Normen
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §58 Abs1;
StVO 1960 §8 Abs4;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §6;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §58 Abs1;
StVO 1960 §8 Abs4;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
VStG §6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 8 Abs. 4 StVO 1960 und § 24 Abs. 1 lit. a leg. cit. bestraft, weil er am 8. September 1988 um 10.20 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einem näher bezeichneten Ort in Innsbruck auf einem Gehsteig mit halber Fahrzeugbreite und im gekennzeichneten Halte- und Parkverbotsbereich gehalten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde zu Unrecht das Vorliegen einer Notstandssituation verneint habe. Dieser Vorwurf ist nicht begründet:
Der Beschwerdeführer räumte im Verwaltungsstrafverfahren ein, daß er bereits vor Antritt der Fahrt Rückenschmerzen verspürt habe. In seiner Stellungnahme vom 6. September 1989 brachte er ferner vor, daß er immer wieder unter derartigen Schmerzen leide und sich deshalb mit der Behandlung und Prävention von Rückenschmerzen in der Literatur auseinandergesetzt habe. Aus von ihm zitierten medizinischen Werken ergebe sich eindeutig, daß die Rückenschmerzen sehr plötzlich auftreten könnten. Schon Sitzflächen, die waagrecht seien und nach hinten abfielen, könnten zu einer Verschlechterung führen. Es sei allgemein bekannt, daß Autositze etwas geneigt seien. Schon dieser Umstand habe dazu führen können, daß plötzlich eine Verschlechterung eingetreten sei. Es bestehe auch kein Zweifel daran, daß die Beeinträchtigung eine Schwere aufweisen könne, welche das Lenken eines Fahrzeuges "verunmöglicht".
Aus diesem Vorbringen durfte die belangte Behörde den Schluß ziehen, daß der Beschwerdeführer schon bei Antritt seiner Fahrt mit einer Verschlechterung seines Befindens und mit dem Auftreten von Beschwerden rechnen mußte, die ihn zum unverzüglichen Abstellen seines Fahrzeugen zwingen konnten. Wenn sich der Beschwerdeführer dennoch darauf eingelassen hat, das Fahrzeug zu lenken, so hat er sich selbst in die gefährliche Situation begeben, die nach seinen Behauptungen dazu führte, daß er das Fahrzeug vorschriftswidrig abstellen mußte. Umstände, die eine Abstandnahme vom Lenken des Fahrzeuges unmöglich oder unzumutbar erscheinen ließen, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.
Wenn sich der Beschwerdeführer auf die voraussehbare Gefahrensituation ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund eingelassen hat, dann kann er sich nicht mit Erfolg auf Notstand berufen (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1984, Zl. 84/17/0029).
Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, daß die belangte Behörde die von ihm schon in der Berufung zum Beweis dafür, daß er sich nicht am Vormittag, sondern erst am Abend des 8. September 1988 in Innsbruck aufgehalten habe und daß dem Meldungsleger ein Irrtum unterlaufen sei, weil er selbst an diesem Tage um 10.20 Uhr nicht im Dienst gewesen sei, beantragten Beweise, nämlich die Vernehmung einer Zeugin und die Einsichtnahme in den Dienstplan des Meldungslegers, nicht aufgenommen habe. Bei Aufnahme dieser Beweise hätte sich ergeben, daß sich der Vorfall erst am Abend des 8. September 1988 zugetragen habe und die dienstliche Wahrnehmung des Meldungslegers möglicherweise erst um 22.20 Uhr gemacht worden sei. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:
Es bedarf keiner Erörterung, daß mit einer Tatzeitangabe
"10.20 Uhr" nicht Verwaltungsübertretungen der dem Beschwerdeführer angelasteten Art im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 umschrieben werden können, die am Abend des betreffenden Tages begangen wurden. Dem oben wiedergegebenen, den Tatzeitpunkt betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung und dem entsprechenden Beweisantrag kann daher Relevanz für die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht abgesprochen werden. Die belangte Behörde durfte daher von der Aufnahme der vom Beschwerdeführer zum Thema "Tatzeitpunkt" angebotenen Beweise nicht Abstand nehmen, kann doch der Sache nach nicht ausgeschlossen werden, daß sie bei Aufnahme dieser Beweise zu einem andern Bescheid hätte kommen können. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer erst in der Berufung den Tatzeitpunkt "10.20 Uhr" bemängelt hat, rechtfertigt es noch nicht, sein diesbezügliches, in der Stellungnahme vom 6. September 1989 wiederholtes Vorbringen als Schutzbehauptung abzutun. Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren wohl zugegeben, daß er sein Fahrzeug am 8. September 1988 am Tatort abgestellt habe; den Tatzeitpunkt "10.20 Uhr" hat er jedoch entgegen den Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nie "außer Streit" gestellt. Da aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung deutlich hervorgeht, daß der ihm vorgeworfene Tatzeitpunkt unrichtig sei, weil er sich erst am Abend des betreffenden Tages in Innsbruck aufgehalten habe, kann auch nicht - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift meint - von einer "bewußt irreführenden Formulierung" die Rede sein. Auch eine Verletzung der Mitwirkungspflicht fällt dem Beschwerdeführer nicht zur Last.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
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