Normen
KFG 1967 §101 Abs1 lita
KFG 1967 §101 Abs1 litd
KFG 1967 §101 Abs5
KFG 1967 §102 Abs1
KFG 1967 §4 Abs7 lita
VStG §44a lita
VStG §44a litb
VStG §44a Z1 implizit
VStG §44a Z2
VStG §44a Z2 implizit
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1989:1988030204.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.650,‑‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung vom 8. März 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als verantwortliches Organ (Geschäftsführer) des Zulassungsbesitzers eines dem Kennzeichen nach bestimmten Lkws der Firma J Ges.m.b.H. nicht dafür Sorge getragen zu haben, daß die Beladung den Vorschriften des KFG entspricht. Das angeführte Kraftfahrzeug sei am 27.Oktober 1987 um 12.05 Uhr in U auf der Pyhrnautobahn A 9 bei Baukilometer X in Richtung Süden gelenkt worden, obwohl der Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von höchstens 19 Tonnen um 2.250 kg überladen gewesen sei. Er habe G M vorsätzlich zur Begehung dieser Verwaltungsübertretung verleitet, da er den Auftrag für diese Fahrt erteilt habe. Er habe hiedurch eine Übertretung gemäß § 103 Abs. 1 KFG in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. a leg. cit. begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von S 6.000,‑‑ (6 Tage Ersatzarreststrafe) verhängt wurde.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, die er im wesentlichen damit begründete, daß er die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht zu verantworten habe, da er ausreichend dafür Sorge getragen habe, daß die Fahrer die kraftfahrrechtlichen Bestimmungen einhielten.
Mit Bescheid vom 17. August 1988 wurde dieser Berufung vom Landeshauptmann von Steiermark teilweise Folge gegeben und der Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 24 und 19 VstG 1950 dahingehend abgeändert, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:
„Herr J O hat als verantwortliches Organ (Geschäftsführer) des Zulassungsbesitzers des Lkw St 102.450, der Firma J ‑ GesmbH, nicht dafür Sorge getragen, daß die Beladung den Vorschriften des KFG 1967 entspricht. Das oben angeführte Kraftfahrzeug wurde am 27. Oktober 1987, um 12.05 Uhr von G M in U auf der Pyhrnautobahn A 9 beim Baukilometer X aus Richtung Süden kommend in Richtung G gelenkt, obwohl das am Tatort mittels Ausnahmegenehmigung erlaubte zulässige Gesamtgewicht bis zu 19 t um 2.250 kg überschritten wurde (Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24. März 1987, GZ. 11‑43 0 3‑87/17).
Der Beschuldigte hat dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 101 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit § 103 Abs. 1 KFG 1967 begangen.
Gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 wird gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 4.000,‑‑ (vier Tage Ersatzarrest) verhängt und hat der Bestrafte gemäß § 34 Abs. 2 VStG 1950 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ein von Hundert der verhängten Strafe, das sind 400,‑‑, zu bezahlen.
Ferner sind gemäß § 67 VStG 1950 die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“
Die Berufungsbehörde führte hiezu in der Begründung aus, im Spruch habe nach ständiger Rechtsprechung ersichtlich gemacht werden müssen, daß nicht die Übertretung des § 101 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 103 Abs. 1 KFG, sondern jene des § 101 Abs. 1 lit. d in Verbindung mit § 103 Abs. 1 leg. cit. (Nichteinhaltung einer Auflage der Ausnahmegenehmigung) begangen worden sei. Dasselbe gelte für die im Straferkenntnis angegebene falsche Fahrtrichtung des überladenen Lkw's. Die erforderlichen Tatbestandsmerkmale dieser Übertretung und die zutreffende Fahrtrichtung seien nämlich in der rechtzeitig zur Kenntnis gebrachten Anzeige enthalten, weshalb die Berufungsbehörde eine entsprechende Ergänzung des Straferkenntnisses vornehmen habe können und „zutreffende Gesetzesbezeichnungen“ dürften von der Berufungsbehörde jederzeit richtig gestellt werden. Dagegen habe der Ausspruch, die Überladung vorsätzlich durch Auftrag herbeigeführt zu haben, zu entfallen gehabt, da er im Widerspruch zur Begründung des Straferkenntnisses stehe und diesbezüglich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Bei der Strafbemessung sei von der Behörde erster Instanz auf die nicht unerhebliche Überschreitung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes ausreichend Bedacht genommen worden. Jedoch habe die Strafe durch den Wegfall der angenommenen Vorsätzlichkeit entsprechend reduziert werden müssen, da Fahrlässigkeit eine mindere Schuldform darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 103 Abs. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer u. a. dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug und seine Beladung unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder ‑bewilligungen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Nach § 101 Abs. 1 KFG ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn
a) das höchste zulässige Gesamtgewicht ... nicht überschritten wird ... und
d) bei Bewilligungen gemäß Abs. 5 zweiter Satz erteilte Auflagen eingehalten werden.
Nach § 101 Abs. 5 KFG sind u. a. Transporte, bei denen die im Abs. 1 lit. a angeführten Voraussetzungen nicht erfüllt werden, nur mit Bewilligung zulässig. Diese Bewilligung darf nur unter Vorschreibung der höchsten zulässigen Fahrgeschwindigkeit und, soweit dies nach den Erfordernissen der Verkehrs‑ und Betriebssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Einschränkungen der Gültigkeit erteilt werden.
Mit dem Bescheid vom 24. März 1987 wurde der Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Lkw's, der Firma J Ges.m.b.H., gemäß § 101 Abs. 5 KFG die Bewilligung erteilt, mit dem Lkw bestimmte Autobahnen und Bundesstraßen im Land Steiermark bis zu einem Gesamtgewicht von 19 t zu befahren, wobei jedoch ein Anhänger nicht mitgeführt werden darf. Als Auflage wurde vorgeschrieben, daß dieser Bescheid vom jeweiligen Lenker auf allen Fahrten im Original mitzuführen und den Organen der Straßenaufsicht auf deren Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen ist.
Inhalt dieser Bewilligung ist die Erlaubnis, die darin angeführten Straßen mit einem höheren Gesamtgewicht als dem nach § 4 Abs. 7 lit. a KFG zulässigen von 16 t zu befahren. Auflage ist dabei (lediglich) das Mitführen der Bewilligung im Original. Wird daher mit dem gegenständlichen Fahrzeug eine der genannten Straßen befahren, obwohl das Gesamtgewicht mehr als 19 t beträgt, so stellt dies keinen Verstoß gegen eine Auflage 4 des Ausnahmegenehmigungsbescheides dar, sondern es liegt eine Überladung vor, welche (selbst) durch die erteilte Bewilligung gemäß § 101 Abs. 5 KFG nicht (mehr) gedeckt und somit unzulässig ist. Diese Überladung ist als eine Übertretung nach § 101 Abs. 1 lit. a KFG zu qualifizieren und nicht als Übertretung des § 101 Abs. 1 lit. d leg. cit. Dies wird auch dadurch deutlich, daß bei einer Übertretung des § 101 Abs. 1 lit. d KFG die Auflage zu benennen gewesen wäre, gegen die mit der gegenständlichen Fahrt verstoßen worden sein soll (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 1. April 1987, Zl. 86/03/0221), eine Auflage betreffend das höchstzulässige Gesamtgewicht in der Ausnahmebewilligung jedoch nicht enthalten ist, da dieses Gewicht ja bereits Gegenstand der Ausnahmebewilligung ist.
Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannte und in ihrem Bescheid als übertretene Verwaltungsvorschriften im Sinne des § 44 a lit. b VStG 1950 § 103 Abs. 1 in Verbindung mit § 101 Abs. 1 lit. d (statt lit. a) KFG bezeichnete, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die Umsatzsteuer, welche in dem Pauschalersatzbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist, sowie Stempelgebühren für nichterforderliche Beilagen (der angefochtene Bescheid war lediglich in einer Ausfertigung beizubringen).
Wien, 25. Oktober 1989
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