VwGH 86/18/0122

VwGH86/18/012212.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, Dr. Domittner und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Brauhart, über die Beschwerde der Xreg. Genossenschaft mit beschränkter Haftung in S, vertreten durch Dr. Peter Smetana, Rechtsanwalt in Mödling, Hauptstraße 51, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Jänner 1986, Zl. I/7-St-R-84147, betreffend Entfernung einer Ankündigung, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84;
StVO 1960 §84 Abs2;
StVO 1960 §84;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Jänner 1986 wurde neben anderen Bescheidadressaten auch der Beschwerdeführerin gemäß § 84 Abs. 4 StVO 1960 aufgetragen, die neben der Bundesstraße 19 bei Straßen-km 24,100 etwa 40 bis 50 m vom rechten Fahrbahnrand in Fahrtrichtung Tulln gesehen auf der Parzelle Nr. n1, Marktgemeinde L, KG A, auf einer Tafel im Format von ca. 1,25 x 6 m angebrachte Ankündigung mit folgendem Wortlaut: in grüner Schrift "XY" und in roter Schrift "YYYY", wobei links und rechts des fünfzeiligen Textes die Firmensymbole in grüner Farbe mit roter Umrandung angebracht sind, binnen zwei Wochen zu entfernen. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, nach dem von den Teilnehmern des Ortsaugenscheines am 9. Jänner 1985 unwidersprochen gebliebenen Ergebnis des Ortsaugenscheines sei die gegenständliche Ankündigungstafel in einer Entfernung von 40 bis 50 m vom Fahrbahnrand der Bundesstraße 19 entfernt aufgestellt. Bei dieser Verhandlung seien Vertreter sämtlicher X anwesend gewesen, niemand habe gegen die Feststellung bezüglich der Entfernung der Ankündigungstafel vom Fahrbahnrand Widerspruch erhoben. Bezüglich der Richtigkeit der Entfernungsangaben bestünden daher bei der Berufungsbehörde nicht die geringsten Bedenken. Der Einwand der betroffenen X, sie könnten die festgestellten Entfernungsangaben nicht als richtig anerkennen, weil die Entfernung nicht gemessen, sondern nur geschätzt worden sei, könne nur als Verzögerungstaktik gewertet werden. Einen derartigen Einwand hätten die X sofort beim Ortsaugenschein vorbringen müssen. Da dies nicht, geschehen sei, müsse angenommen werden, dass sämtlichen Vertretern der X die in der Verhandlungsschrift festgehaltenen Entfernungsangaben als unbedenklich erschienen seien.

Weiters werde in der Berufung der Beschwerdeführerin vorgebracht, die Tafel sei nicht fahrbahnparallel angebracht, sondern in einem spitzen Winkel zur Fahrbahn. Von dem Punkt aus, von dem der Abstand der Tafel zum Straßenrand geschätzt worden sei, sei die Aufschrift auf der Tafel für die Verkehrsteilnehmer nicht zu sehen. Sofern die Entfernung der Tafel richtig vermessen worden sei, müsse auf die Lesbarkeit bzw. auf die Erkennbarkeit der Aufschrift Bedacht genommen werden. Die Lesbarkeit der Aufschrift auf der Tafel sei jedoch sicherlich nur aus einer Entfernung von weit über 100 bzw. 200 m vom Straßenrand entfernt gegeben. Diesem Vorbringen hielt die belangte Behörde entgegen, nach § 84 Abs. 2 StVO 1960 sei das Verbot der Werbungen und Ankündigungen nicht von der Lesbarkeit, sondern von der Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand abhängig, sodass sich die belangte Behörde den diesbezüglicher Argumenten der Beschwerdeführerin nicht anschließen könne.

Bei dem vorliegenden Text handle es sich auch um eine Ankündigung im Sinne des Gesetzes. Zum Begriff der "Ankündigung" gehöre der Hinweis auf einen anderen Ort oder eine Verweisung auf die Zukunft. Dieses Erfordernis erfülle der in Rede stehende Text. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass manche der angegebenen Orte nicht in der Fahrtrichtung, aus der die Tafel lesbar sei, liegen und dass eine Ortschaft H im strengen Sinn nicht existiere. Die auf der Bundesstraße 19 aus Richtung Asparn kommenden und in Richtung Tulln fahrenden Fahrzeuglenker würden jedenfalls darauf hingewiesen, dass sie in L und im Gebiet von H, somit an einem anderen Ort, als an dem sie sich im Augenblick befänden, mit dem Vorhandensein einer X rechnen könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 sind - von der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen des Abs. 1 leg. cit. abgesehen - außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Nach dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde, wenn eine Werbung oder Ankündigung entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung nach Abs. 3 angebracht worden ist, den Besitzer oder Verfügungsberechtigten mit Bescheid zu verpflichten, die Werbung oder Ankündigung zu entfernen. Zweck dieser Bestimmung ist es, die Aufmerksamkeit der Straßenbenützer, vor allem der Kraftfahrer, durch Werbungen und Ankündigungen am Fahrbahnrand nicht zu beeinträchtigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1966, S1g. N. F. Nr. 6853/A).

Dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Werbung handelt, ist unbestritten. Es bleibt zu untersuchen, ob die Rechtsansicht der belangten Behörde richtig ist, dass eine Ankündigung vorliegt.

Zum Begriff der Ankündigung im hier maßgebenden Sinn gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Hinweis auf einen anderen Ort oder eine Verweisung auf die Zukunft (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1985, Zl. 85/18/0201 und die dort zitierte Vorjudikatur). Um von einer Ankündigung im räumlichen Sinn sprechen zu können, ist es nicht erforderlich, dass sie mit Entfernungsangaben, Richtungspfeilen oder ähnlichem verbunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1972, Slg. N. F. Nr. 8157/A). Entscheidend ist vielmehr, dass im Betrachter der Anschein erweckt wird, er könne an einem anderen Ort als dem der Ankündigung mit deren Verwirklichung rechnen. Welche subjektive Absicht mit der Errichtung des Hinweises verbunden war, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos.

Der in Rede stehende Text erfüllt nun zweifellos diese Definition der Ankündigung, kann er doch vom Betrachter - unabhängig ob er auch die einzelnen Ortsnamen lesen kann nicht anders verstanden werden, als dass er (in näherer oder weiterer Entfernung) mit dem Vorhandensein einer Einrichtung des XY rechnen kann. Dass die Errichter dieser Ankündigung damit, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, subjektiv die Zusammensetzung des "XY" dokumentieren wollten, ist, da es - wie ausgeführt - auf die subjektive Absicht des Errichters nicht ankommt, bedeutungslos.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher darin, dass die belangte Behörde den fraglichen Text als Ankündigung im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO 1960 wertete, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Ebenso wenig ist der belangten Behörde bei der Feststellung, die Ankündigungstafel sei in einer Entfernung von 40 bis 50 m vom Fahrbahnrand der Bundesstraße 19 aufgestellt, eine Rechtswidrigkeit unterlaufen. Diese Feststellung gewann die belangte Behörde im Wege der Beweiswürdigung, welche der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zufolge des in § 45 Abs. 2 AVG 1950 niedergelegten Grundsatzes der freien Beweiswürdigung nur in die Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Ob eine vorgenommene Beweiswürdigung richtig in dem Sinn ist, dass z.B. die Version der belangten Behörde und nicht jene des Beschwerdeführers den Tatsachen entspricht, vermag der Verwaltungsgerichtshof dagegen nicht nachzuprüfen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. N. F. Nr. 8619/A).

Der Verwaltungsgerichtshof kann darin, dass im vorliegenden Fall die in Rede stehende Entfernung nur geschätzt und nicht exakt vermessen wurde, einen Verfahrensmangel deshalb nicht erblicken, weil es für das Ergebnis des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens allein entscheidend ist, ob die Ankündigungstafel mehr oder weniger als 100 m vom Fahrbahnrand entfernt steht. Bei einem Schätzergebnis von 40 bis 50 m besteht nun auch bei verhältnismäßig ungenauer Schätzung nicht die Gefahr, dass dabei ein verfahrensentscheidender Fehler unterlaufen ist. Dazu kommt noch, dass die Beschwerdeführerin - die sich in der mündlichen Verhandlung vom 9. Jänner 1985 "mit dem bisherigen Verhandlungsergebnis" und damit auch mit dem in dieser Verhandlung gewonnenen Schätzergebnis, "einverstanden" erklärte - im Verwaltungsverfahren niemals die Behauptung aufstellte, die in Rede stehende Entfernung betrage mehr als 100 m. Sie vertrat lediglich den Standpunkt, die Ankündigung sei nur aus einer Entfernung von mehr als 100 m einseh- und lesbar.

Zu Unrecht wirft die Beschwerde schließlich der belangten Behörde vor, sie vertrete die Rechtsansicht, auch eine Tafel, deren Aufschrift nicht gelesen werden könne, sei geeignet, den Tatbestand des § 84 Abs. 2 StVO 1960 zu erfüllen. Im richtigen Zusammenhang gelesen, vertritt die belangte Behörde vielmehr im angefochtenen Bescheid die im Verwaltungsverfahren allein strittige Rechtsansicht, die in der zitierten Gesetzesstelle genannte 100 m-Entfernung sei ohne Rücksicht auf die Lesbarkeit von dort aus im rechten Winkel von der Straße und nicht von jenem Punkt aus zu messen, von wo aus sie bei Annäherung auf der Straße zuletzt gesehen oder gelesen werden könne. Diese Rechtsansicht der belangten Behörde steht aber nicht im Widerspruch zum Gesetz.

Da sich die Beschwerde somit in allen Punkten als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 12. September 1986

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