VwGH 2013/13/0038

VwGH2013/13/003827.4.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. Markus Singer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 4/1/2/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 22. Oktober 2012, Zl. RV/3525-W/11, betreffend Einkommensteuer 2009, zu Recht erkannt:

Normen

62013CJ0657 Verder LabTec VORAB;
BAO §198;
EStG §27 Abs6;
EStG §31 Abs2 Z2;
62013CJ0657 Verder LabTec VORAB;
BAO §198;
EStG §27 Abs6;
EStG §31 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens ist der Verbrauch von Verlustabzügen im Rahmen der sogenannten Wegzugsbesteuerung bei Wegzug in einen Staat der Europäischen Union gemäß § 31 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010.

2 Der Beschwerdeführer brachte im Streitjahr 2009 seinen Hälfteanteil an einer österreichischen GmbH in eine zypriotische Gesellschaft ein und beantragte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 die Nichtfestsetzung der Steuerschuld gemäß § 31 Abs. 2 Z 2 zweiter Satz EStG 1988. Seine erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung sowie Verkäufen von Wertpapieren innerhalb der Spekulationsfrist betrugen in Summe etwa EUR 30.000,--, die der Höhe nach unstrittigen Einkünfte aus der als Veräußerung geltenden Einbringung der Beteiligung etwa EUR 2,350.000,--. "Für" diesen "in den Einkünften enthaltenen Betrag", so der vorgedruckte Text im dafür vorgesehenen Feld der Einkommensteuererklärung, beantragte der Beschwerdeführer "die Steuerschuld nicht festzusetzen". An offenen Verlustabzügen aus Vorjahren erklärte er einen Betrag von etwa EUR 790.000,--.

3 Im Einkommensteuerbescheid vom 3. August 2011 zog das Finanzamt von einem Gesamtbetrag der Einkünfte in der Höhe von etwa EUR 2,380.000,-- neben geringfügigen Beträgen (Sonderausgabenpauschale, Kirchenbeitrag und Kinderfreibeträge) den gesamten Verlustabzug ab, stellte das Einkommen mit etwa EUR 1,590.000,-- fest und errechnete die daraus resultierende Einkommensteuer nach dem Hälftesteuersatz (§ 37 Abs. 1 iVm Abs. 4 Z 2 lit. b EStG 1988 in der Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011) mit etwa EUR 390.000,--. Nach Abzug desselben Betrages als "Nichtfestsetzung gem. § 31/2/2 EStG" ergab sich daraus eine "festgesetzte Einkommensteuer" von EUR 0,00.

4 In seiner Berufung gegen diesen Bescheid hielt der Beschwerdeführer der Berücksichtigung des gesamten Verlustabzuges entgegen, die Einkünfte aus der Beteiligungsveräußerung seien "steuerfrei gestellt" worden. Ein Verlustabzug sei nur in Bezug auf die "steuerpflichtigen Einkünfte" in der Höhe von etwa EUR 30.000,-- zu berücksichtigen.

5 In seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung legte das Finanzamt u.a. dar, bei der Ermittlung des Nichtfestsetzungsbetrages sei "die Einkommensteuer mit den Einkünften gem. § 31 EStG zu ermitteln und jene ohne die Einkünfte nach § 31. Die Differenz wird nicht festgesetzt."

6 Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Berufung und brachte in der Berufungsverhandlung vor, die Steuerbelastung dürfe sich in seinem Fall von der bei einer "reinen Inlandseinbringung" nicht unterscheiden, weshalb es nicht dazu kommen dürfe, dass ihm der Verlustabzug in den Folgejahren nicht mehr zur Verfügung stehe.

7 Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat im Wesentlichen die Ansicht, nur die Festsetzung der Steuerschuld werde bis zum Eintritt eines rückwirkenden Ereignisses (spätere Veräußerung außerhalb des EU/EWR-Raumes oder sonstiges Ausscheiden des Vermögens aus der übernehmenden Körperschaft) aufgeschoben. Die Berechnung des Einkommens im Wegzugsjahr habe aber "nach den allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen" zu erfolgen, was gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 die Berücksichtigung von Sonderausgaben und damit auch des Verlustabzuges erfordere.

8 Dagegen richtet sich die vorliegende, nach mit Beschluss vom 21. Februar 2013, B 1452/12, erfolgter Ablehnung der Behandlung vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

9 § 31 EStG 1988 in der im vorliegenden Fall noch anzuwendenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, lautet auszugsweise:

"§ 31. (1) Zu den sonstigen Einkünften gehören die Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war. Eine solche Beteiligung liegt auch dann vor, wenn der Veräußerer mittelbar, zum Beispiel durch Treuhänder oder durch eine Körperschaft, beteiligt war. Hat der Veräußerer Anteile unentgeltlich erworben, tritt die Steuerpflicht auch dann ein, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens einem Prozent beteiligt war.

(2) Als Veräußerung gelten auch

1. der Untergang von Anteilen auf Grund der Auflösung (Liquidation) oder Beendigung einer Körperschaft für sämtliche Beteiligte unabhängig vom Ausmaß ihrer Beteiligung und

2. Umstände, die zum Verlust des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich im Verhältnis zu anderen Staaten hinsichtlich eines Anteiles im Sinne des Abs. 1 führen.

Bei Wegzug

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