VwGH 2013/08/0188

VwGH2013/08/018829.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des

U Fußballverein T in T, vertreten durch die Dr. Horvatits Rechtsanwalts KG in 5020 Salzburg, Ginzkeyplatz 10/II, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 19. Juli 2013, Zl. BMASK-425554/0001- II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. R S in B,

2. Salzburger Gebietskrankenkasse in 5020 Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65-67), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1175;
ASVG §35 Abs1;
ABGB §1175;
ASVG §35 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem beschwerdeführenden Verein Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. April 2009 stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, dass der Erstmitbeteiligte im Zeitraum von 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2006 aufgrund seiner in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten, entgeltlichen Tätigkeit beim beschwerdeführenden Verein der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions‑)Versicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege. Mit weiterem (an den Union Sportverein T. gerichteten) Bescheid desselben Datums stellte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse fest, dass der Erstmitbeteiligte in diesem Zeitraum mangels in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübter, entgeltlicher Tätigkeit beim U Sportverein T. (im Folgenden: Sportverein T.) weder der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG noch der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit a AlVG unterliege.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2010 wies die Landeshauptfrau von Salzburg den gegen den erstgenannten Bescheid erhobenen Einspruch des beschwerdeführenden Vereins als unbegründet ab. Der zweitgenannte Bescheid sei laut Aktenklage nicht beeinsprucht worden und daher in Rechtskraft erwachsen. Die sich auf eine Tätigkeit des Erstmitbeteiligten auch beim bzw. für den Sportverein T. berufende Argumentation des beschwerdeführenden Vereins gehe daher ins Leere. Zusammengefasst ging die Einspruchsbehörde davon aus, dass bei der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten als Spieler und Co-Trainer für den beschwerdeführenden Verein gegen ein monatliches Bruttoentgelt iHv EUR 1.400,-- die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gemäß § 4 Abs. 2 ASVG überwiegen würden. Dem beschwerdeführenden Verein sei es auch nicht gelungen, das Bestehen zweier Dienstgeber und einer getrennten Entgeltauszahlung nachzuweisen.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung brachte der beschwerdeführende Verein vor, der Erstmitbeteiligte sei als Spieler für dessen Kampfmannschaft tätig gewesen, wobei es sich um eine reine Nebentätigkeit aufgrund eines Amateurvertrages gehandelt habe. Wäre er zu einem Training oder einem Spiel nicht erschienen, hätten keine Zwangsmaßnahmen gegen ihn gesetzt werden können. Aus dem Vertragsverhältnis sei er weder weisungs- noch kontrollgebunden gewesen, sodass keine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit zum beschwerdeführenden Verein gegeben gewesen sei. Hinsichtlich der angeführten Einbindung in die Struktur des beschwerdeführenden Vereins, etwa der Einhaltung von Trainingsorten, liege es auf der Hand, dass es eine sehr begrenzte Anzahl an Fußballfeldern gebe, weshalb die Ortsgebundenheit gegenständlich für die Annahme eines Dienstverhältnisses nicht ausschlaggebend sei. Bei Mannschaftssportarten gebe es zudem keine andere Möglichkeit, als dass fixe Zeiten für Training und Spiele vorgegeben seien bzw. einvernehmlich festgelegt würden, sodass die Einhaltung von Trainings- und Spielplänen sowie Trainingszeiten auch kein Indiz für das Vorhandensein eines Dienstverhältnisses seien. Ausschlaggebend sei rein der Umstand, dass der Erstmitbeteiligte nicht zur Teilnahme am Training und an Spielen verpflichtet gewesen sei, sodass er nicht einer Vollversicherung iSd ASVG unterlegen sei. Zudem begründeten die Zahlungen für seine Tätigkeit als Amateurspieler keine Pflicht zur Vollversicherung nach dem ASVG.

Es werde betont, dass der Erstmitbeteiligte nicht für den beschwerdeführenden Verein, sondern für die Gemeinde T. bzw. den Sportverein T. das Jugendtraining erbracht habe, weshalb der beschwerdeführende Verein nicht für dessen Versicherungsbeiträge aufzukommen habe. Diese Jugendarbeit sei völlig unabhängig von der Tätigkeit im Kader des beschwerdeführenden Vereins erfolgt. Dieser habe den Erstmitbeteiligten aufgrund seiner fußballerischen Leistung im Kader gehabt, weshalb ein Ersatz für ihn völlig wertlos gewesen wäre. Es treffe zu, dass der Erstmitbeteiligte im genannten Zeitraum die Tätigkeiten für beide Vereine (Fußball- und Sportverein) - die Verträge seien mündlich geschlossen worden - auf der Anlage des beschwerdeführenden Vereins erbracht und dafür in Summe den Betrag von monatlich EUR 1.400,-- brutto erhalten habe. Wäre der Erstmitbeteiligte über den Sportverein T. als Mittelperson iSd § 35 Abs. 1 ASVG beschäftigt gewesen, hätten zumindest von Seiten des beschwerdeführenden Vereins Zahlungen oder Sachleistungen an den Sportverein T. bzw. an die Gemeinde fließen müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des beschwerdeführenden Vereins keine Folge. Sie stellte folgenden Sachverhalt fest (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

Der beschwerdeführende Verein und der Sportverein T., mit jeweils eigenen Zustellanschriften in T., seien zwei im Vereinsregister eingetragene Vereine in der Gemeinde T. mit verschiedenen organschaftlichen Vertretern. Obmann des beschwerdeführenden Vereins sei Herr E., Obmann des Sportvereins T. sei Herr K. Auf der Internet-Seite unter http://members.newsclub.at könne zur Chronik des Sportvereins T. Folgendes nachgelesen werden:

"Der Sportverein T. wurde 1946 als ÖTSU T. gegründet. ... 1935 erfolgte die Aufnahme in den Salzburger Landesskiverband. ... 1947 wurde die Gründungssitzung eines Fußballvereines abgehalten und beim Salzburger Landesverband angemeldet. Ein Sportplatz östlich der Pfarrhofallee konnte gepachtet werden. ..."

Gebe man in der Internet-Suchmaschine "Google" den Begriff "Union Sportverein T." ein, erscheine als erster Treffer die Internet-Seite des beschwerdeführenden Vereins (www.ufvt.....at ), auf welcher auszugsweise Folgendes nachgelesen werden könne:

"Im Jahre 1946 begannen die ersten Gespräche mit dem Ziele einen Fußballverein zu gründen und eine Trainingsmöglichkeit zu finden... 1953 wurde der USV T. (Sportverein T.) wegen Funktionärsmangel aufgelöst und im Jahr 1955 wieder neu gegründet.... Derzeit sind 150 aktive Fußballer von der U 7 Mannschaft bis zu den U 17 sowie die Fußballsenioren beim UFV T.

(beschwerdeführender Verein) aktiv."

Auch unter http://www.regionalsuche.at schienen diese

beiden Vereine zu verschmelzen:

"Der Fußballverein USV T. liegt im Bundesland S. Der Club ist

unter der Postanschrift M.-Straße, A-xxxx T. erreichbar."

Im Salzburgwiki

(http://www.salzburg.com/wiki/index.php/UFV T.....) werde zur Erklärung des beschwerdeführenden Vereins angeführt:

"Der UFV T. (voller Name UFV Raiffeisen T.) ist ein ...Fußballverein in der 2. Landesliga Nord und bildet die Fußballsektion des USV T."

Der Erstmitbeteiligte sei vom Sportverein T. von 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2006 zur Sozialversicherung gemeldet gewesen. Im Zuge einer durchgeführten Sozialversicherungsprüfung gemäß § 41a ASVG (Prüfzeitraum 2004-2007) habe er am 17. März 2008 niederschriftlich angegeben, im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Spieler und Co-Trainer für die Kampfmannschaft des beschwerdeführenden Vereins tätig gewesen zu sein. Er habe weiters erörtert, dass die mündliche Vereinbarung betreffend seine Tätigkeit mit dem Obmann des beschwerdeführenden Vereins, Herrn E., erfolgt sei und er für seine Tätigkeit bei diesem ein Entgelt iHv EUR 1.400,-- erhalten habe.

Dieser Betrag sei ihm der belangten Behörde zufolge getrennt, in der Form eines Geldflusses sowohl des beschwerdeführenden Vereins als auch des Sportvereins T, ausbezahlt worden. Unter Berufung auf die Aufwandsentschädigungs-VO (BGBI. II Nr. 409/2002) iVm § 49 Abs. 7 ASVG sei seitens des beschwerdeführenden Vereins das an den Erstmitbeteiligten bezahlte Entgelt als beitragsfreie Aufwandsentschädigung behandelt worden und seine Beschäftigung in weiterer Folge mangels Entgeltlichkeit nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Das vom Erstmitbeteiligten angegebene Entgelt iHv EUR 1.400,-- entspreche der Summe der ihm seitens beider Vereine durchschnittlich bezahlten Entgelte.

Der Bürgermeister von T., Herr M. G., habe niederschriftlich am 10. Juli 2008 angegeben, an ihn wäre seitens des Sportvereins T. das Ansinnen gestellt worden, den Erstmitbeteiligten als Arbeiter bei der Gemeinde anzustellen. Dies wäre abgelehnt worden, jedoch hätte die Jugendsportförderung unter der Bedingung erhöht werden sollen, dass der Erstmitbeteiligte für die Jugendarbeit beim Fußballverein tätig werde. Im Jahr 2005 wäre die Jugendförderung für den Sportverein T. erhöht worden, um verstärkt die Jugendarbeit im Sportverein T. zu unterstützen. Die selbständige Arbeit des Erstmitbeteiligten als Fußballer hätte mit dessen Tätigkeit als Jugendbetreuer nichts zu tun; der Erstmitbeteiligte hätte einfach zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Fußballer für den Sportverein T. Jugendarbeit geleistet. Die Jugendförderung würde an den Sportverein T. und nicht an den beschwerdeführenden Verein ausbezahlt.

Für die belangte Behörde ergebe sich aus dem festgestellten Sachverhalt folgendes Bild: Der Sportverein T. sei ein von der Gemeinde T. geförderter und unterstützter Verein. In jeder Ausgabe der Zeitschrift der Gemeinde T. werde auf diesen Bezug genommen. Der Sportverein T. sei "DAS Betätigungsfeld" der sportlichen Interaktion der Gemeinde-Bewohner. Dieser Verein habe verschiedene Sektionen, so auch eine Fußballsektion. Im Unterschied zu den anderen Sektionen des Sportvereines T. sei hier aber ein eigenständiger Verein gegründet worden - der beschwerdeführende Verein. Dieser Fußballverein sei zwar ein - neben dem Sportverein T. - im Vereinsregister eingetragener Verein, bilde jedoch die Fußballsektion des Sportvereines T. und sei sozusagen "ein Teil des Ganzen". So werde auch auf den Obmann des beschwerdeführenden Vereins, Herrn E., als den Sektionsleiter der Fußballsektion Bezug genommen. Dies zeigten auch die oben wiedergegebenen Auszüge aus den diversen Internetseiten (u.a. auch des beschwerdeführenden Vereins und des Sportvereines T. selbst), aber auch die Aussagen der Beteiligten (der Erstmitbeteiligte am 30. Juli 2008: "Ich habe nur für die Fußballsektion des (Sportvereins T.) ... gearbeitet"; M. G. am 10. Juli 2008: "... dass der Erstmitbeteiligte für die Jugendarbeit beim Fußballvereintätig werde"). Folglich bildeten die zwei formell selbständigen Vereine nach den tatsächlichen Verhältnissen eine wirtschaftliche Einheit: Aus diesem Grund sei auch ein "fehlender Regress", wie es der beschwerdeführende Verein vorbringe, irrelevant; denn die "gesplittete" Auszahlung des Entgelts sei unstrittig festgestellt worden, aber es erübrige sich ein Regress, wenn ein Vereinsgebilde wirtschaftlich als eine Einheit zu werten sei.

Der beschwerdeführende Verein bestreite in seinem Vorbringen die Sachverhaltsfeststellungen der Einspruchsbehörde bezüglich der persönlichen Abhängigkeit - die Einbindung in die Struktur des beschwerdeführenden Vereins im Sinne von Einhaltung von Trainings- und Spielplänen, Trainingszeiten und -orten - nicht. Dass sich der Erstmitbeteiligte nicht vertreten lassen habe können, ergebe sich aus der Natur des Vertrages und auch daraus, dass die Förderung der Gemeinde nur unter der Bedingung der Beschäftigung des Erstmitbeteiligten an den Sportverein T. bzw. - in weiterer Folge -

an den beschwerdeführenden Verein "geflossen" sei. Einzig bestritten werde die Weisungs- und Kontrollgebundenheit. Die Behauptung, es habe sich um eine Nebenbeschäftigung gehandelt, sei nicht geeignet, eine Selbständigkeit zu indizieren (auch eine Nebenbeschäftigung unterliege genau demselben Sozialversicherungssystem im Hinblick auf die Dienstnehmereigenschaft). Beim Einwand der nicht vorhandenen Weisungsgebundenheit aufgrund eines Amateurvertrages übersehe der beschwerdeführende Verein, dass ein Dienstnehmer im Sinne des § 1151 ABGB und damit auch des § 4 Abs. 2 ASVG nicht zu einem bestimmten Arbeitserfolg, sondern zur Erbringung bestimmter Arbeitsleistungen (an einem bestimmten Ort, zu bestimmten Zeiten und in bestimmter Art und Weise) verpflichtet sei und demgemäß das für das Dienstverhältnis typische Weisungsrecht lediglich der Konkretisierung der zuletzt genannten Verpflichtung diene. Der Umstand, dass es sich um einen reinen "Amateurvertrag" gehandelt habe, stelle keinen tauglichen Einwand gegen das Bestehen eines für ein Dienstverhältnis typischen Weisungsrechts (in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten) dar - die Spieler und auch der Erstmitbeteiligte hätten zu gewissen Zeiten an gewissen Orten zum Zwecke der Ausübung des Sportes anwesend zu sein und hierbei entsprechend den Fußballregeln sportlich tätig zu sein gehabt, wobei dies auch das arbeitsbezogene Verhalten beim Training und den Wettkampfspielen umfasst habe. Aus welchen Gründen die belangte Behörde nicht von einer solchen Annahme hätte ausgehen dürfen, bringe der beschwerdeführende Verein nicht vor.

Auch belege die Art der Bezahlung (ein monatliches Fixum iHv EUR 1.400,--), dass es nicht in der Willkür des Erstmitbeteiligten gelegen sei, bei einem Training oder Spiel zu erscheinen, sondern der Dienstgeber mit seiner Arbeitskraft gerechnet habe und diese an vereinbarten Tagen zu vereinbarten Zeiten bereitzustellen gewesen sei.

Für das Vorliegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Erstmitbeteiligten vom beschwerdeführenden Verein sei es wohl auch auf dessen sportliche Fähigkeiten angekommen. Entscheidend sei aber vielmehr, dass nicht dem Erstmitbeteiligten oder dem Sportverein T., sondern dem beschwerdeführenden Verein als Empfänger der Arbeitsleistung die Verfügungsmacht über jene organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel zugekommen sei, die dem Erstmitbeteiligten erst die Ausübung seiner Tätigkeit ermöglicht, also eine Voraussetzung dafür dargestellt hätte, dass sich der beschwerdeführende Verein dessen Qualitäten bedienen habe können.

Zwar würden weder eine bestehende persönliche Arbeitspflicht noch eine aus der bloßen Art der übernommenen Tätigkeit erfließende Bindung an Ort und Zeit der Tätigkeit für sich allein genommen notwendig persönliche Abhängigkeit indizieren. Allerdings habe sich der Erstmitbeteiligte sowohl an die Anordnungen über die Zeit und den Ort des Trainings und der Wettkampfspiele als auch an sein Verhalten dabei betreffende Weisungen des Trainers - soweit dies aufgrund der hohen Qualifikation vorgekommen sei ("stille Autorität") - zu halten gehabt, also sei es ihm nicht möglich gewesen, "seine Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistungen (und nicht zu einem bestimmten Arbeitserfolg), im Rahmen der übernommenen Gesamtverpflichtung, jederzeit einzelne Arbeitsleistungen (Teilnahme am Training und an den Mannschaftsspielen) abzulehnen". Im Hinblick auf die Nutzung der Betriebsmittel des beschwerdeführenden Vereins und der Entgeltlichkeit sei somit von einem Überwiegen der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit auszugehen. Der Erstmitbeteiligte sei aufgrund der Tätigkeit als Fußballspieler bzw. Co-Trainer als Dienstnehmer tätig gewesen und habe hierfür ein Entgelt in der Höhe von EUR 1.400,-- erhalten.

Bezüglich des beschwerdeführenden Vereins sei auf die bisherige Begründung zu verweisen und anzumerken, dass bereits von der ersten Instanz auf beide Vereine als Dienstgeber des Erstmitbeteiligten aufgrund der Verflechtung hätte zurückgegriffen werden können. Dadurch aber, dass diese zwei Bescheide erlassen worden und folglich die Verneinung der Dienstgebereigenschaft des Sportvereins T. rechtskräftig geworden sei, könne nunmehr nur der beschwerdeführende Verein als Dienstgeber "belangt" werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - Gegenschriften wurden nicht erstattet - erwogen:

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgeschlossen ist noch nach § 7 eine Teilversicherung begründet. Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 erster Satz ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Die Person, auf deren Rechnung und Gefahr ein Betrieb geführt wird, ist jene, die nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird. Es kommt also darauf an, wen das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft. Im Fall der Betriebsführung durch Dritte muss dieser Person zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung zustehen. Maßgeblich sind die wirklichen rechtlichen Verhältnisse, nicht der nach außen in Erscheinung tretende Sachverhalt. Demgemäß kann auch ein indirekt Vertretener Dienstgeber sein. Schon nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 35 Abs. 1 ASVG kommt es nicht darauf an, ob der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgelts verweist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2014, 2013/08/0213, mwN).

2. Der beschwerdeführende Verein macht zunächst geltend, dass er erst seit 23. Februar 2005 rechtlich existent sei. Somit sei ausgeschlossen, dass der Erstmitbeteiligte in der Zeit von 1. Juli 2004 bis 23. Februar 2005 für den beschwerdeführenden Verein tätig gewesen sei.

Bei diesem Vorbringen handelt es sich um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung. Es wird jedoch im fortzusetzenden Verfahren zu beachten sein. Der angefochtene Bescheid erweist sich nämlich aus den im Folgenden darzustellenden Gründen als rechtswidrig.

3. Die Beschwerde bringt vor, dass der Mitbeteiligte für den beschwerdeführenden Verein nur eine (seiner Meinung nach nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegende) Tätigkeit als Amateurfußballer erbracht habe. Seine Tätigkeit als Jugendtrainer sei hingegen für den Sportverein T. erfolgt.

3.1. Die belangte Behörde hat demgegenüber hinsichtlich beider Tätigkeitsbereiche die Pflichtversicherung auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses zum beschwerdeführenden Verein als Dienstgeber festgestellt. Dabei hat sie sich darauf gestützt, dass der beschwerdeführende Verein und der Sportverein T. eine "wirtschaftliche Einheit" bildeten, weil der beschwerdeführende Verein - trotz seiner rechtlichen Selbständigkeit - die "Fußballsektion" des Sportvereins T. bilde und "ein Teil des Ganzen" sei. Es hätte demnach auf beide Vereine als Dienstgeber "zurückgegriffen" werden können; da die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aber zwei Bescheide erlassen habe und folglich die Dienstgebereigenschaft des Sportvereins T. rechtskräftig verneint worden sei, könne nur mehr der beschwerdeführende Verein als Dienstgeber "belangt" werden.

3.2. Diese Argumentation ist rechtlich verfehlt: Es wäre iSd § 35 Abs. 1 ASVG festzustellen gewesen, auf wessen Rechnung der betreffende Betrieb geführt wurde bzw. ob der Erstmitbeteiligte allenfalls - wie es dem Vorbringen des beschwerdeführenden Vereins entspricht - in zwei unterschiedlichen Betrieben tätig war. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass mehreren Personen Dienstgebereigenschaft zukommt, insbesondere dann, wenn sie sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen haben (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. November 1995, 94/08/0074, und vom 2. April 2008, 2007/08/0296). Der angefochtene Bescheid enthält aber keine Feststellungen, die ein solches Ergebnis tragen würden. Das bloße gemeinsame Auftreten nach außen bzw. das "Verschmelzen" der beiden Vereine in der Darstellung auf diversen Internetseiten ist für die Frage, auf wessen Rechnung der Betrieb geführt wurde, schon deswegen nicht relevant, weil es dafür nicht auf den nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt, sondern auf die wirklichen rechtlichen Verhältnisse ankommt (vgl. oben Punkt 1. und das bereits genannte Erkenntnis vom 2. April 2008, 2007/08/0296, mwN).

3.3. Es ist somit aufgrund der noch nachzuholenden Feststellungen zur Dienstgebereigenschaft des beschwerdeführenden Vereins unter Berücksichtigung der Prüfung, ob dieser Verein im bezughabenden Zeitraum überhaupt rechtlich existent war, offen, ob zu diesem ein die Pflichtversicherung auslösendes Beschäftigungsverhältnis vorlag.

4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

5. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 VwGG abgesehen werden.

6. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Eine Eingabengebühr war im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG nicht zu entrichten.

Wien, am 29. April 2015

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