Normen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985130076.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wies in ihren für die Streitjahre abgegebenen Einkommensteuererklärungen neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Kapitalvermögen auch solche aus Vermietung und Verpachtung aus. Unter den letztgenannten befanden sich jeweils auch „in Österreich nicht steuerpflichtige“ Einkünfte aus der Vermietung eines Hauses der Beschwerdeführerin in Holland.
Sowohl bei der im Oktober 1980 erfolgten Veranlagung des Jahres 1979 als auch bei der im September 1981 durchgeführten Veranlagung des Jahres 1980 trug das Finanzamt in dem jeweiligen für die elektronische Datenverarbeitung bestimmten Eingabeteil der Abgabenerklärungen die von der Beschwerdeführerin in Holland erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in die Zeile „Zubilligung des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 EStG für außerordentliche Einkünfte“ ein. Dies geschah im Gegensatz zu der Vorgangsweise in den Vorjahren, in welchen die genannten Einkünfte für die Berechnung der Einkommensteuer nach dem Progressionsvorbehalt herangezogen wurden. Die Einkommensteuer betrug für 1979 S 144.935,-- und für 1980 S 119.237,--. Die beiden Einkommensteuerbescheide erwuchsen in Rechtskraft.
Unbestrittenermaßen innerhalb der Frist gemäß § 302 Abs. 1 BAO erließ das Finanzamt für beide Streitjahre gemäß § 293 BAO berichtigte Einkommensteuerbescheide, in welchen nicht mehr die Besteuerung der Einkünfte aus der Vermietung des Hauses der Beschwerdeführerin in Holland gemäß § 37 EStG 1972 vorgenommen, sondern diese Einkünfte bei Ermittlung der „Einkommensteuer unter Progressionsvorbehalt“ berücksichtigt wurden. Die Einkommensteuer 1979 betrug nunmehr S 221.133,--, die für 1980 S 230.222,--.
Gegen die beiden Berichtigungsbescheide erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung, in welcher sie im wesentlichen das Vorliegen gemäß § 293 BAO berichtigungsfähiger Fehler bestritt. Nach Erlassung von für die beiden Streitjahre gesonderten Berufungsvorentscheidungen, in welchen das Finanzamt dem Rechtsmittelbegehren der Beschwerdeführerin, soweit es im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Relevanz ist, nicht Folge gegeben hat, wurde die Vorlage der Berufung an die belangte Behörde beantragt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat diese das Rechtsmittel hinsichtlich der noch in Streit stehenden Frage abgewiesen und diesbezüglich nach Zitierung des § 293 Abs. 1 BAO sowie unter Hinweis auf eine Reihe hg. Erkenntnisse begründend ausgeführt:
Wie aus den Bleistiftentwürfen zur Berechnung der Progressionseinkünfte für 1979/1980 sowie aus den als Eingabebogen dienenden Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre erkennbar sei, hätte das Finanzamt die dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfenden ausländischen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit Absicht aus dem Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Einkünfte ausgeschieden, „wie es den Vorschriften über die Anwendung des Progressionsvorbehaltes entspricht“. Der fälschlichen Eintragung des richtig ermittelten Betrages in das Datenfeld neben Kennziffer 423 statt richtig neben Kennziffer 440 sei es zuzuschreiben, daß die „Progressionseinkünfte“ den auf das steuerpflichtige Einkommen anzuwendenden Progressionstarif nicht beeinflußt hätten, „sondern daß ein anderer, allerdings jeweils den Progressionseinkünften in der Höhe nach genau entsprechender Teil der steuerpflichtigen Einkünfte dem Hälftesteuersatz des § 37 Abs. 1 für außerordentliche Einkünfte unterworfen wurde“.
Diese Vorgangswiese, die zwar nach dem jeweiligen Bescheidausdruck mangels Hinweis auf das Vorliegen von Progressionseinkünften keinen für die Beschwerdeführerin unmittelbar ablesbaren Widerspruch bewirkt habe, bei Kenntnis des vollen Akteninhaltes aber keinen wie immer gearteten Sinn ergeben würde, sei nur mit der fehlerhaften Platzierung des Betrages der Progressionseinkünfte zu erklären. Der Vermutung der Beschwerdeführerin, daß der Approbant wegen Vorliegens des fehlerhaften Einkommensteuerbescheides 1979 mit seiner Unterschrift oder den gleichfalls fehlerhaften Eingabebogen für 1980 einer irrigen Rechtsauffassung Ausdruck verliehen habe, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen. „Es ist logisch nicht nachvollziehbar“, daß der Veranlagungsgruppenleiter, „ein dienstgeprüfter Beamter der Dienstklasse VII“, auf Grund eines Rechtsirrtums über die Wirkungsweise des Progressionsvorbehaltes die Progressionseinkünfte einerseits aus dem zu versteuernden Einkommen ausgeschieden und andererseits das restliche steuerpflichtige Einkommen mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert habe, „obwohl Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht unter die Außerordentlichen Einkünfte gezählt werden können“. Der vielmehr näherliegende Schluß, daß „versehentlich“ das Datenfeld neben der falschen Kennziffer ausgefüllt „weil ... die Auswirkung auf den automatisierten Bescheid 1979 gar nicht“ beachtet worden sei, finde in der Aktenlage Deckung.
Die Berichtigungsfähigkeit des Eingabefehlers sei daher in beiden Jahren gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde. In dieser würde, für den Fall, daß der Verfassungsgerichtshof den an ihn gestellten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht entsprechen würde, die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt. Diesbezüglich enthält der Schriftsatz bereits ein entsprechendes Beschwerdevorbringen, an dessen Ende beantragt wird, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben. Mit Beschluß vom 23. Februar 1985, B 845/84‑3, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Es ist nur strittig, ob die die Beschwerdeführerin betreffenden Einkommensteuerbescheide für 1979 und 1980, in welchen unbestrittenermaßen zu Unrecht Einkünfte, welche die Beschwerdeführerin durch Vermietung eines Hauses in Holland erzielte, anstatt daß sie zur Berechnung der Einkommensteuer nach dem Progressionsvorbehalt herangezogen worden wären, von der in Österreich zu besteuernden Bemessungsgrundlage, in der sie gar nicht enthalten waren, abgezogen und gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1972 versteuert wurden, nach § 293 BAO berichtigt werden dürfen oder nicht.
§ 293 Abs. 1 BAO normiert, daß die Abgabenbehörde in ihrem Bescheid unterlaufene Schreib- oder Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich aus dem Einsatz einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen kann.
Die Einrichtung des § 293 BAO dient nicht dazu, Irrtümer der Behörde bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen (vgl. hg. Erkenntnis vom 28. November 1979, Zl. 1429/79), sondern nur zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens vom Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Dabei sollte die durch die BAO‑Novelle, BGBl. Nr. 151/1980, vorgenommene Ausdehnung des § 293 Abs. 1 BAO ‑ wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage hervorgeht ausdrücklich dem Umstand Rechnung tragen, daß auch bei der Unterstützung durch eine automatisierte Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, daß der Bescheid anders lautet als die Abgabenbehörde beabsichtigt hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1982, Zl. 82/13/0122).
Im Streitfall ist aus den Verwaltungsakten, ungeachtet des Umstandes, daß der in Rede stehende Fehler in zwei aufeinanderfolgenden Veranlagungsjahren begangen wurde, nicht zu erkennen, daß das Finanzamt infolge einer unrichtigen Annahme des Sachverhaltes oder infolge eines Rechtsirrtums im Gegensatz zu den Vorjahren tatsächlich beabsichtigte, die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus der Vermietung ihres Hauses in Holland anstatt sie bei der Ermittlung der Einkommensteuer unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes heranzuziehen, dem Hälftesteuersatz nach § 37 Abs. 1 EStG 1972 zu unterwerfen. Vielmehr ergibt sich aus der geübten Vorgangsweise, abgesehen von dem handschriftlichen Vermerk des Veranlagungsbeamten auf der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1979, welcher neben der Umrechnung der in holländischen Gulden angegebenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Schillingwährung die Worte „für Progressionsvorbehalt !!“ enthält, daß das Finanzamt in den Streitjahren gleich wie anläßlich der vorangegangenen Veranlagungen vorgehen wollte; mit Recht verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang sinngemäß darauf, daß die Behörde erster Instanz in den in Streit stehenden Veranlagungsjahren die fraglichen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die von der Beschwerdeführerin selbst als „in Österreich nicht steuerpflichtig“ bezeichnet wurden, in dem als Eingabebogen für die elektronische Datenverarbeitung dienenden Teil der Abgabenerklärungen einerseits aus den gesamten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeschieden, andererseits jedoch wenige Zeilen später den gleichen Betrag als gemäß § 37 EStG 1972 zu versteuernde Einkünfte ausgewiesen hat. Der Wille des Finanzamtes ging nach Ausscheiden der dem österreichischen Besteuerungsrecht unbestrittenermaßen entzogenen Einkünfte einer ausländischen Einkunftsquelle aus der Besteuerungsgrundlage mit Sicherheit nur dahin, dieselben für Zwecke der Ermittlung des Progressionssatzes anzusetzen. Hätte der Beamte, nach dessen Eintragung der strittigen Einkünfte in eine falsche Zeile des Eingabebogens die elektronische Datenverarbeitung die betreffenden Einkommensteuerbescheide 1979 und 1980 ausdruckte, die weitere Bemessung selbst durchzuführen gehabt, dann hätte er die Besteuerung der Einkünfte, von weichen er offenbar erkannte, daß sie in Österreich nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen waren, nicht bzw. im Wege eines einer Berichtigung nach § 293 BAO zugänglichen einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlichen Versehens („Flüchtigkeitsfehler“ - vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Wien 1980, Seite 693 ff und die dort angeführte hg. Judikatur) vorgenommen. Die Tatsache, daß die in Rede stehenden Unrichtigkeiten - als solche mußten sie der Beschwerdeführerin im Hinblick sowohl auf die Veranlagungen der Vorjahre als auch auf ihre in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre vorgenommene eigene Beurteilung der fraglichen Einkünfte, wonach diese in Österreich „nicht steuerpflichtig“ seien, durchaus erkennbar erscheinen ‑ gegen den Willen der Behörde in der Folge durch den programmierten Ablauf des maschinellen Veranlagungsverfahrens tatsächlich eingetreten sind und in den ausgedruckten Bescheiden ihren Niederschlag fanden, beruht daher ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage (siehe auch die vergleichbare Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes BStBl. 1967 III Seite 793, und BStBl. 1980 II Seite 62).
Wenn in der Beschwerde schließlich zum Ausdruck gebracht wird, die Beschwerdeführerin sei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Vertrauen auf rechtskräftige Bescheide verletzt worden, so ist dem entgegenzuhalten, daß, wie der Gerichtshof bereits in dem Erkenntnis vom 13. Oktober 1982, Zl. 82/13/0122, ausgesprochen hat, der in § 114 BAO normierte Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erfordert, daß Fehler bei der Steuerbemessung mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln vermieden oder beseitigt werden müssen.
Da die belangte Behörde somit durch die Bestätigung der vom Finanzamt vorgenommenen Bescheidberichtigungen das Gesetz nicht verletzt hat, erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 4. Juni 1986
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