VwGH 89/08/0329

VwGH89/08/032913.11.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde der B gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 31. Oktober 1989, Zl. 125.035/2-7/89, betreffend Versicherungspflicht nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Normen

BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §2 Abs1 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 24. August 1988 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1979 nicht der Versicherungs- und Beitragspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) unterlegen sei.

Nach der Begründung habe der Ehegatte der Beschwerdeführerin, Johann B, die Liegenschaft EZ. 21 und den Hälfteanteil der Liegenschaft EZ. 24, beide KG. E, mit Pachtvertrag vom 14. Februar 1979 ab 1. Jänner 1979 an seinen Sohn, Daniel B, verpachtet. Ab 1. Jänner 1980 seien mit Pachtvertrag vom 23. Februar 1980 die angeführten Liegenschaften an die Beschwerdeführerin verpachtet worden. Unter Punkt XV dieses Pachtvertrages sei angeführt, daß der bisherige Pachtvertrag vom 14. Februar 1979 abgeschlossen mit Daniel B. ab 1. Jänner 1980 als aufgelöst gelte.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin Einspruch erhoben.

1.2. Mit Bescheid vom 23. Mai 1989 gab der Landeshauptmann von Kärnten dem Einspruch gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG Folge, behob den Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt der Bauern und stellte fest, daß die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1979 der Versicherungspflicht unterliege.

Zur Begründung wurde auf den Einspruch der Beschwerdeführerin verwiesen, in dem diese erklärt habe, es sei richtig, daß ihr Ehegatte mit Pachtvertrag vom 14. Februar 1979 die Liegenschaft in E 32 an seinen Sohn Daniel verpachtet habe. Die Beschwerdeführerin habe jedoch die tatsächliche Betriebsführung innegehabt und der Betrieb sei auf ihre alleinige Rechnung und Gefahr geführt worden. Diese Tatsache werde auch durch die vorgelegten Rechnungen bewiesen. Dafür spreche auch die gemeindeamtlich bestätigte Erklärung des Sohnes Daniel über die tatsächliche Betriebsführung, die ebenfalls vorgelegt worden sei.

Nach Auffassung des Landeshauptmannes müsse nicht jeder Eigentümer eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes allein schon auf Grund dieser Eigenschaft jene Person sein, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt werde. Eine sozialversicherungsrechtlich relevante Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten aus der Betriebsführung setze voraus, daß auf Grund der nach außen in Erscheinung tretenden Rechtsbeziehungen eine Person, die nicht Eigentümer des Betriebes sei, aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet werde. Auf Grund der vorgelegten Rechnungen und der gemeindeamtlich bestätigten Erklärung des Sohnes Daniel B. gelange der Landeshauptmann zur Ansicht, daß die tatsächliche Betriebsführung durch die Beschwerdeführerin erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid hat die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt Berufung erhoben.

1.3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes festgestellt, daß die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1979 nicht gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG pflichtversichert gewesen sei.

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensgeschehens und Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, wer aus einer Betriebsführung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG berechtigt und verpflichtet werde, sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Rechtsfrage, die letzlich nur auf Grund rechtlicher Gegebenheiten beantwortet werden könne. Als solche Rechtstatsachen kämen dingliche oder obligatorische Rechtsverhältnisse in Betracht. Zu den Tatbeständen, die durch obligatorische Rechtsverhältnisse dieser Art begründet würden, zähle auch der Pachtvertrag; durch ihn werde eine Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten bewirkt, die zur Folge habe, daß nicht mehr der Eigentümer, sondern der Pächter den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr führe. Im Beschwerdefall sei unbestritten, daß Daniel B. in der für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Zeit allein Pächter der zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Grundstücke gewesen sei und diese Grundstücke weder unterverpachtet noch sonst rechtsgeschäftlich jemand anderem überlassen habe. Es habe deshalb keine rechtliche Gegebenheit bzw. Rechtstatsache gegeben, auf Grund der eine andere Person als Daniel B. aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet worden wäre. Der Umstand, daß die für den Betrieb erforderlichen Arbeiten möglicherweise tatsächlich von der Beschwerdeführerin durchgeführt und die erforderlichen Futter-, Düngemittel und Werkzeuge von ihr eingekauft worden seien, sei für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage nicht maßgeblich. Dadurch sei keine Änderung der sich aus den Eigentumsverhältnissen und dem Pachtverhältnis ergebenden Zurechnung von Rechten und Pflichten bewirkt worden. Selbst dann, wenn sich aus der tatsächlichen Betriebsführung der Beschwerdeführerin ein Anhaltspunkt dafür ergebe, daß das Pachtverhältnis zwischen Johann B. und seinem Sohn Daniel nur vorgetäuscht worden wäre, so könne daraus allein noch nicht auf ein dingliches oder obligatorisches Rechtsverhältnis zwischen Johann B. und der Beschwerdeführerin geschlossen werden.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

1.5. Die belangte Behörde, die von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nahm, hat die Verwaltungsakten vorgelegt.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat eine Gegenschrift erstattet, ohne ein Kostenbegehren zu stellen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung bestimmt:

"§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:

1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landesarbeitsgesetzes vom 2. Juni 1948, BGBl. Nr. 140, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird;..."

2.2. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt die Beschwerdeführerin vor, ihr Ehegatte sei auf Grund der Bestimmungen des BSVG genötigt gewesen, seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu verpachten, um selbst in den Genuß der Leistungen nach diesem Gesetz zu kommen. Wenn auch im Pachtvertrag vom 14. Februar 1979 der Sohn Daniel B. als Pächter aufscheine, so habe dennoch die Beschwerdeführerin im Jahre 1979 den Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr geführt. So habe sie etwa den Pachtschilling in Höhe von S 6.000,-- bezahlt. Aus den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Rechnungen ergebe sich auch, daß sie als Rechnungsempfängerin aufscheine. Für den Umstand, daß der Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr geführt worden sei, spreche auch die Erklärung des Sohnes vom 12. April 1988, deren Richtigkeit gemeindeamtlich bestätigt worden sei.

Diese Erklärung vom 12. April 1988 hat folgenden Wortlaut:

"Ich, Daniel B, geb. am 26.03.1954, wohnhaft in E 32, erkläre hiemit, daß ich lt. Pachtvertrag vom 14.2.1979, vom 1.1.1979 - 31.12.1979 zwar am Papier Pächter des Betriebes meines Vaters Johann B war, die tatsächliche Betriebsführung hatte aber ab 1.1.1979 meine Mutter Elisabeth B auf ihre alleinige Rechnung und Gefahr inne."

2.3. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß es bei der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb im Sinne des Sozialversicherungsrechtes der Bauern geführt wird, lediglich auf das Außenverhältnis ankommt, d.h. darauf, wer auf Grund der nach außen in Erscheinung tretenden Rechtsbeziehungen aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet wird (diesen zum Unternehmerbegriff der Reichsversicherungsordnung unter anderen im Erkenntnis vom 19. Dezember 1957, Zl. 2965/54, zum Ausdruck gebrachten Grundsatz hat der Verwaltungsgerichtshof seither in ständiger Rechtsprechung aufrecht erhalten: Vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. September 1980, Zl. 1171/77 und die darin zitierte Vorjudikatur).

Wer aus der Betriebsführung berechtigt und verpflichtet wird, ist eine Rechtsfrage, die letzlich nur auf Grund rechtlicher (und nicht faktischer) Gegebenheiten beurteilt werden kann. Als solche Rechtstatsachen kommen dingliche (z.B. Einräumung eines Fruchtgenußrechtes) oder obligatorische Rechtsverhältnisse (z.B. Abschluß eines Pachtvertrages) in Betracht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0033, und vom 3. Juli 1990, Zl. 89/08/0164 mit weiteren Judikaturhinweisen).

2.4. Von der Beschwerdeführerin wird zunächst nicht in Abrede gestellt, daß zwischen ihrem Ehegatten und ihrem Sohn Daniel am 4. Februar 1979 ein Pachtvertrag für das Jahr 1979 abgeschlossen worden ist. Eine von dieser rechtlichen Zuordnung abweichende Vereinbarung, etwa der Abschluß eines Unterpachtvertrages zwischen ihr und ihrem Sohn wurde von der Beschwerdeführerin weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet.

Auch mit ihrem Argument, daß dann, wenn der Pachtvertrag zwischen ihrem Ehegatten und dem Sohn Daniel ein Scheinvertrag gewesen wäre (dafür könnte etwa die Formulierung in der Erklärung vom 12. April 1988 sprechen, Daniel B. sei "am Papier Pächter des Betriebes" gewesen), das verdeckte Geschäft nach seiner wahren Beschaffenheit beurteilt werden müßte, ist für sie nichts zu gewinnen: In diesem Fall wäre nämlich der landwirtschaftliche Betrieb weiter ausschließlich ihrem Ehegatten zuzurechnen gewesen, da erst mit Pachtvertrag vom 23. Februar 1980 die rechtliche Zuordnung zugunsten der Beschwerdeführerin geändert wurde. Eine frühere - diese Zuordnung ändernde - Vereinbarung wurde (wie bereits oben gesagt) weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet.

Anläßlich ihrer Anmeldung zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Bauern am 7. Februar 1980 hat die Beschwerdeführerin als Datum der Betriebsübernahme den 1. Jänner 1988 angegeben. Am 3. Dezember 1987 hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitspension gestellt, wobei sie als Zeiten der selbständigen Erwerbstätigkeit in der Land(Forst)wirtschaft wieder die Zeit vom 1. Jänner 1980 bis laufend angab. Vom 3. Februar 1951 bis 31. Dezember 1979 sei sie hingegen als Hausfrau am Betrieb des Ehegatten tätig gewesen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde auf Grund des Umstandes, daß die Beschwerdeführerin auf ihren Namen ausgestellte Rechnungen und den Pachtschilling für 1979 bezahlt hat, keine von den nach außen dokumentierten Rechtsverhältnissen abweichende Zurechnung von Rechten und Pflichten angenommen hat. Die Vernehmung der von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten Zeugen, die den Umstand der tatsächlichen Betriebsführung bestätigen sollten, war daher entbehrlich. Die in diesem Zusammenhang gerügte Verfahrensverletzung liegt somit nicht vor.

Die belangte Behörde handelte deshalb nicht rechtswidrig, wenn sie die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. Jänner 1979 bis 31. Dezember 1979 gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG verneinte.

2.5. Auf Grund dieser Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 1989/206.

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