VwGH 82/15/0028

VwGH82/15/002816.6.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der B S in W, vertreten durch Dr. H M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. Dezember 1981, Zl. GA 11-2361/81, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

ErbStG §3 Abs1 Z2;
ErbStG §7;
ErbStG §3 Abs1 Z2;
ErbStG §7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Jahre 1957 hatte der damalige Ehegatte der Beschwerdeführerin Oskar S. mit der XY Versicherungsanstalt einen Versicherungsvertrag auf den Ab- und Erlebensfall abgeschlossen, in dem er unwiderruflich die Beschwerdeführerin zur Begünstigten bestimmte. In dem aus Anlaß der Ehescheidung vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien abgeschlossenen Scheidungsvergleich vom 26. August 1969 verpflichtete sich Oskar S. u. a., der Beschwerdeführerin einen monatlichen, wertgesicherten Unterhalt von S 10.000,-- zu bezahlen. Die Beschwerdeführerin verzichtete ausdrücklich auf allfällige über den genannten Betrag hinausgehende Unterhaltsansprüche und auch darauf, mit Ausnahme der vereinbargeänderter ten Wertsicherung eine Erhöhung dieses Betrages im Falle wirtschaftlicher Verhältnisse zu verlangen. Auch das Wohnrecht der Beschwerdeführerin an zwei verschiedenen Wohnungen in Wien - einmal auf der Grundlage eines Prekariums, das andere Mal auf der Grundlage eines Hauptmietrechtes - bildete Gegenstand der Vereinbarung. Beide Vergleichsparteien erklärten abschließend, daß außer den im Vergleich geregelten Rechten keine gegenseitigen Forderungen zustehen und verzichteten wechselseitig auf alle etwaigen darüberhinausgehenden Ansprüche.

Am 1. März 1980 trat der Versicherungsfall des Erlebens ein und es wurde der Beschwerdeführerin von der eingangs genannten Versicherungsanstalt ein Betrag von S 1,619.424,-- ausbezahlt.

Mit Bescheid vom 4. Februar 1981 setzte das zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern die von der Beschwerdeführerin für diesen Vorgang zu entrichtende Schenkungssteuer mit S 550.093,-- fest.

Dagegen wurde im Berufungsverfahren eingewendet, die Beschwerdeführerin und ihr damaliger Ehegatte seien bei der Vermögenstrennung anläßlich der Ehescheidung übereingekommen, daß die Begünstigung aus dem Versicherungsvertrag, die einvernehmlich hätte abgeändert werden können, zugunsten der Beschwerdeführerin als Absicherung in Anrechnung der vereinbarten Vermögensteilung aufrechterhalten bleiben solle. Der monatliche Unterhalt von S 10.000,-- sei wegen dieser erfolgten Vereinbarung über die Vermögensteilung in Anbetracht des vorhandenen Vermögens relativ gering gehalten worden und hätte für sich allein die Ansprüche der Beschwerdeführerin nicht befriedigen können. Die Versicherungssumme diene daher der Deckung des anständigen Unterhaltes der Beschwerdeführerin und es liege demnach keine Schenkung vor. Wenn aber überhaupt eine Schenkung vorliegen könnte, so wäre sie bereits im Zeitpunkt der unwiderruflichen Begünstigung der Beschwerdeführerin im Jahre 1957 bewirkt worden, weswegen die Steuerklasse I und nicht die Steuerklasse V im Sinne des Erbschaftssteuergesetzes anzuwenden gewesen wäre.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17. Dezember 1981 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab und führte dazu im wesentlichen aus, daß der Unterhalt der Beschwerdeführerin anläßlich der Scheidung endgültig durch Vergleich geregelt worden sei, der Beschwerdeführerin gegenüber ihrem geschiedenen Mann keine weiteren Ansprüche zugestanden seien und die von Oskar S. im Jahre 1957 abgeschlossene Lebensversicherung nicht Gegenstand der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten anläßlich der Ehescheidung gewesen sei. Jede darüber hinausgehende Mehrleistung des Oskar S. sei daher eine freigebige Zuwendung, d.

h. eine Leistung ohne rechtliche Verpflichtung und unterliege nach § 3 Abs. 1 Z. 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141 (ErbStG), der Schenkungssteuer. Auch werde bei einer - alternativ oder ausschließlich - auf den Erlebensfall gestellten Lebensversicherung zugunsten eines Dritten die dem unwiderruflich Begünstigten vom Versicherungsnehmer zugedachte freigebige Zuwendung nicht schon mit dem Zeitpunkt der unwiderruflichen Begünstigung vollzogen, sondern der Erwerb des unwiderruflich Begünstigten trete in Gestalt des vollen Wertes der Versicherungssumme erst in dem Zeitpunkt des Versicherungsfalles ein. Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG entstehe die Steuerpflicht bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, das sei im vorliegenden Fall der 1. März 1980. Die Höhe des Steuersatzes richte sich nach der Art der persönlichen Verhältnisse des Erwerbers zum Zuwendenden und zwar im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld, sodaß infolge der mittlerweile geschiedenen Ehe die Einreihung der Beschwerdeführerin in die Steuerklasse V zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der dessen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "Zuwendungen mit Unterhaltscharakter frei von einer Besteuerung nach dem Erbschafts-und Schenkungssteuergesetz zu erhalten. In der Begründung ihrer Beschwerde weist die Beschwerdeführerin darauf hin, daß der im Zeitpunkt des Abschlusses des Scheidungsvergleiches bereits mehr als 10 Jahre lang aufrechte Versicherungsvertrag bereits ursprünglich mit dem Zweck abgeschlossen worden sei, ihr für den Fall eines Ausfalles der Unterhaltsleistung ihres Ehegatten eine Versorgung zu gewährleisten. An diesem Absicherungscharakter des Vertrages habe sich dadurch, daß die Ehegatten anläßlich der Scheidung eine ziffernmäßige Regelung für den laufenden Unterhalt getroffen hätten, nichts geändert. Auch nach der Ehescheidung habe auf ihrer Seite das Bedürfnis bestanden, diese Absicherung weiterhin bestehen zu lassen. Es sei sohin der Versicherungsvertrag gar nicht Gegenstand eines "streitigen Rechtes" gewesen. Es sei der Wille beider Vertragspartner gewesen, die Absicherung unberührt zu lassen, sodaß keine Veranlassung bestanden habe, im Zuge des Scheidungsvergleiches darüber eine Regelung zu treffen. Dieser Umstand stelle auch keine Besonderheit dar, da auch über andere vermögensrechtliche Fragen (wie z.B. über das Eigentumsrecht an Hausratsgegenständen) ein vergleichsbedürftiger Streit nicht bestanden habe. Daraus ergebe sich, daß der Weiterbestand dieses Versicherungsvertrages über den Zeitpunkt der Scheidung hinaus keine Änderung in seinem Wesen der Unterhaltsleistung mit sich gebracht habe. Die belangte Behörde hätte daher zu der Erkenntnis kommen müssen, daß eine freigebige Zuwendung im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes nicht vorliege. Selbst wenn man aber davon ausgehe, daß eine Schenkung vorliege, so hätte die belangte Behörde bei der Frage der Einreihung in die Steuerklassen berücksichtigen müssen, daß der Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages im Jahre 1957 als jener Zeitpunkt heranzuziehen sei, zu welchem die Zuwendung erfolgt sei.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes (neben jeder Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes) jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Gemäß § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG bleiben Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des angemessenen Unterhaltes oder zur Ausbildung des Bedachten steuerfrei.

Im vorliegenden Fall ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, daß der ihr zugeflossene Versicherungsbetrag im Hinblick auf dessen Unterhaltscharakter keine freigebige Zuwendung im Sinne des § 3 ErbStG und damit gar keinen schenkungssteuerbaren Vorgang darstelle.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß nach der Systematik der vorhin im Wortlaut zitierten Rechtsvorschriften zwischen Unterhaltsberechtigten und -verpflichteten vereinbarte Unterhaltszahlungen ebenfalls freigebigen Charakter aufweisen, bei Erfüllung des Begünstigungstatbestandes allerdings steuerbefreit sind.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der Schenkungssteuertatbestand im Beschwerdefall nicht schon seinerzeit bei Abschluß des Versicherungsvertrages, sondern erst mit der Ausführung der Zuwendung im Jahre 1980 erfüllt wurde; denn ein Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin gegenüber dem Versicherungsunternehmen war zum einen von Prämienzahlungen und zum anderen vom Eintritt eines Versicherungsfalles abhängig. Da der Versicherungsvertrag für die hiedurch begünstigte Beschwerdeführerin erst durch den Eintritt des Versicherungsfalles des Erlebens des Versicherungsnehmers greifbare wirtschaftliche Bedeutung gewann, trat der von den Abgabenbehörden versteuerte Erwerb keinesfalls vor diesem Ereignis ein. In diesem maßgeblichen Zeitpunkt bestand jedoch nach dem eingangs näher wiedergegebenen Scheidungsvergleich vom 26. August 1969 kein über den darin vereinbarten Unterhaltsanspruch hinausgehender Alimentationsanspruch der Beschwerdeführerin gegen ihren geschiedenen Ehegatten. Gerade weil in diesem Vergleich die Beschwerdeführerin ausdrücklich auf über den dort festgelegten Monatsbetrag hinausgehende Unterhaltsleistungen verzichtete, hätte der Umstand, daß die Versicherung nach Darstellung der Beschwerdeführerin als Teil ihrer Alimentation dienen sollte, darin besondere Erwähnung finden müssen. Der Umstand, daß dies nicht geschehen ist, verbietet es, die Versicherungszahlung als Unterhaltszahlung ihres geschiedenen Mannes anzusehen. Da sohin die Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG 1955 gegenständlich nicht zum Tragen kommt, hat die belangte Behörde die im Jahre 1980 geleistete Versicherungszahlung zu Recht als in diesem Zeitpunkt eingetretenen schenkungssteuerpflichtigen Erwerb behandelt.

Der belangten Behörde ist auch darin beizupflichten, daß sich die anzuwendende Steuerklasse nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld - das ist im vorliegenden Fall gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG 1955 der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung - richtet. Da im vorliegenden Fall die Steuerschuld im März 1980 entstanden ist und die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt vom Versicherungsnehmer bereits geschieden war, erfolgte auch die Einreihung der Beschwerdeführerin in die Steuerklasse V zu Recht.

Sohin zeigt sich, daß dem angefochtenen Bescheid die ihm zur Last gelegte Rechtswidrigkeit nicht anhaftet. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 16. Juni 1983

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