Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VStG §25;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VStG §25;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen von je S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I) 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Juli 1989 wurde die Beschwerdeführerin AN für schuldig befunden, sie habe am 13. September 1987 um 15.25 Uhr an einem bestimmten Ort einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt, ohne im Besitze der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen zu sein. Sie habe hiedurch die Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs. 1 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 31. Juli 1989 wurde dieselbe Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe nach einem Verkehrsunfall bei der Unfallsaufnahme als Unfallsbeteiligte insoferne bei der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, als sie bei der Unfallsaufnahme angegeben habe, daß nicht sie, sondern ihre Mutter den Pkw gelenkt habe. Sie habe hiedurch die Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.
II) 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 1989 wurde die Beschwerdeführerin BN für schuldig befunden, sie habe zur selben Zeit am selben Ort die Lenkung desselben Pkws ihrer Tochter AN überlassen, obwohl diese nicht im Besitze der erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen sei, sie habe dieser sohin vorsätzlich ermöglicht, daß sie eine Verwaltungsübertretung (Fahren ohne "Führerschein") begehe. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. August 1989 wurde dieselbe Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe zur selben Zeit und am selben Ort nach einem Verkehrsunfall bei der Unfallsaufnahme ihrer Tochter vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem sowohl sie als auch ihre Tochter angegeben hätten, daß nicht ihre Tochter, sondern sie den Pkw gelenkt hätte. Sie habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 lit. c StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt.
III. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat beschlossen, die beiden (in ihrer Begründung gleichlautenden) Beschwerden wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat erwogen:
Eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide erblicken die Beschwerdeführerinnen vor allem darin, daß die belangten Behörden davon ausgingen, nicht BN sondern AN hätte den Pkw zum Unfallszeitpunkt gelenkt. Sie bekämpfen somit die Beweiswürdigung der belangten Behörden.
Vorauszuschicken ist, daß die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis in diesem Zusammenhang darauf eingeschränkt ist, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie unter anderem den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Ob der Akt der Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung oder dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Im Lichte dieser Ausführungen hält die Beweiswürdigung der belangten Behörden der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand:
Richtig ist zunächst, daß die Lenkerin des unfallsbeteiligten Motorrades und ihre Beifahrerin nicht gleich gegenüber dem erhebenden Gendarmeriebeamten an der Unfallstelle behauptet haben, AN habe den Pkw gelenkt, sondern erst bei ihrer Vernehmung am 5. und 23. Oktober 1987 in diese Richtung gehende Angaben machten. Unrichtig ist aber, daß dafür kein vernünftiger Grund ersichtlich wäre. Einerseits wurden beide beim Unfall schwer verletzt und saßen bzw. lagen beim Eintreffen des Gendarmeriebeamten auf dem Boden, sodaß ihre Hauptsorge zu diesem Zeitpunkt wohl ihrer eigenen Gesundheit galt. Andererseits vernachlässigen die Beschwerdeführerinnen bei der Wiedergabe der Aussage des Meldungslegers vom 29. Dezember 1987, daß dieser auch angegeben hat, er könne nicht sagen, ob die Motorradlenkerin an der Unfallstelle mitbekommen habe, daß sich Frau N als Pkw-Lenkerin ausgegeben habe; wenn sie gesagt habe, daß sie davon nichts gehört habe, so werde dies schon stimmen. Seine Frage, wer das jeweilige Kraftfahrzeug gelenkt habe, hätten beide gehört; hiebei seien beide einige Meter auseinander gewesen. Er habe sich zunächst der Motorradlenkerin, anschließend der angeblichen Pkw-Lenkerin zugewendet. Bei der Befragung der Frau N über den Unfallshergang seien die beiden Verletzten an der Unfallstelle nicht mehr anwesend, sondern bereits auf dem Transport ins Krankenhaus gewesen. Aus dieser Aussage läßt sich somit nicht ableiten, die Unfallsgegner hätten die Angaben der Beschwerdeführerinnen an der Unfallstelle genau verfolgt und trotzdem unwidersprochen gelassen. Selbst wenn dies aber zutreffen sollte, so könnte dies nicht nur auf den Zustand der Verletzten, sondern auch auf die nach deren Angaben zuvor geäußerte Bitte, der Polizei nichts davon zu sagen, daß die Tochter gefahren sei, zurückzuführen sein.
Die Beschwerdeführerinnen versuchen die späteren Angaben der Verletzten als Reaktion auf das unbefriedigend verlaufene Gespräch der Beteiligten vom 29. September 1987 darzustellen. Wenig verständlich ist, warum damals überhaupt der Erwerb der Lenkerberechtigung durch AN erörtert worden ist, wenn dieses Thema nicht schon beim ersten Zusammentreffen der Beteiligten anläßlich des Unfalles angeschnitten wurde. In diesem Sinne widersprüchlich ist insbesondere die diesbezügliche Aussage von AN am 15. Jänner 1988, einerseits sei am Unfallsort keine Rede davon gewesen, ob sie einen Führerschein habe, ob und wann sie den Führerschein mache, andererseits sei sie bei der Besprechung vom 29. September 1987 gefragt worden, ob sie den Führerschein schon habe. Erstmals bei ihrer Vernehmung am 15. Jänner 1988 hat BN ausgesagt, die Motorradlenkerin habe, da sie das geforderte schriftliche Schuldanerkenntnis nicht erlangt habe, gedroht, sie werde dann sagen, daß ihre Tochter gefahren sei. Unerklärlich ist, warum BN von einem derart gravierenden Vorkommnis nicht schon früher der Behörde Mitteilung gemacht hat.
Zutreffend weisen die Beschwerdeführerinnen darauf hin, daß die Motorradlenkerin ihre Angaben vom 5. Oktober 1987, aus der linken und der rechten Pkw-Türe sei je eine Person gestiegen, auf der Lenkerseite sei ein Mädchen mit langen Haaren ausgestiegen, bei ihrer gerichtlichen Zeugenvernehmung am 14. Dezember 1987 dahin abgeschwächt hat, sie habe nicht gesehen, wo BN ausgestiegen sei. Sie unterlassen aber die Wiedergabe der Beifügung, die Zeugin sei sich ganz sicher, daß am Unfallsort beide Fahrzeugtüren geöffnet waren, was ihren am 5. Oktober 1987 wiedergegebenen Eindruck, auf jeder Fahrzeugseite sei jemand ausgestiegen, verständlich erscheinen läßt.
Nicht überzeugend ist die Argumentation der Beschwerdeführerinnen, diese Zeugin könne sich bei den nach dem Unfall gemachten Äußerungen verhört haben. Die Unterscheidung zwischen der Bitte, der Polizei nichts zu sagen, daß die Tochter gefahren sei, und der Aufforderung an die Tochter, die Polizei zu holen, ist so deutlich, daß sie auch einem unter Schockeinwirkung stehenden Unfallsbeteiligten möglich sein wird.
Wenn die Beschwerdeführerinnen betonen, sie hätten von Anfang an angegeben, daß sie beide auf der Fahrerseite ausgestiegen seien, weil sich die Beifahrertür nach der Kollision nicht habe öffnen lassen, so ist zu bemerken, daß diese Behauptung nicht sogleich, sondern erstmals im anwaltlichen Rechtfertigungsschriftsatz vom 9. Dezember 1987 aufgestellt wurde. Die Beschwerdeführerinnen räumen selbst ein, daß der im stafgerichtlichen Verfahren beigezogene Sachverständige eine Blockierung der rechten Tür ausgeschlossen hat. Sie wollen aber aus dem Besichtigungsbericht des gegnerischen Haftpflichtversicherers, insbesondere der Angabe über die Beschädigung der rechten vorderen Radmulde, den Schluß ziehen, daß der Anstoß am Pkw nicht rechts seitlich, sondern rechts vorne erfolgt sei, was für ein Klemmen der Beifahrertüre spräche. Demgegenüber zeigen die hergestellten Lichtbilder des Pkws deutlich eine seitliche Anstoßstelle, was mit dem Gutachten des Gerichtssachverständigen, der Pkw sei im Kontaktzeitpunkt noch nicht fahrbahnparallel, sondern noch im Einbiegen gewesen, das Motorrad sei gegen die Breitseite des Pkws gefahren, übereinstimmt. Wenn die belangte Behörde insbesondere im Hinblick auf dieses Gutachten den beiden im Berufungsverfahren zusätzlich vernommenen Zeugen nicht gefolgt ist, so ist dies nach der Auffassung des Gerichtshofes unbedenklich. Die Angabe eines dieser Zeugen, "der beschädigte Kotflügel hat bis in die Tür hineingereicht", ist an Hand des vorliegenden Lichtbildes nicht nachvollziehbar.
Die von den Beschwerdeführerinnen angedeutete Befangenheit eines Mitarbeiters der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Die Beschwerdeführerinnen können keine Umstände nennen, die dafür sprechen würden, dieser Beamte habe sich bei der Amtshandlung von unsachlichen Motiven leiten lassen. Er hat im Berufungsverfahren in unbedenklicher Weise erläutert, daß die Motorradlenkerin bei einer Vernehmung der Beschwerdeführerinnen das Verhandlungszimmer nur zufällig betreten habe.
Soweit die Beschwerdeführerinnen auf den Grundsatz "in dubio pro reo" verweisen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß diese Regel für jene Fälle gilt, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte; nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/02/0082). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
Vielmehr hält der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Prüfungsbefugnis die Beweiswürdigung der belangten Behörden für schlüssig, über ihre Richtigkeit hat er - wie schon ausgeführt - nicht abzusprechen. Daß AN im gerichtlichen Strafverfahren freigesprochen wurde, vermag hieran nichts zu ändern. Die hiefür vom Strafgericht gegebene Begründung gibt keinen Anlaß, an der Schlüssigkeit der eingehenden Beweiswürdigung der belangten Behörden im aufgezeigten Sinne zu zweifeln.
Als Verfahrensmangel rügen die Beschwerdeführerinnen schließlich, daß die beantragte Einholung eines Kfz-Sachverständigengutachtens unterblieben ist. Hiezu waren die belangten Behörden im Hinblick auf das vorliegende, ausführliche und sorgfältig begründete Gutachten im gerichtlichen Strafverfahren nicht verpflichtet. Auch dem nachträglich vorgelegten Versicherungsbesichtigungsbericht ist nicht zu entnehmen, daß die Beifahrertüre beschädigt worden wäre. Behauptungen, diese Tür habe geklemmt, lagen bereits dem Gerichtssachverständigen vor, sodaß er diese Variante in seine Überlegungen einbeziehen konnte. Auch die Zeugenvernehmung des Beschwerdevertreters war entbehrlich, da dieser nur seine subjektiven Vermutungen über eine Befangenheit des zuständigen Sachbearbeiters der Erstbehörde wiedergeben wollte. Wenn die Beschwerdeführerinnen neuerlich auf das Klemmen der rechten Tür hinweisen, ist zu bemerken, daß diese Frage für die belangte Behörde nicht ausschlaggebend war, sondern nur einen von mehreren Punkten der Beweisführung betraf.
Zusammenfassend ergibt sich, daß sich die vorliegenden Beschwerden als unbegründet erweisen. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der jeweils bentragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Eine Gegenschrift wurde jeweils nur von der Landesregierung erstattet.
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