VwGH 83/04/0047

VwGH83/04/004722.4.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Stoll als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zepharovich, über den Antrag des Dr. P und der I R, beide in G, die Zweitbeschwerdeführerin vertreten durch den Erstbeschwerdeführer Dr. P R, Rechtsanwalt in Salzburg, S-straße 8, der gegen den Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 18. Oktober 1982, Zl. 51.805/12-V/7/82, betreffend die Erteilung einer energiewirtschaftsrechtlichen Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Salzburger Aktiengesellschaft für Elektrizitätswirtschaft in Salzburg, Schwarzstraße 44), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §30 Abs2;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §58;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §47 Abs1;
VwGG §58;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982, wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Der jeweilige Antrag der belangten Behörde sowie der mitbeteiligten Partei auf Kostenersatz für eine Stellungnahme zu diesem Antrag der Beschwerdeführer wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid traf der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie auf Grund der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes, DRGBl. I, S. 1451, GBlfÖ Nr. 156/1939, und der zweiten Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark vom 17. Jänner 1940, DRGBl. I, S. 202, GBlfÖ Nr. 18/1940, "im Sinne der übrigen einschlägigen, zu diesem Gesetz ergangenen und derzeit in Geltung stehenden energiewirtschaftsrechtlichen Bestimmungen, Verordnungen und Erlässe, des § 2 des Rechtsüberleitungsgesetzes StGBl. Nr. 6/1945 sowie unter Beachtung der §§ 40 AVG 1950 "die Feststellung, daß der Bau und der Betrieb der in der Einleitung des Spruches bezeichneten Erdgas-Hochdruck-Leitung der Aufnahme der öffentlichen Versorgung mit dem Primärenergieträger Erdgas diene und die mit dieser Leitung durchzuführende öffentliche Versorgung aus volkswirtschaftlichen Gründen einerseits und im Sinne eines verbesserten Umweltschutzes andererseits erforderlich und somit im Sinne des Gemeinwohles gelegen sei. Das Detailprojekt entspreche den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Interessen ebenso wie dem erteilten öffentlichen Versorgungsauftrag, sodaß dieses vom Standpunkt dieser öffentlichen Interessen aus bei projektsgemäßer Ausführung weder zu beanstanden noch zu untersagen sei. Unter Anwendung der obzitierten Vorschriften erteilte der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie "im Sinne obiger Feststellung" gleichzeitig der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens für das eingangs beschriebene Detailprojekt der Erdgas-Hochdruck-Leitung die energiewirtschaftsrechtliche Bewilligung und knüpfte daran eine Reihe von Vorschreibungen. Weiters wurden Anträge der Beschwerdeführer, die im Verwaltungsverfahren gestellt wurden, teils ab- und teils zurückgewiesen.

Das Projekt sieht u.a. eine unterirdische Querung von Grundstücken, die im Eigentum der Beschwerdeführer liegen, vor.

Gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 18. Oktober 1982 richtet sich die vorliegende Beschwerde, welcher die Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden haben. Dieser Antrag wird damit begründet, den Beschwerdeführern entstünde mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ein unverhältnismäßiger Nachteil dadurch, daß die mitbeteiligte Partei die Grundstücke der Beschwerdeführer nicht nur zum Bau der Erdgas-Hochdruck-Leitung in Anspruch nehmen, sondern diese auch mit (in der Beschwerde dargestellten) eminenten Gefahren in Betrieb nehmen könnte und damit im Ergebnis der Beschwerdezweck vereitelt werden würde. Demgegenüber stehe die objektive und von der mitbeteiligten Partei mit Erfolg wahrgenommene Möglichkeit, schon heute die Trassenführung entsprechend dem Vorschlag der Beschwerdeführer zu ändern und dadurch vor allem für den Fall des Erfolges dieser Beschwerde und der anschließenden Versagung der Bewilligung zu vermeiden, die Rohrleitung wieder entfernen, an anderer Stelle neu verlegen und schließlich den ursprünglichen Zustand des Grundstückes der Beschwerdeführer wieder herstellen zu müssen. Im Hinblick auf die objektive und von der mitbeteiligten Partei auch erfolgreich verfolgte Möglichkeit der Trassenänderung entsprechend dem Vorschlag der Beschwerdeführer stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch keine öffentlichen Interessen entgegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sowohl den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie als belangte Behörde, wie auch die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Stellungnahme hinsichtlich des vorliegenden Antrages aufgefordert.

In ihrer Äußerung vom 8. März 1983 legte die belangte Behörde im wesentlichen dar, die Versorgung der Stadt Hallein und der zwischen Salzburg und Hallein gelegenen Gemeinden mit dem umweltfreundlichen und sparsamen Energieträger Erdgas liege in außerordentlich hohem Ausmaß im öffentlichen Interesse. Der Einsatz dieses Energieträgers erlaube der Bevölkerung, den öffentlichen Einrichtungen der Stadt Hallein und der übrigen anderen betroffenen Gemeinden sowie der Wirtschaft die Deckung ihrer Energiebedürfnisse mit einer Energieart, die zufolge ihrer außerordentlich günstigen Steuerbarkeit und Regelfähigkeit sowie ihres hohen Energiegehaltes besonders sparsam eingesetzt werden könne und überdies entsprechenden energiepolitischen Zielen der Bundesregierung und den von Österreich übernommenen internationalen Verpflichtungen zur Substitution von Heizölen wesentlich beitrage. Der Einsatz von Heizölen, festen Brennstoffen und anderen Energieträgern durch das umweltfreundliche Erdgas solle jedoch vor allem eine wesentliche Verbesserung der im Raum Hallein besonders schlechten Umweltverhältnisse herbeiführen, zumal die von diesen Energieträgern herrührenden Immissionen in den letzten Jahren bei ungünstiger Wetterlage die Verunreinigung der Luft im Halleiner Raum bereits mehrfach in einem Ausmaß herbeigeführt habe, das gesundheitsschädlich gewesen sei. Der Einsatz des von schädlichen Abgasen freien Erdgases werde die Belastung der Atmosphäre im Halleiner Raum durch gesundheitsschädliche Luftverunreinigungen in Zukunft so entscheidend verringern, daß gesundheitsschädliche Ausmaße zukünftig vermieden werden könnten. Die Errichtung der gegenständlichen Erdgas-Hochdruck-Leitung liege nicht nur im öffentlichen Versorgungsauftrag der mitbeteiligten Partei, sondern vor allem im öffentlichen Interesse der ausreichenden, sicheren und preiswerten Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit Energie ebenso wie der Gesundheit und des Umweltschutzes. In Erfüllung dieser öffentlichen Interessen müsse die Erdgasversorgung in Hallein mit Beginn der Heizperiode 1983/84 im Oktober 1983 aufgenommen werden können, um die bis dahin auf Erdgasbetrieb umgestellten Abnehmer, insbesonders im Bereich der öffentlichen Einrichtungen der Stadt (Schulen, Gemeindehäuser, Krankenhäuser etc.), sowie der anderen zu versorgenden Abnehmer im Bereich der Industrie, des Gewerbes und der Haushalte zeitgerecht versorgen zu können. Angesichts des für den baulichen Umfang der Errichtung der Erdgas-Hochdruck-Leitung erforderlichen Arbeitsaufwandes könne diese öffentliche Versorgungsaufgabe nur erfüllt werden, wenn ohne Zeitverzug mit der Errichtung der Leitung fortgefahren werden könne. Dies werde nicht zuletzt deswegen unbedingt erforderlich sein, weil auf Grund der abgeschlossenen Energieversorgungsverträge diese öffentlichen Einrichtungen und Abnehmer ab diesem Zeitpunkt mit Erdgas versorgt werden müßten und überwiegend umstellungsbedingt keine andere Versorgungsmöglichkeit mehr hätten. Aus den dargelegten Gründen stünden daher dem Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zwingende öffentliche Interessen entgegen. Weiters legt die belangte Behörde unter entsprechenden Ausführungen in ihrer Äußerung dar, daß auch kein unverhältnismäßiger Nachteil für die Beschwerdeführer zu erkennen sei, sodaß der Antrag gestellt werde, dem Antrag der Beschwerdeführer nicht stattzugeben und der belangten Behörde die gesetzlich vorgeschriebenen Aufwandersätze zuzusprechen.

Die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bringt in ihrer Äußerung zum Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ähnliche oder gleichartige Argumente wie die belangte Behörde vor und ist unter anderem gleichfalls der Ansicht, daß der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zwingende öffentliche Interessen entgegenstünden. Gleichzeitig beantragt sie "gemäß § 48 Abs. 3 und § 59 VwGG 1965" die Zuerkennung eines Aufwandersatzes für Schriftsatzaufwand und Stempelmarken hinsichtlich des gegenständlichen Schriftsatzes.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG 1965 kommt Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen in der Fassung des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1976, BGBl. Nr. 316, auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem, die aufschiebende Wirkung betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Auf Grund des oben wiedergegebenen Sachverhaltes ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, daß der beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und zwar nicht nur an der ordnungsgemäßen Versorgung der betroffenen Bevölkerung mit dem Energieträger Erdgas, sondern auch an der - von der belangten Behörde glaubhaft dargelegten - Hintanhaltung von schädlichen Immissionen durch den zu erwartenden Einsatz dieses Energieträgers. Stehen aber der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen, so ist eine Abwägung der übrigen Interessen mit den Interessen der Beschwerdeführer am Aufschub nicht mehr vorzunehmen. Dem von den Beschwerdeführern gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher nicht stattzugeben.

Die Anträge der belangten Behörde sowie der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf Zuerkennung von Aufwandersatz für ihre Äußerungen zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde waren mangels gesetzlicher Grundlage zurückzuweisen.

Wien, am 22. April 1983

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