VwGH 85/14/0149

VwGH85/14/01494.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführers Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde des Dr. W H in W, vertreten durch Dr. Ernst Chalupsky, Rechtsanwalt in Wels, Bahnhofstraße 10, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat III, vom 27. August 1985, Zl. 14/6/3‑BK/Fr‑1985, betreffend Einkommensteuer 1981, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §34

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985140149.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.930,‑ ‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

 

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Wirtschaftstreuhänder, machte für das Streitjahr (1981) Zahnbehandlungskosten in Höhe von S 156.060,‑ ‑ als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt anerkannte bei der Einkommensteuerveranlagung nur einen Betrag von S 60.000,‑ ‑, da auch mit diesem Betrag bei der in Frage stehenden Gebißsanierung das Auslangen hätte gefunden werden können. Eine Zahnbehandlung um S 156.060,‑ ‑ hätte sich ein Großteil der Bevölkerung nicht leisten können.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und zeigte im Rechtsmittelverfahren unter Vorlage von Unterlagen des behandelnden Arztes auf, daß die Zahnbehandlung notwendig und preislich angemessen gewesen wäre. Nur die Gebißsanierung in der Art und Weise, wie sie der behandelnde Zahnarzt vorgenommen habe, hätte die Kaufunktion der Zähne erhalten können. Der Umfang der Arbeiten sei darauf zurückzuführen, daß der Beschwerdeführer über zwanzig Jahre hin falsch behandelt worden sei. Die Leistungsfähigkeit des Großteils der Bevölkerung sei kein Tatbestandsmerkmal des § 34 EStG 1972. Abgesehen davon hätte sich bei gleicher Krankheit auch ein Großteil der Bevölkerung die Gebißsanierung ‑ wenn auch verteilt auf mehrere Jahre ‑ geleistet.

Der behandelnde Arzt legte in einem „zahnärztlichen Attest“ dar, infolge jahrelanger nur notdürftiger Versorgung von Einzelzähnen und gänzlicher Vernachlässigung einer Parodontalbehandlung sei es zur Entwicklung einer ausgedehnten, beide Kieferhälften betreffenden Parodontose gekommen. Elf Zähne seien durch Parodontose stark gelockert gewesen und hätten extrahiert werden müssen. Um das verbleibende Restgebiß, das ebenso parodontale Schäden aufgewiesen habe, für längere Zeit erhalten zu können, sei eine optimale Schienung erforderlich gewesen. Die Versorgung des Gebisses mit Klammerkronen und abnehmbarer Prothesen sei im vorliegenden Fall deshalb nicht angezeigt gewesen, weil die Lebensdauer dieser Konstruktionen infolge Überlastung des Restgebisses nur wenige Jahre betragen hätte. Das wiederum hätte zum weiteren Verlust mehrerer Zähne geführt und damit zu einer Verschlechterung der Kauleistung, in weiterer Folge zu einer vermehrten Belastung (Schädigung) des Verdauungstraktes und Beeinträchtigung des gesamten Organismus. Aus diesem Grunde hätten zwei festsitzende Brücken im Oberkiefer und Unterkiefer angefertigt werden müssen, und zwar ziemlich gleichzeitig (Behandlungszeitraum: Juni 1981 bis November 1981), denn nur so hätten kaufunktionell richtige Verhältnisse hergestellt werden können. Dadurch sei eine möglichst lange Gesunderhaltung des Gebisses gewährleistet.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten des zahnärztlichen Chefarztes der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ein, in dem es unter anderem heißt, anhand der Röntgenbilder könne festgestellt werden, daß es sich um ein sehr fortgeschrittenes Zustandsbild einer Parodontose handle. Zahnfleisch und Kieferknochen seien bei mehreren Zähnen soweit geschwunden, daß die Zahnwurzel oft nur mehr 2 mm im Kieferknochen stecke. Dies habe, wie im vorliegenden zahnärztlichen Attest richtig angegeben werde, die Extraktion der elf stark gelockerten Zähne erfordert. Die verbleibenden Zähne zeigten geringergradige parodontotische Veränderungen. Sicher sei, daß auch ein sehr gut angepaßter, abnehmbarer Zahnersatz eine gewisse Eigenbeweglichkeit behalte und schon parodontal geschädigte Klammerzähne in Kürze so lockere, daß sie gezogen werden müßten. In den meisten Fällen sei dieser Verlauf einer Parodontose mit dem relativ schnellen Verlust aller Zähne nicht längerfristig beeinflußbar. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Ausnahme, da die Stellung der erhaltungswürdigen Zähne im Ober‑ und Unterkiefer so günstig sei, daß mit einem festsitzenden Zahnersatz ‑ und zwar nur mit diesem ‑ der Erhalt dieser Zähne über einen längeren Zeitraum gewährleistet sei. Die kosmetische Komponente spiele hier weniger eine Rolle, da häufig bei einem abnehmbaren Zahnersatz die Zähne lebendiger aufgestellt werden könnten als bei einer starren Brückenkonstruktion. Die Kosten der Behandlung für eine 12‑gliedrige Brücke im Oberkiefer und eine 14‑gliedrige Brücke im Unterkiefer inklusive vier Geschiebeteilen entspreche dem empfohlenen Mindesttarif der Ärztekammer für Oberösterreich aus dem Jahre 1981.

Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid dennoch keine Folge, wobei sie auf Grund des Gutachtens des zahnärztlichen Chefarztes der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse davon ausging, daß die Sanierung des Gebisses in der vorliegenden Form eine zwar kostspielige, aber ‑ vor allem auch medizinisch ‑ optimale Versorgung dargestellt habe. Gestützt auf deutsches Schrifttum kam die belangte Behörde jedoch zur Auffassung, es könne nur ein Teilaufwand von S 60.000,‑ ‑ als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, weil sich die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung eine derart aufwendige Sanierung nicht hätte leisten können, sondern auch beim bestehenden Krankheitsbild mit den Mitteln der Sozialmedizin hätte das Auslangen finden müssen (Kostenbelastung des Versicherten für zwei Metallgerüstprothesen zirka S 8.000,‑ ‑). Die Frage der Zwangsläufigkeit einer aus dem Jahreseinkommen zu finanzierenden Gebißsanierung hätte sich eben für die Mehrzahl der Österreicher gar nicht gestellt, weil sie nicht in der Lage gewesen wären, diesen Betrag auf einmal aufzubringen. Der Begriff der Zwangsläufigkeit sei nicht subjektiv, sondern objektiv zu sehen. Zwangsläufigkeit bedinge, daß jener, der sich ihr ausgeliefert sehe, nur so und nicht anders handeln könne; weil er sich nicht bloß bemüßigt fühle, sondern weil er gezwungen sei, so zu handeln. Es könne also ein Aufwand dann nicht zur Gänze zwangsläufig sein, wenn die überwiegende Mehrheit der Steuerpflichtigen sich dieser Zwangsläufigkeit entziehen müßte. Mit S 60.000,‑ ‑ sei der ‑ maximale ‑ Aufwand geschätzt worden, der in einer vergleichsweisen Situation von eben dieser Mehrheit der Steuerpflichtigen zwangsläufig getragen würde. Der Beschwerdeführer habe in den Jahren von 1979 bis 1981 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von durchschnittlich rund S 500.000,‑ ‑ bezogen, sein Vermögen zum 1. Jänner 1981 habe laut Bescheid S 663.000,‑ ‑ betragen. Auch die Ehegattin des Beschwerdeführers sei berufstätig.

Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und „vorsichtshalber“ dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die belangte Behörde erstattete zur Beschwerde eine Gegenschrift und beantragte darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das auch dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Gutachten des zahnärztlichen Chefarztes der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse weist seinem ganzen Inhalt nach (übereinstimmend mit dem Attest des behandelnden Arztes) darauf hin, daß beim Beschwerdeführer eine notwendige Gebißsanierung stattfand. Der angefochtene Bescheid enthält keine Feststellung, daß dem Beschwerdeführer die Kosten der Gebißsanierung aus medizinischer Sicht nicht zwangsläufig erwachsen wären. Die belangte Behörde verneint im angefochtenen Bescheid eine Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1972 jedoch mit der Begründung, „daß sich die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung eine derart aufwendige Sanierung nicht hätte leisten können“. Die belangte Behörde mißt damit einem Gesichtspunkt wesentliche Bedeutung bei, der weder dem Sinn noch dem Wortlaut des § 34 EStG 1972 zu entnehmen ist.

2. Wie Hofstätter‑Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 34 EStG 1972 allgemein Tz 2, zutreffend ausführen, ist einer der Grundgedanken, der dem § 34 zugrunde liegt, der Umstand, daß das durch § 2 Abs. 2 EStG 1972 definierte Einkommen des Steuerpflichtigen unter Bedachtnahme auf familienrechtliche Sorgepflichten bloß einen generellen Maßstab für die Beurteilung seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit und damit für die Erstellung eines den durchschnittlichen Lebensverhältnissen entsprechenden Steuertarifes abgeben kann. Der Steuerpflichtige kann aber während des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht jederzeit in Ausnahmssituationen geraten und dadurch zu Aufwendungen gezwungen sein, die sein Einkommen belasten, aber bei der Erstellung des normalen Tarifes notwendigerweise unberücksichtigt bleiben müssen. Die Tarifbegünstigung des § 34 EStG 1972 soll nun diesen Belastungen Rechnung tragen. Dem Sinn des § 34 EStG 1972 entspräche es nicht, wenn die grundsätzlich an das tatsächliche Einkommen des Steuerpflichtigen anknüpfende tarifmäßige Steuerbelastung nicht auch um die im tatsächlich erwachsenden außergewöhnlichen Belastungen, sondern um eine bloß fiktive durchschnittliche Belastung gemindert würde.

3. Zwangsläufig erwächst eine Belastung dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1972 dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Ob dies der Fall ist, kann allein anhand der Verhältnisse des Einzelfalles beantwortet werden; eine typisierende Betrachtungsweise ‑ etwa orientiert an dem, was sich die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung leisten kann ‑ ist demnach ausgeschlossen (siehe Hofstätter‑Reichel, a.a.O., § 34 Abs. 3 EStG 1972 Tz 1). Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß eine Belastung, der sich der Steuerpflichtige aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, deshalb nicht zwangsläufig wäre, weil die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung eine gleiche Belastung nicht tragen könnte.

4. Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1972 liegt eine außergewöhnliche Belastung, die zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer führt, vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig (Abs. 3) größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit bilden demnach untrennbare Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung. Ein Kriterium der Außergewöhnlichkeit einer Belastung liegt darin, daß einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse erwachsen. Gute (hohe) Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse fordern einen Vergleich dahingehend, ob die zwangsläufigen Aufwendungen des Steuerpflichtigen höher sind als jene der Mehrzahl der Steuerpflichtigen in gleich hohen Einkommens‑ und Vermögensverhältnissen. Dies spricht ebenfalls gegen eine Bedachtnahme auf die (durch die Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse repräsentierte) Leistungsfähigkeit der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung.

5. Zudem enthält das Gesetz ‑ in § 34 Abs. 4 ‑ unmittelbar eine Anordnung, wie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen ist. Darnach kommen zwangsläufig erwachsene Aufwendungen bei hohen Einkommen ohnedies nur mit einem geringeren Prozentsatz zum Zug als bei niedrigen Einkommen. Es hätte einer ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers bedurft, wenn Aufwendungen, denen sich der Steuerpflichtige aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, überdies nur mit einem an der Leistungsfähigkeit der überwiegenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung orientierten Betrag hätten berücksichtigt werden sollen.

6. Das Gesetz bietet weiters keinen Anhaltspunkt dafür, daß zwischen Aufwendungen, die aus tatsächlichen Gründen erwachsen, und solchen aus rechtlichen oder sittlichen Gründen bedingten bezüglich ihres als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigenden Ausmaßes zu differenzieren wäre. Bei aus rechtlichen oder sittlichen Gründen gebotenen Aufwendungen hat der Verwaltungsgerichtshof stets jene Beträge als berücksichtigungsfähig angesehen, die der Steuerpflichtige nach seinen jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnissen zu leisten hatte, ohne Rücksicht darauf, ob sie für die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung tragbar waren oder nicht. Verwiesen sei abermals auf Hofstätter‑Reichel, a.a.O., § 34 EStG 1972, Einzelfälle, Heiratsgut und Heiratsausstattung sowie Unterhaltsleistung, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es kann darnach keinem Zweifel unterliegen, daß z.B. einen Steuerpflichtigen, der mehr als die überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung verdient, höhere Unterhaltsverpflichtungen als die Mehrheit treffen können und die höheren Unterhaltsleistungen nicht etwa deshalb vom Abzug als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind, weil sie die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung nicht aufbringen könnte. Im Erkenntnis vom 19. Juni 1962, Zl. 269/60, Slg. Nr. 2669/F, kommt bezüglich Krankenhauskosten schlüssig zum Ausdruck, daß günstige wirtschaftliche Verhältnisse einem Steuerpflichtigen besondere Leistungen abfordern und eine bessere als die allgemein übliche medizinische Betreuung eines nächsten Angehörigen sittlich geboten erscheinen lassen können. Das Gesetz rechtfertigt bei den aus tatsächlichen Gründen erwachsenen Aufwendungen, zu denen die Kosten der eigenen medizinischen Betreuung zählen, keine andere Betrachtung als bei einer aus rechtlichen oder sittlichen Gründen erwachsenen Belastung: Maßgebend sind die Verhältnisse des Steuerpflichtigen und nicht jene der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung. Dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten gegenteiligen deutschen Schrifttum vermag sich der Verwaltungsgerichtshof daher nicht anzuschließen.

7. Auch die Auffassung der belangten Behörde, es hätte mit den „Mitteln der Sozialmedizin“ das Auslangen gefunden werden müssen, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht teilen; denn triftige medizinische Gründe lassen höhere Aufwendungen als die von Sozialversicherungsträgern finanzierten durchaus zwangsläufig erscheinen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Oktober 1960, Zl. 168/58, Slg. Nr. 2288/F, und vom 11. Juli 1961, Zl. 531/59). Der zahnärztliche Chefarzt der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse hat in seinem Gutachten diese Frage zutreffend beantwortet, wenn er einleitend darlegte, auch ärztliche Leistungen, für die ein Sozialversicherungsträger nicht Ersatz leiste („außervertragliche Leistungen“), könnten eine notwendige (oder zweckmäßige) Behandlung darstellen und es sei nur so, daß diese Leistungen jenseits der Grenzen einer Finanzierbarkeit durch die soziale Krankenversicherung lägen. Daß im Beschwerdefall eine notwendige Gebißsanierung stattfand und triftige medizinische Gründe den Beschwerdeführer zu dieser Behandlung verhielten, haben behandelnder Arzt und Gutachter hinreichend (und im angefochtenen Bescheid unwiderlegt) aufgezeigt. Der Umstand, daß beim Beschwerdeführer noch keine Schädigung des Verdauungstraktes eingetreten war, sondern daß die Gebißsanierung einer solchen Schädigung lediglich vorbeugen sollte, nimmt den Aufwendungen entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht das Merkmal der Zwangsläufigkeit.

8. Die von der belangten Behörde in der Gegenschrift zitierte Kommentarstelle bei Hofstätter Reichel, a.a.O., § 34 Abs. 3 EStG 1972 Tz 2, spricht eher gegen denn für ihren Standpunkt, wenn es dort heißt, eine enge Auslegung (bezüglich der Höhe der Aufwendungen) werde vor allem dann zulässig sein, wenn es um die Beurteilung von Ausgaben im Rahmen einer gehobenen Lebensführung oder mit Repräsentationscharakter gehe, während eine gleichenge Begrenzung im Falle von Krankenbehandlungskosten in der Regel nicht zu ziehen sei. Die Honorierung der Arztleistung (Gebißsanierung) nach dem Mindesttarif der Ärztekammer erscheint schließlich auch angemessen im Sinne des (von der belangten Behörde ebenfalls zitierten) hg. Erkenntnisses vom 20. September 1978, Zl. 2529/76, Slg. Nr. 5297/F.

9. Der angefochtene Bescheid beruht sohin auf einem Rechtsirrtum der belangten Behörde. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Eingabengebühr war nur je Eingabe (Schrift) und nicht je Bogen zu entrichten.

Wien, am 4. März 1986

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