VwGH 88/07/0134

VwGH88/07/01344.4.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Janistyn, über die Beschwerde der F Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Harmes Füreder, Rechtsanwalt in Wien I, Dominikanerbastei 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 7. Oktober 1988, Zl. 3-30 F 214-88/1, betreffend Vorschreibung von Maßnahmen zur Abwehr einer Gewässerverunreinigung, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;
WRG 1959 §31 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 6. September 1988 verpflichtete die Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur auf Grund einer am gleichen Tag durchgeführten mündlichen Verhandlung das Land Steiermark, vertreten durch die Fachabteilung für Wirtschaftsförderung als Grundeigentümerin, und die Beschwerdeführerin zur ungeteilten Hand zur Durchführung von Maßnahmen zur Bekämpfung einer in einer Werkshalle im aufgelassenen Werk X der Beschwerdeführerin festgestellten Verunreinigung des Grundwassers mit Chrom. Diese vorgeschriebenen Maßnahmen lauteten wie folgt:

1. Zur unmittelbaren Sanierung des kontaminierten Grundwasserbereiches ist der Kontakt mit einer einschlägigen und fachlich versierten Entsorgerfirma herzustellen und ein Sanierungskonzept bis 15. September 1988 der Bezirkshauptmannschaft Bruck a.d. Mur vorzulegen. Dieses Konzept hat zumindest zu enthalten, auf welche Weise das vor allem durch Chrom verunreinigte Schuttmaterial sowie Mauerwerksteile entsorgt oder zumindest schadlos kurzfristig zwischengelagert werden kann. Weiters hat das Konzept auch zu enthalten, auf welche Weise das chromverseuchte Wasser im Bereich der Halle gereinigt abgeleitet werden kann.

2. Zur Feststellung einer möglichen Ausbreitung der im Abbruchmaterial befindlichen Schadstoffe im Grundwasser ist ein hydrogeologisches Gutachten zu erstellen. In diesem Gutachten ist auch anzugeben, inwieweit Wasserversorgungsanlagen jedweder Art gefährdet sein können.

3. Im Zuge dieser hydrogeologischen Untersuchungen sind auch Brunnen festzulegen, die sodann einer Untersuchung hinsichtlich der Wasserqualität in chemisch-physikalischer Hinsicht zu unterziehen sind. Diese Untersuchungen sind unter Zugrundelegung der bezughabenden Norm für Trinkwasser bzw. der Richtlinie des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz durchzuführen. Erforderlichenfalls ist für die Durchführung der Untersuchungen und den Umfang der Analysen, das Einvernehmen mit dem Ref. für Wässergüte bei der FA Ia herzustellen.

4. Da im derzeitigen Zustand ein Zugang zu diesem Werksbereich bzw. in die betreffende Halle für jedermann möglich ist, ist Sorge zu tragen, daß künftighin die im Befund beschriebenen Bereiche von Unbefugten nicht mehr betreten werden können.

Als Termin für die Fertigstellung der in den Punkten 2 bis 4 aufgetragenen Maßnahmen wurde der 30. September 1988 bestimmt. Begründend führte die Behörde aus, sie sei auf Grund der bekannt gewordenen Grundwasserverunreinigung durch Chrom verpflichtet gewesen, Sofortmaßnahmen zu setzen. Die weitere Vorgangsweise werde erst nach Erfüllung der Bescheidvorschreibungen festgelegt werden können. Es sei sinnvoll und zweckmäßig, sowohl den derzeitigen Grundeigentümer als auch den ursprünglichen Betriebseigentümer gemeinsam zu ungeteilter Hand zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zu verpflichten.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführerin und auch das Land Steiermark berufen. Die Beschwerdeführerin brachte vor, sie habe die Betriebsliegenschaften im Jahre 1984 an das Land Steiermark verkauft, wobei vertragsgemäß der 20. Dezember 1983 als Datum des Risikoüberganges zu gelten habe. Das Land Steiermark habe als Käufer auf jegliche Gewähr hinsichtlich der Größe, Beschaffenheit, Grenzen und des Ertrages verzichtet. Die Heranziehung der Beschwerdeführerin als Verpflichtete im Sinne des § 31 Abs. 1 WRG 1959 erweise sich als verfehlt, weil zwar formell "jedermann" Adressat des § 31 WRG 1959 sei, tatsächlich aber nur derjenige gemäß dieser Gesetzesstelle herangezogen werden könne, dessen Anlagen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen könnten und von dem auch erwartet werden könne, daß er diesen Übelstand beseitigen werde. Demgegenüber befänden sich die Anlagen, von denen die abzustellenden Einwirkungen ausgingen, seit Jahren nicht mehr im Besitz der Beschwerdeführerin, sodaß ihr rechtlich keine Möglichkeit offenstehe, diese Einwirkungen abzustellen. Auch sei es im Hinblick darauf, daß der nunmehrige Eigentümer des Betriebsgeländes in der Lage sei, den Übelstand zu beseitigen, nicht erforderlich gewesen, die Beschwerdeführerin als Voreigentümerin heranzuziehen. Inwieweit sich der jetzige Eigentümer an der Beschwerdeführerin regressieren könne, sei eine Frage des Zivilrechtes. Die Beschwerdeführerin sei im Verfahren weder geladen noch gehört worden, was eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs darstelle. Die Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob es sich um eine Verunreinigung des Grundwassers oder des Oberflächenwassers handle und ob diese Verunreinigungen erst durch nachfolgende Beschädigungen des Daches der Werkshalle verursacht worden seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 die Berufungen hinsichtlich der unter den Punkten 1 bis 3 angeordneten Sanierungsmaßnahmen als unbegründet ab. Hinsichtlich des Sanierungspunktes 4 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin Folge gegeben und ausgesprochen, daß zur Erfüllung dieses Maßnahmenpunktes das Land Steiermark als Grundeigentümer als alleiniger Verpflichteter anzusehen sei. In der Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde zunächst klar, daß die unter den Punkten 1 bis 4 des erstinstanzlichen Bescheides aufgetragenen Sanierungsmaßnahmen nicht bekämpft worden seien, sondern beide Berufungswerber sich nur gegen die Heranziehung als Verpflichtete im Sinne des § 31 WRG 1959 gewendet hätten. Gegenstand der Berufungsentscheidung sei daher ausschließlich die Frage, ob beide Berufungswerber als Verpflichtete anzusehen seien. Wohl sei der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht Gelegenheit geboten worden, zum Verfahrensergebnis Stellung zu nehmen, doch sei dieser Verfahrensmangel durch die Möglichkeit, in der Berufung Entsprechendes vorzubringen, nicht mehr von Relevanz. Die Auswaschung der wassergefährdenden Stoffe aus den Resten der abgetragenen Siemens-Martin-Öfen erfolge nicht durch Oberflächenwasser, sondern durch aufspiegelndes Grundwasser. Dies ergebe sich daraus, daß oberhalb dieser ehemaligen Öfen die Überdachung der Werkshalle noch intakt sei, andererseits komme auch ein dem Verfahren beigezogener hydrogeologischer Amtssachverständiger, dessen Gutachten der Beschwerdeführerin in einer Verhandlung vom 16. September 1988, und somit vor der Erhebung der Berufung zur Kenntnis gebracht worden sei, zu diesem Schluß. Das Vorhandensein verunreinigten Wassers in den teilweise zugeschütteten Gruben, in welchen sich seinerzeit die Schmelzöfen befunden hätten, sei bereits im Zuge eines Löschungsverfahrens hinsichtlich der ehemaligen Nutzwasserbrunnen der Beschwerdeführerin am 11. August 1986 festgestellt worden. Für die Zurechenbarkeit von Anlagen im Sinne des § 31 WRG 1959 sei das Eigentum an diesen maßgebend und somit der Eigentümer als Verpflichteter anzusehen. Bei der Zurechenbarkeit von Maßnahmen sei davon auszugehen, von wem die Maßnahmen unmittelbar durchgeführt worden seien. Unterlassungen seien demjenigen zuzurechnen, der zu einem bestimmten Handeln verpflichtet sei. Die Sorgfaltsverpflichtung des § 31 Abs. 1 WRG 1959 könne auch mehrere Personen treffen, sodaß auch eine Mehrzahl von Personen zur Ergreifung von Maßnahmen verpflichtet sein könne. Bei Vorliegen mehrerer Verpflichteter sei die Behörde nicht verhalten, deren Verursachensanteile festzustellen und die erforderlichen Aufträge im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 auf die einzelnen Verpflichteten aufzuteilen. Die Beschwerdeführerin habe vor Verkauf der Betriebsliegenschaft an das Land Steiermark die in der Werkshalle befindlichen Siemens-Martin-Öfen demontiert und gleichzeitig sämtliche Brunnenanlagen des Unternehmens außer Betrieb gesetzt. Dies habe eine Aufspiegelung des Grundwassers zur Folge gehabt, auf die bei der Demontage der Öfen nicht in ausreichendem Maß Bedacht genommen worden sei. Vielmehr seien mit Chromatablagerungen verunreinigte Reste dieser Öfen zurückgelassen worden, was die Verunreinigung des auf Grund der Brunnenstillegung aufspiegelnden Grundwassers zur Folge gehabt habe. Die mangelhafte Beseitigung der Öfen und das aus dem Stillegen der Brunnenanlagen resultierende Ansteigen des Grundwassers stünden in kausalem Zusammenhang zur festgestellten Gewässerverunreinigung, sodaß die Beschwerdeführerin, die es unterlassen habe, die genannten Öfen ordnungsgemäß zu demontieren, als Verpflichtete im Sinne des § 31 WRG 1959 anzusehen sei. Aber auch das Land Steiermark als nunmehriger Eigentümer der Betriebsliegenschaften müsse als Verpflichteter angesehen werden, weil auch das Land für den Zustand der Anlagen Verantwortung trage und es unterlassen habe, durch gänzliche Beseitigung der Siemens-Martin-Öfen den Eintritt der Gefahr einer Gewässerverunreinigung zu vermeiden. Hingegen könne die unter Punkt 4 des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochene Verpflichtung denkmöglicherweise nur den Liegenschaftseigentümer treffen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf richtige Anwendung des § 31 WRG 1959 und auf Freiheit vor ungerechtfertigten behördlichen Eingriffen und Aufträgen sowie auch in ihrem Recht auf ein mängelfreies Verfahren verletzt erachtet.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat, wenn dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt, der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen hat die Wasserrechtsbehörde, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, auf § 31 leg. cit. gestützte Anordnungen könnten nur demjenigen erteilt werden, dessen Anlagen auf Gewässer einwirken könnten, und von dem die Beseitigung des Übelstandes erwartet werden könne. Diese Voraussetzungen träfen auf das Land Steiermark als nunmehrigen Eigentümer des Betriebsgeländes zu. Hingegen könnten derartige Aufträge der Beschwerdeführerin nicht erteilt werden, weil deren Handlungspflicht im Sinne der angeführten Gesetzesstelle mit der Sachherrschaft über die Liegenschaften geendet habe. Die Verunreinigung sei erst Jahre nach dem Verkauf der Liegenschaften eingetreten, sodaß die Beschwerdeführerin rechtlich keine Möglichkeit gehabt habe, die Einwirkungen auf das Grundwasser abzustellen. Auch sei die Heranziehung der Beschwerdeführerin nicht erforderlich gewesen, weil vom Land Steiermark als nunmehrigem Eigentümer der Liegenschaften die Beseitigung des Übelstandes erwartet werden könne.

Aus der zitierten Gesetzesstelle ergibt sich, daß die Verpflichtung zur Vornahme von zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen verschuldensunabhängig ist und mehrere Personen treffen kann, die gleichzeitig zur gemeinsamen Kostentragung notstandspolizeilicher Maßnahmen verhalten werden können (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 12. November 1985, Zlen. 85/07/0198, 0226). Hiebei kann die Heranziehung mehrerer Personen als Verpflichtete durchaus auf verschiedenen Rechtsgründen beruhen. So hat die belangte Behörde die Heranziehung des Landes Steiermark mit dessen Eigentum an dem für die aufgetretene Gewässerverunreinigung ursächlichen Anlagen bzw. Anlagenresten begründet. Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie auch die Beschwerdeführerin aus dem Titel der Unterlassung von Maßnahmen zur Hintanhaltung einer Gewässerverunreinigung als Verpflichtete herangezogen hat. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann sich ein gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 Verpflichteter nicht durch rechtsgeschäftliche Verfügungen, wie z.B. den Verkauf von Anlagen oder Liegenschaften, von denen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgeht, seiner öffentlich-rechtlichen, im § 31 WRG 1959 begründeten Verpflichtung entziehen. Vielmehr sind ihm, ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit seinem zivilrechtlichen Rechtsnachfolger auch auf § 31 WRG 1959 gestützte Maßnahmen vorgeschrieben werden können, die zur Verhinderung einer drohenden Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen, unabhängig von der Frage der zivilrechtlichen Verfügungsgewalt über die Anlagen oder die Liegenschaften, von denen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausgeht, vorzuschreiben (vgl. die zur Frage der Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen im wasserrechtlichen Erlöschensverfahren ergangenen Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 9. April 1964, Zl. 816/63, vom 13. Oktober 1960, Slg. N.F. Nr. 5385/A, und vom 8. Oktober 1987, Zl. 87/07/0091).

Soweit die Beschwerdeführerin der Heranziehung als Verpflichtete mit dem Argument entgegentritt, sie habe, weil sie nicht mehr Eigentümerin der in Frage stehenden Liegenschaften und Anlagen gewesen sei, rechtlich keine Möglichkeit gehabt, diese Einwirkungen abzustellen, ist ihr entgegenzuhalten, daß auch Dritte, in deren Rechtssphäre eine von ihnen nicht verursachte Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt, oder in deren Rechtssphäre Maßnahmen zur Bekämpfung einer Gewässerverunreinigung durchgeführt werden müssen, eine Verpflichtung zur Duldung von gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 angeordneten Maßnahmen trifft (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Beschluß vom 27. September 1988, Zlen. 84/07/0047, 0048). Demgemäß wäre das Land Steiermark als nunmehriger Eigentümer der Anlagen und Liegenschaften, von denen die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ausging, verpflichtet gewesen, entsprechende, von der Beschwerdeführerin angestrebte Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Gefahr zu dulden. Hätte das Land Steiermark die Durchführung derartiger von der Beschwerdeführerin beabsichtigter Maßnahmen behindert, wäre es Angelegenheit der Beschwerdeführerin gewesen, bei der Wasserrechtsbehörde entsprechende Abhilfe zu begehren.

Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, vom Land Steiermark als nunmehrigem Eigentümer der Anlagen und Liegenschaften könne die Beseitigung des festgestellten Übelstandes erwartet werden, ist ihr entgegenzuhalten, daß die aus § 31 WRG 1959 erwachsende Verpflichtung unabhängig davon besteht, ob und inwieweit ein allfälliger späterer Eigentümer von entsprechenden Anlagen und Liegenschaften ebenfalls als Verpflichteter gemäß dieser Gesetzesstelle herangezogen werden kann. Allenfalls kommt in dieser Hinsicht, wie im Beschwerdefall, die kumulative Heranziehung von Voreigentümer und jeweiligem Eigentümer als solidarisch Verpflichtete in Betracht.

Die Beschwerdeführerin hat bezweifelt, daß es sich bei dem im Bereich der abgetragenen Siemens-Martin-Öfen vorgefundenen verunreinigten Wasser um Grundwasser handle und darauf hingewiesen, daß es sich hiebei auch um durch das nach Verkauf des Werksgeländes schadhaft gewordene Hallendach eingedrungenes Oberflächenwasser handeln könne. Hiezu ergibt sich, daß sowohl der bei der Verhandlung vom 6. September 1988 beigezogene Amtssachverständige wie auch ein weiterer, einer Verhandlung vom 16. September 1988 beigezogener Amtssachverständiger festgestellt haben, daß es sich bei dem im Bereich der abgetragenen Öfen vorgefundenen Wasser zumindest zum Teil um durch die Außerbetriebnahme der in der Werkshalle befindlichen Brunnen aufgespiegeltes Grundwasser handle. Diese Feststellungen der Sachverständigen hat die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachkundiger Basis bekämpft. Demgemäß kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie einerseits auf Grund der nicht vollständigen Entfernung chromkontaminierten Materials beim Abbau der Siemens-Martin-Öfen und anderseits wegen der durch die Außerbetriebnahme der in der Werkshalle befindlichen Brunnen bewirkten Aufspiegelung des Grundwassers zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die festgestellte Verunreinigung des Grundwassers auch auf Unterlassungen der Beschwerdeführerin bei der Betriebseinstellung ihres Werkes X zurückzuführen ist.

Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, daß die Stillegung der Brunnenanlagen bloß faktisch erfolgt sei und daß an eine nachmalige Nutzung der Brunnen durch den Käufer der Liegenschaften gedacht gewesen sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß, unabhängig von der Frage eines allfälligen Erlöschens der Berechtigungen für den Bestand und Betrieb der Brunnen, die Beschwerdeführerin selbst den Betrieb der Brunnen eingestellt hat und sie auch nicht mit Sicherheit davon ausgehen konnte, daß ein entsprechender, den Grundwasserspiegel in hinreichender Tiefe haltender Betrieb der Brunnen durch den Käufer der Liegenschaften gewährleistet sei.

In Ausführung der Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin zunächst die Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde erster Instanz geltend. Demgegenüber ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes diese Rüge dann nicht stichhältig, wenn dieser Umstand bereits in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vorgebracht wurde, wobei Gelegenheit bestand, den Parteienstandpunkt darzulegen (vgl. etwa Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 13. Dezember 1968, Zlen. 955, 960/68, und vom 3. Juni 1976, Zl. 1582/75).

Einen weiteren Verfahrensmangel erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß nicht geprüft worden sei, ob es sich bei der festgestellten Verunreinigung um eine solche des Grundwassers oder von Oberflächenwasser gehandelt habe. In dieser Hinsicht ist die Beschwerdeführerin auf die bereits oben dargelegten Sachverständigengutachten zu verweisen, denenzufolge es sich beim vorgefundenen verunreinigten Wasser zumindest zum Teil um aufgespiegeltes Grundwasser handelt. Der von der Beschwerdeführerin gerügten Unterlassung von Feststellungen über das allfällige Ausmaß eines Anteiles von Oberflächenwasser kann entscheidungsrelevante Bedeutung nicht zukommen, weil auch bei einem nur geringen Anteil von aufgespiegeltem Grundwasser die Gefahr einer weitergehenden Verunreinigung des umgebenden Grundwassers evident ist, und somit die belangte Behörde auch bei Vermeidung dieser als Verfahrensmangel gerügten Unterlassung zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe am erstinstanzlichen Verfahren teilgenommen und an der erstinstanzlichen Entscheidung mitgewirkt, ist festzuhalten, daß nach Ausweis der vorgelegten Verfahrensakten die Mitwirkung eines Organes der belangten Behörde am erstinstanzlichen Verfahren nicht festgestellt werden kann. Der Teilnahme eines Organs der belangten Behörde an der nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 16. September 1988 kann in dieser Hinsicht naturgemäß keine Bedeutung zukommen. Ebensowenig kann die von der Beschwerdeführerin vermißte Feststellung über die Gründe und näheren Umstände für ein hinsichtlich ihrer ehemaligen Brunnen durchgeführtes wasserrechtliches Erlöschensverfahren nicht als relevant für das gegenständliche Verfahren erkannt werden.

Die Beschwerdeführerin erblickt auch darin einen Verfahrensmangel, daß nicht ermittelt worden sei, ob im Zeitpunkt des Verkaufs und der Betriebsstillegung ihres Werkes überhaupt eine Gefahr bzw. ob nach dem damaligen Stand der Technik die Chromatablagerungen an den Steinen der Öfen sowie die daraus resultierende Gefahr einer Gewässerverunreinigung erkennbar gewesen sei. Auch diesen Umständen kommt im gegenständlichen Verfahren keine Bedeutung zu, weil die auf § 31 WRG 1959 gestützte Heranziehung als Verpflichteter weder an ein Verschulden noch an die Vorhersehbarkeit der Gefahr einer Gewässerverunreinigung gebunden ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 5. Juli 1979, Zl. 580/79).

Da sich die Beschwerde zusammenfassend als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Wien, am 4. April 1989

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte