VwGH 2013/10/0001

VwGH2013/10/000130.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des G R in W, vertreten durch Dr. Andreas Fink, Dr. Peter Kolb und Dr. Christopher Fink, Rechtsanwälte in 6460 Imst, Sirapuit 7, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. November 2012, Zl. U-14.334/11, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Tir 2005 §1 Abs1 litd;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2 Z2;
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2;
VwRallg;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1 litd;
NatSchG Tir 2005 §1 Abs1;
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2 Z2;
NatSchG Tir 2005 §29 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. November 2012 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 15. Juli 2009 auf nachträgliche naturschutzbehördliche Bewilligung zur Verrohrung eines Wiesenbaches auf einem bestimmt genannten Grundstück gemäß § 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. a Z. 1 und Z. 2 sowie § 9 lit. a, c, d, e und f iVm § 29 Abs. 2 lit. a Z. 2 und Abs. 4 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26, abgewiesen.

Dabei ging die belangte Behörde von folgenden Feststellungen aus:

Die beantragte - und bereits durchgeführte - Verrohrung betreffe ein Fließgewässer, welches sich zur Gänze außerhalb geschlossener Ortschaften befinde. Das Gewässer sei auf einer Länge von 40 m mit einem PVC-Rohr mit 400 mm Durchmesser etwa 70 bis 80 cm tief unter die Erdoberfläche verlegt worden. Im Bereich dieser Verrohrung befänden sich auf 4 m Länge eine Zufahrt zum Wirtschaftsgebäude und zu landwirtschaftlichen Garagen, auf 28 m Länge eine Auslauffläche für Kühe und Kälber und auf 8 m Länge ein landwirtschaftlicher Lagerplatz für Silageballen.

Aus naturkundefachlicher Sicht handle es sich beim gegenständlichen Bach mit seinen Ufern um ein fließendes Gewässer im Sinn von § 7 und um ein Feuchtgebiet im Sinn von § 9 TNSchG 2005. Vor der Verrohrung habe ein naturnahes und völlig unverbautes Gerinne mit ausgeprägter krautiger Ufervegetation und besonderer Artenzusammensetzung bestanden. Die Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes und der hier vorkommenden Lebensgemeinschaften durch die Verrohrung seien massiv. Es sei auch mit einer Verringerung von Auswuchsflächen für Mikroorganismen im Rohrabschnitt zu rechnen. Auf Grund des Fehlens von Licht sei im Rohr keine Photosynthese möglich. Außerdem gehe auf Grund der Veränderung und Verringerung der Artenzusammensetzung im verrohrten Bereich das Selbstreinigungsvermögen des Gewässers weitgehend verloren. Im verrohrten Bereich sei die Verbindung mit dem Grundwasserkörper und damit die Dynamik des wechselweisen Wasseraustausches bei unterschiedlichen Wasserständen unterbunden. Der verrohrte Abschnitt sei von seiner ökomorphologischen Ausprägung als naturfremd (Zustandsklasse 4 auf einer vierstufigen Skala) einzustufen. Die Maßnahme stelle daher eine nachhaltige Verschlechterung gegenüber dem ursprünglichen Zustand dar.

Aus agrartechnischer Sicht werde durch die Verrohrung des Gewässers verhindert, dass Rinder den Gewässerbereich betreten, beschädigen und verschmutzen. Weiters werde das Gewässer vor Sickersäften der Silagebälle geschützt. Zusätzlich gewinne der landwirtschaftliche Betrieb durch die Verrohrung an nutzbaren Flächen. Ein stabiler Zaun, welcher den Rinderauslauf sowie die landwirtschaftliche Lagerfläche vom Gerinne trenne, sei jedoch aus agrartechnischer Sicht ohne Verrohrung möglich. Damit werde den Gefahren für das Gewässer wirksam entgegengetreten. Eine derartige Abzäunung sei im Sinn eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes bzw. der Existenzsicherung nicht schlechter geeignet als die Verrohrung. Durch die Errichtung eines Zaunes anstelle der Verrohrung käme es zu einer Verkleinerung der Auslauffläche für Mutterkühe und Kälber um 42 m2 und zu einer Verringerung der landwirtschaftlichen Lagerfläche um 12 m2. Damit sei keine Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes verbunden. Ein zeitgemäßer Wirtschaftsbetrieb bleibe gewährleistet. Der Rinderbestand müsste an die zur Verfügung stehende Auslauffläche angepasst werden; ein Teil der Silagebälle müsste anderweitig gelagert werden, was zu einem erhöhten Zeitaufwand für den Futtermitteltransport führen würde. Das Wirtschaftsgebäude sowie die landwirtschaftlichen Garagen könnten auch mittels der behördlich bereits genehmigten etwa 4 m breiten Brücke erreicht werden. Eine Verrohrung des Baches sei daher auch im Bereich der Zufahrt nicht erforderlich. Insgesamt könne die Verrohrung keinen entscheidenden Beitrag zur dauernden Existenzsicherung des landwirtschaftlichen Betriebes leisten und sei auch nicht für einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb erforderlich.

Diese Feststellungen ergäben sich unstrittig aus den schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten des naturkundefachlichen und des agrartechnischen Amtssachverständigen.

Da es sich beim gegenständlichen Bachabschnitt um ein fließendes natürliches Gewässer außerhalb geschlossener Ortschaften und nach den Ausführungen des naturkundefachlichen Sachverständigen auch um ein Feuchtgebiet handle, sei die Verrohrung gemäß § 7 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 9 TNSchG 2005 bewilligungspflichtig. Da dieses Vorhaben auf Grund des festgestellten Sachverhaltes Naturschutzinteressen beeinträchtige, sei gemäß § 29 Abs. 2 lit. a Z. 2 TNSchG 2005 eine Interessenabwägung durchzuführen. Als öffentliches Interesse an der Verrohrung habe der Beschwerdeführer die leichtere Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes ins Treffen geführt. Überdies sei er gegenüber der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH (AMA) die Verpflichtung eingegangen, den von ihm gehaltenen Tieren einen tiergerechten Auslauf zu ermöglichen. Durch die Verrohrung werde überdies verhindert, dass die Weidetiere die sensiblen Böschungsränder des Gerinnes zerstörten.

Im vom Beschwerdeführer somit geltend gemachten öffentlichen Interesse an der Agrarstrukturverbesserung liege jedoch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Maßnahme nur dann, wenn sie einen entscheidenden Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes bzw. zur Gewährleistung eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes darstelle. Diese Voraussetzungen erfülle die beantragte Verrohrung nicht, weil der Betrieb auch ohne diese Maßnahme zeitgemäß und ohne Existenzgefährdung geführt werden könne. Auf der anderen Seite seien die zu erwartenden Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes und der Lebensgemeinschaften massiv. Auch wenn die beantragte Verrohrung zu gewissen wirtschaftlichen Vorteilen für den landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers führe, seien die damit verbundenen öffentlichen Interessen keinesfalls geeignet, die festgestellten massiven Naturschutzbeeinträchtigungen zu überwiegen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 94/2012, haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 1

Allgemeine Grundsätze

(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass

  1. a) ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
  2. b) ihr Erholungswert,
  3. c) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und

    d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt

    bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet (Naturlandschaft) oder durch den Menschen gestaltet wurde (Kulturlandschaft). Der ökologisch orientierten und der die Kulturlandschaft erhaltenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.

    ...

    § 3

    Begriffsbestimmungen

    ...

(7) Gewässer ist ein von ständig vorhandenem oder periodisch auftretendem Wasser geprägter Lebensraum, der die Gesamtheit von Wasserwelle, Wasserkörper, Wasserbett, Sediment und Ufer einschließlich der dort vorkommenden Tiere und Pflanzen umfaßt.

(8) Feuchtgebiet ist ein vom Wasser geprägter, in sich geschlossener und vom Nachbargebiet abgrenzbarer Lebensraum mit den für diesen charakteristischen Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Dazu gehören insbesondere auch Röhrichte und Großseggensümpfe, Quellfluren und Quellsümpfe, Flach- und Zwischenmoore, Hochmoore, Moor- und Bruchwälder.

...

§ 7

Schutz der Gewässer

(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

...

b) die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;

...

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich

a) der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens

...

1. die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, und

2. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke

einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

...

§ 9

Schutz von Feuchtgebieten

In Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:

a) das Einbringen von Material;

...

c) die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden;

d) jede über die bisher übliche Art und den bisher üblichen Umfang hinausgehende Nutzung;

e) Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche;

...

§ 29

Naturschutzrechtliche Bewilligungen, aufsichtsbehördliche

Genehmigungen

...

(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung

a) ... für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 27 Abs. 3 und 28 Abs. 3,

... darf nur erteilt werden,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.

...

(4) Trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 lit. b, Abs. 2 Z 2, Abs. 3 lit. a oder § 14 Abs. 4 ist die Bewilligung zu versagen, wenn der angestrebte Zweck mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg vertretbaren Aufwand auf eine andere Weise erreicht werden kann, durch die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß beeinträchtigt werden.

...

(8) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt.

..."

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die - unbedenkliche - Ansicht der belangten Behörde, dass es sich bei der - unstrittig bereits durchgeführten - Verrohrung eines Baches mittels PVC-Rohr auf einer Länge von 40 m um eine gemäß § 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. a Z. 1 und Z. 2 sowie § 9 TNSchG 2005 bewilligungspflichtige Maßnahme handelt, für die eine Bewilligung nur gemäß § 29 Abs. 2 leg. cit. erteilt werden kann.

Nach der ständigen hg. Judikatur ist im Verfahren über eine Bewilligung gemäß § 29 Abs. 2 TNSchG 2005 in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 leg. cit. durch das Vorhaben zukommt. Dem sind die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüber zu stellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein auf Grund dieser Interessenabwägung ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinn von § 1 Abs. 1 TNSchG 2005 abhängen, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist, und über jene Tatsachen, die das langfristige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, Zl. 2008/10/0003).

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass der angefochtene Bescheid diesen Anforderungen nicht gerecht werde. Die belangte Behörde habe offensichtlich eine Beeinträchtigung des Artenreichtums der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürlicher Lebensräume gemäß § 1 Abs. 1 lit. c TNSchG 2005 angenommen. Dazu fehlten jedoch nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen bezugnehmende Feststellungen. Konkrete, auf die Umstände des Einzelfalles bezogene Darlegungen, denen sowohl Art als auch Ausmaß der angenommenen Beeinträchtigung nachvollziehbar entnommen werden könnten, enthalte der angefochtene Bescheid nicht.

Soweit die belangte Behörde auch von einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ausgehe, fehlten ebenfalls nachvollziehbare Feststellungen über die das Landschaftsbild prägenden Elemente und deren Veränderung durch das Vorhaben. In diesem Zusammenhang werde auch darauf verwiesen, dass das gegenständliche Gewässer insgesamt nur etwa 270 m lang sei, wovon ohne Berücksichtigung der hier gegenständlichen Verrohrung bereits 90 Laufmeter verrohrt seien.

Weiters habe die belangte Behörde die Aussage des agrarfachlichen Sachverständigen nicht berücksichtigt, wonach es aus fachlicher Sicht nicht sinnvoll sei, ein Rinnsal in Form eines offenen Gerinnes durch einen Rinderauslauf für Mutterkühe und Kälber zu leiten.

Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Die belangte Behörde führte u.a. aus, dass die beantragte (und bereits durchgeführte) Verrohrung eine massive Beeinträchtigung des Naturhaushaltes darstelle. Unter "Naturhaushalt" im Sinn von § 1 Abs. 1 lit. d TNSchG 2005 ist das Wirkungsgefüge aus den Wechselbeziehungen der Lebewesen untereinander und zu ihrer Umwelt zu verstehen (vgl. das zum Tiroler Naturschutzgesetz 1997 ergangene hg. Erkenntnis vom 22. April 2002, Zl. 99/10/0057 ).

Nach den - auf dem Gutachten des naturkundefachlichen Sachverständigen beruhenden - Feststellungen im angefochtenen Bescheid bestand vor der gegenständlichen Verrohrung ein naturnahes und völlig unverbautes Gerinne. Durch die Verrohrung kommt es zu einer Verringerung von Auswuchsflächen für Mikroorganismen im Rohrabschnitt. Auf Grund des Fehlens von Licht ist dort keine Photosynthese möglich. Die Selbstreinigungskraft des Gewässers geht weitgehend verloren. Weiters wird die Verbindung mit dem Grundwasserkörper und damit die Dynamik des wechselweisen Wasseraustausches bei unterschiedlichen Wasserständen unterbunden. Aus ökomorphologischer Sicht ist der Bach nach der Verrohrung als naturfremd (letzte Klasse einer vierstufigen Skala) einzustufen.

Hiebei handelt es sich in Bezug auf eine Beeinträchtigung des Naturhaushaltes durch die Verrohrung des fließenden Gewässers um ausreichende Feststellungen im Sinn der dargestellten hg. Judikatur. Die belangte Behörde ist daher in unbedenklicher Weise zum Ergebnis gekommen, dass mit der beantragten Maßnahme jedenfalls eine maßgebliche Beeinträchtigung des Schutzgutes "möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt" im Sinn von § 1 Abs. 1 lit. d TNSchG 2005 verbunden ist. Die Erteilung einer Bewilligung käme somit gemäß § 29 Abs. 2 Z. 2 TNSchG 2005 nur dann in Betracht, wenn andere langfristige öffentliche Interessen vorlägen, die die Interessen des Naturschutzes gemäß § 1 leg. cit. überwögen.

Der Beschwerdeführer hat sich darauf berufen, dass die beantragte Maßnahme der Verbesserung der Agrarstruktur diene.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verbesserung der Agrarstruktur zwar als langfristiges öffentliches Interesse im Sinn von § 29 Abs. 2 Z. 2 TNSchG 2005 zu werten. Es liegt jedoch nicht jede der Ertragsverbesserung, Rationalisierung oder Arbeitserleichterung dienende Maßnahme bereits in diesem öffentlichen Interesse, vielmehr kommen - wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat - nur solche Maßnahmen in Betracht, die einen entscheidenden Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes leisten oder in gleicher Weise notwendig sind, um einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb zu gewährleisten (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. Dezember 2010, Zl. 2010/10/0201).

Der agrartechnische Sachverständige hat zwar - wie von der Beschwerde ins Treffen geführt - zunächst ausgeführt, dass es aus fachlicher Sicht nicht sinnvoll sei, ein Rinnsal in Form eines offenen Gerinnes durch einen Rinderauslauf für Mutterkühe und Kälber zu leiten. Über weitere Befragung durch die belangte Behörde hat dieser Sachverständige jedoch ausgeführt, dass den Gefahren für das Gerinne ebensogut durch die fachgerechte Errichtung eines stabilen Zaunes, welcher die Auslauffläche für Rinder und die landwirtschaftliche Lagerfläche vom fließenden Gerinne trenne, begegnet werden könne. Es komme dadurch allerdings zu einer Verringerung der Auslauffläche für die Rinder um 42 m2 und einer Verkleinerung der Lagerfläche für Silagebälle um 12 m2. Dadurch werde weder die Existenz des Betriebes gefährdet noch ein zeitgemäßer Wirtschaftsbetrieb verhindert. Die auf diesen Aussagen des Sachverständigen basierenden Feststellungen der belangten Behörde werden von der Beschwerde nicht konkret bestritten.

Auf Grundlage dieser Feststellungen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Verrohrung des Baches nicht im Interesse der Agrarstrukturverbesserung gelegen sei und diese Maßnahme daher angesichts der dadurch bewirkten Beeinträchtigung des Naturhaushaltes nicht bewilligt werden könne, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG (in der hier gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 noch maßgeblichen Fassung, die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 in Geltung stand) abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 30. Jänner 2014

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