Normen
ABGB §1298;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
ABGB §1298;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. Dezember 1986 zog das Finanzamt den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GmbH gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten dieser Gesellschaft in Höhe von S 1,971.380,-- heran.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und wandte, soweit dies aus der Sicht des Beschwerdevorbringens von Bedeutung ist, im Rechtsmittelverfahren ein, die GmbH sei durch den Ausfall der Forderung gegen einen Hauptkunden in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Ein seitens der GmbH gestellter Konkursantrag sei mangels eines die Konkurskosten deckenden Vermögens abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe alles getan, um den Verpflichtungen der GmbH nachzukommen, sodaß ihn kein schuldhaftes Verhalten im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO treffe.
Mit einem Vorhalt vom 27. November 1987 forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer unter anderem zur Vorlage vierteljähriger Liquiditätsdarstellungen sowie ebensolcher Finanz- und Zahlungspläne der Gesellschaft für die Jahre 1983 bis 1986 auf.
Nachdem der Beschwerdeführer dieser Aufforderung trotz Verlängerungen der für die Vorhaltsbeantwortung gesetzten Frist und einer Erinnerung nicht entsprochen hatte, erließ das Finanzamt am 21. Juni 1988 eine abweisende Berufungsvorentscheidung, in der es neben anderem darauf hinwies, daß der ausständige Umsatzsteuerbetrag die aus einem eventuellen Forderungsausfall beim Hauptkunden resultierende Umsatzsteuer um ein Mehrfaches überschreite. Da der Aufforderung zur Offenlegung der finanziellen Verhältnisse der GmbH nicht entsprochen worden sei, wäre ein Verschulden des Beschwerdeführers anzunehmen.
Der Beschwerdeführer beantragte hierauf, und zwar ohne jede Begründung und ohne sohin auf den Vorhalt vom 27. November 1987 oder die Berufungsvorentscheidung einzugehen, die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid insoweit Folge, als sie den Haftungsbetrag auf S 1,602.281,-- herabsetzte. Die Herabsetzung betraf Abgaben, die nach dem Konkursantrag fällig geworden waren bzw. für die eine Zahlungsfrist erst nach diesem Zeitpunkt ablief (ausgenommen Lohnsteuer).
In der Begründung des abweisenden Teiles der Berufungsentscheidung hielt die belangte Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich des Forderungsausfalles beim Hauptkunden und des deshalb 1986 gestellten Konkursantrages entgegen, daß bereits ab dem Jahre 1983 Abgaben nicht entrichtet worden seien. Das Finanzamt habe den Beschwerdeführer daher zur Offenlegung der finanziellen Verhältnisse der GmbH ab dem Jahre 1983 aufgefordert. Dieser Aufforderung sei er trotz Erinnerung nicht nachgekommen und er habe seine Behauptung, er hätte auf Grund des Forderungsausfalles keine Mittel zur Entrichtung der Abgaben zur Verfügung gehabt, nicht konkretisiert. Es sei aber Sache des Beschwerdeführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtete.
Zum Sachverhalt ist dem angefochtenen Bescheid noch die unwidersprochene Sachverhaltsfeststellung zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer seit dem 8. Jänner 1987 als Liquidator der GmbH bestellt ist.
Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die belangte Behörde wirft in der Gegenschrift die Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerdeführung auf. Dazu ist festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 3. Mai 1989 zugestellt wurde. Innerhalb von sechs Wochen, nämlich mit einem am 14. Juni 1989 zur Post gegebenen Schriftsatz, stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm zwecks Verfassung der Beschwerde die Verfahrenshilfe zu bewilligen. Diesem Antrag entsprach der Verwaltungsgerichtshof. Der Bescheid über die Bestellung des Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer wurde diesem am 1. September 1989 zugestellt. Innerhalb von sechs Wochen danach, nämlich am 13. Oktober 1989, wurde sodann die Beschwerde zur Post gegeben. Die Fristen des § 26 Abs. 3 VwGG sind damit gewahrt.
2. Zur Sache selbst ist folgendes zu bemerken:
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Zu den Vorschriften der §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, daß es gemäß § 1298 ABGB Sache des Vertreters ist, die Gründe darzutun, aus denen ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich war, widrigenfalls die Behörde zu der Annahme berechtigt ist, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1982, Zl. 2011/79, vom 27. März 1985, Zl. 83/13/0110, und die dort jeweils erwähnte Vorjudikatur). Der Verwaltungsgerichtshof findet im Beschwerdefall keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzurücken.
Der Beschwerdeführer rügt nun in der Beschwerde zunächst, dem angefochtenen Bescheid sei kein Ermittlungsverfahren vorausgegangen. Dies ist aktenwidrig. Denn das Finanzamt hat mit seinem Vorhalt vom 27. November 1987 sehr wohl zu ermitteln versucht, ob die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers vorliegen, wobei es freilich beim Versuch bleiben mußte, weil der Beschwerdeführer den Vorhalt nicht beantwortete.
Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, soweit ein Ermittlungsverfahren stattgefunden habe, sei dieses von unzutreffenden Prämissen ausgegangen. Abgesehen vom Widerspruch zur ersten Rüge ist dieser Einwand auch nicht stichhältig. Denn nach der Sachlage war es tatsächlich angezeigt, festzustellen, über welche Mittel die GmbH vor dem Konkursantrag im einzelnen verfügte und welche ihr davon zur Abgabenentrichtung zur Verfügung standen. Die Grundlagen für diese Feststellungen konnte die belangte Behörde aber am ehesten durch eine Anfrage beim Beschwerdeführer als dem früheren Gesellschafter und nunmehrigen Liquidator der GmbH gewinnen, da ja die Gesellschaft selbst - bzw. ihr Vertreter - am besten über ihre eigenen finanziellen Verhältnisse Bescheid wissen mußte. Von einer "Beweislastumkehr" kann daher schon deshalb keine Rede sein. Abgesehen davon ist hier zu wiederholen, daß der Beschwerdeführer darzutun hatte, weshalb ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich war. Es oblag ihm dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden.
Der Freispruch des Beschwerdeführers vom Vorwurf der fahrlässigen Krida fällt nicht nur, wie er selbst erkennt, unter das aus § 41 Abs. 1 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot; selbst wenn das Neuerungsverbot nicht zum Zug käme, hätte der Freispruch der Beschwerde nicht zum Erfolg verholfen, weil er den Beschwerdeführer nicht von der Verpflichtung entband, im Haftungsverfahren die Gründe aufzuzeigen, die ihn ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Abgabenentrichtung hinderten, zumal es keine Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme bildet, ob in einem förmlichen Strafverfahren ein Schuldspruch erfolgt oder nicht (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, Seite 29).
Die Haftung des Beschwerdeführers für den gesamten Zeitraum vor dem Konkursantrag (ab 1983) durfte die belangte Behörde deshalb als gegeben annehmen, weil er trotz gebotener Möglichkeiten für den gesamten Zeitraum nicht konkret - eben anhand ziffernmäßiger Angaben über die finanziellen Verhältnisse der GmbH - offenlegen konnte, daß Mittel zur rechtzeitigen Abgabenentrichtung nicht vorhanden waren.
Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG absehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
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