VwGH 89/09/0107

VwGH89/09/010718.1.1990

N gegen Disziplinaroberkommission der Stadt Wien vom 6. Juli 1989, MD-1096-8/89, betreffend Suspendierung

Normen

AVG §60;
BDG 1979 §112 Abs1 impl;
DO Wr 1966 §58 Abs1 Z6 idF 1988/013;
DO Wr 1966 §72 Abs1 idF 1988/013;
DO Wr 1966 §76 Abs1 idF 1988/013;
KAG Wr 1987 §11 Abs1;
KAG Wr 1987 §12;
KAG Wr 1987 §18 Abs1;
KAG Wr 1987 §22 Abs1;
VwRallg;
AVG §60;
BDG 1979 §112 Abs1 impl;
DO Wr 1966 §58 Abs1 Z6 idF 1988/013;
DO Wr 1966 §72 Abs1 idF 1988/013;
DO Wr 1966 §76 Abs1 idF 1988/013;
KAG Wr 1987 §11 Abs1;
KAG Wr 1987 §12;
KAG Wr 1987 §18 Abs1;
KAG Wr 1987 §22 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Gemeinde Wien. Bis zu seiner Suspendierung versah er als Vorstand der I. Medizinischen Abteilung des Krankenhauses der Stadt Wien-Lainz Dienst.

Nach Ausweis der - in beglaubigten Fotokopien vorgelegten - Akten des Verwaltungsverfahrens hatte die Disziplinarkommission der Stadt Wien mit Bescheid vom 22. Mai 1989 gemäß § 76 Abs. 1 der Dienstordnung 1966, LGBl. für Wien Nr. 37/1967, idF der 14. Novelle, LGBl. für Wien Nr. 13/1988 (DO 1966), die Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst verfügt. Zur Begründung war ausgeführt worden, in der Disziplinaranzeige der Magistratsabteilung 2 - Personalamt vom 12. Mai 1989 sei dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, nachstehende Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben:

"1. Der Beschuldigte hätte es unterlassen:

a) vom 11. April 1988 bis 20. April 1989, die ihm zugekommene Information über den Verdacht, daß Pflegepersonen der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz Patienten fallweise Rohypnol ohne ärztliche Anordnung zum Zwecke der Beruhigung der Patienten, aber auch um dem Krankenpflegepersonal den Nachtdienst zu erleichtern, verabreichen, und daß insbesonders der Verdacht bestehe, daß an einer bestimmten Station (Station D), insbesondere von einem bestimmten Radldienst (es handelt sich um den Radldienst der Stationsgehilfin X), im Nachtdienst Rohypnol intravenös gespritzt werde, obwohl ihm bewußt sein mußte, daß hiedurch für die Patienten eine Gefahr für Leben und Gesundheit herbeigeführt werden würde, und

b) vom 11. April 1988 bis 25. April 1988, den Namen des Arztes Dr. Z, den Sicherheitsbehörden, insbesonders den nachforschenden Kriminalbeamten B und G, mitzuteilen.

 

2. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, dem ärztlichen Direktor des KH Lainz, dem zuständigen amtsführenden Stadtrat, der Direktorin des Pflegedienstes des KH Lainz, der Oberschwester und den Stationsschwestern der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz zu berichten bzw. mitzuteilen, es bestehe der Verdacht, daß Pflegepersonen der 1. medizinischen Abteilung des KH Lainz Patienten fallweise Rohypnol ohne ärztliche Anordnung zum Zwecke der Beruhigung den Patienten, aber auch um dem Krankenpflegepersonal den Nachtdienst zu erleichtern, verabreichen, und daß insbesondere der Verdacht bestehe, daß an einer bestimmten Station (Station D), insbesondere von einem bestimmten Radldienst (es handelt sich um den Radldienst der Stationsgehilfin X), im Nachtdienst Rohypnol intravenös gespritzt werde, obwohl ihm bewußt sein mußte, daß hiedurch für die Patienten eine Gefahr für Leben und Gesundheit herbeigeführt würde.

 

3. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, das leitende Pflegepersonal der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz (Stationsschwestern, Oberschwester) und die Direktorin des Pflegepersonals des KH Lainz bewußt in die Informationen und Veranlassungen auf Grund der in Punkt 2. angeführten Verdachtsmomente einzubinden und zu verlangen, daß zielgerichtet in den Dienstbetrieb des Pflegepersonals eingegriffen werde und durch organisatorische Maßnahmen, wie beispielsweise unangesagte Kontrollen seitens des leitenden Krankenpflegepersonals während des Nachtdienstes, Beobachtung der verdächtigen Personen, Überwachung besonders gefährdeter Patienten und die Entfernung der verdächtigen Stationsgehilfinnen aus dem nur schwer kontrollierbaren Nachtdienst sowie eine generelle Umstellung der Diensteinteilung des übrigen Pflegepersonals, allfällige Mißstände abgestellt bzw. erschwert worden wären.

 

4. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, die an der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz tätigen noch nicht zum Oberarztdienst herangezogenen Turnusärzte über die in Punkt 2. angeführten Verdachtsmomente zu informieren und diesen aufzutragen, verdächtige Personen zu beobachten und gefährdete Patienten zu überwachen.

 

5. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, die ihm nachgeordneten Ärzte anzuweisen, im Nachtdienst unangesagte und unregelmäßig stattfindende, auf den in Punkt 2. angeführten Verdacht gerichtete Kontrollen durchzuführen bzw. auch selbst solche Kontrollen vorzunehmen, um allfällige Mißstände abzustellen bzw. zu erschweren.

 

6. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, unter Bezugnahme auf den im Punkt 2. angeführten Verdacht die Gebarung (Lagerung und Betreuung) der Arzneimittel (einschließlich eines allfälligen Handvorrates) wie insbesondere die in der Abteilung verwendeten Beruhigungsmittel Rohypnol, Dominal forte und Valium, analog den Vorschriften über die Suchtgiftgebarung zu regeln, um einen Mißbrauch auszuschließen oder doch wesentlich zu erschweren.

 

7. Der Beschuldigte hätte es bis zum 12. April 1989 unterlassen, den Vorstand des Pathologischen Institutes des KH Lainz über die in Punkt 2. angeführten Verdachtsmomente zu informieren.

 

8. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, an der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz für eine Diensteinteilung zu sorgen, wonach während seiner Abwesenheit zumindest ein zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigter Facharzt für Innere Medizin Dienst versehen hätte müssen.

 

9. Der Beschuldigte hätte es vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 unterlassen, die Aufgaben und Befugnisse des diplomierten Krankenpflegepersonals und der Stationsgehilfen zu beachten und die Beachtung seinen nachgeordneten Ärzten aufzutragen bzw. vom leitenden Krankenpflegepersonal zu verlangen sowie die Beachtung zu kontrollieren, und hätte es geduldet, daß

a) Ärzte der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz bei ihren Anordnungen und Ermächtigungen nicht unterschieden, ob sie mit Krankenpflegefachpersonal oder Stationsgehilfen zusammenarbeiten bzw. ob sie zur Verabreichung von subcutanen, intravenösen oder intramuskulären Injektionen ermächtigten, insbesonders bei den außerhalb der üblichen Routine (durch Sekundarärzte durchgeführten) stattfindenden Spritzendiensten, zu denen Pflegepersonal herangezogen wurde, obwohl es bei entsprechender pflichtgemäßer Aufmerksamkeit sehr wohl möglich gewesen wäre, solche Unterscheidungen zu treffen.

 

b) vom leitenden Pflegepersonal eine Unterscheidung zwischen diplomiertem Krankenpflegepersonal und Stationsgehilfen nicht vorgenommen worden ist, indem Stationsgehilfen als Hauptdienst eingeteilt worden sind, und somit diese im Nachtdienst Pflegehandlungen vornehmen mußten, die dem diplomierten Pflegepersonal vorbehalten sind.

 

c) hinsichtlich der Verabreichung von Injektionen durch Krankenpflegepersonal widerspruchsfreie und schriftliche Anordnungen zu treffen, insbesonders ein Verbot auszusprechen, Stationsgehilfen zur Verabreichung von Injektionen heranzuziehen, und sofern solche Anordnungen bestanden, diese den Ärzten und dem Pflegepersonal nachweislich zur Kenntnis zu bringen und die Einhaltung der Anordnung und gesetzlichen Vorschriften laufend zu überprüfen.

 

10. Der Beschuldigte hätte es im Rahmen seiner unmittelbaren medizinischen Fachaufsicht über das gesamte Personal der

1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz bis 12. April 1989 unterlassen, für Zusammentreffen zwischen Ärzten und Krankenpflegepersonal zu sorgen, indem keine organisatorischen Maßnahmen für kurzfristige Besprechungen über akute Probleme, regelmäßige Zusammenkünfte unter der Leitung des zuständigen Oberarztes und in regelmäßig wiederkehrenden Abständen Sitzungen mit dem gesamten Team einschließlich der Ärzte und Oberärzte, deren Themen von Krankenpflegepersonal bestimmt werden, durchgeführt worden sind.

 

11. Der Beschuldigte hätte bis 12. April 1989 seine Pflicht zur besonderen Überwachung der Einhaltung aller die Verschreibung, Gebarung und Verwendung von Suchtgiften regelnden Vorschriften dadurch, daß der Schlüssel zum Giftschrank, in dem die Suchtgifte aufbewahrt werden, in einer unversperrten Lade des Spritzenwagens der Station D aufbewahrt worden und damit für Unbefugte zugänglich gewesen ist, verletzt.

 

12. Der Beschuldigte hätte bis 12. April 1989 in einer auch für Dritte erkennbaren Art und Weise mit ihm unterstellten Bediensteten, nämlich mit Frau Dr. R und mit Frau Dr. F, über das dienstliche Verhältnis hinausgehende Beziehungen unterhalten, welche sich auf den Dienstbetrieb der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz negativ ausgewirkt haben. So durften bei nicht durch den Dienst bedingten gemeinsamen Aufenthalten des Beschuldigten und von Dr. R im Dienstzimmer der letzteren insbesondere zur Nachtzeit beide nicht gestört werden und die diensthabende Oberärztin konnte somit dringenden dienstlichen Obliegenheiten nicht nachkommen. Dr. R hatte überdies auf Grund ihrer Beziehung zu Prof. Dr. N gegenüber den anderen Ärzten und dem Krankenpflegepersonal der

1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz eine sachlich nicht gerechtfertigte besondere Stellung inne. Durch die persönlichen Beziehungen zu Prof. Dr. N kam es auch während des Dienstes zu privaten Spannungen zwischen Dr. R und Dr. F.

Durch diese Situation hätte der Beschuldigte seine Autorität selbst untergraben und der Lockerung der Arbeitsmoral und der Nichteinhaltung der Dienstvorschriften der 1. Medizinischen Abteilung des KH Lainz nur erschwert entgegenwirken können."

 

Hiedurch hätte der Beschwerdeführer die in § 19 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 1 und § 28 DO 1966 normierten Dienstpflichten verletzt. Auf Grund der den oben wiedergegebenen Vorwürfen zugrundeliegenden Erhebungen, die durch das vom Magistratsdirektor eingesetzte Arbeitsteam zur Untersuchung der Vorfälle (Tod von Patienten durch Fremdverschulden) in der I. Medizinischen Abteilung des Krankenhauses der Stadt Wien-Lainz durchgeführt worden seien, bestehe der begründete Verdacht, daß der Beschwerdeführer die oben angeführten Dienstpflichten gröblichst verletzt hätte. Diese Bestimmungen verlangten, daß der Beamte die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit besorge. Jeder Beamte sei weiters verpflichtet, im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte. Vorgesetzte und Dienststellenleiter hätten darauf zu achten, daß ihre Mitarbeiter ihre dienstlichen Aufgaben in gesetzmäßiger, zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise besorgen. Sie hätten ihre Mitarbeiter hiebei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetragene Fehler und Mißstände abzustellen und für die Einhaltung der Arbeitszeit zu sorgen. Sie hätten das dienstliche Fortkommen ihrer Mitarbeiter nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern und ihre Verwendung so zu lenken, daß sie ihren Fähigkeiten weitgehend entspreche. Der Leiter einer Dienststelle hätte außerdem für ein geordnetes Zusammenwirken der einzelnen ihm unterstehenden Organisationseinheiten zum Zwecke der Sicherstellung einer gesetzmäßigen Vollziehung sowie einer zweckmäßigen wirtschaftlichen und sparsamen Geschäftsgebarung zu sorgen. Auf Grund der in der Disziplinaranzeige erhobenen Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer und den zugrundeliegenden Erhebungen des Arbeitsteams sei die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe zu der Überzeugung gelangt, daß ein derart begründeter Verdacht der Verletzung der vorangeführten Dienstpflichten vorliege, daß eine Weiterbelassung des Beschwerdeführers im Dienst einerseits auf Grund des durch die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen eingetretenen Autoritäts- bzw. Vertrauensverlustes der Mitarbeiter ihm gegenüber und anderseits auch auf Grund der Beeinträchtigung des Vertrauens der Patienten bzw. ihrer Angehörigen in seine Führungseigenschaften das Ansehen der städtischen Krankenanstalten und damit der Stadt Wien, aber insbesondere auch wesentliche Interessen des Dienstes gefährden würde. Bis zum Abschluß des Disziplinarverfahrens, in dessen Verlauf zu prüfen sein werde, ob die zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich vorlägen, erscheine es erforderlich, eine - auch unter Berücksichtigung der in der gegenwärtigen Situation zu leistenden Dienstverrichtung des Beschwerdeführers - Gefährdung wesentlicher Interessen des Dienstes hintanzuhalten und durch die ausgesprochene Suspendierung dafür zu sorgen, daß ein weiterer Vertrauensverlust sowohl seitens außenstehender dritter Personen als auch seitens des Dienstgebers vermieden werde.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer eine umfangreiche, vierzig Seiten umfassende Berufung ein, in der er zunächst unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens insbesondere ausführte, das vom Magistratsdirektor eingesetzte "Arbeitsteam" besitze weder die rechtliche Legitimation noch verfüge es über die fachliche Kompetenz, die ihm gegenüber erhobenen Anschuldigungen als erwiesen zu erklären und gleichsam das Verfahren vorwegnehmend Beurteilungen und Verurteilungen auszusprechen. Dazu komme, daß sich die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe überhaupt nicht mit seiner Äußerung zu diesem Bericht des Arbeitsteams vom 26. April 1989 auseinandergesetzt habe. Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergebe sich schon daraus, daß die die Suspendierung aussprechende Disziplinarkommission sich im Rahmen der Beurteilung des Sachverhaltes offenbar ausschließlich auf das Vorbringen in der Disziplinaranzeige stütze, ohne dem Beschwerdeführer im Rahmen des vorgesehenen Ermittlungsverfahrens Parteiengehör zu gewähren und ihm die Möglichkeit zu geben, die zu seiner Entlastung heranzuziehenden Beweismittel vorzubringen. Jedenfalls habe es die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe unterlassen, zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Suspendierung vorlägen. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides werde lediglich allgemein festgestellt, daß ihm in der Disziplinaranzeige mehrere Verletzungen von Dienstpflichten vorgeworfen würden, ohne daß ersichtlich sei, durch welches Faktum welche Dienstpflicht verletzt worden sei. Unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit zeigte der Beschwerdeführer zu jedem einzelnen der oben wiedergegebenen zwölf Anschuldigungspunkte zum Teil unter Beweisanbot auf, daß und aus welchen Gründen der der Disziplinaranzeige zugrundeliegende Sachverhalt jeweils aktenwidrig angenommen worden sei. Er habe sehr wohl Aen am 20. April 1988 sowohl über seine als auch über Anzeige des damaligen ärztlichen Leiters der Krankenanstalt Lainz, Prof. Dr. A, ermittelnden beiden Kriminalbeamten über seinen damaligen Wissensstand und Verdacht im Zusammenhang mit dem Tod der V iVm mit dem ihm unmittelbar zuvor zugekommenen "Gerücht" volle Information erteilt (Anschuldigungspunkt 1). Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Tode der Genannten hätte für den Beschwerdeführer der konkrete Verdacht bestanden, daß dieses Gerücht tatsächlich erhärtet werden könnte und er habe dementsprechend nicht nur seinen unmittelbaren Vorgesetzten, Prof. Dr. A, sondern auch den zuständigen Stadtrat Prof. Dr. T und Prof. Dr. L informiert und um weitere Weisungen gebeten. Zu seiner Verantwortung als dem ärztlichen Leiter unmittelbar unterstellter Abteilungsvorstand sei zu sagen, daß nach den Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes, LGBl. für Wien, Nr. 23/1987 (Wr. KAG) die Führungsstrukturen in den Krankenanstalten geteilt seien. Der ärztliche Leiter (§ 12 Abs. 3 Wr. KAG) sei für den ärztlichen Dienst, für die mit der ärztlichen Behandlung der Patienten zusammenhängenden Aufgaben und für alle Fragen verantwortlich, die medizinische Interessen berühren. Zu den Aufgaben des Leiters des Pflegedienstes (§ 22 Abs. 1 Wr. KAG) gehörten insbesondere die Überwachung des Pflegedienstes in der gesamten Krankenanstalt. In Durchführung dieser Aufgaben habe der Leiter des Pflegedienstes periodisch und zu den verschiedensten Zeiten Kontrollgänge vorzunehmen und für das Personal des Krankenpflegefachdienstes sowie für die Stationsgehilfen den Dienst einzuteilen. Der verantwortliche Leiter des Pflegedienstes habe die Dienstaufsicht über diese Bediensteten und für die gewissenhafte Durchführung der ärztlichen Anordnungen zu sorgen. Er habe das Pflegepersonal anzuhalten, daß alle die Pflege betreffenden Vorschriften genau beachtet und die vorgeschriebenen Arbeitszeiten eingehalten werden. Im Hinblick auf diese getrennte Führungsstruktur weise der Beschwerdeführer jegliche Verantwortung hinsichtlich etwaiger Unterlassungen, welche die Leitung des Pflegedienstes betreffen, insbesondere für den Zeitraum vom 11. April 1988 bis 12. April 1989 mit allem Nachdruck zurück (Anschuldigungspunkte 2 und 3). Was den im Anschuldigungspunkt 4 erhobenen Vorwurf anlange, er habe die noch nicht zum Oberarztdienst herangezogenen "Turnusärzte" über die in Punkt 2. angeführten Verdachtsmomente nicht informiert, so sei auszuführen, daß diesen "Turnusärzten" das sogenannte ius practicandi fehle und diese nur kurzfristig (maximal ein bis sechs Monate) auf seiner Abteilung beschäftigt gewesen seien. Er habe auf Grund seines damaligen Wissensstandes nicht verantworten können, gleichsam "durchziehende Ärzte" vom Inhalt dieses Gerüchtes zu informieren. Es hätte zudem zweifelsohne damals nicht zum Ruhm der Krankenanstalt beigetragen, wenn von kurzfristig auf der Station verweilenden Personen Gerüchte weitergetragen würden. Als geradezu dialektisch müsse die Schlußfolgerung im Punkt 5. der Disziplinaranzeige gewertet werden, wenn man nunmehr unterstelle, daß durch "unangesagte und unregelmäßige Kontrollen" durch seine Person eine Aufdeckung der "Mißstände" möglich gewesen wäre bzw. solche erschwert worden wären. Wie sich auf Grund des heutigen Wissensstandes feststellen lasse, bestehe zumindestens der dringende Verdacht, daß der in Rede stehende Täterkeis vorsätzlich gehandelt habe und zwar über längere Perioden. Daß es in der Folge, nämlich im April 1989 überhaupt möglich gewesen sei, die mißbräuchliche Verwendung von Arzneimitteln, insbesondere Insulin, festzustellen, sei keinem Zufall im Sinne unangesagter und unregelmäßiger Kontrollen zu verdanken, sondern ausschließlich laufenden, vom Beschwerdeführer eingerichteten Kontrollmechanismen und ärztlicher Obsorge in Zusammenarbeit mit seinem Ärzteteam. Als geradezu laienhaft müßten die Ausführungen im Punkt 6. der Disziplinaranzeige zurückgewiesen werden, wenn darin der Vorwurf erhoben werde, der Beschwerdeführer hätte es unterlassen, die "Gebarung (Lagerung und Betreuung)" der Arzneimittel (einschließlich eines allfälligen Handvorrates wie insbesondere der in der Abteilung verwendeten Beruhigungsmittel Rohypnol, Dominal forte und Valium, analog den Vorschriften über die Suchtgiftgebarung zu regeln, um einen Mißbrauch auszuschließen oder doch wesentlich zu erschweren. Nach der Dienstvorschrift für Apotheker der Wiener Städtischen Krankenanstalten sei der Apothekenleiter (Leiter der Anstaltsapotheke) im Wege des ärztlichen Leiters der Anstalt dem Anstaltenamt unterstellt. Personell unterstünden die Apotheker dem ärztlichen Leiter der Anstalt und seien an seine Weisung gebunden. Dem Leiter der Anstaltsapotheke obliege es, die Verwaltung nicht nur des Arzneimittelvorrates unmittelbar im Bereich der Anstaltsapotheke, sondern auch auf den einzelnen Abteilungen und Stationen zu visitieren und deren Gebarung zu überwachen. Der Beschwerdeführer habe jedenfalls in Zusammenarbeit mit seinen Ärzten und mit der damaligen Oberschwester, C den Arzneimittelvorrat und -verbrauch, insbesondere jenen von Rohypnol und suchtgifthältiger Arzneimittel, beobachtet. Es hätten aber keine signifikanten Veränderungen im Verbrauch festgestellt werden können. Unbestritten sei, daß er den Pathologen, Prof. Dr. M, von dem "Gerücht" bzw. den Verdachtsmomenten nicht informiert habe. Die Sinnlosigkeit, ein derartig unbegründetes Gerücht an den Vorstand des Pathologischen Institutes weiterzugeben, gehe schon daraus hervor, daß der Genannte keinen Beitrag zur Entdeckung einer möglichen Medikamentenvergiftung hätte leisten können (Anschuldigungspunkt 7.). Zu dem Vorwurf, der Beschwerdeführer hätte es unterlassen, für eine Diensteinteilung zu sorgen, wonach während seiner Abwesenheit zumindest ein zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigter Facharzt für Innere Medizin Dienst hätte versehen müssen, sei auf eine Stellungnahme der vorgesetzten Dienststelle (Magistratsabteilung 17) zu verweisen, in der folgendes ausgeführt worden sei:

"Unter der Voraussetzung einer entsprechend organisierten Rufbereitschaft eines verantwortlichen Facharztes, die ein schnelles Eingreifen desselben im Notfall garantiert, kann somit die Leistung von Oberarzt-Nachtdiensten durch besonders befähigte, bereits über die notwendigen Kenntnisse verfügende Turnusärzte als immer noch in den in § 2 Abs. 3 Ärztegesetz normierten Begriffen umfaßt und daher als gesetzeskonform angesehen werden."

Die seitens der anzeigenden Behörde im Anschuldigungspunkt 9. erhobenen Vorwürfe betreffend angeblicher Unterlassungen im Pflegebereich müßten seitens des Beschwerdeführers als sachlich unzutreffend zurückgewiesen werden, weil er - wie bereits oben dargelegt - für etwaige Versäumnisse oder Unterlassungen, die der Pflegebereich zu verantworten habe, nicht zur Verantwortung gezogen werden könne. Es mute geradezu grotesk an, den Beschwerdeführer zu suspendieren, weil er es angeblich unterlassen habe, Aufgaben und Befugnisse des Krankenpflegepersonals zu beobachten (kontrollieren und überwachen), die von Gesetzes wegen eindeutig den Organen des Pflegebereiches zugeordnet seien; gleichzeitig seien gerade die in diesem Bereich Verantwortlichen, wenn die erhobenen Vorwürfe tatsächlich stimmten, nicht annähernd zur Verantwortung gezogen worden. Daß im Zeitraum September 1988 bis Feber 1989 bzw. bis zu seiner Suspendierung keine Oberschwester auf seiner Abteilung tätig gewesen sei, werde offenbar diskret verschwiegen. Dies habe nicht der Beschwerdeführer zu verantworten, sondern ausschließlich die Leitung des Pflegedienstes. Er bestreite ausdrücklich, daß Ärzte seiner Abteilung - ihm bewußt - die Verabreichung von Injektionen durch solche Personen des Pflegedienstes angeordnet haben, die hiezu keine Berechtigung hatten. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf, daß angeblich von unbefugten Angehörigen des Pflegepersonals Injektionen verabreicht worden sein sollen, erkläre er, daß gerade er in diesem Zusammenhang größte Obsorge habe walten lassen und schon aus medizinischen Gründen auch dem diplomierten Krankenpflegepersonal die Verabreichung von Injektionen untersagt habe. Der unter dem Anschuldigungspunkt 10. erhobene Vorwurf entbehre ebenfalls jeglicher rechtlichen und organisatorischen Grundlage. Gerade für seine Abteilung könne er in Anspruch nehmen, daß die Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonal und ärztlicher Mannschaft gut funktioniert habe, zumal eine hohe Motivation auf beiden Seiten gegeben gewesen sei. Abgesehen von der Unmöglichkeit der darin erhobenen Forderung habe er, in Verwirklichung der Vorstellung, die Kommunikation auf breiter Basis zu fördern, im Zusammenhang mit der einmal wöchentlichen Chefvisite auf jeder Abteilung - um möglichst eine entspannte Atmosphäre herzustellen - einen "Arbeitskaffee" eingeführt. Im Rahmen dieses "Arbeitskaffees", der im Beisein der stellvertretenden Oberschwester, der Stationsschwester und der Ambulanzschwestern, sowie der Oberärzte und der in Fachausbildung stehenden Ärzten abgehalten worden sei, sei es zu einem umfangreichen Informationsaustausch gekommen. Die laufende tägliche Kommunikation sei im Rahmen der täglichen Visiten zwischen stationsführenden Oberärzten und Pflegepersonal erfolgt. Daß die Verantwortung für die Verwaltung des Arzneimittelvorrates, und zwar nicht nur zentral auf den jeweiligen Abteilungen, sondern auch auf den Stationen seiner Abteilung, vom Krankenpflegepersonal in Erfüllung eines Gesetzesauftrages wahrzunehmen sei, habe er bereits oben ausgeführt. Zum zentralen Abteilungsarzneimittelvorrat habe nur die Stationsschwester der Abteilung D gemeinsam mit einem Oberarzt Zugang gehabt. Seit Anfang des Jahres 1989 sei es der Stationsschwester der genannten Abteilung möglich gewesen, allein über den Arzneimittelvorrat zu verfügen. Nach Wissen des Beschwerdeführers habe in der Vergangenheit die jeweils diensthabende, den Arzneimittelvorrat verwaltende Schwester an einem Schlüsselbund, der um den Leib getragen worden sei, den Schlüssel zum "Giftschrank" verwaltet. Die Tatsache, daß der Arzneimittelvorrat ordnungsgemäß verwaltet worden sei, insbesondere auch das Suchtgift, werde von der Leiterin der Anstaltsapotheke bestätigt (Anschuldigungspunkt 11.). Was schließlich den letzten Anschuldigungspunkt betreffe, so sei es richtig, daß er Frau Dr. R seit ihrer Studentenzeit kenne und ebenso sei ihm Frau Dr. F auf Grund familiärer Kontakte über Jahre hindurch bekannt. Seine Verbindungen zu den beiden genannten Kolleginnen seien keinesfalls derart, daß sie den "Dienstbetrieb" der I. Medizinischen Abteilung des Krankenhauses Lainz negativ beeinflußt haben könnten. Als Verleumdung weise er mit allem Nachdruck zurück, daß jemals von ihm oder von den beiden genannten Kolleginnen angeordnet worden sei, "insbesondere zur Nachtzeit" bei angeblich gemeinsamen Aufenthalten im Dienstzimmer nicht gestört werden zu dürfen. Welches Niveau die gegen ihn in diesem Zusammenhang sein Privatleben betreffenden Anschuldigungen hätten, könne nur in den Bereich der "Regenbogenpresse oder Schwarzwaldklinik" verwiesen werden. Abschließend führte der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus, hätte die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe ein Ermittlungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt, dann hätte dies nur zu dem Schluß führen können, daß kein klarer Sachverhalt vorliege, sondern höchst widersprüchliche Angaben und Beweisurkunden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vorliegenden Sachverhaltes hätte die Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe nur feststellen können, daß der Beschwerdeführer keine wie immer gearteten Handlungen gesetzt habe, die eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 19 Abs. 1 und 2, § 20 Abs. 1 und § 28 DO 1966 darstellen. Insbesondere habe er keine solchen begangen, welche die Achtung und das Vertrauen, welche seiner Stellung entgegengebracht worden seien, untergraben hätten.

Die Disziplinaroberkommission der Stadt Wien als Disziplinarbehörde zweiter Instanz gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 6. Juli 1989 dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und Verwaltungsgeschehens ausgeführt, die Berufungsausführungen des Beschwerdeführers ließen erkennen, daß er offenbar vermeine, im Suspendierungsverfahren sei die Frage des Verschuldens zu klären und die Berufungsbehörde hätte sich mit den vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen meritorisch auseinanderzusetzen. Dem sei zu entgegnen, daß die belangte Behörde auf die Frage des Verschuldens nicht einzugehen habe, und es ihr in diesem Verfahren auch nicht obliege, festzustellen, ob noch weitere Personen eine Verantwortung treffe. Auf die Berufung sei nur im Umfang der angewendeten Gesetzesstelle - § 76 DO 1966 - einzugehen. "Zur Last gelegt" bedeute, daß der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung bestehen müßte; es müsse im Suspendierungsverfahren nicht nachgewiesen werden, daß der Beamte die ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen habe. Diese Aufgabe komme vielmehr erst den Disziplinarbehörden zu. Auf die in der Berufung angebotenen Beweismittel sei daher zu verzichten. Ein Verdacht bestehe, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1988, Zl. 88/09/0046). Auf Grund der Erhebungen des vom Magistratsdirektor eingesetzten Arbeitsteams zur Untersuchung der Vorfälle (Tod von Patienten durch Fremdverschulden) in der I. Medizinischen Abteilung des Krankenhauses Lainz sei der Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen begründet. Durch das Vorbringen des Beschwerdeführers hätten die für die Suspendierung maßgebenden konkreten Verdachtsgründe nicht entkräftet werden können. Zu dem Erfordernis der Gefährdung des Ansehens des Amtes oder wesentlicher Interessen des Dienstes wegen der Art der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen sei festzustellen, daß, ohne eine Wertung vornehmen zu wollen, bereits die Punkte 1.a), 4., 5. und 8. geeignet seien, die Suspendierung zu rechtfertigen. Im übrigen dürfe bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 DO 1966 auf die zutreffende Begründung der Erstinstanz verwiesen werden. Auch die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften liege nicht vor. Eine Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren vor der Disziplinarbehörde erster Rechtsstufe könne im Berufungsverfahren dann saniert werden, wenn im angefochtenen Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt seien oder wenn die Partei im Berufungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Abgesehen davon, daß dem Beschwerdeführer im bekämpften Bescheid das Ermittlungsverfahren ohnedies zur Kenntnis gebracht worden sei, sei ihm auch am 2. Mai 1989 und am 1. Juni 1989 Akteneinsicht gewährt worden. Auf Grund dieser Akteneinsicht sei auch eine Gegenäußerung am 11. Mai 1989 und die Berufung am 8. Juni 1989 erstattet worden. Die diesbezügliche Rüge gehe daher ins Leere.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte eine Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in dem Recht auf Nichtverfügung der Suspendierung verletzt. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die von ihm bekämpfte Suspendierung sei deshalb erfolgt, weil bei einer Belassung seiner Person im Dienst wesentliche Interessen des Dienstes angeblich gefährdet seien. Eine solche angebliche Gefährdung dienstlicher Interessen könnte allerdings nur dann vorliegen, wenn durch seine Belassung im Dienst die weitere Verletzung - und zwar besonders wichtiger - Dienstpflichten zu befürchten wäre. Die eine Suspendierung beinhaltende Präventivvorstellung solle ihn sohin an der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen hindern. Verfolge man aber diesen Gedanken, so sei eine weitere Voraussetzung der Suspendierung, daß wegen der Art der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung zu erwarten wäre, daß eine Belassung im Amt als besondere Gelegenheit zur neuerlichen Begehung der gleichen oder ähnlicher Dienstpflichtverletzungen genützt würde. In erster Linie würden daher jene Dienstpflichtverletzungen die Möglichkeit einer Suspendierung begründen, die unter Ausnützung einer Amtsstellung begangen worden seien. Die Voraussetzungen einer Suspendierung lägen schon deshalb nicht vor, weil nicht zu erwarten sei, daß weitere präsumtive, des Mordes verdächtige Personen an seiner Abteilung weiterbeschäftigt seien, deren mögliche Straftaten er verhindern könnte, anderseits jene angeblichen Verletzungen von Dienstpflichten seinerseits auf Grund der kollegialen Führung nicht in den ärztlichen Verantwortungsbereich fielen und sohin auch nicht von ihm zu vertreten seien. Wenn die belangte Behörde vermeine, daß eine weitere Belassung seiner Person im Dienst das "Ansehen des Amtes" gefährde, so könne dies nur als ein Akt der Willkür angesehen werden. Abgesehen davon, daß nicht nachzuvollziehen sei, was unter "Ansehen des Amtes" zu verstehen sei, habe der Beschwerdeführer keine Handlungen gesetzt, die bei Belassung im Dienst das Ansehen des Amtes, nämlich den Ruf der Krankenanstalt Lainz schädigten. Im Gegenteil - gerade seine Person und seine ärztliche Tätigkeit hätten in den vergangenen zehn Jahren zumindestens auf dem Gebiet der Internen Medizin erheblich zur Verbesserung des Rufes dieser Krankenanstalt beigetragen. So habe der Beschwerdeführer aus einem "Spitalsmuseum" eine moderne, international vergleichbare Spitalsabteilung geschaffen. Daß seine Tätigkeit geradezu den gegenteiligen Effekt gehabt habe, werde seitens der belangten Behörde zynisch verschwiegen und unberücksichtigt gelassen, wobei nur seine ärztlichen Fähigkeiten seitens der Kommission gütigst bestätigt würden. In diesem Sinne müsse für den Bürgermeister der Stadt Wien und den amtsführenden Stadtrat der sogenannte "Bericht der internationalen Kommission" geradezu als ein Eigentor gewertet werden, weil dieser Bericht nicht mit einem einzigen Wort von Versehen seinerseits in Zusammenhang mit dem "angeblichen Tod durch Fremdverschulden" in Lainz gebracht worden sei, sondern vielmehr auf schwerste organisatorische und personelle Mängel, insbesondere in Richtung kollegialer Führung von Krankenanstalten hingewiesen worden sei. Es müsse darauf hingewiesen werden, daß den beiden politischen Repräsentanten ein Organisationsverschulden in der Form anzulasten sei, daß ihnen die zweifelsohne gegebenen Mängel im Bericht der Anstaltsführung - die allerdings nicht von ihm zu vertreten seien - seit Jahren bekannt gewesen seien und auch vom Beschwerdeführer immer wieder aufgezeigt worden seien, ohne daß jemals auch nur ansatzweise der Versuch unternommen worden sei, diese Mißstände tatsächlich aufzudecken oder abzustellen. Der Beschwerdeführer behaupte, daß er lediglich als "Bauernopfer" der Öffentlichkeit als Schuldiger an den Vorfällen (Todesfälle von Patienten durch Fremdverschulden) der Öffentlichkeit vorgeworfen worden sei, um gerade vom gegebenen Organisationsverschulden abzulenken.

Die Beschwerde ist begründet.

Rechtsgrundlage des vom Beschwerdeführer bekämpften Bescheides ist § 76 Abs. 1 DO 1966. Danach hat der Magistrat, wenn jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission oder bei der Disziplinaroberkommission bereits anhängig ist, diese, den Beamten vom Dienst zu suspendieren, wenn durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

Die Suspendierung stellt ihrem Wesen nach eine SICHERNDE Maßnahme dar, die bei Zutreffen der oben angeführten gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich

(arg.: "... wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung ...") zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem funktionalen Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung und der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen.

Es genügt, wenn gegen den Beamten ein VERDACHT einer Dienstpflichtverletzung besteht, die die von § 76 Abs. 1 DO 1966 geforderten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Es müssen hinreichende Gründe vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß er eine derartige schwere Dienstpflichtverletzung begangen hat. Ein VERDACHT kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen (vgl. im Zusammenhang das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1989, Zl. 89/09/0113).

Der Beamte hat - wie aus § 72 Abs. 1 DO 1966 iVm § 60 AVG 1950 erhellt - Anspruch auf Mitteilung der Verdachtsgründe. "Verdacht" ist mehr als eine bloße Vermutung. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf eine Dienstpflichtverletzung geschlossen werden kann, das die von § 76 Abs. 1 DO 1966 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die von § 76 Abs. 1 DO 1966 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt.

Die Verfügung der Suspendierung setzt nach der oben wiedergegebenen Gesetzesstelle den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen "ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur SCHWERWIEGENDE, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwerwiegend zu vermuten ist. Aber auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Supendierung begründet sein, z.B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas. Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die in der Regel zur Disziplinarstrafe der Entlassung (§ 58 Abs. 1 Z. 6 DO 1966) führen. Denn darin kommen eine so erhebliche Unzuverlässigkeit und ein so schwerer Vertrauensbruch zum Ausdruck, daß der Verwaltung und den Mitarbeitern bis zur Klärung und zum Abschluß des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Der Beamte, in dessen gesetzlich geschützte Rechte durch eine Suspendierung eingegriffen wird, hat einen Anspruch darauf, die Gründe dafür zu erfahren; denn nur dann kann er seine Rechte sachgemäß verteidigen. In dieser Hinsicht enthält der angefochtene Bescheid vom 6. Juli 1989, der sich auf die nicht begründete Feststellung beschränkt, bereits die in den Punkten 1.a), 4., 5. und 8. dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen seien geeignet, die Suspendierung des Beschwerdeführers zu rechtfertigen, keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte, die für die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von derart schweren Dienstpflichtverletzungen sprechen.

Zudem fehlt jegliche Auseinandersetzung mit dem umfangreichen Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Berufungsschriftsatz, weshalb nicht festgestellt werden kann, ob die belangte Behörde dieses Vorbringen als richtig anerkannt hat oder nicht.

Gemäß § 11 Abs. 1 Wr. KAG haben der ärztliche Leiter (§ 12 Abs. 3) der Verwalter (§ 18 Abs. 1), der Leiter der technischen Angelegenheiten (§ 18 Abs. 1 und der Leiter des Pflegedienstes (§ 22 Abs. 1) allgemeine und grundsätzliche Angelegenheiten zu besprechen sowie allfällige Entscheidungen gemeinsam zu fällen und im Sinne der Ergebnisse ihrer Beratungen in ihren jeweils zukommenden Aufgabenbereichen vorzugehen. Die diesen Führungskräften nach den §§ 12 Abs. 3, 18 Abs. 1 und 22 Abs. 1 jeweils zukommenden Aufgaben dürfen hiedurch nicht beeinträchtigt werden. Im Falle der Dienstabwesenheit einer der in den §§ 12 Abs. 3, 18 Abs. 1, 22 Abs. 1 genannten Personen tritt nach der Anordnung des Abs. 3 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle der Stellvertreter an deren Stelle. Falls kein ständiger Stellvertreter bestellt ist, ist ein solcher für die Dauer der Dienstabwesenheit zu bestellen.

Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff des "ärztlichen Dienstes" in § 12 leg. cit. dahin auszulegen, daß die Behandlung der Patienten unter ärztlicher Letztverantwortung und unter nachgeordneter pflegerischer Assistenz erfolgen muß. Dieses Verständnis ist deshalb geboten, weil nur der Arzt auf Grund der durch eine medizinische Ausbildung erworbenen Fachkenntnisse die Befähigung besitzt, verantwortlich darüber zu entscheiden, wie eine Krankheit behandelt werden soll. Infolgedessen ist bei dem von der Bestimmung des § 11 Wr. KAG geforderten Zusammenwirken von ärztlicher und pflegerischer Leistung die Wirksamkeit der ärztlichen Tätigkeit nur dann gewährleistet, wenn bei einem Diagnose- oder Therapiekonflikt zwischen Arzt und Pflegepersonal der Arzt das Letztentscheidungsrecht hat.

Gemäß § 22 Abs. 1 Wr. KAG ist für jede Krankenanstalt mit bettenführenden Abteilungen eine geeignete diplomierte Krankenpflegeperson als verantwortlicher Leiter des Pflegedienstes zu bestellen. Bei Verhinderung dieses verantwortlichen Leiters muß dieser von einer geeigneten diplomierten Krankenpflegeperson vertreten werden.

Unter Zugrundelegung der oben wiedergegebenen Auffassung zur Auslegung des Begriffes "ärztlicher Dienst" kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen der belangten Behörde nicht abschließend beurteilt werden, warum der Beschwerdeführer als Leiter einer medizinischen Abteilung (§ 12 Abs. 2 Wr. KAG) für alle Mängel der Dienstaufsicht, also auch der personalrechtlichen Aufsicht über die mangelnde Pflichterfüllung einiger Bediensteter des Krankenpflegepersonals, die disziplinarrechtliche Verantwortung zu tragen hat. Zu den entscheidungserheblichen Fragen der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als Arzt für die dem Leiter des Pflegedienstes unterstellten Angehörigen des Krankenpflegepersonals fehlen jegliche Feststellungen.

Es liegt auf der Hand, daß die Hilfeleistung an einem kranken Patienten in einer Krankenanstalt im wesentlichen unter der aktiven und fortdauernden behandelnden Einwirkung des Arztes auf den Patienten und unter ständiger Assistenz, Betreuung und Beobachtung durch das fachlich geschulte Pflegepersonal zu erfolgen hat und darauf gerichtet ist, die Krankheit zu bekämpfen. Hiebei ist die ärztliche Behandlung der pflegerischen Tätigkeit im medizinischen Bereich übergeordnet.

Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet der belangten Behörde bei, daß ein Arzt, der bei Ausübung seines ärztlichen Dienstes auf Unkorrektheiten von Angehörigen des Krankenpflegepersonals im medizinischen Bereich stößt, verpflichtet ist, diesen nachzugehen und sie aufzuklären oder ihre Aufklärung zu veranlassen.

Da dem angefochtenen Bescheid, wie der bereits vorher dargestellten Wiedergabe zu entnehmen ist, jede eigenständige über den bloßen Hinweis auf die Disziplinaranzeige hinausgehende Begründung fehlt und er sich auch mit dem umfangreichen und substantiierten Vorbringen des Beschwerdeführers im Administrativverfahren nicht auseinandersetzt, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, von welchen aus dem Ermittlungsverfahren gewonnenen Tatsachen die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist und welche Beweisanzeichen zur Überzeugungsbildung der belangten Behörde führten, es liege der Verdacht eines derart schweren, dem Beschwerdeführer zuzurechnenden schuldhaften Verhaltens vor, daß ohne Suspendierung des Beschwerdeführers der Dienstbetrieb oder die ordnungsmäßige Tätigkeit in der Krankenanstalt empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde.

Damit ist der Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides gehindert und die gemäß § 72 Abs. 1 DO 1966 anzuwendende Verfahrensvorschrift des § 60 AVG 1950 über die Bescheidbegründung verletzt; daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, kann nicht von vornherein verneint werden.

Der angefochtene Bescheid war daher mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen und mangels Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung wurde aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz des Aufwandes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer für die vorgelegten Schriftsätze (zwei Beschwerdeausfertigungen, eine Vollmacht, eine Beilage) nur 540 S an Stempelmarken zu entrichten hatte.

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