VwGH 87/14/0032

VwGH87/14/003213.3.1990

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel sowie die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat, vom 13. November 1986, Zl 247-GA3BK-DWe/85, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1981 bis 1983, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §84;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
WTBO §33 Abs1 litc;
WTBO §56;
BAO §84;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
WTBO §33 Abs1 litc;
WTBO §56;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezeichnete sich in den für die Streitjahre eingereichten Abgabenerklärungen als EDV-Kaufmann und seinen Gewerbebetrieb als Datenverarbeitung. Als steuerlicher Vertreter war ein Wirtschaftstreuhänder (Stampiglie) angeführt.

Anläßlich der Schlußbesprechung über eine im Jahr 1985 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung begehrte er erstmals, die von ihm erzielten Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit anzusehen, weil seine Tätigkeit der eines Wirtschaftstreuhänders ähnlich sei.

Der Prüfer stellte hiezu im gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht fest, der Beschwerdeführer habe sich in den Streitjahren mit der Verarbeitung von Daten auf elektronischen Datenverarbeitungsmaschinen (Erstellen von Buchhaltungen, Bilanzen und Lohnverrechnungen) beschäftigt. Eine einem Wirtschaftstreuhänder ähnliche Tätigkeit werde daher nicht ausgeübt. Unter Bezug auf die Bestimmungen des § 9 WT-BO in der Fassung BGBl Nr 352/1982 hielt der Prüfer fest, daß der Beschwerdeführer in den Streitjahren noch nicht zur Fachprüfung für Steuerberater zugelassen hätte werden können. Die vom Gesetz ua geforderte Studienberechtigungsprüfung habe er erst am 29. Juni 1984 abgelegt. Der Prüfer vertrat daher die Ansicht, die vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte stellten solche aus Gewerbebetrieb dar.

Das Finanzamt schloß sich der Ansicht des Prüfers an und erließ aus anderen - nicht strittigen - Gründen im wiederaufgenommenen Verfahren Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide für die Streitjahre, wobei es zur Begründung auf den gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht verwies.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer im wesentlichen ein, er sei zwar nur zur Verarbeitung von Daten auf elektronischen Datenverarbeitungsmaschinen berechtigt, übe jedoch faktisch die Tätigkeit eines Steuerberaters aus. Da die dem Steuerberater vorbehaltene Tätigkeit unbefugt ausgeübt werde (Pfuscher), könne sie natürlich nicht in allen Punkten des § 33 WT-BO ausgeführt werden. Es sei ihm daher nicht möglich, seine Auftraggeber vor der Abgabenbehörde zu vertreten. Er erbringe jedoch ansonsten alle von einem Steuerberater üblicherweise geforderten Leistungen. Im § 22 Abs 1 Z 1 EStG werde keine völlige Kongruenz mit dem Berufsbild eines Wirtschaftstreuhänders gefordert. Vielmehr reiche eine Ähnlichkeit mit einer freiberuflichen Tätigkeit aus, um Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erzielen. Diese Ähnlichkeit sei bei ihm zweifelsfrei gegeben. Auf den Umstand, daß er in den Streitjahren noch nicht zur Fachprüfung für Steuerberater zugelassen hätte werden können, komme es nicht an, weil eine bestimmte Vorbildung für die Ausübung einer einer freiberuflichen Tätigkeit ähnlichen nicht erforderlich sei. Entscheidend sei ausschließlich die tatsächliche Ausübung einer ähnlichen Tätigkeit. Er habe vor Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit fünf Jahre hindurch als Revisionsassistent in einer Wirtschaftstreuhandkanzlei - davon ein Jahr als Berufsanwärter - eigenverantwortlich die Tätigkeit eines Steuerberaters ausgeübt, weswegen er ausreichend qualifiziert sei, eine einem Wirtschaftstreuhänder ähnliche Tätigkeit auszuüben.

In das Vorliegen gewerblicher Einkünfte bestätigenden Berufungsvorentscheidungen stellte das Finanzamt zunächst ergänzend fest, der Beschwerdeführer bediene sich zwecks Vertretung seiner Auftraggeber vor der Abgabenbehörde eines Wirtschaftstreuhänders. Sodann hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Anerkennung der von ihm ausgeübten Tätigkeit als der einem Wirtschaftstreuhänder ähnlichen setze ua eine rechtsberatende und eigenständige Wahrnehmung der Interessen der Auftraggeber, insbesondere deren Vertretung vor der Abgabenbehörde, voraus. Der Beschwerdeführer bezeichne sich selbst als Pfuscher und sei daher nicht in der Lage, unmittelbar für seine Auftraggeber vor der Abgabenbehörde tätig zu werden. Er bediene sich daher bei der Unterfertigung von Eingaben sowie bei Vorsprachen eines Wirtschaftstreuhänders. Er übe daher einen wesentlichen und typischen Teil der Tätigkeiten eines Wirtschaftstreuhänders, nämlich die unmittelbare Vertretung der Auftraggeber vor der Abgabenbehörde, nicht aus. Von einer einem Wirtschaftstreuhänder ähnlichen Tätigkeit könne somit keine Rede sein.

Diesen Ausführungen hielt der Beschwerdeführer im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter teilweiser Wiederholung seiner Ausführungen in der Berufung entgegen, der Umstand, daß er aus versicherungstechnischen und standesrechtlichen Gründen mit einem Wirtschaftstreuhänder kooperiere, könne nicht dazu führen, die von ihm ausgeübte Tätigkeit als gewerbliche anzusehen. Überdies habe er seine Auftraggeber bei abgabenbehördlichen Prüfungen vertreten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerdeführer Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder solche aus Gewerbebetrieb erzielt habe, nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung mit der Begründung ab, eine Ähnlichkeit mit einer freiberuflichen Tätigkeit liege nur dann vor, wenn die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit den wesentlichen und typischen Teil jenes freien Berufes umfasse, zu dem die Ähnlichkeit angenommen werden solle. Der wesentliche und typische Teil der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders bestehe nach § 33 Abs 1 lit c WT-BO in der Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiet des Abgabenrechts sowie Vertretung ihrer Auftraggeber im Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften. Der Beschwerdeführer räume ein, er habe sich zur Vertretung seiner Auftraggeber vor der Abgabenbehörde eines Wirtschaftstreuhänders bedient. Nur bei abgabenbehördlichen Prüfungen habe er seine Auftraggeber unmittelbar vor der Abgabenbehörde vertreten. Der Beschwerdeführer sei daher nur in Einzelfällen unmittelbar gegenüber der Abgabenbehörde aufgetreten. Von einer BEFUGTEN RECHTSVERTRETUNG könne hiebei jedoch keine Rede sein. Es sei zwar anzunehmen, daß der Beschwerdeführer auch Eingaben und Schriftsätze für seine Auftraggeber verfaßt habe, die zum Gebrauch in behördlichen Verfahren bestimmt gewesen seien. Die verantwortliche Unterfertigung dieser Schriftstücke sowie die unmittelbare Vertretung der Auftraggeber sei jedoch in der Regel durch einen Wirtschaftstreuhänder erfolgt, weswegen die Tätigkeit des Beschwerdeführers NICHT EIGENSTÄNDIG ausgeübt worden sei. Da der Beschwerdeführer somit WEDER BEFUGT, NOCH in der Regel EIGENSTÄNDIG gegenüber der Abgabenbehörde tätig geworden sei, habe er mangels Ausübung eines wesentlichen und typischen Teiles der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders keine eine diesem ähnliche freiberufliche Tätigkeit ausgeübt.

In der Beschwerde wird sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

In ihrer Gegenschrift beantragt die belangte Behörde, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet keineswegs, daß er die Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders unbefugt ausgeübt habe und daher gezwungen gewesen sei, sich zur Vertretung seiner Auftraggeber gegenüber der Abgabenbehörde eines Wirtschaftstreuhänders zu bedienen. Er meint jedoch, hiebei habe es sich nur um einen "technischen Kunstgriff" zur Umgehung bestehender Vorschriften gehandelt. Gerade daraus sei aber ersichtlich, daß die von ihm ausgeübte Tätigkeit als eine einem Wirtschaftstreuhänder ähnliche anzusehen sei. Zur Lösung der Frage der Ähnlichkeit komme es nämlich keineswegs darauf an, ob er befugt gewesen sei, gegenüber der Abgabenbehörde aufzutreten. Denn bei einer derartigen Betrachtungsweise gebe es keine einem Wirtschaftstreuhänder ähnliche Tätigkeit. Es gehe nicht an, das Wort "ähnlich" mit dem Wort "gleich" gleichzusetzen, weil damit die Wortfolge im § 22 Abs 1 Z 1 EStG "aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit" sowohl unverständlich als auch überflüssig wäre. Seine Haupttätigkeit habe in der Steuerberatung, somit in einem Wirken im Sinn des § 33 Abs 1 lit c WT-BO bestanden, weswegen ihm aus der von ihm ausgeübten Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit zugeflossen seien.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Jänner 1980, Zl 2158/78, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Jänner 1977, Zlen 1932, 2118/76, Slg Nr 5073/F, neuerlich ausgesprochen hat, setze Ähnlichkeit im Sinn des § 22 Abs 1 Z 1 EStG jedenfalls eine tatsächliche Tätigkeit voraus, die den WESENTLICHEN UND TYPISCHEN TEIL der Tätigkeit umfasse, zu der die einschlägigen Vorschriften über den freien Beruf, zu dem Ähnlichkeit angenommen werden soll, berechtigten. Als wesentlicher und typischer Teil der Tätigkeit eines Wirtschaftstreuhänders sei die "Steuerberatung" anzusehen. Diese Tätigkeit bestehe nach § 33 Abs 1 lit c WT-BO im wesentlichen in der Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiet des Abgabenrechts. Nach der eben erwähnten Vorschrift zählt zur Tätigkeit der Wirtschaftstreuhänder aber auch die Vertretung ihrer Auftraggeber im Abgaben- und Abgabenstrafverfahren vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. Oktober 1982, Zlen 82/14/0253, 0257, Slg Nr 5713/F, dargelegt hat, habe sich der Beruf des Wirtschaftstreuhänders als Spezialberuf der Rechtsberatung neben dem freien Beruf des Rechtsanwaltes entwickelt. Für den Beruf des Rechtsanwaltes hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 1989, Zl 88/14/0067, die VERTRETUNG von Klienten als wesentliches Ähnlichkeitsmerkmal für das TYPISIERTE BILD des Rechtsanwaltes festgestellt. Gleiches gilt auf Grund obiger Überlegungen sowie der Tatsache, daß Wirtschaftstreuhänder überwiegend auch die Vertretungstätigkeit nach § 33 Abs 1 lit c WT-BO ausüben, für das typisierte Bild des Wirtschaftstreuhänders. Auch für diesen freien Beruf stellt somit die VERTRETUNGSTÄTIGKEIT ein wesentliches Ähnlichkeitsmerkmal im Sinn des § 22 Abs 1 Z 1 EStG dar. Der Beschwerdeführer konzediert im Gegensatz zu seinen Behauptungen im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, jedoch im Einklang mit seinen Ausführungen in der Berufung, er vertrete die Interessen seiner Auftraggeber vor der Abgabenbehörde nicht unmittelbar. Damit fehlt jedoch der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeit die Ähnlichkeit mit der eines Wirtschaftstreuhänders. Dieses fehlende Ähnlichkeitsmerkmal macht die Entfaltung der "ähnlichen" Tätigkeit nicht etwa deshalb unmöglich, weil Vorschriften die Bestrafung unbefugter Tätigkeit (vgl § 56 WT-BO) ebenso ermöglichen wie die Ablehnung des Vertreters durch die Behörde (vgl § 84 BAO). Ähnliche Tätigkeit ist nämlich stets dadurch gekennzeichnet, daß wenig stens eine der nach einschlägigem Berufs- oder Standesrecht geforderten Voraussetzungen fehlt (vgl Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, § 22 Tz 48). Das Risiko der Bestrafung und/oder der Ablehnung schließt daher die tatsächliche Entfaltung der einem Wirtschaftstreuhänder ähnlichen Tätigkeit nicht in einer Weise aus, daß die vom Gesetzgeber ins Auge gefaßte ähnliche Tätigkeit keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Dem Gesetzgeber mußte bei Schaffung des § 22 Abs 1 Z 1 EStG im Hinblick auf die einschlägigen berufsrechtlichen Vorschriften klar gewesen sein, daß die Entfaltung einer ähnlichen Tätigkeit häufig nur unter Verstoß gegen - in der Regel strafbewehrte - Vorschriften erfolgen kann. Im übrigen bliebe auch nach Ausscheiden geschützter Berufe noch ein ausreichendes Anwendungsfeld für § 22 Abs 1 Z 1 EStG. Mit der Ähnlichkeitsbestimmung wird nämlich nicht gewährleistet, daß es zu jedem gesetzlich typisierten Berufsbild eine als ähnlich zu behandelnde Tätigkeit geben muß.

Der Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften geht schon deswegen ins Leere, weil der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Verfahrensrüge nicht behauptet, eine Vertretungstätigkeit entfaltet zu haben, die der eines Wirtschaftstreuhänders ähnlich sei. Es erübrigten sich daher weitere Ermittlungen, inwieweit der Beschwerdeführer eine Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiet des Abgabenrechtes erbracht habe.

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher weder inhaltliche Rechtswidrigkeit noch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung vom 17. April 1989, BGBl Nr 206, insbesondere deren Art III.

Hinsichtlich der (noch) nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisse wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl Nr 45/1965, erinnert.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte