Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.285,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom 6. Juni 1980 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 24. Februar 1980 um 23.53 Uhr in Klagenfurt, S-Straße, im polizeiärztlichen Referat, der ärztlichen Untersuchung nicht unterzogen, nachdem er dem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung vorgeführt worden war, weil er im Verdacht gestanden sei, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben; er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; nach der erstgenannten Gesetzesstelle wurde eine Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzarreststrafe 21 Tage) verhängt. In der Begründung wurde ausgeführt, die Tat sei auf Grund der eigenen dienstlichen Wahrnehmung des Meldungslegers als erwiesen anzunehmen, diese Wahrnehmung sei im Verfahren unwidersprochen geblieben. Die gegebene Möglichkeit, sich zu verantworten, habe der Beschwerdeführer ungenützt gelassen.
In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer unter anderem, das Fahrzeug gelenkt zu haben; zwischen dem Eintreffen der Funkstreife und dem vorangegangenen Unfall seien eineinhalb Stunden verstrichen. Zum Beweise dieser Umstände berief sich der Beschwerdeführer auf zwei Zeugen. Im übrigen sei das Fahrzeug zur Zeit des Einschreitens des Meldungslegers nicht betriebsfähig gewesen. Aus diesen Gründen habe er zu Recht die "Vorführung zum Amtsarzt zwecks Feststellung einer allfälligen Alkoholisierung" abgelehnt.
Die Berufungsbehörde veranlasste die zeugenschaftliche Vernehmung des Meldungslegers sowie eines weiteren Polizeibeamten und gewährte dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme, welche Gelegenheit dieser aber nicht ausnützte.
Mit Bescheid vom 10. November 1981 wies die Kärntner Landesregierung diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet ab. In der Begründung wurde nach Darstellung des Ganges des Verwaltungsstrafverfahrens ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer verdächtigt werde, als Lenker eines Fahrzeuges um 23.15 Uhr des Tattages auf dem Beethovenplatz in Klagenfurt einen Verkehrsunfall mit Sachschaden in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand verursacht zu haben. Einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorgeführt, habe sich der Beschwerdeführer geweigert, sich einer Untersuchung zu unterziehen. Daher sei der Tatbestand verwirklicht. Dass der Beschwerdeführer Fahrzeuglenker gewesen sei, ergebe sich aus der Zeugenaussage A, wonach der Beschwerdeführer allein im Fahrzeug auf dem Lenkersitz sitzend angetroffen worden sei. Die Alkoholeinwirkung beim Beschwerdeführer sei durch die Aussage des Meldungslegers und des Zeugen A erwiesen. Auch liege ein Verkehrsunfall mit Sachschaden vor. Für die Vernehmung der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen habe keine Notwendigkeit bestanden, zumal der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens klargestellt erscheine. Die weitere Beweisaufnahme hätte zu einer Vervollständigung des Sachbildes nichts beitragen können. Auch eine Beweisaufnahme über die "absolute Betriebsunfähigkeit des Fahrzeuges nach dem Verkehrsunfall" sei als unerheblich zu betrachten. Der Beschwerdeführer habe stets die Möglichkeit gehabt, sich zu verantworten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Unterstellung des Tatbildes unter "§ 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 5" StVO ist frei von Rechtsirrtum (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. Juni 1981, Slg. N.F. Nr. 10.500/A). Dass die verletzte Verwaltungsvorschrift des § 5 Abs. 5 StVO als mit einer anderen Vorschrift in Verbindung stehend zitiert wurde, schadet nach dem obgenannten Erkenntnis nicht.
Somit erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die Verfahrensrüge erweist sich jedoch zum Teil als gerechtfertigt:
Nicht gerechtfertigt ist sie insofern, als dem Beschwerdeführer durch rechtswidrige Vorgänge im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahren das rechtliche Gehör entzogen worden sein soll. Er hatte nämlich durch Erhebung der Berufung die Möglichkeit, alle ihm angeblich entzogenen Rechte auf Gehör geltend zu machen; er hat dies auch getan.
Schon gegenüber dem Meldungsleger (siehe Anzeige) hatte der Beschwerdeführer behauptet, nicht er, sondern A H habe den Pkw bis zum Unfall gelenkt. In die gleiche Richtung geht die schon oben erwähnte, in der Berufung aufgestellte Behauptung. Zum Beweise dafür sowie für den Umstand, dass zwischen Unfall und Eintreffen der Funkstreife eineinhalb Stunden verstrichen seien, wurden vom Beschwerdeführer zwei Zeugen geführt, die aber von der belangten Behörde nicht vernommen wurden. Die diesbezügliche im Bescheid gegebene Begründung läuft auf die vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus: Da der Sachverhalt bereits klargestellt erscheine, bestünde keine Notwendigkeit, die beantragten Zeugen zu vernehmen. Eine solche vorwegnehmende Beweiswürdigung lässt sich aber weder mit § 25 Abs. 2 VStG 1950 noch mit § 45 Abs. 2 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 vereinbaren. (Vgl. Erkenntnisse vom 30. November 1965, Zl. 1186/65, vom 20. November 1948, Slg. N.F. Nr. 587 A, vom 15. Mai 1979, Zlen. 409, 411/79.)
Durch diese Vorgangsweise hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ihr Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. a, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Aufwandersatz enthalten ist und weil die Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.
Wien, am 25. November 1983
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