VwGH 88/13/0071

VwGH88/13/007117.5.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wimmer, über die Beschwerde der N & Co KG in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausplatz 8, gegen die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Jänner 1988, GZ. GA 5-2365/1/85, betreffend eine Lohnsteuer-Abfuhrdifferenz aus der Lohnsteuerprüfung für die Zeit vom 1. Jänner 1981 bis 31. Dezember 1983, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §68 Abs1;
EStG 1972 §68 Abs3;
EStG 1972 §68 Abs1;
EStG 1972 §68 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Prüfer, der bei der Beschwerdeführerin, einer Kommanditgesellschaft, die Lohnsteuer für die Zeit vom 1. Jänner 1981 bis 31. Dezember 1983 prüfte, stellte u.a. fest, daß aus den Provisionsbezügen des Verkaufsleiters Überstundenzuschläge herausgeschält worden waren. Da "die Anzahl und die Entlohnungshöhe" im vorhinein nicht feststand, versagte der Prüfer den herausgerechneten Überstundenzuschlägen die Besteuerung nach § 68 EStG 1972.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und schrieb der Beschwerdeführerin die Lohnsteuer-Abfuhrdifferenz zur Zahlung vor.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung. Es sei mit dem Verkaufsleiter vereinbart, daß mit den aus seiner Tätigkeit - Verkaufsleitung über den gesamten Außendienst und Bearbeitung von Direktionskunden - fließenden Einnahmen sämtliche Überstundenleistungen als vergütet anzusehen seien. Der Verkaufsleiter führe - unbeanstandet gebliebene - Aufzeichnungen über seine Überstunden. Aus diesen gehe hervor, daß er, auf das Jahr gerechnet, durchschnittlich monatlich 30 Überstunden leiste. Laut dem Kollektivvertrag betrage die wöchentliche Arbeitszeit des Verkaufsleiters 40 Stunden. In der Natur der Sache liege es, daß ungeachtet der von vornherein festgelegten Provisionssätze bei Provisionsempfängern die Entlohnungshöhe auf Grund der schwankenden Umsätze erst im nachhinein ermittelt werden könne. Für die Höhe der Überstundenentlohnung bzw. der Überstundenzuschläge sei das Jahreseinkommen entscheidend, das der Verkaufsleiter "als Entgelt für in Form von Arbeitsstunden erbrachte Leistungen" erhalte.

Die Finanzlandesdirektion wies mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung diese Berufung ab. Der Verkaufsleiter erhalte für seine Tätigkeit als Verkaufsleiter über den gesamten Außendienst von den anfallenden Umsätzen bestimmte, nach der Höhe der Umsätze gestaffelte, Provisionsprozente; für die Bearbeitung von Direktionskunden erhalte er ebenfalls Provisionen, die in Prozentsätzen nach den Aufträgen errechnet würden. Die Beschwerdeführerin habe dem Verkaufsleiter ein monatliches Mindesteinkommen, das 14 mal jährlich ausbezahlt werde, garantiert. Der letzte Absatz des Dienstvertrages laute:

"Gleichzeitig gilt mit Wirkung vom 1.1.1978 als vereinbart, daß in diesem Einkommen sämtliche Überstundenleistungen als vergütet anzusehen sind." Auf dieser Grundlage müsse der Schluß gezogen werden, daß eine genaue Höhe von über ein normales Arbeitsentgelt hinaus bezahlten Zuschlägen nicht festgestellt werden könne. Das Arbeitsentgelt bestehe laut dem Dienstvertrag aus Provisionen, d. h. aus einem Leistungsentgelt. Die Beschwerdeführerin garantiere zwar "aus den unter a) genannten Umsatzprovisionen von 1,5 %, 1 % und 0,5 % und den Provisionen für die unter b) erwähnten Direktionskunden heraus" ein monatliches Mindesteinkommen von insgesamt S 20.000,--, auszahlbar 14 mal jährlich; das bedeute aber nicht, daß es sich bei diesem Betrag um ein auf Stundenbasis errechnetes Gehalt handle. Durch diese Vereinbarung solle vielmehr gesichert werden, daß der Verkaufsleiter mit einem monatlichen fixen Bezug rechnen könne, der trotz schwankender Umsatzprozente zur Auszahlung komme. Nach dem Dienstvertrag falle ein "Zeitlohn", der für eine Überstundenberechnung maßgeblich sei, überhaupt nicht an.

Die Beschwerdeführerin behauptet in der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde, sie erachte sich in ihrem Recht auf richtige Anwendung des § 68 Abs. 1 und 3 EStG 1972 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1972 beträgt die Lohnsteuer, wenn der Arbeitnehmer u.a. in Überstundenentlohnungen enthaltene Zuschläge für Mehrarbeit erhält, soweit diese Zuschläge insgesamt den Freibetrag von S 5.070,-- monatlich (S 1.170,-- wöchentlich, S 195,-- täglich) übersteigen, 15 v.H. Gemäß § 68 Abs. 3 leg. cit. gilt als Überstunde jede über die Normalarbeitszeit hinaus geleistete Arbeitsstunde. Als Zuschläge für Mehrarbeit gelten die durch - näher genannte - Vorschriften im Sinne des § 68 Abs. 3 Z. 1 bis 3 leg. cit. festgelegten Zuschläge oder die gemäß § 68 Abs. 3 Z. 4 leg. cit. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern allgemein gewährten Zuschläge.

Dem zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Verkaufsleiter geschlossenen Dienstvertrag ist zu entnehmen, daß "in diesem" - näher genannten - "Einkommen sämtliche Überstundenleistungen als vergütet anzusehen sind".

In der Vereinbarung, daß mit dem Einkommen des Arbeitnehmers "sämtliche Überstundenleistungen als vergütet anzusehen sind", ist eine - steuerrechtlich - wirksame Abrede über ein Überstundenpauschale nicht zu erblicken; es fehlt an der Vereinbarung über die Anzahl der in der Gesamtstundenleistung enthaltenen und zu leistenden Überstunden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1984, Zl. 83/13/0054, ÖStZB 1985/8, 122). Die Aufzeichnungen des Arbeitnehmers über die von ihm geleisteten Überstunden ersetzen diese fehlende Vereinbarung nicht; mangels Festlegung einer Gesamtstundenleistung ist es nicht möglich, zu prüfen, wann durch die Gewährung eines Zuschlages der Grundlohn eine Kürzung erfährt und damit eine abzulehnende Herausschälung eines Zuschlages aus dem Grundlohn erfolgt.

Zum Hinweis der Beschwerdeführerin, es sei 1981 für den Prüfungszeitraum 1978 bis 1980 die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Überstundenvergütung für richtig befunden worden, wodurch die 1985 für den Prüfungszeitraum 1981 bis 1983 ausgesprochene Beanstandung Treu und Glauben widerspreche, muß bemerkt werden, daß der Grundsatz von Treu und Glauben die Abgabenbehörde nicht hindert, von einer als unrichtig erkannten Rechtsauffassung später, und zwar auch zu Lasten des Steuerpflichtigen, abzugehen. Aus einer mit den Rechtsvorschriften nicht im Einklang stehenden Verwaltungsübung kann ein Recht auf Beibehaltung dieser Übung nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerde ist deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

Wien, am 17. Mai 1989

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