VwGH 2013/18/0066

VwGH2013/18/006618.6.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Eder, Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des GV in W, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Juli 2010, Zl. E1/99.763/2010, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z12;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z13;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z14;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §61 Z3;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
StGB §278a;
FrPolG 2005 §54 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs1;
FrPolG 2005 §56 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z12;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z13;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z14;
FrPolG 2005 §61 Z2;
FrPolG 2005 §61 Z3;
FrPolG 2005 §66;
MRK Art8 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
StGB §278a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 16. Juli 2010 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und Z 12 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

In der Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 5. November 1999 wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei, weil er am 13. Jänner 1999 mit einem Mittäter in einem Lokal in Wien 2 eine Person durch Schläge und Tritte vorsätzlich am Körper verletzt habe. Unter Bedachtnahme auf dieses Urteil sei der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Innere Stadt Wien am 10. Jänner 2001 wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung (§ 88 Abs. 1 StGB) im Zuge eines Verkehrsunfalls zu einer Zusatzgeldstrafe verurteilt worden. Weiters sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. August 2003 über den Beschwerdeführer wegen des Vergehens der teils versuchten, teils vollendeten Nötigung nach den §§ 105 Abs. 1, 15 StGB eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von sechs Monaten verhängt worden, weil er mit zwei Mittätern zwei anderen Personen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben im Jänner 2003 und im April 2003 in einem Fall EUR 1.000,-- bzw. EUR 1.500,-- abgenötigt und weitere EUR 1.500,-- abzunötigen versucht habe und im anderen Fall das Opfer zur Zahlung von EUR 3.000,-- zu nötigen versucht habe.

Mit dem (durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 28. Jänner 2008 in seinem Strafausspruch bestätigten) rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Oktober 2006 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall, Abs. 3 erster Satz erster Fall, Abs. 4 Z 2 SMG, wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 sechster Fall, Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG, wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter nach den §§ 12 dritter Fall, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und wegen des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall Z 1, 2 und 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt worden. Zugleich sei die mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. August 2003 gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen worden. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer kriminellen Verbindung von Anfang 2002 bis April 2005 Kokain mit zumindest durchschnittlichem Wirkstoffgehalt in einer großen Menge (§ 28 Abs. 6 SMG) in vielen Fällen in zwei Lokalen an mehrere Abnehmer verkauft habe. Weiters habe er am 10. Jänner 2004 zu einem Einbruchsdiebstahl in eine Trafik durch andere Täter dadurch beigetragen, dass er diese zum Tatort gefahren, Aufpasserdienste geleistet und die Täter nach der Tatbegehung wieder weggefahren habe. Schließlich sei dem Urteil zu Grunde gelegen, dass sich der Beschwerdeführer bei seinen zuvor genannten Suchtgiftverkäufen von Anfang 2002 bis April 2005 dadurch an einer kriminellen Organisation im Sinn des § 278a StGB beteiligt habe, dass er das Kokain regelmäßig von einer namentlich genannten Person bezogen und in deren Auftrag über Jahre den organisierten Kokainverkauf in eigens dafür finanzierten Lokalen mitbetreut sowie Botendienste und Schuldeneintreibung erledigt habe. Er habe sich dabei eines gut strukturierten Netzes von Suchtgiftlieferanten, Dealern und "Szene-Informanten" bedient, die sich allesamt durch den Suchtgifthandel und ohne legales Einkommen ein Luxusleben finanziert, Konkurrenten oder potentielle "Verräter" durch ihre Machtposition eingeschüchtert und sich durch Einschaltung von Mittelsmännern, häufiges Wechseln der Mobiltelefone und Verwendung von Codewörtern vor den Behörden zu schützen gesucht hätten. Nach den Entscheidungsgründen des Strafurteils - so führte die belangte Behörde ergänzend aus - sei die Wiener Suchtgiftszene im Hinblick auf Kokain seit mehr als 20 Jahren von einem Mann geprägt, der als "M" stets die unumschränkte Größe und die Stellung eines "Paten" genossen habe. Der Beschwerdeführer habe sich als dessen rechte Hand in der Szene ebenfalls schon einen Namen gemacht und als "Subverkäufer" und "Urlaubsvertretung" agiert. Die Verantwortung des - damals beschäftigungslosen - Beschwerdeführers, der "einen Audi 100 sein Eigen nennt", dass er die Verkäufe lediglich zur Finanzierung der eigenen Sucht getätigt hätte, habe aus Sicht des Strafgerichts keiner weiteren Kommentierung bedurft.

In der Begründung des angefochtenen Bescheids führte die belangte Behörde unter Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen weiter aus: Der Beschwerdeführer sei 1977 in Wien geboren, aber bereits 1978 nach Jugoslawien verzogen, wo er auch sieben Jahre Volks- und Mittelschule besucht habe. Nach seinem Vorbringen sei er 1992 nach Österreich zurückgekehrt, wo er seither nahezu durchgehend gemeldet sei. Hier habe er noch zwei Jahre die Hauptschule besucht und eine Elektrikerlehre abgeschlossen. Seit 10. Jänner 2007 verfüge er über einen unbefristeten Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG". Er lebe mit seiner Lebensgefährtin und seinen zwei minderjährigen Kindern, die ebenfalls über Aufenthaltstitel für Österreich verfügten, zusammen. Ebenso halte sich seine Mutter, die bereits die österreichische Staatsbürgerschaft besitze, in Österreich auf. Der Beschwerdeführer sei nunmehr 18 Jahre in Österreich und seit 1. Jänner 2007 als Arbeiter wieder beschäftigt.

Rechtlich sah die belangte Behörde im Hinblick auf die Verurteilungen des Beschwerdeführers und die diesen zugrundeliegenden Straftaten den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 (und 12) FPG als erfüllt an. Es sei aber auch der - auf Grund des dem Beschwerdeführer erteilten Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" heranzuziehende § 56 FPG erfüllt. Es sei nicht bloß auf die Tatsache der Verurteilungen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild. Das den Verurteilungen zugrunde liegende Verhalten des Beschwerdeführers rechtfertige die Annahme, dass sein weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle. So sei der Beschwerdeführer mehrfach verurteilt worden, was ihn aber nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Zudem seien die von ihm begangenen Straftaten immer schwerer geworden. Der Beschwerdeführer habe nicht nur Gewalttaten begangen und vor Drohungen und Nötigungen bei sogenannten "Schuldeneintreibungen" nicht zurückgeschreckt. Er habe sich auch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung über Jahre beim gewerbsmäßigen Verkauf von Suchtgift betätigt, sich im Rahmen dieser kriminellen Organisation bereits "einen Namen gemacht" und für den "Paten" der Organisation als "Subverkäufer und Urlaubsvertretung" agiert. Durch den Verkauf von Kokain in einer großen Menge habe er eine große Gesundheitsgefährdung einer "Unzahl" von Abnehmern herbeigeführt und in Kauf genommen. Er habe als Beitragstäter bei einem Einbruchsdiebstahl zudem unter Beweis gestellt, dass er fremdes Eigentum gering achte. Der Beschwerdeführer habe durch die von ihm zuletzt begangenen Straftaten hinreichend dokumentiert, dass sein Verbleib im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Auch wenn seit der letzten und schwersten Verurteilung bereits einige Jahre verstrichen seien, sei der Zeitraum des Wohlverhaltens im Hinblick auf die Schwere der gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Straftaten und der Suchtgiftdelikten immanenten Wiederholungsgefahr viel zu kurz, um auch nur auf eine Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden großen Gefahr schließen zu können.

Die belangte Behörde ging im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG von einem massiven Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers aus. Die aus der Dauer seines Aufenthalts und seiner familiären und privaten Bindungen ableitbare Integration sei jedoch insofern relativiert, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch das schwere strafbare Verhalten massiv beeinträchtigt werde. Zudem sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Erlassung eines Aufenthaltsverbots im Zusammenhang mit Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten vollkommener sozialer Integration nicht rechtswidrig. Auch die Bindungen zu seiner Lebensgefährtin und zu seinen Kindern hätten den Beschwerdeführer im Übrigen nicht davon abgehalten, immer wieder und in erheblichem Ausmaß straffällig zu werden. Die Lebensgefährtin und seine Kinder - Drittstaatsangehörige mit legalem Aufenthalt - würden zudem demselben Sprach- und Kulturkreis entstammen wie er. Ihnen und auch seiner Mutter - mit der er nicht im gemeinsamen Haushalt lebe - sei die Aufrechterhaltung des Kontakts zum Beschwerdeführer im Ausland zumutbar.

Der Beschwerdeführer gehe zwar wieder einer Beschäftigung nach und habe in Österreich seine Schulpflicht abgeschlossen und eine Lehre absolviert. Dennoch könne von einer überwiegenden Schutzwürdigkeit des Privatlebens auf Grund der schweren Straftaten in keinem Fall gesprochen werden. Im öffentlichen Interesse sei eine Trennung von den Familienangehörigen in Kauf zu nehmen. Der Beschwerdeführer sei zwar im Inland geboren, habe die prägenden Jahre seiner Sozialisation jedoch in Serbien erfahren. Es seien somit "entsprechende Kenntnisse von Schrift und Sprache" vorhanden. Allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in seinen Heimatstaat habe er in Kauf zu nehmen, wobei er jedoch auf die Ausbildung zum Elektroinstallateur zurückgreifen könne. Seiner Unterhaltspflicht könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus nachkommen.

Die belangte Behörde kam davon ausgehend zum Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbots die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich klar überwiegen würden, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbots als zulässig erweise.

Die Möglichkeit, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots absehen zu können, verneinte die belangte Behörde und sie begründete abschließend die festgesetzte Dauer (von zehn Jahren) näher.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die zu diesem Zeitpunkt (Juli 2010) geltende Fassung, nämlich BGBl. I Nr. 135/2009.

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 60 Abs. 2 FPG hat als bestimmte, eine Gefährdungsannahme im Sinn des Abs. 1 rechtfertigende Tatsache insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht (u.a.) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 1) oder auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme rechtfertigt, dass er einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) angehört oder angehört hat (Z 12).

Nach § 61 Z 2 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 1 FPG wegen des maßgeblichen Sachverhalts unzulässig wäre. Im Wege dieser Bestimmung gelten die Bedingungen des § 56 Abs. 1 FPG nicht nur für Ausweisungen, sondern auch für Aufenthaltsverbote gegen langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. November 2012, Zl. 2011/23/0461, mwN).

Der Beschwerdeführer weist unstrittig die eingangs dargestellten strafgerichtlichen Verurteilungen wegen der näher angeführten strafbaren Handlungen auf. Im Hinblick darauf hat er die genannten Alternativen der allgemeinen Aufenthaltsverbotstatbestände des § 60 Abs. 2 Z 1 und Z 12 FPG verwirklicht. Es sind in seinem Fall - wie bereits die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend bejahte - aber überdies mehrere Tatbestände des § 56 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt, weil der Beschwerdeführer nicht nur wegen (mehrerer) Verbrechen (Suchtgifthandel, schwerer Diebstahl durch Einbruch sowie der Beteiligung an einer kriminellen Organisation) und wegen eines mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Vergehens nach dem SMG, sondern im Hinblick auf seine Verurteilung nach § 278a StGB auch nach einem Tatbestand des 20. Abschnitts des besonderen Teils des StGB (Strafbare Handlungen gegen den öffentlichen Frieden) rechtskräftig verurteilt worden ist. Dies indiziert jedenfalls, dass vom Beschwerdeführer eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit im Sinn des § 56 Abs. 1 FPG ausgeht.

Soweit der Beschwerdeführer unter diesem Gesichtspunkt einwendet, die belangte Behörde habe sich ausschließlich auf die im Strafregisterauszug aufscheinenden Verurteilungen gestützt und keine Abwägung seines Gesamtverhaltens vorgenommen, ist er nicht im Recht. Die belangte Behörde hat keineswegs bloß auf den Umstand der Verurteilungen des Beschwerdeführers abgestellt, sondern auch das den Strafurteilen zugrundeliegende strafbare Verhalten im angefochtenen Bescheid ausreichend festgestellt und in ihre Erwägungen erkennbar miteinbezogen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf die Suchtgiftdelinquenz auch bereits mehrfach festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Verhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an deren Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. April 2012, Zl. 2011/23/0670, mwN). Schon angesichts des über einen langen Zeitraum ausgeübten und erst durch die Inhaftierung beendeten gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Organisation begangenen Verbrechens des Suchtgifthandels in Bezug auf eine große Drogenmenge kann die von der belangten Behörde angenommene Gefährdungsprognose im Sinn des § 56 Abs. 1 FPG daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dem weiteren Argument des Beschwerdeführers, dass er sich seit seiner letzten Verurteilung wohlverhalten, aus seinen Fehlern eine Lehre gezogen und "ein neues Leben begonnen" habe, indem er einer Beschäftigung nachgehe und für seine Lebensgefährtin und seine zwei minderjährigen Kinder sorge, ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters unter dem Blickwinkel des hier maßgeblichen Fremdenrechts in erster Linie daran zu messen ist, innerhalb welchen Zeitraums er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. dazu das Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192). Der Zeitraum zwischen der Haftentlassung des Beschwerdeführers (am 20. Dezember 2006) und der Erlassung des angefochtenen Bescheides von etwa dreieinhalb Jahren ist zwar nicht unbeachtlich, aber - wie dies die belangte Behörde zutreffend vertreten hat - im Ergebnis als zu kurz zu beurteilen, um angesichts der vom Beschwerdeführer über einen langen Zeitraum (von Anfang 2002 bis April 2005) und der auch in offener Probezeit aus einer Vorverurteilung gesetzten erheblichen Straftaten verlässlich einen Wegfall oder eine erhebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefährdung annehmen zu können. Die weiters ins Treffen geführten familiären Beziehungen haben den Beschwerdeführer aber bereits bisher nicht von der Begehung der Straftaten abgehalten.

Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, dass ihm - im Rahmen einer Erstreckung über seine österreichische Mutter - bereits vor seiner ersten Verurteilung im Jahr 1999 die österreichische Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können, ist nicht zielführend:

Nach § 61 Z 3 FPG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG (BGBl. Nr. 311/1985) verliehen hätte werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mindestens einer unbedingten einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden oder er würde einen der in § 60 Abs. 2 Z 12 bis 14 FPG bezeichneten Tatbestände verwirklichen.

Die genannte Bestimmung ist im vorliegenden Fall daher schon deshalb nicht anzuwenden, weil der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wurde und er überdies den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 12 FPG erfüllt hat.

Die Beschwerde wendet sich im Übrigen gegen die gemäß § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung und verweist in diesem Zusammenhang auf den langen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, seine Beschäftigung im Inland, die er verlieren würde, und seine hier lebende Familie, der eine Trennung nicht zumutbar wäre. Damit werden jedoch keine Umstände aufgezeigt, die im angefochtenen Bescheid nicht ohnedies bereits ausreichend berücksichtigt worden wären. So ging die belangte Behörde wegen des langen inländischen Aufenthalts des beruflich wieder integrierten Beschwerdeführers und seiner in Österreich lebenden Angehörigen von einem massiven Eingriff in das Privat- und Familienleben aus. Diesen gewichtigen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt steht jedoch die erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, die insbesondere aus dem vom Beschwerdeführer über viele Jahre gesetzten strafbaren Verhalten im Bereich des gewerbsmäßigen und organisierten Suchtgifthandels resultiert, gegenüber. Im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Straftaten der vorliegenden Art begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei und die persönlichen Interessen die gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht überwiegen, sodass die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 66 FPG zulässig sei, keinen Bedenken. Wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausführte, entspricht es auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei solchen Verbrechen gegen das SMG weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot entgegenstehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/23/0255, dem ein ähnlicher Sachverhalt zu Grunde lag). In diesem Fall sind die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots vom Beschwerdeführer und seinen Familienangehörigen, ebenso wie allfällige wirtschaftliche Schwierigkeiten beim (Wieder-)Aufbau einer Existenz im Heimatland, im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

In der Beschwerde werden schließlich auch keine Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt wäre.

Die Beschwerde - die Ausführungen gegen die Dauer des Aufenthaltsverbots nicht enthält - war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 18. Juni 2013

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