiters könne die steuerliche Anrechenbarkeit auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob im Zeitpunkt der Hingabe des Heiratsgutes ein sichtbarer Bedarf für ein solches bestanden habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Hinweis auf § 34 EStG 1972 sowie der zur Frage der Dotationspflicht ergangenen Lehre und Rechtsprechung im wesentlichen ausführte, im Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter sei auf Grund der damals geltenden Gesetzeslage die Berücksichtigung eines Heiratsgutes als außergewöhnliche Belastung nicht möglich gewesen. Für die zeitliche Verschiebung der Hingabe desselben sei auch kein triftiger Grund vorgelegen.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Anerkennung und Eintragung eines Lohnsteuerfreibetrages für das Jahr 1987 infolge einer außergewöhnlichen Belastung durch die Hingabe eines Heiratsgutes verletzt und macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vom Gerichtshof wurde in ähnlich gelagerten Fällen, die jeweils im Bereich der Änderung der Rechtslage durch Aufhebung des § 34 Abs 2 zweiter Satz EStG 1972 in der Fassung BGBl Nr 587/1983 durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1987, G 52/87, VfSlg 11.368/1987, angesiedelt waren, bereits ausgesprochen, daß das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs 3 leg cit nicht nur dem Grunde und der Höhe nach gegeben sein müsse, sondern der Aufwand auch nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden dürfe als in jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1990, 90/14/0236, und die darin zitierte Vorjudikatur). Nach den §§ 1220 ff ABGB wird das Heiratsgut im Zeitpunkt der Eheschließung der Tochter fällig. Ob die Tochter das Geld in diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist unmaßgeblich. Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese spätere Zahlung triftige Gründe vorliegen (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, 90/13/0015, und die darin zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß zwischen der Eheschließung und der Hingabe eines Heiratsgutes grundsätzlich ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen müsse. Nur wenn ein triftiger Grund für die spätere Hingabe des Heiratsgutes vorliege, führe auch die spätere Hingabe desselben zu einer außergewöhnlichen Belastung. In seinem Fall sei der triftige Grund der späteren Hingabe darin zu erblicken, daß seine Tochter ein Heiratsgut erst gegen Ende des Jahres 1987 gefordert habe. Der damit entstandenen rechtlichen und sittlichen Verpflichtung zur Hingabe eines Heiratsgutes habe er am 30. Dezember 1987 entsprochen. Ob eine solche Verpflichtung nicht schon früher bestanden hätte, brauche nicht geprüft werden, weil er das Heiratsgut eben nicht früher übergeben habe.

Der Verwaltungsgerichtshof kann sich der Argumentation des Beschwerdeführers nicht anschließen. Wie bereits ausgeführt, entsteht die Verpflichtung zur Hingabe eines Heiratsgutes im Zeitpunkt der Eheschließung und nicht erst mit der Geltendmachung der Forderung seitens der Tochter bzw durch die tatsächliche Hingabe des Heiratsgutes (hier: Überweisung eines Geldbetrages auf das Bankkonto der Tochter) durch den Beschwerdeführer als Dotationspflichtigen. Die Überweisung stellt lediglich einen Erfüllungsakt hinsichtlich des schon seit der Eheschließung bestehenden Heiratsgutanspruches dar. Der Umstand, daß das Heiratsgut erst später gefordert wird, ist dabei unmaßgeblich (vgl das hg Erkenntnis vom 21. November 1991, 91/13/0071, und die darin zitierte Vorjudikatur). Bemerkt wird, daß der Beschwerdeführer offensichtlich die Begriffe "Entstehen" und "Erfüllung" einer Forderung verkennt.

Unbestritten ist, daß das Heiratsgut erst mehr als zwei Jahre nach der Eheschließung hingegeben wurde, wobei - wie von der belangten Behörde zu Recht festgestellt - für die zeitliche Verschiebung der Zahlung kein triftiger Grund vorlag. Es erübrigte sich daher, auf die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe ihre Entscheidung auf den rechtswidrigen Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 2. September 1987, AÖFV Nr 268/1987, gestützt, geht schon deshalb ins Leere, weil es sich dabei mangels gesetzmäßiger Kundmachung (vgl § 2 Abs 1 lit f BGBlG 1985, BGBl Nr 200 nicht um eine für den Verwaltungsgerichtshof verbindliche Rechtsgrundlage handelt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, an den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich dieses Erlasses antragstellend im Sinn des Art 139 Abs 1 B-VG heranzutreten.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

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