VwGH 85/13/0015

VwGH85/13/001517.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Iro, Dr. Drexler und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Papierer, über die Beschwerde des Dr. PH in W, vertreten durch Dr. Peter Karl Wolf, Rechtsanwalt in Wien I, Schubertring 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Mai 1984, Zl. 6/3-3067/84, betreffend Einkommensteuer 1981, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §509;
EStG 1972 §7 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985130015.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Vertrag vom 13. Dezember 1976 schenkte die Mutter des Beschwerdeführers die Liegenschaft EZ nn, KG. F, ihrem Enkel (dem Sohn des Beschwerdeführers). Für die Geschenkgeberin und für den Fall ihres Todes für den Beschwerdeführer wurde das lebenslängliche und unbeschränkte Fruchtgenußrecht an dieser Liegenschaft vereinbart. Nach dem Tode der Mutter des Beschwerdeführers im Dezember 1980 ging das Fruchtgenußrecht auf diesen über.

In einem Gutachten des Sachverständigen WC vom 2. November 1981 wurde der Wert des Fruchtgenußrechtes mit S 1,200.00,-- geschätzt. Mit Notariatsakt vom 22. Dezember 1981 veräußerte der Beschwerdeführer dieses Recht um einen Betrag von S 1,000.000,-- an seine Gattin. In dem Notariatsakt wird ausdrücklich festgehalten, daß sich durch den in Rede stehenden Veräußerungsvorgang nur die Person des Fruchtgenußberechtigten ändert, insbesondere aber nicht die zeitliche Beschränkung des Fruchtgenußrechtes auf die Lebensdauer des Beschwerdeführers.

In der Einkommensteuererklärung 1981 machte der Beschwerdeführer hinsichtlich des Fruchtgenußrechtes eine Absetzung für Abnützung gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972 in Höhe von S 100.000,-- geltend.

Gegen den Bescheid, mit welchem das Finanzamt diesem Antrag nicht Folge gab, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, in welcher er im wesentlichen ausführte, daß die Vornahme der Absetzung für Abnutzung bei entgeltlichem Erwerb des Fruchtgenusses möglich sei. Das Fruchtgenußrecht sei demnach ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Entsprechend den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972 wäre im Falle eines unentgeltlichen Erwerbes bei Ermittlung der Absetzung für Abnutzung von den fiktiven Anschaffungskosten auszugehen. Vorliegendenfalls sei der tatsächliche Veräußerungserlös als Berechnungsbasis herangezogen worden.

Anläßlich der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung behauptete der Beschwerdeführer, er sei wirtschaftlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ. nn, KG. F, und beantragte für den Fall, daß die Vornahme einer Absetzung für Abnutzung vom Fruchtgenußrecht nicht zuerkannt werde, ihm "eine Absetzung für Abnutzung vom Gebäude zuzusprechen".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung abgewiesen und begründend nach Zitierung der §§ 16 Abs. 1 und 7 EStG 1972 im wesentlichen ausgeführt:

Wirtschaftsgüter, die der Abnutzung unterlägen, seien solche, deren Wert durch die Benutzung aufgezehrt würde, sei es, daß sie durch den Gebrauch in ihrer Substanz immer mehr vermindert und schließlich ganz aufgebraucht oder daß sie durch ihre Verwendung und Nutzung in ihrer Gebrauchsfähigkeit immer mehr herabgesetzt würden, bis sie schließlich ihre Fähigkeit, nutzbringend verwendet zu werden, in einem so hohen Maß eingebüßt hätten, daß ihre weitere betriebliche Verwendung nicht mehr zweckmäßig erscheine. Für Wirtschaftsgüter, die durch Benutzung oder Zeitablauf keine Wertminderung erführen, sei "keine AfA vorgesehen".

Eine Absetzung für Abnutzung komme auch für unkörperliche Sachen in Betracht, weil diese Wirtschaftsgüter zwar keiner Abnutzung, aber (für den Fall der zeitlichen Begrenzung) einer durch Zeitablauf bedingten Wertminderung unterliegen würden.

Bei immerwährenden Rechten sei mangels einer zeitlichen Begrenzung und mangels einer voraussehbaren bestimmten Dauer der Nutzung keine Absetzung für Abnutzung zulässig. Die Abnutzung eines Wirtschaftsgutes sei immer aus der Sicht des Eigentümers zu beurteilen.

Dem Beschwerdeführer sei das Fruchtgenußrecht auf Lebenszeit eingeräumt; d.h., aus seiner Sicht bestehe dieses Recht für ihn immerwährend. Durch Zeitablauf erfahre der Wert des Rechtes keine Minderung. Eine solche wäre nur für den Fall einer im voraus bestimmten Nutzungsdauer gegeben.

Da das strittige Fruchtgenußrecht keiner Wertminderung unterliege, könne eine Absetzung für Abnutzung nicht in Anspruch genommen werden.

Aber auch dem Eventualantrag, dem Beschwerdeführer müsse als wirtschaftlichem Eigentümer die Absetzung für Abnutzung hinsichtlich des Gebäudes zukommen, bleibe ein Erfolg versagt, "da allein aus der Tatsache eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes für den Eigentümer das wirtschaftliche Eigentum" des Beschwerdeführers "an der gegenständlichen Liegenschaft noch nicht abgeleitet werden kann".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 28. November 1984, B 644/84-5, hat dieser die Behandlung derselben abgelehnt und sie zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Mit Schriftsatz vom 19. Februar 1985 ergänzte der Beschwerdeführer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes seine Beschwerde und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall ist zunächst strittig, ob - wie in der Berufung ausgeführt wird - eine Absetzung für Abnutzung "von dem im Wege der Erbfolge und somit unentgeltlich erworbenen Fruchtgenußrecht" in Anspruch genommen werden kann oder nicht. Außer Streit steht demnach, daß der Beschwerdeführer das in Rede stehende Fruchtgenußrecht unentgeltlich erworben hat.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 7 EStG 1972, Tz. 5 Hagstätter-Reichel, Kommentar zu § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972, Tz. 3, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, 2. Auflage, Seite 199, und die jeweils angeführte hg. Judikatur), von welcher abzugehen der Verwaltungsgerichtshof auch im vorliegenden Fall keine Veranlassung sieht, ist vom Fruchtgenußrecht selbst eine Absetzung für Abnutzung nur dann zulässig, wenn dasselbe entgeltlich erworben wurde. Auf der Basis dieser Rechtsansicht aber hat die belangte Behörde eine Rechtswidrigkeit nicht zu vertreten, wenn sie in dem angefochtenen Bescheid zu der Auffassung gelangte, daß von dem in Rede stehenden, vom Beschwerdeführer unbestrittenermaßen unentgeltlich erworbenen Fruchtgenußrecht im Streitjahr eine Absetzung für Abnutzung nicht vorzunehmen sei.

Aber auch dem erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom Beschwerdeführer gestellten Eventualantrag, ihm als angeblichen wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes, auf welchem das Fruchtgenußrecht lastet, die Absetzung für Abnutzung hinsichtlich dieses Hauses zuzuerkennen, hat die belangte Behörde zu Recht keine Folge gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. z. B. hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1982, Zl. 81/14/0093, und die dort angeführte Judikatur und Literatur), von welcher abzugehen der Beschwerdefall keinen Anlaß bietet, die Auffassung, daß die AfA grundsätzlich nur dem zivilrechtlichen Eigentümer des betreffenden Wirtschaftsgutes und nicht dem Fruchtgenußberechtigten zusteht. Nur in den Ausnahmefällen, wenn die Befugnisse des Fruchtgenießers so weit gehen, daß er über das Wirtschaftsgut gleich einem Eigentümer schalten und walten kann und daher nicht bloß als Fruchtgenußberechtigter, sondern darüber hinaus als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist, kommt ihm die AfA zu. Der Beschwerdeführer hat nun zwar wirtschaftliches Eigentum am fraglichen Gebäude behauptet, in seinen diesbezüglichen aber eher spärlichen Ausführungen jedoch nie schlüssig begründet, warum ihm Befugnisse zustehen sollten, die über die eines "bloßen" Fruchtgenußberechtigten wesentlich hinausgehen. Steht doch dem Umstand - auf welchen allein sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang stützt -, daß "zur Sicherung und Erhaltung" des Fruchtgenußrechtes ein Veräußerungs- und Belastungsverbot hinsichtlich der fraglichen Liegenschaft zu seinen Gunsten begründet wurde, etwa die Tatsache gegenüber, daß die Bestimmung des § 513 ABGB vertraglich insofern eingeschränkt wurde, als der Fruchtgenußberechtigte nicht verbunden ist, "die dienstbare Sache als ein guter Haushalter in dem Stand, in welchem er sie übernommen hat, zu erhalten, und aus dem Ertrag die Ausbesserungen, Ergänzungen und Herstellungen zu besorgen", sondern daß er nur, insoweit als der Ertrag der Liegenschaft dazu ausreicht, verpflichtet ist, "die dem Fruchtgenuß unterliegende Sache in einem solchen Zustand zu erhalten, daß sie den jeweiligen baupolizeilichen Vorschriften entspricht". Bei dieser Sachlage und mangels weiterer diesbezüglicher Ausführungen des Beschwerdeführers - auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wurden solche nicht vorgebracht - durfte die belangte Behörde ohne sich einer Rechtswidrigkeit schuldig zu machen, die Ansicht vertreten, daß ein wirtschaftliches Eigentum des Beschwerdeführers an der strittigen Liegenschaft "nicht abgeleitet werden kann".

Da demnach die Beschwerde als unbegründet erscheint, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen, da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 17. September 1986

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