Normen
AbgEO §12 Abs2;
BAO §207;
BAO §311;
BAO §311a Abs3;
BAO §85 Abs2;
B-VG Art132;
EO §14 Abs1;
EO §27 Abs1;
EO §35 Abs2;
EO §35;
EO §41 Abs2;
VwGG §27;
AbgEO §12 Abs2;
BAO §207;
BAO §311;
BAO §311a Abs3;
BAO §85 Abs2;
B-VG Art132;
EO §14 Abs1;
EO §27 Abs1;
EO §35 Abs2;
EO §35;
EO §41 Abs2;
VwGG §27;
Spruch:
Der Antrag vom 16. Juni 2010, in Stattgabe der erhobenen Einwendungen das zur Zl. 3 E X des Bezirksgerichtes Völkermarkt geführte Exekutionsverfahren insgesamt, in eventu das erwähnte Exekutionsverfahren hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf unbewegliches Vermögen einzustellen, wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2010 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen die in dem vom Bürgermeister der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See ausgestellten Rückstandsausweis vom 11. März 2010 "angeführten Abgaben- und Gebührenbescheide". Es sei über die Anträge auf Übermittlung der Bescheide in slowenischer Sprache noch nicht entschieden worden, daher seien die Bescheide noch nicht wirksam erlassen worden. Gleichzeitig erhob er in demselben Schriftsatz auch Einwendungen gemäß § 35 EO.
Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2010 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf "Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung auf das sachlich zuständige höhere Organ, dies ist der Gemeinderat" (mit der Beschwerde wurde eine beglaubigte Übersetzung dieses Devolutionsantrages vorgelegt). Sollte aber nicht § 73 AVG zur Anwendung gelangen, sondern - weil es sich um eine Abgabenangelegenheit handle - § 311 BAO, dann möge der Gemeindevorstand diesen Devolutionsantrag zurückweisen und gleichzeitig über die Berufung entscheiden.
Im selben Schriftsatz stellte der Beschwerdeführer auch einen auf § 311 BAO gestützten Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung hinsichtlich seines Einspruches nach § 35 EO.
1.4. Mit seiner am 8. Juli 2011 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde machte der Beschwerdeführer einerseits die Säumnis des Gemeinderats der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See und andererseits die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Gemeindevorstand der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See geltend. Aus der Begründung der Beschwerde ergibt sich, dass hinsichtlich der Berufung gegen die Abgabenbescheide die Säumnis des Gemeinderates (insoweit wurde die Beschwerde zur hg. Zl. 2011/17/0166 protokolliert) und hinsichtlich der Einwendungen gegen den Rückstandsausweis gemäß § 35 EO die Säumnis des Gemeindevorstands (insoweit wurde die Beschwerde zur hg. Zl. 2013/16/0036, vormals Zl. 2011/17/0177, protokolliert) geltend gemacht wurde.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle in der Sache selbst erkennen und der Berufung des Beschwerdeführers gegen die im "Rückstandsausweis …. angeführten Abgaben- und Gebührenbescheide Folge geben, die angefochtenen Bescheide aufheben und der Gemeinde die neuerliche Zustellung der Bescheide sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache auftragen sowie den Einwendungen des Beschwerdeführers gem. § 35 gegen die Exekution …. stattgeben und die Exekution insgesamt, in eventu zumindest hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf unbeweglichem Vermögen, einstellen."
Mit Verfügung vom 14. Juli 2011 forderte der Verwaltungsgerichtshof die belangten Behörden auf, binnen drei Monaten jeweils den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides sowie dem Verwaltungsgerichtshof eine Kopie des Nachweises über die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2011 teilte der Beschwerdeführer mit, dass am 17. Oktober 2011 die "in der Anlage befindlichen Bescheide" sowohl in deutscher als auch in slowenischer Sprache zugestellt worden seien. Die belangte Behörde sei "damit der Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes laut Beschluss vom 14. Juli 2011 nachgekommen". Dem Schreiben waren zwei Ausfertigungen einer Berufungserledigung vom 10. Oktober 2011 in slowenischer und in deutscher Sprache angeschlossen.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 legte auch die Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See, vertreten durch den Bürgermeister, den Bescheid des Gemeindevorstandes vom 10. Oktober 2011 (in slowenischer und deutscher Sprache) vor. In diesem Schreiben weist die Gemeinde auch darauf hin, dass der Devolutionsantrag nur in slowenischer Sprache eingebracht worden sei. Da zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die Abgabenbehörde erster Instanz keine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung der slowenischen Sprache als Amtssprache bestanden habe, sei ein Verbesserungsauftrag, das Anbringen auch in deutscher Sprache einzubringen, erteilt worden. Dieser sei jedoch unbeachtet geblieben.
Mit dem dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Bescheid vom 10. Oktober 2011 sprach der Gemeindevorstand der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See über näher genannte Berufungen ab und wies diese als unbegründet ab. Als Rechtsgrundlage wurde § 289 BAO angegeben.
Mit hg. Beschluss vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0166, wurde die zu der erwähnten Zahl protokollierte Beschwerde als gegenstandslos geworden erklärt und das Säumnisbeschwerdeverfahren hinsichtlich der Berufung gegen die dem Rückstandsausweis vom 15. Februar 2010 zugrundeliegenden Abgaben- und Gebührenbescheide eingestellt.
Eine abgabenbehördliche Erledigung in dem der vorliegenden Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zu Grunde liegenden Verfahren betreffend den Antrag des Beschwerdeführers auf Einstellung der Exekution nach § 35 EO erfolgte jedoch nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Nach § 42 Abs. 4 VwGG kann in den Fällen des Art. 132 B-VG der Verwaltungsgerichtshof sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgebender Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Macht der Verwaltungsgerichtshof von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch oder kommt die belangte Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet er über die Säumnisbeschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei er auch das sonst der Verwaltungsbehörde zustehende freie Ermessen handhabt.
Da die (im Beschwerdefall anzuwendende) BAO keine andere Frist als § 27 VwGG bestimmt, wäre der Verwaltungsgerichtshof daher zur Entscheidung über die im Juli 2011 erhobene vorliegende Säumnisbeschwerde unter der Voraussetzung zuständig, dass die belangte Behörde "oberste Behörde" im Sinne des § 27 Abs. 1 VwGG ist.
Mit der vorliegenden Beschwerde wird die Säumnis der belangten Behörde über den am 29. Dezember 2010 gestellten Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung hinsichtlich ihres "Einspruches nach § 35 Abs. 2 EO" geltend gemacht.
Die vom Beschwerdeführer erhobenen "Einwendungen gemäß § 35 Abs. 2 EO" richten sich gegen die Exekutionsführung auf Grund eines Rückstandsausweises vom 11. März 2010. Dieser betrifft Abfallgebühren, Abfall-Bereitstellungsgebühren, Wasser- und Kanalgebühren sowie Mahngebühren im - näher aufgeschlüsselten - Gesamtbetrag von EUR 1.430,92.
Nach der Kärntner Abfallwirtschaftsordnung 2004, LGBl. Nr. 17 (Wiederverlautbarung; in der Folge K-AWO), sind die der Gemeinde nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben - ausgenommen die Festlegung von Standorten von Behandlungsanlagen im Rahmen der überörtlichen Planung - solche des eigenen Wirkungsbereiches (§ 64 K-AWO); die Ermächtigung einer Gemeinde zur Ausschreibung von Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen zur Entsorgung von Abfällen und der Umweltberatung ergibt sich auf Grund der gemäß § 7 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, erteilten bundesgesetzlichen Ermächtigung (vgl. § 55 Abs. 1 K-AWO). In Angelegenheiten der hier angesprochenen Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen zur Entsorgung von Abfällen ist die BAO anzuwenden (vgl. § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 lit. d BAO). Nach § 3a Z 1 BAO sind Mahngebühren (§ 227a BAO) Nebengebühren.
Gemäß § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 30. März 1949 über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben (Abgabenexekutionsordnung - AbgEO), BGBl. Nr. 104 in der Fassung durch BGBl. I Nr. 20/2009, gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe des Absatzes 2 sinngemäß auch in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.
Nach § 2 Abs. 2 leg. cit. gelten im Verfahren nach diesem Bundesgesetz bei den im Abs. 1 genannten Behörden unter anderem nachstehende Abweichungen:
a) Betreibender Gläubiger ist die abgabenberechtigte Körperschaft.
b) Vollstreckungsbehörde ist die nach den besonderen Vorschriften mit der Vollstreckung betraute Behörde. Sie kann die Bezirksverwaltungsbehörde um die Durchführung der Vollstreckung ersuchen.
c) Die in lit. b bezeichneten Behörden haben die Aufgaben zu besorgen, die nach diesem Bundesgesetz den Finanzämtern obliegen.
d) Als Exekutionstitel kommen neben den im § 4 genannten Rückstandsausweisen auch noch Zahlungsaufträge in Betracht, die mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehen sind.
Gemäß § 3 Abs. 1 AbgEO werden die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände und der Gemeinden zu erhebenden öffentlichen Abgaben, Beiträge und Nebenansprüche nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. kann eine Vollstreckung auf bewegliche körperliche Sachen, auf grundbücherlich nicht sichergestellte Geldforderungen und auf Ansprüche auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen im finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden.
Nach § 3 Abs. 3 erster und zweiter Satz leg. cit. ist bei allen übrigen Vollstreckungsarten nur ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren zulässig. Die Durchführung eines solchen Verfahrens schließt die gleichzeitige Durchführung eines finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens gemäß Abs. 2 nicht aus.
Im Beschwerdeverfahren wurde die Vollstreckung nach den vom Beschwerdeführer (gemeinsam mit der Säumnisbeschwerde in Kopie) vorgelegten Schriftsätzen im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt.
Nach § 1 Z 13 EO sind die über direkte Steuern und Gebühren sowie über Landes-, Bezirks- und Gemeindezuschläge ausgefertigten, nach den darüber bestehenden Vorschriften vollstreckbaren Zahlungsaufträge und Rückstandsausweise Exekutionstitel im gerichtlichen Verfahren.
Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, können gem. § 35 Abs. 1 EO im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
Diese Einwendungen sind gem. § 35 Abs. 2 EO, unbeschadet eines allfälligen Rekurses gegen die Exekutionsbewilligung, im Wege der Klage bei dem Gerichte geltend zu machen, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt wurde. Einwendungen gegen einen Anspruch, der sich auf einen der im § 1 Z 10 und 12 bis 14 angeführten Exekutionstitel stützt, sind bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist.
Alle Einwendungen, die der Verpflichtete zur Zeit der Erhebung der Klage oder zur Zeit des Einschreitens bei einer der im vorigen Absatz bezeichneten Behörden vorzubringen imstande war, müssen gem. § 35 Abs. 3 EO bei sonstigem Ausschlusse gleichzeitig geltend gemacht werden.
Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Exekution gem. § 35 Abs. 4 EO einzustellen.
Gegen den Anspruch können im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nach § 12 Abs. 1 AbgEO nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
Die Einwendungen sind gemäß § 12 Abs. 2 AbgEO bei jenem Finanzamt anzubringen, von welchem der Exekutionstitel ausgegangen ist.
Gibt die Abgabenbehörde den Einwendungen statt, so hat sie von Amts wegen, als Partei des gerichtlichen Verfahrens (als betreibende Gläubigerin), die Einstellung (Einschränkung) der Exekution zu beantragen (vgl. Reeger/Stoll, Die Abgabenexekutionsordnung, 47).
Wurde also wegen Abgabenschuldigkeiten ein gerichtliches Exekutionsverfahren eingeleitet, sind die dem § 12 AbgEO entsprechenden Einwendungen gemäß § 35 Abs. 2 EO nicht im Klagewege (Oppositionsklage), sondern im Verwaltungsverfahren bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, Zl. 2002/16/0266, mwN).
Der vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegte Rückstandsausweis vom 11. März 2010 wurde vom Bürgermeister der Gemeinde St. Kanzian am Klopeinersee als Abgabenbehörde erster Instanz ausgestellt. Der Bürgermeister der Gemeinde St. Kanzian am Klopeinersee hätte daher über die mit Schriftsatz vom 16. Juni 2010 erhobenen "Einwendungen gemäß § 35 Abs. 2 EO" zu entscheiden gehabt. Diese Entscheidung ist unbestritten unterblieben.
Näheres über die Entscheidungspflicht regelt der gemäß § 323a Abs. 1 Z 1 BAO anzuwendende § 311 BAO wie folgt (auszugsweise):
"(1) Die Abgabenbehörden sind verpflichtet, über Anbringen (§ 85) der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.
(2) Werden Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz der Partei nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt der Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekannt gegeben (§ 97), so kann jede Partei, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat, den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragen (Devolutionsantrag). Devolutionsanträge sind bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen.
(3) Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat der Abgabenbehörde erster Instanz aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten ab Einlangen des Devolutionsantrages zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde erster Instanz das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen.
(4) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz über, wenn die Frist (Abs. 3) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde erster Instanz vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.
(5) Devolutionsanträge sind abzuweisen, wenn die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist.
(6) …"
Im Beschwerdefall hat die Abgabenbehörde erster Instanz unbestritten nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 311 Abs. 2 BAO entschieden, sodass der Beschwerdeführer mit seinem Antrag vom 29. Dezember 2010 zutreffend den Übergang der Entscheidungspflicht auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehren konnte.
Nach § 2 lit. b sublit. bb des Gesetzes über die Organisation und die Besonderheiten der Abgabenverwaltung in Kärntnen (Kärntner Abgabenorganisationsgesetz - K-AOG), LGBl. Nr. 42/2010, ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz der Gemeindevorstand.
Über den Antrag des Beschwerdeführers vom 29. Dezember 2010 auf Übergang der Zuständigkeit auf den Gemeindevorstand wurde unstrittig ebenfalls nicht entschieden.
Der Bürgermeister der Gemeinde St. Kanzian am Klopeiner See hat in seinem an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Schriftsatz vom 28. Oktober 2011 im Zusammenhang mit diesem Devolutionsantrag vorgebracht, dass dieser (gemeint wohl: ausschließlich) in slowenischer Sprache eingebracht worden sei. Der Verbesserungsauftrag, den Antrag auch in deutscher Sprache einzubringen, sei "unbeachtet" geblieben. Damit dürfte der Bürgermeister die Auffassung vertreten, der Devolutionsantrag sei mit einem Mangel behaftet gewesen, der trotz eines (diesbezüglichen) Verbesserungsauftrages nicht behoben worden sei.
Auch in den vom Beschwerdeführer in Kopie vorgelegten Schriftsätzen ist der Devolutionsantrag vom 29. Dezember 2010 ausschließlich in slowenischer Sprache enthalten, wobei diesem eine - offensichtlich zum Zwecke der Vorlage an den Verwaltungsgerichtshof angefertigte - beglaubigte Übersetzung vom 6. Juli 2011 beigefügt wurde.
Es ist somit davon auszugehen, dass der Devolutionsantrag nur in slowenischer Sprache eingebracht wurde.
Ein Formgebrechen liegt vor, wenn ein Anbringen nicht in einer für den Einschreiter zugelassenen Amtssprache formuliert ist (vgl. die bei Ritz, BAO4, Tz 11 zu § 85 zitierte hg. Rechtsprechung). Formgebrechen von Eingaben berechtigen die Abgabenbehörde gem. § 85 Abs. 2 BAO nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
In den vom Bürgermeister in Kopie vorgelegten Aktenteilen ist kein Mängelbehebungsauftrag, der sich auf den gegenständlichen Devolutionsantrag vom 28. Dezember 2010 beziehen würde, enthalten. Das in den Aktenteilen enthaltene, offensichtlich vor diesem Antrag ergangene Schreiben des Bürgermeisters an den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers vom 23. Dezember 2010 mit dem allgemein gehaltenen Ersuchen, Eingaben bestimmter namentlich genannter Mandanten ihm (künftig) "in der geltenden Amtssprache zukommen zu lassen" kann nicht als Auftrag iSd § 85 Abs. 2 BAO gewertet werden, weil er sich nicht auf diesen Antrag bezieht, keine Frist für eine Mängelbehebung setzt und auch keinen Hinweis auf die Zurücknahmefiktion enthält. Somit kann der Devolutionsantrag auch nicht als mangels Mängelbehebung zurückgenommen gelten.
Selbst wenn man die Ansicht vertreten wollte, dass zum Zeitpunkt der Einbringung des Devolutionsantrages als Verfahrenssprache nur Deutsch in Betracht gekommen wäre, wäre daraus für die Frage der Säumigkeit der belangten Behörde noch nichts gewonnen. Die Frist des § 27 VwGG hat nämlich von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung beim Gemeindevorstand eingelangt ist, zu laufen begonnen, und zwar unabhängig davon, ob dieser Antrag mit einem Formmangel behaftet war und dem Antragsteller deswegen ein Mängelbehebungsauftrag erteilt worden ist. Weder das VwGG noch die BAO enthalten Bestimmungen, aus denen geschlossen werden könnte, dass mit Formmängel behaftete Eingaben nicht den Lauf der Entscheidungsfristen nach § 311 BAO und § 27 VwGG in Gang setzten. Auch die Bestimmung des § 311a Abs. 3 BAO bezieht sich ausdrücklich nur auf inhaltliche Mängel, die aber im Beschwerdefall nicht vorliegen.
Da somit die Frist des § 311 Abs. 3 BAO in jedem Fall bereits abgelaufen ist (vgl. § 311 Abs. 4 BAO) und auch eine Verlängerung der Frist im Sinne des § 311 Abs. 3 letzter Satz BAO weder behauptet wurde noch aktenkundig ist, war somit der Gemeindevorstand der Gemeinde St. Kanzian am Klopeinersee zur Entscheidung über den vorliegenden Devolutionsantrag betreffend die Einwendung nach § 35 EO und das damit verbundene Begehren auf Sachentscheidung berufen.
Da weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ersichtlich ist, dass die Verspätung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen wäre, ist der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers nicht gemäß § 311 Abs. 5 BAO abzuweisen.
Einen Devolutionsantrag im Falle der Säumnis der Behörde zweiter Instanz sieht die BAO nicht vor (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0166 mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in Stattgebung des Devolutionsantrages über die erwähnten "Einwendungen gemäß § 35 Abs. 2 EO" zu entscheiden.
Im Beschwerdefall hat die Gemeinde St. Kanzian beim Bezirksgericht Völkermarkt den Antrag auf Exekutionsbewilligung gestellt.
Nach § 35 Abs. 1 erster Satz EO können gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
Ebenso bestimmt § 12 Abs. 1 erster Satz AbgEO, dass gegen den Anspruch im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden können, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
Wurde wegen Abgabenschuldigkeiten ein gerichtliches Exekutionsverfahren eingeleitet, sind die dem § 12 AbgEO entsprechenden Einwendungen gem. § 35 Abs. 2 EO nicht im Klagewege (Oppositionsklage), sondern im Verwaltungsverfahren bei jener Behörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist. Gibt die Abgabenbehörde statt, so hat sie von Amts wegen, als Partei des gerichtlichen Verfahrens (als betreibender Gläubiger), die Einstellung (Einschränkung) der Exekution zu beantragen (vgl. Reeger/Stoll, Die Abgabenexekutionsordnung, 47).
Im Beschwerdefall macht der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 16. Juni 2010 als "Oppositionsgründe" geltend, Berufung gegen die (nicht in slowenischer Sprache ausgefertigten) Abgabenbescheide erhoben zu haben. Da dieser aufschiebende Wirkung zukomme, sei die Exekutionsführung unzulässig und daher einzustellen. Weiters sei die Exekutionsführung durch die Gemeinde St. Kanzian schikanös, weil der Beschwerdeführer ohnehin "nach Exekutionsbewilligung vollständige Sicherheit geleistet" hätte. Es sei nicht zulässig, den Beschwerdeführer als verpflichtete Partei mit einem Pfandrecht zu belasten, obwohl vollständige Sicherheit geleistet wurde und obwohl die Gemeinde St. Kanzian selbst das Verfahren schon seit Jahren verzögere, indem sie sich weigere, über die Anträge auf Zulassung des Slowenischen als Amtssprache zu entscheiden.
Es werde daher beantragt, in Stattgabe der Einwendungen die Exekution gänzlich oder nur hinsichtlich der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung auf unbeweglichem Vermögen einzustellen.
Zur behaupteten aufschiebenden Wirkung der Berufung ist darauf hinzuweisen, dass im Beschwerdefall die BAO anzuwenden ist. Nach § 254 BAO wird aber durch die Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt, insbesondere die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten.
Zur schikanösen Exekutionsführung durch die Gemeinde St. Kanzian führt der Beschwerdeführer aus, er hätte nach der Exekutionsbewilligung "vollständige Sicherheit geleistet" und diese beim Bezirksgericht Völkermarkt hinterlegt. Die Gemeinde St. Kanzian als betreibende Partei habe aber im diesbezüglichen Verfahren gem. § 41 Abs. 2 EO (auf Einschränkung der Exekution) eine negative Äußerung erstattet, was zur Abweisung des Antrages (auf Aufschiebung der Exekution) geführt habe.
Aus den von der Gemeinde St. Kanzian in Kopie vorgelegten Aktenteilen ergibt sich, dass das Bezirksgericht Völkermarkt mit Beschluss vom 16. Juni 2010 den Antrag des Beschwerdeführers auf Einschränkung der Exekution durch Löschung des auf einer näher bezeichneten Liegenschaft zugunsten der betreibenden Partei einverleibten zwangsweisen Pfandrechts mit der Begründung abgewiesen hat, dass die Voraussetzungen für die Einschränkung der Exekution mangels Überdeckung nicht gegeben seien. Mit Beschluss vom 22. Juli 2010 hat das Landesgericht Klagenfurt dem Rekurs des Beschwerdeführers gegen den erstgenannten Beschluss nicht Folge gegeben.
Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, dass die Oppositionsklage auch dann zusteht, wenn die Betreibung der Exekution wegen Änderung der Verhältnisse nachträglich schikanös geworden ist (vgl. Angst/Jakusch/Mohr, Exekutionsordnung15, E 223ff zu § 35).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers läuft dahin hinaus, dass sie in der negativen Stellungnahme der Gemeinde St. Kanzian zum Antrag auf Einschränkung der Exekution ein schikanöses Verhalten erblicken, dass geeignet ist, zu einer Einstellung der Exekution im Wege des § 35 EO zu führen.
Damit ist der Beschwerdeführer aber nicht im Recht:
Nach § 41 Abs. 2 EO ist die Exekution einzuschränken, wenn sie in größerem Umfange vollzogen wurde, als zur Erzielung vollständiger Befriedigung des Gläubigers notwendig ist. Der Entscheidung über einen darauf gerichteten Antrag hat eine Einvernehmung des betreibenden Gläubigers voranzugehen.
Die Einschränkung der Exekution wegen Überdeckung nach § 41 Abs. 2 EO hat in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu erfolgen. Demselben Ziel wie § 41 Abs. 2 EO dienen § 14 Abs. 1 EO (Beschränkung der Exekutionsmittel schon anlässlich der Exekutionsbewilligung) und § 27 Abs. 1 EO (Beschränkung schon des Vollzuges auf das erforderliche Ausmaß;
vgl. Angst/Jakusch/Mohr, Exekutionsordnung15, Anmerkung 2f zu § 41).
Im Beschwerdefall hat die gerichtliche Entscheidung, die Exekution nicht einzuschränken, einen Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. In der bloßen Erstattung einer Stellungnahme der betreibenden Gläubigerin, in der sie ihren Rechtsstandpunkt hinsichtlich der fehlenden Überdeckung darlegte, kann aber noch keine missbräuchliche Rechtsausübung erblickt werden. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Abgabenbescheide mittlerweile auch in slowenischer Sprache erlassen worden sind, sodass das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Hindernis zur Abgabenentrichtung bereits weggefallen ist.
Zu dem vom Beschwerdeführer in seinem Antrag nach § 35 EO eventualiter geltend gemachten Einwand der (teilweisen) Bemessungsverjährung der Abgabenansprüche ist darauf hinzuweisen, dass dieser nur gegen den die Feststellung des Anspruches betreffenden Verwaltungsbescheid erhoben werden kann, nicht hingegen im Vollstreckungsverfahren (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1968, 1784/67).
Auf die behauptete Verfassungswidrigkeit des § 7 Abs. 4 EO braucht schon deswegen nicht eingegangen werden, als dieser im vorliegenden Verfahren nicht präjudiziell ist.
Eine Entscheidung über den Aufwandersatz konnte entfallen, weil dem Beschwerdeführer mit hg. Beschluss vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0166, sämtliche in der Beschwerde geltend gemachten Kosten zugesprochen wurden.
Wien, am 29. Mai 2013
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