VwGH 2013/22/0223

VwGH2013/22/022310.12.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, in der Beschwerdesache des M, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen die Bundesministerin für Inneres, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem NAG betreffend Aufenthaltstitel, den Beschluss gefasst:

Normen

NAG 2005 §44b Abs2;
VwRallg;
NAG 2005 §44b Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem am 23. August 2013 beim Verwaltungsgerichtshof persönlich abgegebenen und somit an diesem Tag beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer, ein philippinischer Staatsangehöriger, eine Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG ein.

In dieser Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 1. Juni 2012 beim Landeshauptmann von Wien einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens gestellt habe. Diese Behörde habe nicht innerhalb der gemäß § 73 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) festgelegten Frist entschieden, weshalb der Beschwerdeführer am 19. Februar 2013 bei der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) einen Devolutionsantrag eingebracht habe. Diese Behörde habe über den Devolutionsantrag ebenfalls nicht innerhalb der Frist des § 73 AVG entschieden. An der nicht fristgerechten Erledigung treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden.

Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof bestritt die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 24. Oktober 2013, die ihr obliegende Entscheidungspflicht verletzt zu haben. Gleichzeitig legte sie ihr Vorbringen bescheinigende Urkunden vor.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde - habe einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gestellt. Am 25. März 2013 sei "antragsgemäß" nach § 73 AVG die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels auf die belangte Behörde übergegangen.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2013 habe die belangte Behörde gemäß § 44b Abs. 2 NAG die Landespolizeidirektion Wien aufgefordert, eine Stellungnahme zum Antrag des Beschwerdeführers abzugeben. Dieses Schreiben sei der Landespolizeidirektion Wien am 27. Juni 2013 zugegangen. Die Stellungnahme der Landespolizeidirektion Wien sei am 21. Oktober 2013 bei der belangten Behörde eingelangt. Daher sei die Entscheidungsfrist des § 73 AVG in der Zeit von 27. Juni 2013 bis 20. Oktober 2013, also 116 Tage, gehemmt gewesen. Ausgehend davon, dass - im Hinblick auf den Zeitpunkt des Einlangens des Devolutionsantrages - die Zuständigkeit für die Entscheidung am 25. März 2013 auf die belangte Behörde übergegangen sei, werde der letzte Tag der Entscheidungsfrist der 19. Jänner 2014 sein. Selbst dann, wenn man vom Vorbringen des Beschwerdeführers ausgehe, wonach der Devolutionsantrag bereits am 19. Februar 2013 eingebracht worden wäre, was aber seitens der belangten Behörde nicht verifiziert werden könne, wäre die Entscheidungsfrist noch nicht abgelaufen. Sie würde diesfalls erst am 13. Dezember 2013 enden.

In der Folge räumte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer die Möglichkeit ein, zu den Ausführungen der belangten Behörde Stellung zu nehmen.

In seiner Stellungnahme vom 25. November 2013 bestritt der Beschwerdeführer nicht die Richtigkeit der Ausführungen der belangten Behörde zu den von ihr nach § 44b NAG vorgenommenen Verfahrensschritten. Er brachte allerdings vor, die Stellungnahme der Landespolizeidirektion Wien sei erst sieben Monate nach Einlangen des Devolutionsantrages verfasst und ihm erst acht Monate nach dem genannten Zeitpunkt zur Kenntnis gebracht worden. Es treffe ihn daher kein Verschulden daran, dass er von der Säumigkeit der belangten Behörde ausgegangen sei. Beim Vorbringen der belangten Behörde zu den Verfahrensschritten handle es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung, weshalb darauf nicht Bedacht genommen werden dürfe.

Unstrittig hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 9 NAG gestellt. Ebenso unstrittig wurde die belangte Behörde auf Grund eines vom Beschwerdeführer eingebrachten Devolutionsantrages zur Entscheidung über diesen Antrag zuständig.

Die gegenständliche Säumnisbeschwerde erweist sich allerdings - selbst wenn von der Richtigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, der an die belangte Behörde gerichtete Devolutionsantrag sei bei dieser bereits am 19. Februar 2013 eingelangt, auszugehen wäre - als nicht zulässig.

Im Fall des Vorliegens eines Antrages nach § 41a Abs. 9 NAG hat gemäß § 44b Abs. 2 NAG die Behörde, wenn kein Fall des § 44b Abs. 1 Z 1 oder Z 2 NAG vorliegt, unverzüglich die der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordnete Landespolizeidirektion von dem Antrag zu verständigen und eine begründete Stellungnahme zu fremdenpolizeilichen Maßnahmen, insbesondere ob diese bloß vorübergehend oder auf Dauer unzulässig sind, einzuholen. Bis zum Einlangen der begründeten Stellungnahme der Landespolizeidirektion ist der Ablauf der Frist gemäß § 73 Abs. 1 AVG gehemmt. Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren auf Erteilung des Aufenthaltstitels formlos einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung auf Antrag des Fremden fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird. Im Übrigen gilt § 11 Abs. 1 Z 1 NAG.

Der Beschwerdeführer bestreitet - wie bereits erwähnt - weder die Richtigkeit der Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Voraussetzungen des § 44b Abs. 2 NAG vorgelegen seien, und die Niederlassungsbehörde sohin verpflichtet gewesen sei, eine Stellungnahme der Landespolizeidirektion Wien einzuholen, noch die Richtigkeit der von der belangten Behörde angeführten Zeitpunkte, zu denen die Aufforderung zur Stellungnahme bei der Landespolizeidirektion Wien einerseits und deren Stellungname bei der belangten Behörde andererseits eingelangt sind.

Da nach § 44b Abs. 2 NAG die Entscheidungsfrist der belangten Behörde in der Zeit vom Einlangen ihrer Anfrage bei der Landespolizeidirektion Wien (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts für den Beginn der Fristenhemmung vgl. ausführlich das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, Zl. 2011/22/0186) bis zum Einlangen der Stellungnahme der Landespolizeidirektion Wien bei der belangten Behörde gehemmt war, war im Zeitpunkt der Erhebung der Säumnisbeschwerde (zur Relevanz dieses Zeitpunktes für die Zulässigkeit einer solchen Beschwerde vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 5. Mai 2011, Zl. 2011/22/0109, und vom 17. Dezember 2008, Zl. 2008/13/0129) die der belangten Behörde eingeräumte Entscheidungsfrist noch nicht abgelaufen; und zwar selbst dann nicht, wenn man von der Einbringung des Devolutionsantrages an dem in der Säumnisbeschwerde genannten Tag ausginge.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt es für die Beurteilung, ob die Frist gemäß § 44b Abs. 2 NAG gehemmt wurde, nicht darauf an, ob er in Kenntnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Verfahrensschritte war. Die Verständigung des Beschwerdeführers von den Verfahrenshandlungen gemäß § 44b Abs. 2 NAG ist nach dieser Bestimmung keine Voraussetzung für den Eintritt der Hemmung der Entscheidungsfrist.

Zu dem auf das in § 41 Abs. 1 VwGG festgelegten Neuerungsverbot Bezug nehmenden Vorbringen kann hier der Hinweis genügen, dass diese Bestimmung schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur auf Beschwerden gegen Bescheide Anwendung zu finden hat. Eine solche Beschwerde liegt hier aber nicht vor.

Nach dem Gesagten erweist sich die vorliegende Beschwerde als nicht zulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2013

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