VwGH 88/05/0174

VwGH88/05/017414.3.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde 1) des Dr. AF, Rechtsanwalt in K, 2) des SL und 3) des WD in O, beide vertreten durch den Erstbeschwerdeführer, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Mai 1988, Zl. IIIa1-20.570/28, betreffend Einwendungen gegen eine elektrizitätsrechtliche Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Tiroler Wasserkraftwerke Aktiengesellschaft in Innsbruck, Landhausplatz 2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §68 Abs3;
AVG §8;
B-VG Art12 Abs3;
MRK Art2;
StarkstromwegeG Tir 1969 §10;
StarkstromwegeG Tir 1969 §7;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §68 Abs3;
AVG §8;
B-VG Art12 Abs3;
MRK Art2;
StarkstromwegeG Tir 1969 §10;
StarkstromwegeG Tir 1969 §7;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid erteilte die Tiroler Landesregierung der mitbeteiligten Partei die elektrizitätsrechtliche Bau- und Betriebsbewilligung für den Umbau der 110 kV-Einfachleitung St. Johann - Kitzbühel auf eine Doppelleitung im Abschnitt zwischen den Masten Nr. 13 und Nr. 30 nach Maßgabe eines eingereichten Entwurfes unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Gleichzeitig wurde Einwendungen bzw. Anträgen betroffener Grundeigentümer, darunter der Beschwerdeführer, keine Folge gegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aus versorgungstechnischen Gründen die seit mehr als 20 Jahren bestehende Einfachleitung zwischen den Umspannwerken St. Johann und Kitzbühel notwendig sei. Diese Doppelleitung sei im Abschnitt von der Einbindung der 110 kV-Brixentalleitung bis zum Umspannwerk Kitzbühel bereits errichtet und in Betrieb genommen worden. Im Gebiet der Gemeinde Oberndorf i.T., wo die neue Leitung - mit einer geringfügigen Ausnahme - immer parallel zur bestehenden Leitung errichtet werden soll, hätten verschiedene Grundeigentümer in Kenntnis der Hochspannungsanlage an diese herangebaut bzw. diese sogar unterbaut. Bei einer ersten Verhandlung über ein im wesentlichen gleichartiges Projekt am 9. Juli 1986 hätten Betroffene die Verlegung der neuen Leitung weiter bergwärts in den Wald oder eine Teilverkabelung im Siedlungsbereich verlangt. Diesem Vorbringen entsprechend habe die Mitbeteiligte für diesen Bereich ein geändertes Projekt eingereicht, das zwischen den Masten Nr. 22 bis 30 eine großräumige Verlegung der Leitung außerhalb des Siedlungsgebietes in Waldbereiche vorgesehen habe. Gegen diese Variante hätten sich die betroffenen Waldbesitzer geschlossen ausgesprochen und vorgebracht, dass die ursprüngliche Trasse parallel zur bestehenden Trasse überwiegend die Zustimmung der bäuerlichen Grundeigentümer gefunden habe.

Es wäre den Waldbauern unzumutbar, wesentliche bis irreparable Schäden am geschlossenen Waldbestand hinnehmen zu müssen, damit einige Siedler, die ihre Häuser bzw. Ferienwohnsitze unter bzw. nahe an eine bestehende Hochspannungsfreileitung gebaut hätten, vollkommen lastenfrei gestellt seien. Der Forstsachverständige habe nach eingehender Begutachtung die "Waldtrasse" aus zwingenden forstfachlichen Gründen abgelehnt. Die Mitbeteiligte habe daraufhin auch diese Variante zurückgezogen und das entscheidungsgegenständliche Projekt eingereicht, welches im wesentlichen wieder dem ursprünglichen Projekt entspreche. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die eingereichte Hochspannungsfreileitung mit einer Trassenlänge von 3398 m dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung des Großraumes Kitzbühel mit elektrischer Energie und den sonstigen von der Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen nicht widerspreche. Der Entscheidung seien eingehende Überlegungen im Hinblick auf die Verlegung eines Hochspannungskabels vorangegangen.

Von verschiedenen Grundeigentümern sei angeregt bzw. beantragt worden, die hier maßgeblichen Teilstrecken zur Gänze oder zumindest teilweise zu verkabeln. Dies sei mit der Rücksichtnahme auf das Orts- und Landschaftsbild, die geringere Ausfallsrate und den Umstand begründet worden, dass bei einer Kabelanlage die gesundheitsgefährdende elektromagnetische Strahlung praktisch nicht existent sei. Die Amtssachverständigen hätten sich mit diesen Argumenten auseinander gesetzt und ausgeführt, dass es aus der Sicht des Orts- und Landschaftsbildes erstrebenswert sei, Hochspannungsverbindungen zu verkabeln. Für die Verlegung eines 110 kV-Kabels sei eine Betonwanne mit einer Breite von ca. 7 bis 8 m zu errichten, um das Kabel vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. Diese Betonwanne könne zwar überschüttet werden, doch sei eine Überbauung und eine Bepflanzung mit Tiefwurzlern nicht möglich. Im Ergebnis benötige eine Kabeltrasse daher mehr Grund als eine Freileitungstrasse, bei welcher im wesentlichen nur die Maststandpunkte der Nutzung entzogen seien. Was die Ausfallsrate anlange, so sei es erläutert worden, es sei zwar richtig, dass Schäden an Kabeln seltener auftreten als bei Freileitungen, für die gesicherte Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie sei aber nicht die Zahl der Mängel bedeutend, sondern der Zeitraum, in welchem die Leitung wegen der erforderlichen Reparaturarbeiten nicht verfügbar sei. So gesehen sei eine Hochspannungsfreileitung wesentlich betriebssicherer als eine Hochspannungskabelanlage, was zum Ergebnis führe, dass zur Aufrechterhaltung derselben Betriebsbereitschaft zwei Freileitungssysteme durch drei bis vier Kabelsysteme ersetzt werden müssten. Von den Kosten abgesehen müssten solche Kabel-Hochspannungssysteme auch aus Landschaftsgründen als sehr problematisch angesehen werden.

Zu dem Einwand, dass Hochspannungsfreileitungen mit einer Spannung von 110 kV wegen der elektromagnetischen Felder gesundheitsschädlich wären, müsse in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes festgestellt werden, dass solche Einwände nicht auf § 7 Abs. 1 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969 gestützt werden könnten, da in der in dieser Bestimmung enthaltenen Aufzählung das Gesundheitswesen nicht vorkomme. Wenngleich es der Behörde damit verwehrt sei, die Bau- und Betriebsbewilligung für eine Hochspannungsanlage, gestützt auf das öffentliche Interesse "Gesundheitswesen", nicht zu erteilen, habe der Amtssachverständige betreffend die Gefährdung der Gesundheit und das Wohlbefinden durch die von Freileitungen verursachten elektrischen und elektromagnetischen Felder zusammenfassend diese Einwendungen als nicht gerechtfertigt beurteilt. Hochspannungsleitungen würden bei einer Betriebsspannung von 110 kV ein elektrisches Feld (Bodenfeldstärke) mit Maximalwerten von 0,36 kV/m bzw. 0,64 kV/m (in Abhängigkeit vom Bodenabstand) unmittelbar unter der Leitung erreichen. Ein solches elektrisches Feld sei als ein elektrisches, durch ein sinusförmiges 50 Hz Hochspannungsübertragungssystem erzeugtes Wechselfeld anzusehen, welches nichtionisierende Strahlen aussende. Dieses elektrische Wechselfeld im extrem niedrigeren Frequenzbereich dringe in den menschlichen Körper nicht ein, es erzeuge aber bei einer geerdeten Person einen Verschiebestrom, der durch den Körper fließe. Laut den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation würden Feldstärken bis zu 20 kV/m zu keiner gesundheitlichen Gefährdung und Schädigung führen. Gemäß den erstatteten Vorschlägen soll für das Bundesgebiet der Wert von 10 kV/m festgelegt werden.

Laut Entwurf der Deutschen Elektrotechnischen Kommission DIN und VDE 0848 Teil 2 werde ein maximal zulässiger Effektivwert von 19,75 kV/m nach Tabelle (20 kV/m) festgelegt, der zu keiner gesundheitlichen Störung führe. Diese Werte seien weitaus höher als die tatsächlich auftretenden Werte. Zum Einfluss elektromagnetischer Felder auf den Menschen sei festzustellen, dass bei der Übertragung der erforderlichen elektrischen Energiemengen sich am Erdboden eine maximale Induktion von etwa 0,0065 mT (Millitesla) ergebe. Während man im elektrischen Feld von direktem Einfluss der Verschiebungsströme auf den Organismus ausgehen müsse, könnten im Magnetfeld nur indirekte Auswirkungen erwartet werden, da der menschliche Organismus selbst keine magnetischen Substanzen enthalte. Der vorerwähnte auftretende Wert von 0,0065 mT sei für den Menschen vollkommen ungefährlich. Zur Beurteilung dieses Induktionswertes sei zu beachten, dass das natürliche magnetische Gleichfeld der Erde in Mitteleuropa eine Induktion von 0,045 mT aufweise und dieser Wert erheblich größer sei als der unter der 110 kV-Doppelleitung auftretende Maximalwert der Induktion. Die durch die Leitung verursachte Induktion sei außerdem etwa 50 mal kleiner als der Wert von 0,3 mT, der für den menschlichen Organismus als unbedenklich festgestellt worden sei. Ein von einigen Parteien als fachkundiger Beistand beigezogener Sachbuchautor, der nach eigenen Angaben keine fachspezifische Ausbildung habe und sich seine Kenntnisse durch Recherchen für seine Bücher erworben habe, hätte die Größenordnung der gemessenen Werte unterhalb einer Leitung mit 0,5 kV/m bestätigen müssen und hinsichtlich der vom Sachverständigen angegebenen gesundheitsschädlichen Grenzwerte nur darauf hinweisen können, dass diese Grenzwerte auf Grund der neuesten Forschungen in Schweden, Großbritannien, USA und in der BRD in nächster Zeit herabgesetzt werden sollen. Beim derzeitigen Stand der Technik und Wissenschaft müssten 110 kV-Freileitungen demnach für den Menschen als ungefährlich eingestuft werden, zumal sich Personen nicht über viele Stunden unmittelbar unterhalb einer Hochspannungsleitung ungeschützt aufhielten.

Gegen eine Verkabelung würden nach den Ausführungen des Amtssachverständigen auch gewichtige technische Gründe sprechen, da die Kabelstrecke am Anfang und am Ende mit Freileitungen weitergeführt werden soll und durch atmosphärische Entladungen (Blitzeinschläge) in Freileitungsnetzen Überspannungen auftreten, durch die vor allem Kabel mit Feststoffisolation besonders gefährdet würden. Werde nun zwischen Freileitungen ein Kabelstück eingebunden, so trete an der Kuppelstelle Freileitung - Kabel ein Sprung im Wellenwiderstand auf, der bei einer einlaufenden Stoßwelle zu Brechungen und Reflexionen führe. Die in das Kabel einlaufende Stoßwelle werde wegen des vergleichsweise geringen Wellenwiderstandes von Kabeln zwar in der Amplitude stark reduziert, durch Reflexionen am Ende und am Anfang des Kabels komme es jedoch wieder zu Spannungserhöhungen und es könnte in ungünstigen Fällen zu einer Beschädigung des Kabels kommen. Dieser Umstand widerspreche der Versorgungssicherheit der Bevölkerung und für die im Bezirk befindlichen Einrichtungen. Auch durch das Anbringen von Überspannungsschutzeinrichtungen könnten die Fehlerquellen beim Übergang einer Freileitung in eine Kabelleitung nur herabgesetzt, nicht aber mit der erforderlichen Sicherheit hintangehalten werden. Aus diesen Ausführungen könne mit Bezug auf die Rechtslage der eindeutige Schluss gezogen werden, dass eine Kabelanlage dem gesetzlichen Auftrag nach einer dauernd gesicherten Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie nicht entspreche und daher auch nicht bewilligt werden könne. Aus rechtlichen Überlegungen sei es auch nicht möglich, die mitbeteiligte Partei zu verpflichten, künftig die Freileitung dann durch eine Kabelleitung zu ersetzen, wenn dies technisch ohne größere Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit möglich wäre.

Was die Verlegung der Freileitungstrasse betreffe, so sei der Versuch einer gänzlichen Verlegung am Widerstand der betroffenen Waldeigentümer und an den Erfordernissen der Forstwirtschaft gescheitert. Der Mast Nr. 18 sei an der Grundgrenze zwischen den Grundstücken Nr. 5247/7 und Nr. 5247/5 so situiert worden, dass das unbebaute, im Bauland befindliche Grundstück Nr. 5247/7 wesentlich geringer durch Überspannung belastet werde, als dies derzeit bei der bestehenden Einfachleitung der Fall ist. Das geringfügige Ausschwenken diene auch einer günstigeren Kreuzungsmöglichkeit mit einem Sessellift und biete Vorteile aus der Sicht des Landschaftsbildes, da der Mast Nr. 18 an seinem neuen Standort vom Dorf her weniger einsehbar sei. Eine neuerliche Verlegung dieses Mastes müsse beim gegebenen Sachverhalt abgelehnt werden. Die Verlegung der Masten Nr. 24 und 25 nach Südwesten oder Westen (talwärts), um einen größeren Abstand von der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers zu erreichen, sei nicht möglich, weil die Trasse dann noch weiter in das Siedlungsgebiet rücken würde. Zudem habe der betroffene Eigentümer selbst eingeräumt, dass er dieses Grundstück in Kenntnis der Hochspannungsfreileitung erworben und damit den Bestand dieser Leitung in Kauf genommen habe. Die Umtrassierungswünsche stellten ein unverhältnismäßiges Erschwernis für den Leitungsbau dar und hätten demnach abgewiesen werden müssen.

Soweit die Beiziehung von Sachverständigen zu Fragen einer Kabellegung beantragt worden sei, erübrige sich deren Beiziehung schon deshalb, weil aus rechtlichen Gründen eine Kabellegung nicht begehrt werden könne. Der Antrag auf Beiziehung eines völlig unabhängigen Sachverständigen käme im Ergebnis auf eine unzulässige Ablehnung des beigezogenen elektrotechnischen Amtssachverständigen hinaus, dessen Beiziehung schon im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG 1950 geboten gewesen sei. Im übrigen wäre es den Parteien freigestanden, sich im Verfahren eines fachkundigen Beistandes zu bedienen oder ein Gegengutachten vorzulegen.

In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Sie erachten sich in ihrem Recht auf Abänderung einer elektrischen Leitungsanlage gemäß § 7 Abs. 2 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969 verletzt.

 

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hatte zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde zu prüfen, da die mitbeteiligte Partei ausdrücklich deren Unzulässigkeit einwendete. Gemäß Art. 12 Abs. 3 B-VG geht in Angelegenheiten des Elektrizitätswesens im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Z. 5 B-VG - ein solcher Fall liegt hier vor die Zuständigkeit an das sachlich in Betracht kommende Bundesministerium unter anderem dann über, wenn die Landesregierung als einzige Landesinstanz zuständig war und eine Partei innerhalb der bundesgesetzlich festgesetzten Frist dies verlangt. Im Beschwerdefall wurde innerhalb der im § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 12. März 1926, BGBl. Nr. 62, festgesetzten Frist von zwei Wochen ein solcher Antrag nicht gestellt, so daß die Zuständigkeit auf das in Betracht kommende Bundesministerium nicht überging. Auf dem Boden dieser Rechtslage hält der Verwaltungsgerichtshof weiterhin an - der schon in seinem Erkenntnis Slg. N. F. Nr. 6442/A/1964. 29.9.1964, 375/64 - eingehend begründeten und seither in ständiger Rechtsprechung vertretenen Rechtsanschauung fest, dass die Möglichkeit einer Antragstellung an das zuständige Bundesministerium einer unmittelbaren Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht entgegensteht (vgl. etwa auch das Erkenntnis vom 27. Februar 1981, Zl. 0707/79). Die Beschwerde erweist sich daher unter dem Gesichtspunkt der vorherigen Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges (Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) als zulässig.

Nach § 7 Abs. 1 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969, LGBl. Nr. 11/1970, ist die Bewilligung zum Bau und zum Betrieb einer elektrischen Leitungsanlage zu erteilen, wenn die Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. Ein Widerspruch zu diesem Interesse liegt auch dann vor, wenn die dauernd ungestörte Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie wegen der Nichtbeachtung sicherheitstechnischer Grundsätze in der Planung der Leitungsanlage nicht gewährleistet ist. Vor der Erteilung der Bewilligung hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, des Fremdenverkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden bzw. Dienststellen und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind, soweit sie betroffen sind, im Ermittlungsverfahren zu hören.

Nach § 7 Abs. 2 des Gesetzes können die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten Grundeigentümer Abänderungen und Ergänzungen der geplanten elektrischen Leitungsanlage verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.

Nach § 10 Abs. 1 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969 sind von der Behörde jedem, der eine elektrische Leitungsanlage betreiben will, auf Antrag an Grundstücken einschließlich der Privatgewässer, der öffentlichen Straßen und Wege sowie des sonstigen öffentlichen Gutes mit Bescheid Leitungsrechte einzuräumen, wenn und soweit dies durch die Bewilligung zur Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer elektrischen Leitungsanlage notwendig wird. Dem Antrag ist nach Abs. 3 dieses Paragraphen nicht zu entsprechen, wenn

a) der dauernde Bestand der elektrischen Leitungsanlage an einem bestimmten Ort aus zwingenden technischen Gründen oder mit Rücksicht auf die unverhältnismäßigen Kosten ihrer Verlegung die Enteignung erfordert,

b) der Einräumung des Leitungsrechtes öffentliche Interessen (§ 7 Abs. 1) entgegenstehen oder

c) über die Benützung bereits privatrechtliche Vereinbarungen vorliegen.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügen die Beschwerdeführer, dass nach der in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommenden Meinung der belangten Behörde Interessen der Gesundheit nicht zu berücksichtigen seien. Tatsächlich hatte die belangte Behörde unter Berufung auf den Wortlaut des § 7 Abs. 1 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969 die Auffassung vertreten, es sei ihr verwehrt, die von der mitbeteiligten Partei angestrebte Bau- und Betriebsbewilligung, gestützt auf das öffentliche Interesse "Gesundheitswesen", zu versagen. In tatsächlicher Hinsicht hat sich die belangte Behörde allerdings ausführlich mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführer auseinander gesetzt und auf Grund des Gutachtens des elektrotechnischen Amtssachverständigen die näher begründete Auffassung vertreten, dass die behauptete Gefährdung der Gesundheit im Falle der Ausführung der bewilligten Leitung nicht gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der Beschwerdeführer, dass die für den Beschwerdefall maßgebenden gesetzlichen Regelungen in ihrer Gesamtheit jedenfalls so zu verstehen sind, dass die von einer geplanten elektrischen Leitungsanlage berührten Grundeigentümer schon durch ihr Mitspracherecht im Verfahren in die Lage versetzt sein müssen, allfällige tatsächliche konkrete Gesundheitsgefährdungen geltend zu machen, was bei Zutreffen derartiger Bedrohungen zu einer Abänderung oder Ergänzung der Anlage oder doch zur Vorschreibung von Auflagen führen muss, wären doch die gesetzlichen Regelungen, wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, ansonsten völlig unverständlich. In diesem Zusammenhang verweisen die Beschwerdeführer nämlich zutreffend auf § 68 Abs. 3 AVG 1950, wonach sogar in den rechtlichen Bestand selbst rechtskräftiger Bescheide dann eingegriffen werden kann, wenn ein das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährdender Missstand gegeben ist. Einer derartigen Auslegung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch § 7 Abs. 2 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969 zugänglich. Parteien in einem Verfahren ein Mitspracherecht einzuräumen, ohne dass es ihnen möglich sein sollte, eine Gesundheitsgefährdung geltend zu machen, kann dem Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung der Rechtsordnung (vgl. hiezu insbesondere auch Art. 2 MRK) nicht unterstellt werden. Nach § 7 Abs. 3 des Tiroler Starkstromwegegesetzes 1969 kann im übrigen die Behörde bei Auflagen, deren Einhaltung aus Sicherheitsgründen vor Inbetriebnahme einer Überprüfung bedarf, zunächst sogar nur die Baubewilligung erteilen und sich die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten. Diese Regelung zeigt, dass der Gesetzgeber die Prüfung der Sicherheit und sohin der Gesundheit als Aufgabe der Behörde voraussetzt. Die Beschwerdeführer haben auch zu Recht darauf verwiesen, dass eine einfach-gesetzliche Regelung, die das höchstwertige Rechtsgut "Leben und Gesundheit" unbeachtet ließe, nach der österreichischen Verfassungsordnung sachlich nicht gerechtfertigt schiene, sodass dann, wenn auch eine verfassungskonforme Auslegung nicht zulässig bzw. möglich wäre, wohl die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes angenommen werden müsste. Eine derartige Betrachtungsweise kommt im Beschwerdefall jedoch auf Grund der dargelegten Erwägungen nicht in Frage. Soweit das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1977, Zl. 2040/76, Slg. N.F. Nr. 9316/A in seinen Entscheidungsgründen andere Aussagen über die Berücksichtigung gesundheitlicher Belange enthält, war im Hinblick auf die andere Rechtslage nach dem NÖ Starkstromwegegesetz eine Verstärkung nach § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht erforderlich. Mit der behaupteten Gesundheitsgefährdung hat sich darüber hinaus die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wie erwähnt, zutreffend auseinander gesetzt, sodass die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit nicht vorliegt.

Unter dem Titel einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringen die Beschwerdeführer vor, gesundheitliche Belange seien insbesondere auch deshalb nicht ausreichend berücksichtigt worden, weil diese Belange nicht in den Aufgabenbereich des Amtssachverständigen für Elektrotechnik fielen.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Der elektrotechnische Amtssachverständige hat nämlich unbestritten festgestellt, auf welche Weise elektrische und elektromagnetische Felder durch die Leitungsanlage gegeben sind und dass die damit verbundenen Maximalwerte wesentlich unter jenen Grenzwerten liegen, die nach Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation sowie der in Österreich und Deutschland maßgebenden Normen zu beachten sind. Mit der bloßen Behauptung, dass die Bedachtnahme auf neuere wissenschaftliche Erkenntnisse eine völlig andere Situation brächten, kann eine Fehlerhaftigkeit des Verfahrens nicht dargetan werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine Behörde auch zu prüfen hat, ob die Meinung des Sachverständigen dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Forschungen und Erkenntnisse entspricht (vgl. etwa VwSlg. Nr. 3627, E 19.1.1955, 2318/52). Nicht reichen aber unbestimmte Behauptungen über allfällig künftige wissenschaftliche Entwicklungen aus, um ein durchgeführtes Verfahren als mangelhaft zu qualifizieren. In diesem Zusammenhang hat die mitbeteiligte Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu Recht auf schriftliche parlamentarische Anfragebeantwortungen des Bundesministers für Gesundheit vom 2. September 1987 und des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 4. September 1987 verwiesen, in welchen auf Fragen der elektromagnetischen Strahlung und ihrer Auswirkungen näher eingegangen worden ist. Zusammenfassend wurde dabei als gesicherter Wissensstand die Frage eines gesundheitlichen Risikos verneint, weil die auftretenden Felder weit unter den für den Schutz des Menschen festgelegten Grenzwerten liegen. Da sohin aber auf Grund des Gutachtens des elektrotechnischen Amtssachverständigen eine Gesundheitsgefährdung im Sinne der Behauptungen der Beschwerdeführer überhaupt nicht in Betracht kam, kann darin, dass hier das Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen nicht eingeholt worden ist, kein wesentlicher Verfahrensmangel erblickt werden. Dem Gutachten selbst sind die Beschwerdeführer weder auf gleicher Stufe noch sonst in geeigneter Weise entgegengetreten, und auch die übrige Aktenlage bietet keinen Anlass, die Stichhältigkeit des Sachverständigengutachtens in Zweifel zu ziehen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1978, Zl. 433/78). Mit diesen Ausführungen soll nicht verkannt werden, dass künftige wissenschaftliche Forschungen zu anderen Ergebnissen führen können, ein Sachverständiger kann aber sein Gutachten immer nur nach dem letzten Stand der Wissenschaft abgeben, sodass allenfalls noch zu erwartende wissenschaftliche Erkenntnisse das Gutachten aus diesem Grund nicht mangelhaft machen (vgl. etwa das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 23. Juni 1987, Zl. 83/05/0146). Auch der von den Beschwerdeführern beigezogene Sachbuchautor konnte im übrigen auf keine wissenschaftlichen Ergebnisse verweisen, die einer Überprüfung zugänglich wären.

Soweit die Beschwerdeführer eine Verkabelung der Leitung forderten, hat der beigezogene elektrotechnische Amtssachverständige entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ausreichend und schlüssig dargetan, aus welchen Gründen eine solche nicht zu Recht verlangt werden kann. Abgesehen von den auch in diesem Verfahren entgegen der Meinung der Beschwerdeführer zu beachtenden erheblichen Mehrkosten würde auch die Ortung allfälliger Leitungsstörungen erschwert werden, wobei es in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keiner konkreten Zahlenangaben bedurfte (vgl. hiezu auch das Erkenntnis vom 20. Dezember 1979, Zl. 2217/79). Die Ausführungen des technischen Amtssachverständigen sind durchaus nachvollziehbar und die belangte Behörde konnte sie ihrer Entscheidung umso eher zugrundelegen, als die Ausführungen auch von den Beschwerdeführern nicht entkräftet wurden.

War das Gutachten des elektrotechnischen Amtssachverständigen aber schlüssig und ausreichend begründet, so bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, dieses Gutachten ergänzen zu lassen oder einen weiteren Sachverständigen beizuziehen, wie die Beschwerdeführer dies beantragten.

Zu dem Antrag auf Verlegung von Masten ist zunächst zu bemerken, dass diesem Antrag ohnehin teilweise entsprochen wurde, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend bemerkt. Im übrigen war eine Trasse hier vorgegeben und wurde diese Trasse, wie die Projektsunterlagen zeigen, nach Möglichkeit beibehalten. Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffende Argumente der mitbeteiligten Partei übernommen hat (Unzulässigkeit einer weiteren Verschiebung wegen noch größerer Beeinträchtigung des Siedlungsgebietes), dann ist darin keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit zu erblicken. Die größere Masthöhe als solche bedeutet schließlich keinen weiteren Eingriff in Rechte der Beschwerdeführer, sodass dadurch auch keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt wurden.

Die Beschwerde erweist sich sohin in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft den Antrag auf Zuerkennung nicht erforderlicher Stempelgebühren.

Wien, am 14. März 1989

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