Normen
AVG §56
AVG §58 Abs1
B-VG Art130 Abs1
GdO Allg Krnt 1966 §88 Abs1
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1982:1981120016.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen hinsichtlich des Verwaltungsgeschehens, des Sachverhaltes und der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Mai 1980, Zl. 90/80, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hatte der Verwaltungsgerichtshof den vom Beschwerdeführer im ersten Rechtsgang beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 1979 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß dem § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufgehoben. Dies deshalb, weil sie in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes bei der auf Grund des § 88 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 1/1966, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 24/1976, erfolgten Aufhebung des in dem erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bereits im einzelnen dargestellten Bescheides der Gemeinde A vom 29. Dezember 1976 übersehen hatte, daß dieser Bescheid neben der Überstellungs- auch eine Beförderungsmaßnahme enthielt, deren Zulässigkeit oder Unzulässigkeit keineswegs von dem (auf Grund des Kärntner Dienstrechtsgesetzes 1975 und des Gemeindebedienstetengesetzes 1958 als verwiesene Norm angewendeten) § 35 Abs. 6 des Gehaltsgesetzes 1956 in der am 29. Dezember 1976 maßgebenden Fassung abhing.
Im zweiten Rechtsgang prüfte die belangte Behörde vor allem die Voraussetzungen für die Überstellung des Beschwerdeführers in die Verwendungsgruppe B sowie für dessen (gleichzeitige) Beförderung vom Beamten der Dienstklasse V zum Beamten der Dienstklasse VI. In dem diesbezüglichen Ermittlungsverfahren wurden der Kärntner Landesregierung vom Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter und von der Gemeinde A ergänzend folgende Urkunden vorgelegt:
1. Das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 1976 mit folgendem wesentlichen Inhalt:
„Auf Grund der neuen Dienstpostenverordnung vom 6. 9. 1976 LGBl. Nr. 82/1976 wird es in der Gemeinde A ab 1. Jänner 1977 folgende Dienstposten nach dem Dienstpostenplangeben:
1 B (b3/VI, 1 C (c)/IV, 1 D (d)/III
Da ich als Amtsleiter der Gemeinde A der nächste Anwärter für diesen neuen Amtsratsposten bin, die hiezu erforderliche B-Prüfung aber nicht habe, so bitte ich um Erteilung einer Dispens von diesem Anstellungserfordernis.
Zur Begründung meines Ansuchens führe ich an, daß ich auf Grund der derzeitigen Unterbesetzung des Gemeindeamtes und die daraus sich ergebende Arbeitsüberlastung derzeit außerstande bin, diese Prüfungen durch Abendkurse oder Fernkurse nachzuholen.“
2. Die Einladung zur Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde A am 10. Dezember 1976 u. a. mit dem Tagesordnungspunkt „10.) FP - Ansuchen um Dispenserteilung“ samt einem Auszug aus der Niederschrift über diese Sitzung mit folgenden Wortlaut zu dem genannten Tagesordnungspunkt:
„10. FP - Ansuchen um Dispenserteilung vom Erfordernis der (B)Prüfung
Bei diesem Tagesordnungspunkt verläßt FP den Beratungsraum. Berichterstatter ist wieder ..., dieser bringt das Ansuchen zur Verlesung. Nach Abschluß der Debatte stellt ... den Antrag, diesem Ansuchen die Zustimmung zu geben. Beschluß einstimmig.“
3. Den Bescheid des Gemeindeamtes der Gemeinde A vom 13. Dezember 1976 mit folgenden wesentlichen Wortlaut:
„ Bescheid
Zufolge des Gemeinderatsbeschlusses der Gemeinde A vom 10. 12. 1976 und in Erledigung Ihres Ansuchens vom 18. 10. 1976 ergeht nachfolgender
Spruch
Auf Grund Ihres Alters und der bisherigen sehr zufriedenstellenden Verwendung im Gemeindeverwaltungsdienst wird Ihnen für die Ablegung der (B)Prüfung in den gehobenen Gemeindeverwaltungsdienst die Nachsicht erteilt.
Begründung
Diese Dispenserteilung wurde gemäß § 19 Abs. 1, BGBl. Nr. 243/1970 erteilt, weil ein anderer Bewerber für diesen Posten derzeit nicht ansteht.“
4. Die Bestätigung des Bürgermeisters der Gemeinde A vom 10. September 1980, wonach der Posten des Amtsleiters der Gemeinde A, welcher früher ein (C) Posten gewesen sei und seit 6. September 1976 ein (B) Posten sei, ab 1. Jänner 1976 durch den Beschwerdeführer besetzt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe sich auf diesem Posten sehr zufriedenstellend bewährt. In seinen Schreiben vom 19. November bzw. 1. Dezember 1980 an den Vertreter des Beschwerdeführers bzw. an die belangte Behörde vertrat der Bürgermeister der Gemeinde A die Auffassung, daß die mit Gemeinderatsbeschluß vom 10. Dezember 1976 für den Beschwerdeführer erteilte Nachsicht von der Ablegung der (B) Prüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst selbstverständlich auch die Nachsicht von der Vorlage eines Maturazeugnisses beinhaltet habe, weil dies ja zwei zusammengehörende Fakten seien. Jedem Mitglied des Gemeinderates sei zum Zeitpunkt der Beschlußfassung bekannt und bewußt gewesen, daß der Beschwerdeführer keine Reifeprüfung abgelegt gehabt habe und ihm daher auch die Dispens von diesem Erfordernis zu erteilen sei.
Die belangte Behörde hob mit Bescheid vom 9. Jänner 1981 den Bescheid („das Dekret“) des Gemeinderates der Gemeinde A vom 29. Dezember 1976 neuerlich gemäß dem § 88 der Allgemeinen Gemeindeordnung als gesetz- und verordnungswidrig auf, und zwar ergänzend im wesentlichen mangels Nachsicht vom Erfordernis der Vollendung der Studien an einer Mittelschule mit Reifezeugnis und mangels einer einjährigen zufriedenstellenden Verwendung im Dienstzweig „Gehobener Verwaltungsdienst“. Eine Beförderung in die Dienstklasse VI habe zur Voraussetzung gehabt, daß der Beamte sich zum Wirksamkeitsbeginn der Maßnahme in der Verwendungsgruppe B befinde, was nicht der Fall gewesen sei, weil andernfalls für einen C-Beamten keine über die Dienstklasse V hinausgehende höhere Ernennung möglich gewesen sei und möglich sei. Da die Allgemeine Gemeindeordnung für Aufhebungsmaßnahmen nach ihrem § 88 keine Verjährungsvorschriften kenne, sei das vom Beschwerdeführer diesbezüglich ins Treffen geführte zeitliche Argument nicht zielführend.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die (auch das ergänzend durchgeführte Ermittlungsverfahren) betreffenden Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung erwogen:
Nach dem wesentlichen Vorbringen der Beschwerde habe die Dispens vom 13. Dezember 1976 auch die Vorlage des Maturazeugnisses beinhaltet, was sich aus der logischen Schlußfolgerung ergebe, daß für den Gehobenen Gemeindeverwaltungsdienst unter anderem die Mittelschulreife eine Voraussetzung darstelle. Dies werde auch in dem Schreiben der Gemeinde A vom 19. November 1980 zum Ausdruck gebracht, zumal der Bescheid vom 13. Dezember 1976 ausdrücklich auf den Gehobenen Gemeindeverwaltungsdienst Bezug nehme. Hinsichtlich der - nach Auffassung der belangten Behörde fehlenden - vorausgegangenen einjährigen zufriedenstellenden Verwendung im Gehobenen Gemeindeverwaltungsdienst müsse der Beschwerdeführer feststellen, daß er in diesem Sinne ja auf keinen neuen Dienstposten überstellt worden sei, sondern daß er in den Jahren 1975 und 1976 auf diesem Dienstposten, welcher damals allerdings ein C-Posten gewesen sei, eingesetzt gewesen sei. Eine Änderung sei nur insofern eingetreten, daß dieser vom Beschwerdeführer eingenommene C-Posten mit „Landesgesetz 82/76“ zu einem B-Posten aufgewertet worden sei. Der Beschwerdeführer habe also dieserart gar keinen neuen Dienstbereich übernommen und habe damals wie heute den gleichen Arbeitsbereich. Seine Überstellung in die Verwendungsgruppe B sei daher eine reine Formsache gewesen. Eine weitere einjährige erfolgreiche Bewährungsfrist wäre unlogisch und unrichtig, da sich an dem Aufgabenkreis des Beschwerdeführers ja nichts geändert habe. Der Beschwerdeführer sei der Meinung, daß der angefochtene Aufhebungsbescheid die Umgehung einer bereits entschiedenen Rechtssache darstelle und unzulässige Neuerungen hinsichtlich des seinerzeitigen Aufhebungsbescheides enthalte, die sehr wohl dem Verjährungsbegriff zu unterstellen seien.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach dem § 88 Abs. 1 der Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. für Kärnten Nr. 1/1966, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 24/1976, können außer den Fällen der §§ 84 und 87 rechtskräftige Bescheide sowie Beschlüsse oder sonstige Maßnahmen der Gemeindeorgane, die den Wirkungsbereich der Gemeinde überschreiten oder Gesetze oder Verordnungen verletzen, von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen oder über Antrag aufgehoben werden. Eine Befristung für die Ausübung dieses Aufsichtsrechtes sieht der § 88 Abs. 2 der Allgemeinen Gemeindeordnung nur für die Aufhebung von Bescheiden aus den Gründen der Erlassung durch eine unzuständige Behörde oder durch eine nicht richtig zusammengesetzte Kollegialbehörde vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 31. März 1977, Zl. 2377/76, Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des genannten § 88 Abs. 1 ausdrücklich verneint und findet daher auch keinen Grund für die Annahme der vom Beschwerdeführer behaupteten „Verjährung“. Der Beschwerdeführer übersieht bei der von ihm aufgestellten Behauptung „unzulässige Neuerungen“ die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Mai 1980, Zl. 90/80, geäußerte Rechtsauffassung, wonach die erforderlichen Feststellungen für die Lösung der wesentlichen Vorfrage der Gesetzmäßigkeit der gegenständlichen Überstellung und Beförderung ausdrücklich vermißt wurden und daher von der belangten Behörde im zweiten Rechtsgang getroffen werden mußten.
Gemäß dem § 12 Abs. 2 erster Satz des Gemeindebedienstetengesetzes 1958, LGBl. für Kärnten Nr. 19/1958, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 54/1973, ist die Überstellung in eine höhere Verwendungsgruppe zulässig, wenn die Anstellungserfordernisse, die für diese Verwendungsgruppe gelten, erfüllt sind. Nach dem § 7 Abs. 1 dieses Gesetzes in der angeführten Fassung werden die besonderen Erfordernisse für die Ernennung auf Dienstposten der einzelnen Dienstzweige, vor allem die erforderliche Vorbildung und Ausbildung, und die Vorschriften über eine Gemeindebeamtenprüfung unter Bedachtnahme auf die für Landesbeamte der entsprechenden Dienstzweige geltenden Vorschriften und auf die besonderen Verhältnisse im Gemeindedienst durch Verordnung der Landesregierung bestimmt. Die besonderen Anstellungserfordernisse bilden, wenn sie nicht ausdrücklich nur für die Definitivstellung (§ 10 Abs. 1) vorgeschrieben sind, auch die Voraussetzung für die Anstellung. Auf Grund des § 7 Abs. 2 des Gemeindebedienstetengesetzes 1958 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 4/1970 kann vom Mangel eines besonderen Anstellungserfordernisses aus dienstlichen Gründen Nachsicht gewährt werden, wenn nicht in besonderen Vorschriften die Erteilung der Nachsicht ausgeschlossen ist oder dem Bewerber gestattet wird, eine vorgeschriebene Fachprüfung binnen einer angemessenen Frist nachzuholen. Dabei ist besonders auf Bewerber Rücksicht zu nehmen, die wegen ihrer Militärdienstleistung oder aus wichtigen Gründen die Erfüllung eines Erfordernisses zunächst nicht nachweisen können. Nach der Anlage 2 der unter anderem auf Grund des § 7 Abs. 1 des Gemeindebedienstetengesetzes 1958 erlassenen Verordnung der Landesregierung vom 9. Dezember 1958, LGBl. Nr. 46/1958, sind die besonderen Anstellungserfordernisse der Beamten der Allgemeinen Verwaltung in der Verwendungsgruppe B, Dienstzweig Gehobener Verwaltungsdienst, folgende: Vollendung der Studien an einer Mittelschule mit Reifezeugnis; überdies für die Definitivstellung die erfolgreiche Ablegung der Prüfung für den Gehobenen Gemeindeverwaltungsdienst (§ 2 Abs. 1) nach einjähriger, zufriedenstellender Verwendung im Dienstzweig. Die für das Erfordernis der erfolgreichen Ablegung der Prüfung für den Gehobenen Gemeindeverwaltungsdienst gewährte Nachsicht umfaßt also schon nach dem klaren Wortlaut der angeführten „Besonderen Anstellungserfordernisse“ keineswegs die Gewährung einer Nachsicht für das Erfordernis der Vollendung der Studien an einer Mittelschule mit Reifezeugnis. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung besteht auch keine derartige zwingende Notwendigkeit. Dies würde unter anderem sogar eine sachlich ungerechtfertigte Unterscheidung gegenüber Gemeindebediensteten bedeuten, die unter Aufopferung ihrer Freizeit als Werkstudenten die Vollendung der Studien an einer Mittelschule mit Reifezeugnis nachzuholen imstande waren oder sind.
Auf den vorliegenden Fall angewendet, bedeutet dies, daß dem Beschwerdeführer, der auch nach seinem eigenen Vorbringen nicht das erste dieser Erfordernisse erfüllte, von diesem Mangel keine Nachsicht gewährt wurde. Zu diesem Ergebnis muß man auf Grund des oben im wesentlichen wiedergegebenen klaren Wortlaut des Bescheides des Gemeinderates der Gemeinde A vom 13. Dezember 1976 kommen. Entgegen der vom Beschwerdeführer und von der Gemeinde A vertretenen Auffassung muß sich der normative Inhalt aus der Formulierung (dem Wortlaut) der behördlichen Erledigung ergeben (vgl. z. B. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934, 1223/73, Slg. Nr. 9458/A). Schon aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, daß bereits die gegenständliche Überstellungsmaßnahme rechtswidrig war, weshalb auch die darauf gegründete Beförderung und die mit dieser wieder verbundene Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers rechtswidrig erfolgten. Bei der aufgezeigten Sach- und Rechtslage handelte somit die belangte Behörde bei der Erlassung des gegenständlichen aufsichtsbehördlichen Aufhebungsbescheides nicht rechtswidrig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221, die auf Grund ihres Art. III Abs. 2 auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden war.
Wien, am 29. März 1982
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