Normen
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1960 geborene Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, reiste im Jänner 1985 nach Österreich ein, wo er sich seither durchgehend aufhält. Der Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet; seit 1. Juli 1996 ist ihm eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung erteilt.
Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24. Juni 1994 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der fahrlässigen schweren Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 StGB sowie des Imstichlassens eines Verletzten gemäß § 94 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt, weil er es am 31. Oktober 1993 nach einem von ihm verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person schwer verletzt wurde, unterließ, die erforderliche Hilfe zu leisten.
Weiters wurde der Beschwerdeführer am 22. November 1999 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG sowie der vorsätzlichen Monopolhehlerei nach § 46 Abs.1 lit. a FinStrG zu einer Geldstrafe von S 10.000.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Monate) rechtskräftig verurteilt. Dem Schuldspruch lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer gewerbsmäßig im Oktober und November 1998 über sieben Millionen nach Österreich geschmuggelte Zigaretten verschiedener Marken an sich gebracht, teilweise bereits verhandelt und damit überdies in Monopolrechte eingegriffen hatte.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. November 2001 wurde der Beschwerdeführer schließlich wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und Abs. 4 Z 3 SMG und des Vergehens nach § 28 Abs. 1 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt, weil er am 30. Jänner 2000 insgesamt fünf Kilogramm Heroin von sehr guter Qualität von Mazedonien über Jugoslawien und Ungarn ins Bundesgebiet geschmuggelt und anschließend mit dem Vorsatz besessen hatte, dass es in Verkehr gesetzt werde.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 1. Juni 2010 erließ die belangte Behörde in der Folge gegen den Beschwerdeführer gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde den zuvor dargestellten Sachverhalt in ihrer Begründung dahingehend, dass auf den Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Ehe mit einer Österreicherin gemäß § 87 FPG die Bestimmung des § 86 Abs. 1 FPG anzuwenden sei. Ein Aufenthaltsverbot könne danach erlassen werden, wenn sein persönliches Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde und eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Da der Beschwerdeführer zwei auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen aufweise und Suchtgiftdelikten - wie im vorliegenden Fall erkennbar - eine Wiederholungsgefahr immanent sei, seien diese Voraussetzungen erfüllt, sodass gemäß § 86 Abs. 1 FPG ein Aufenthaltsverbot - vorbehaltlich der §§ 61 und 66 FPG - erlassen werden könne.
Der Beschwerdeführer lebe seit Jänner 1985 - und damit mehr als 25 Jahre - durchgehend in Österreich und verfüge über inländische familiäre Beziehungen zu seiner Ehefrau und seinen vier inzwischen volljährigen Kindern, denen bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei.
Im Rahmen ihrer Interessenabwägung nach § 66 FPG nahm die belangte Behörde einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen "relevanten" Eingriff in das Privat- und Familienleben an, der jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, dringend geboten und deshalb zulässig sei. Das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er nicht gewillt sei, die für ihn maßgeblichen Rechtsvorschriften einzuhalten. Eine Verhaltensprognose könne schon wegen der gewerbsmäßig begangenen Taten und der Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten nicht positiv ausfallen.
Die für eine - aus dem langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbare - Integration erforderliche soziale Komponente werde durch sein strafbares Verhalten erheblich gemindert. Da sein Arbeitsleben von einem ständigen Arbeitgeberwechsel und dem zwischenzeitigen Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe gekennzeichnet gewesen sei, könne auch von einer beruflichen Integration nicht ausgegangen werden. So sei der Beschwerdeführer zuletzt von 16. April 2007 bis 24. August 2007 einer Beschäftigung nachgegangen und habe von 3. September 2007 bis 5. November 2007 Arbeitslosengeld bezogen. Auch seine familiären Bindungen seien im Hinblick auf die Volljährigkeit seiner Kinder, die mit Ausnahme des jüngsten Sohnes auch nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebten, zu relativieren.
Diesen - solcherart geschmälerten - privaten und familiären Interessen würden die hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen, insbesondere an der Einhaltung strafrechtlicher Normen, gegenüberstehen. Die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie würden daher nicht schwerer wiegen, als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen eines Absehens von dieser Maßnahme.
Die belangte Behörde verneinte - auch angesichts der Art und der Schwere der Straftaten - selbst unter Berücksichtigung der familiären Situation die Möglichkeit, im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand nehmen zu können und begründete abschließend die Reduktion der Dauer des (in erster Instanz unbefristet verhängten) Aufenthaltsverbots auf zehn Jahre näher.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Basis der Sach- und Rechtslage bei seiner Erlassung zu überprüfen hat. Wird daher im Folgenden auf Bestimmungen des FPG Bezug genommen, so handelt es sich dabei um die zu diesem Zeitpunkt (Juni 2010) geltende Fassung, nämlich BGBl. I Nr. 135/2009.
Gegen den Beschwerdeführer als Familienangehörigen einer Österreicherin, auch wenn sie ihr Freizügigkeitsrecht nicht in Anspruch genommen hat, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Der Beschwerdeführer wendet in diesem Zusammenhang jedoch ein, dass stets auf das Gesamtverhalten Bedacht zu nehmen sei und hier kein gravierendes Fehlverhalten vorliege, das die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Die ihm angelasteten Straftaten seien jeweils für sich betrachtet auch nicht geeignet, die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu rechtfertigen.
Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt, liegt dem Beschwerdeführer doch zur Last, dass er zuletzt Suchtgift in einer besonders großen Menge, nämlich insgesamt fünf Kilogramm hochwertiges Heroin über mehrere Ländergrenzen hinweg nach Österreich gebracht hat, damit es in Verkehr gesetzt werde. Er hat sich auch von der zuvor erfolgten Verurteilung wegen gewerbsmäßig begangener Straftaten im Zusammenhang mit einer besonders großen Anzahl geschmuggelter Zigaretten nicht davon abhalten lassen, lediglich zwei Monate nach diesem Urteil - in der dargestellten Weise - erneut einschlägig massiv straffällig zu werden. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit schwerer Suchtgiftkriminalität, die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach unionsrechtlichen Maßstäben - ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. April 2012, Zl. 2011/23/0168, mwN) - ist die belangte Behörde hier zu Recht davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 86 Abs. 1 FPG erfüllt seien.
In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass nach der Aktenlage zwar Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers am Gefährdungsmaßstab des fünften Satzes des § 86 Abs. 1 FPG zu beurteilen gewesen wäre. In einem solchen Fall ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Trotzdem wurde der Beschwerdeführer durch die - in der Beschwerde nicht gerügte - Beurteilung der belangten Behörde ausschließlich nach § 86 Abs. 1 erster bis vierter Satz FPG fallbezogen nicht in Rechten verletzt, weil in Anbetracht der gegen ihn ergangenen Verurteilungen, insbesondere jener wegen eines Verbrechens nach dem SMG und des diesem Schuldspruch zu Grunde liegenden Schmuggels und Besitzes einer besonders großen Menge Heroins, um diese in Verkehr zu setzen, ohne Zweifel auch das Vorliegen der in § 86 Abs. 1 fünfter Satz FPG umschriebenen Gefährdung zu bejahen wäre.
Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Beurteilung - entgegen der Beschwerdeansicht - auch nicht bloß auf den Umstand der Verurteilungen gestützt, sondern das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers ausreichend konkret festgestellt.
Der Beschwerdeführer rügt unter diesem Gesichtspunkt weiters, dass das Berufungsverfahren mehr als vier Jahre in Anspruch genommen habe und die zur Begründung des Aufenthaltsverbots herangezogenen Taten deshalb bereits mehr als zehn Jahre zurückgelegen seien. Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, dass das Berufungsverfahren sehr lange gedauert hat, eine relevante Mangelhaftigkeit des angefochtenen Bescheids wird mit diesem Beschwerdevorbringen jedoch nicht aufgezeigt. So verbrachte der Beschwerdeführer etwa die Hälfte der Zeit seit seiner letzten Straftat im Vollzug der über ihn verhängten Freiheitsstrafen. Ein allfälliger - vom Beschwerdeführer für sich reklamierter - Gesinnungswandel eines Straftäters ist jedoch in erster Linie daran zu messen, innerhalb welchen Zeitraums er sich in Freiheit nach der Entlassung aus der Strafhaft wohlverhalten hat (vgl. das Erkenntnis vom 21. Februar 2013, Zl. 2011/23/0192). Angesichts der besonders schweren Straftaten, die der letzten Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde lagen und der erst am 4. August 2005 erfolgten Haftentlassung war der bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheids verstrichene Zeitraum von knapp fünf Jahren - der etwa der zuvor in Haft verbrachten Zeit entspricht - noch zu kurz, als dass die belangte Behörde auf einen Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr hätte schließen müssen.
Der Beschwerdeführer bringt außerdem vor, dass ihm bereits die österreichische Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können, weshalb schon aus diesem Grund kein Aufenthaltsverbot hätte erlassen werden dürfen. Soweit er damit auf den Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund nach § 61 Z 3 FPG abstellt, ist ihm zu erwidern, dass diese Bestimmung dem gegenständlichen Aufenthaltsverbot schon deshalb nicht entgegensteht, weil er wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu einer unbedingten viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.
Die Beschwerde richtet sich ferner gegen die von der belangten Behörde nach § 66 FPG vorgenommene Interessenabwägung. Der Beschwerdeführer verweist dazu auf seinen langen inländischen Aufenthalt von mehr als 25 Jahren und seine soziale und berufliche Integration. Im Hinblick auf die Anwesenheit sämtlicher Angehöriger im Bundesgebiet erfolge ein Eingriff in seine Kernfamilie. Dies sei von der belangten Behörde nicht entsprechend gewürdigt worden.
Diese Umstände wurden von der belangten Behörde im Rahmen ihrer Interessenabwägung jedoch ohnedies ausreichend berücksichtigt, weshalb sie auch davon ausging, dass mit dem Aufenthaltsverbot ein "relevanter" Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Die familiäre Bindung zu den Kindern ist jedoch bereits auf Grund ihrer Volljährigkeit und der überwiegend fehlenden Haushaltsgemeinschaft zu relativieren. Der von der belangten Behörde konstatierten fehlenden beruflichen Integration tritt die Beschwerde nicht konkret entgegen. Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht außerdem die massive Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, die aus dem vom Beschwerdeführer trotz Vorverurteilung gesetzten strafbaren Verhalten im Bereich des Schmuggels einer besonders großen Menge Heroin resultiert. Im Hinblick auf das überaus große öffentliche Interesse an der Verhinderung derartiger Straftaten begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei und die persönlichen Interessen die gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht überwiegen, sodass die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 66 FPG zulässig sei, keinen Bedenken. Es entspricht auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei derart schweren Verbrechen gegen das SMG weder ein langjähriger Aufenthalt in Österreich noch eine sonst vollkommene soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot entgegenstehen (vgl. das Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/23/0255). In diesem Fall haben der Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.
Die Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels zeigt die Beschwerde nicht auf; sie führt nämlich nicht aus, welche weiteren Umstände zu ermitteln gewesen wären. Zudem erweist sich der angefochtene Bescheid - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - als ausreichend begründet. Die Beschwerde bringt schließlich auch keine Gründe vor, wonach das Ermessen durch die belangte Behörde nicht in gesetzmäßiger Weise ausgeübt worden wäre.
Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 25. April 2013
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