Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art131a;
PaßG 1969 §29;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art131a;
PaßG 1969 §29;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdefall liegt folgender unbestrittener Sachverhalt zu Grunde.
Der Vater des 1971 geborenen Beschwerdeführers stellte am 16. November 1987 bei der belangten Behörde für sich, seine Ehefrau sowie für seinen Sohn (Beschwerdeführer) Antrag auf Ausstellung unbefristeter Sichtvermerke. Am 26. Juli 1988 fand sich der Vater des Beschwerdeführers mit seinem eigenen Reisepass und dem des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein, um unbefristete Visa eintragen zu lassen. Der Organwalter der belangten Behörde hat die Reisepässe entgegengenommen, die entsprechenden Karteikarten aus dem Karteischrank geholt und anschließend die Visastempel in die Pässe eingetragen sowie jene ausgefüllt. Unmittelbar im Anschluss daran hat der Organwalter die vor ihm liegenden Karteikarten umgedreht und dabei gesehen, dass auf der Karteikarte des Beschwerdeführers folgender Vermerk enthalten ist: "Kein Daueraufenthalt". Daraufhin hat der Organwalter der belangten Behörde den ausgefüllten Visumstempel im Reisepass des Beschwerdeführers mit dem Stempel "Ungültig" annulliert. Anschließend hat der Organwalter dem Vater des Beschwerdeführers beide Pässe übergeben und ihm mündlich erklärt, dass bezüglich des Beschwerdeführers die Voraussetzungen zur Erteilung eines unbefristeten Sichtvermerkes nicht vorlägen. Eine bescheidmäßige Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers wurde dabei nicht begehrt.
Gegen die Handlung der belangten Behörde, die nach Ansicht des Beschwerdeführers als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen sei (allenfalls liege ein Bescheid auf Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes vor, gegen den er in eventu Beschwerde erhebe) richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, dass der ihm ausgestellte unbefristete Wiedereinreise-Sichtvermerk nicht aberkannt wird, verletzt. In Ausführung der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, durch die antragsgemäße Erledigung seines Gesuches auf Erteilung eines unbefristeten Wiedereinreise-Sichtvermerkes und die Eintragung eines unbefristeten Wiedereinreise-Sichtmerkes in seinen Pass am 26. Juli 1988 habe er ein Recht erworben. Dieses Recht sei ihm durch die geschilderte Vorgangsweise der belangten Behörde gegen seinen Willen wieder aberkannt worden, ohne dass ein Verfahren zur Ungültigerklärung der unbefristeten Aufenthaltsberechtigung eingeleitet worden sei. Für die von der belangten Behörde ausgeübte Befehls- und Zwangsgewalt fehle jegliche gesetzliche Grundlage. Sollte keine unmittelbare behördliche Befehls- und Zwangsgewalt vorliegen, so habe die belangte Behörde durch Bescheid den unbefristeten Sichtvermerk nach § 27 Abs. 1 Paßgesetz für ungültig erklärt. Zwar fehlten die formellen Voraussetzungen für einen Bescheid. Materiell komme jedoch dem Handeln der belangten Behörde Bescheidqualität zu, da der in dem Pass des Beschwerdeführers eingetragene unbefristete Wiedereinreise-Sichtvermerk mit einem Stempel der belangten Behörde für "ungültig" erklärt worden sei; ihm sei sohin ein bereits erworbenes Recht wieder aberkannt worden. Ein Sichtvermerk könne jedoch von der Behörde nur dann für ungültig erklärt werden, wenn nachträglich Tatsachen bekannt würden oder einträten, die die Versagung des Sichtvermerkes gerechtfertigt hätten oder rechtfertigen würden. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 131a B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person diese Person Beschwerde erheben, wenn sie durch die betreffende Maßnahme in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.
Unmittelbare Zwangsgewalt setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt ausübenden Behörde voraus. Durch die Ungültigerklärung eines in einen Reisepass mit Stampiglie eingetragenen Wiedereinreise-Sichtvermerkes durch die belangte Behörde wird aber kein unmittelbarer Zwang angewendet.
(Ebenso wenig liegt Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt im bloßen Unterbleiben eines Verhaltens der belangten Behörde (nämlich Nichterteilung eines Wiedereinreise-Sichtvermerkes) vor, auch wenn auf dieses Verhalten ein Anspruch bestehen sollte) (vgl. Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Juni 1964, Slg. Nr. 4696, den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. N. F. Nr. 9461/A). Die Beschwerde erweist sich daher, soweit sie sich auf Art. 131a B-VG stützt, als unzulässig.
Soweit sich die Beschwerde in eventu auf Art. 131 B-VG stützt, ist folgendes zu sagen:
Dem auf Antrag einer Partei mit ausgefüllter Stampiglie (Vordruck) in ihrem Reisepass erteilten Wiedereinreise-Sichtvermerk kommt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Bescheidcharakter zu (vgl. Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, erster Band 1987, Manz Wien, Seite 606 f und das hg. Erkenntnis Slg. Nr. 9698/A/1978). Zur Rechtswirksamkeit einer solchen Bescheidcharakter zukommenden Erledigung bedarf es aber der Ausfolgung des Reisepasses an die antragstellende Partei. Sachverhaltsbezogen erfolgte zwar eine Ausfolgung des Reisepasses an den Beschwerdeführer jedoch ohne einen gültig erteilten Sichtvermerk. Deshalb liegt kein Bescheid vor und hat auch der Beschwerdeführer entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht kein Recht zur unbefristeten Einreise erworben. Die vor Ausfolgung des Reisepasses an den Beschwerdeführer erfolgte Ungültigkeitserklärung des mit Stampiglie eingetragenen unbefristeten Wiedereinreise-Sichtvermerkes ist einer Vernichtung eines von der Behörde vorbereiteten Bescheides und einer Unterlassung der Zustellung desselben gleichzusetzen, sodass auch in der Ungültigkeitserklärung als solcher kein Bescheid zu erblicken ist.
Da die Beschwerde sich sohin als unzulässig erweist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 9. November 1988
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
