VwGH 83/11/0287

VwGH83/11/028717.6.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Gerscha, über die Beschwerde der X & Co. Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Herbert Schaller, Rechtsanwalt in Wien XV, Linke Wienzeile 296, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. September 1983, Zl. MA 70- VIII/T 26/82, betreffend Aufhebung der Zulassung eines Autokranes, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §44 Abs2 lita;
KFG 1967 §44 Abs2;
KFG 1967 §44 Abs2 lita;
KFG 1967 §44 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (Verkehrsamt) vom 15. Jänner 1982, adressiert an "Herrn X & Co.", wurde die Zulassung eines näher bezeichneten Autokranes mit dem Kennzeichen W nnn.nnn gemäß § 44 Abs. 2 lit. a KFG 1967 aufgehoben. In der Begründung wurde auf vier Aufforderungen zur Vorführung dieses Kraftfahrzeuges zur Überprüfung nach § 55 KFG 1967 verwiesen, denen nicht entsprochen worden sei.

Mit Schreiben vom 28. Jänner 1982 ersuchte die beschwerdeführende Gesellschaft "um Rücknahme des Kennzeichenentzuges", da sich das betreffende Kraftfahrzeug auf einer Auslandsbaustelle befinde; die Einsatzdauer werde voraussichtlich noch zwei Jahre dauern. Zum Nachweis ihrer Behauptungen schloß sie diesem Schreiben Ablichtungen von Zolldokumenten an.

Dieses Schreiben wurde von der belangten Behörde als rechtzeitig eingebrachte Berufung behandelt. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In ihrer Beschwerde macht die beschwerdeführende Gesellschaft Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt nicht vor. Es trifft zwar zu, daß gemäß § 40 Abs. 3 KFG 1967 der Landeshauptmann in erster Instanz über einen Antrag auf eingeschränkte Zulassung im Sinne des § 39 KFG 1967 - um eine solche handelt es sich beim gegenständlichen Fahrzeug - zu entscheiden hat. Tatsächlich wurde das Fahrzeug aber von der Bundespolizeidirektion Wien zugelassen. Zur Aufhebung der Zulassung nach § 44 Abs. 2 KFG 1967 ist jene Behörde zuständig, die das Fahrzeug zugelassen hat. Es war daher - ohne daß dem die angeführte Zuständigkeitsvorschrift entgegenstünde - zur beschwerdegegenständlichen Aufhebung der Zulassung in erster Instanz die Bundespolizeidirektion Wien und in zweiter und letzter Instanz der Landeshauptmann von Wien zuständig.

Die beschwerdeführende Gesellschaft rügt ferner, daß die belangte Behörde die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Vorführung des in Saudi-Arabien im Arbeitseinsatz befindlichen Fahrzeuges nicht berücksichtigt und sich mit der Feststellung begnügt habe, daß die Vorführung nicht tatsächlich unmöglich sei.

Damit ist die Beschwerde im Ergebnis im Recht. Nach § 44 Abs. 2 lit. a KFG 1967 kann die Zulassung aufgehoben werden, wenn der Aufforderung, ein Fahrzeug zur Überprüfung vorzuführen, wiederholt nicht entsprochen wurde. Wenngleich durch die Verwendung des Wortes "kann" in einer gesetzlichen Bestimmung nicht der vollziehenden Behörde Ermessen eingeräumt wird, ist dies im vorliegenden Zusammenhang dennoch der Fall. Der Gesetzgeber hat im § 44 Abs. 1 und Abs. 2 KFG 1967 zwei Aufhebungstatbestandsgruppen geschaffen, die sich vor allem dadurch unterscheiden, daß bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Fälle die Zulassung aufzuheben ist, bei Erfüllung eines der Tatbestände des Abs. 2 die Behörde die Zulassung aufheben kann. Die Behörde ist daher, stellt sie fest, daß ein Tatbestand des Abs. 2 erfüllt ist, vor die Frage gestellt, ob die Zulassung aus Gründen, die im Sinne des Gesetzes liegen, aufgehoben werden soll oder nicht. Sie hat dies auch entsprechend zu begründen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1984, Zl. 83/11/0051).

Im vorliegenden Fall ist unbestrittenermaßen der Tatbestand des § 44 Abs. 2 lit. a KFG 1967 erfüllt. Die beschwerdeführende Gesellschaft bestreitet auch nicht die Rechtmäßigkeit der an sie ergangenen Aufforderung zur Vorführung des beschwerdegegenständlichen Autokranes. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat dagegen keine Bedenken, da die im vorliegenden Zusammenhang in Betracht kommenden Regelungen des KFG 1967 nicht zwischen Kraftfahrzeugen, die sich im Inland befinden, und im Ausland befindlichen Kraftfahrzeugen unterscheiden.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat aber bereits im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, daß sich das Fahrzeug in Saudi-Arabien befindet. Auch die belangte Behörde geht von dieser Tatsache aus. Die beschwerdeführende Gesellschaft hat damit aber in der Frage der Aufhebung der Zulassung Umstände vorgebracht, mit denen sich die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung auseinanderzusetzen gehabt hätte. Die Behörde führt dazu zwar richtig aus, daß es nach § 44 Abs. 2 lit. a KFG 1967 auf ein Verschulden an der Nichtvorführung nicht ankommt. Sie hat aber die Aufhebung der Zulassung lediglich auf die Tatsache der wiederholten Nichtvorführung gestützt. In Verkennung der Rechtslage hat sie es unterlassen, sich im Rahmen der Ermessensübung mit dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft, das nach deren Ansicht zu einem für sie positiven Ergebnis hätte führen müssen, auseinanderzusetzen. Sie hat damit - ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht - ihre Begründungspflicht verletzt. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Hinsichtlich der zitierten Entscheidung wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 17. April 1985

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