VwGH 2013/08/0213

VwGH2013/08/021331.7.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der S P in G, vertreten durch Mag. Andrea Seidl, Rechtsanwalt in 2301 Groß-Enzersdorf, Hauptplatz 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 13. August 2013, Zl. BMASK-428520/0003-II/A/3/2013, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. I C in B, 2. Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §35 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2013080213.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass Frau I. C. auf Grund ihrer Tätigkeit als Verkäuferin bei der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin im Zeitraum 13. November 2004 bis 4. Jänner 2005 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG und Frau M. S. auf Grund der gleichen Tätigkeit im Zeitraum 13. November 2004 bis 12. Dezember 2004 der Teilversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 7 Abs. 3 lit. a ASVG unterlegen sei.

Nach der Darstellung des Verfahrensgangs und der Rechtslage traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:

E. P., der Ehemann der Beschwerdeführerin, habe im Einkaufszentrum M. ein Bekleidungsgeschäft betrieben. Zu diesem Zeitpunkt habe die H. GmbH ein Confiserie-Fachgeschäft in der W.- Straße geführt. Die H. GmbH habe die Räumlichkeit im Einkaufszentrum um EUR 100.000,-- gekauft. Wenig später, im April/Mai 2003, sei vereinbart worden, dass die Beschwerdeführerin die Filiale in der W.-Straße als Franchiseunternehmerin übernehmen werde. Mit Bescheid vom 28. Jänner 2013 habe die belangte Behörde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in keinem Vollversicherungsverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG zur H. GmbH gestanden sei, sondern als Franchisenehmerin eine selbständige Unternehmerin gewesen sei. Diese Entscheidung sei rechtskräftig.

Die Beschwerdeführerin habe eine Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe und als Handelsagent besessen. Als Standort der Gewerbeberechtigung sei die Privatanschrift des Ehepaars P. geführt worden, weitere Betriebsstätten seien in der W.-Straße (aufgelöst mit Wirksamkeit 8. Februar 2008) und in der M.-Straße (gegründet am 11. November 2004, aufgelöst mit Wirksamkeit 4. Jänner 2005) gewesen.

Laut Versicherungsdatenauszug sei die Beschwerdeführerin vom 1. April 2002 bis zum 31. Jänner 2008 als gewerbliche Selbständige zur Sozialversicherung gemeldet gewesen.

Herr P. sei in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen als geringfügig beschäftigter Angestellter bei der Beschwerdeführerin gemeldet gewesen und habe im Betrieb auch in der Organisation mitgearbeitet.

Im Oktober 2004 sei Herr P. von der H. GmbH angesprochen worden, ob er im Rahmen des Franchiseunternehmens der Beschwerdeführerin einen Weihnachtsstand in der M.-Straße betreuen möchte. Es sei sodann eine mündliche Vereinbarung getroffen worden, dass Herr P. zwischen dem 13. November 2004 und dem 1. Jänner 2005 einen von der Firma Ha. gemieteten Weihnachts- bzw. Silvesterstand betreuen werde. Der Weihnachtsstand sei von der Firma Ha. an die H. GmbH um EUR 6.600,-- vermietet worden. Dieser Betrag sei sodann an die Beschwerdeführerin weiterverrechnet worden, welche diesen bezahlt habe.

Herr P. hab dazu vor dem Bezirksgericht Favoriten am 12. Mai 2011 ausgesagt:

"Ich bin Einnahmen-/Ausgabenrechner, ... damit ich diesen

Aufwand aus dem laufenden Jahr unterbringen kann, um Steuer zu

sparen, ist das auch bezahlt worden. ... Ich muss die Rechnung

ordnungsgemäß verbuchen, ich kann mich ja später noch streiten ob sie berechtigt war oder nicht."

Laut Aussage des Herrn P. sei vereinbart worden, dass der Gewinn zwischen dem Franchiseunternehmen und der H. GmbH im Verhältnis 40 zu 60 % geteilt werden solle.

Vor der Einspruchsbehörde habe Herr P. am 3. November 2010 Folgendes ausgesagt:

"Ich habe letztendlich erst zum Schluss endgültig gewusst, wie hoch das Gesamtentgelt sein wird, das ich für meine Tätigkeit erhalten werde."

Herr P. sei laut Protokoll des Bezirksgerichts Favoriten der Meinung gewesen, er bekomme zusätzlich zum Stundenlohn eine Provision von 40 %. Laut Aussage des Geschäftsführers der H. GmbH sei die Bezahlung auf dieselbe Wiese wie beim Franchiseunternehmen erfolgt, mit dem Unterschied, dass das Ehepaar P. den gesamten Deckungsbeitrag einbehalten habe können, da sie auch Miete, Garage und Personal zu bezahlen gehabt hätten.

Nach seinen Angaben habe Herr P. dafür zu sorgen gehabt, dass der Stand immer besetzt und Ware vorhanden gewesen sei; er sei für die Diensteinteilung der Verkäuferinnen, das Bestellwesen und die Abrechnungen zuständig gewesen. Obgleich dies seine Aufgaben gewesen seien, habe Herr P. laut Protokoll des Bezirksgerichts Favoriten vom 12. Mai 2011 divergierend Folgendes ausgesagt:

"... Frau S., ... auch sie in regelmäßigen Abständen sich das Geld, das ihr zugestanden ist, aus den Erlösen gegen Abrechnung einbehalten hat, gleich wie Frau C. In welchen Abständen das passiert ist, kann ich heute nicht sagen. Ich bin aber sicher, dass nicht der gesamte Betrag an Frau S. gelangt ist, sondern an jemanden anderen, der dann am Stand gewesen ist, Ich kann aber nicht sagen, wer das war, weil ich untertags nicht da gewesen bin. Am Abend bei meinem Eintreffen war immer Frau C. da."

Mit E-Mail vom 31. Jänner 2013 habe der Geschäftsführer der H. GmbH eine Rechnung "Gutschrift" der Retourware vom Weihnachtsstand mit dem Gesamtbetrag EUR 2.001,05 übermittelt; dieser Betrag sei am 17. Jänner 2005 dem Konto des Franchiseunternehmens gutgeschrieben worden.

Zur Erörterung der Frage des weiteren Personals am Stand habe Frau C. vor dem Bezirksgericht Favoriten am 26. November 2009 Folgendes ausgesagt:

"Herr P. war jeden Tag da, er hat immer das Geld geholt. Die anderen Stände waren alle in Verbindung mit einer Filiale. Man konnte auch nicht rasch eine Ware nachholen, da der nächste Stand in der R.-Straße war. Dort hat Herr P. manchmal etwas geholt. Herr B. hat auch einmal Abhilfe geschaffen, weil es so gezogen hat in dem Stand. ... Ich war mit Herrn P. nie zusammen am Stand, wir haben nur abgerechnet und die Bestellung für den nächsten Tag besprochen. Wie die zweite Kollegin ausgefallen ist, haben wir uns abgewechselt. Es ist schon so, dass bei vielen Filialen oder Geschäften ich nicht erkennen würde, ob hier ein Franchisevertrag vorliegt. Außer ich werde darauf hingewiesen. Herr P. hat mir

erzählt, dass er die W.-Straße betreut, ... zugeordnet, dass er

die Firma H. betreut bzw die Filialen für die Firma H. Er hat oft gesagt, das holt er von dort oder von der Filiale."

Zwecks Bestellung der Ware habe Herr P. nach eigener Entscheidung eine Fax-Bestellung an die H. GmbH verschickt, die Ware sei sodann an den Stand geliefert oder von Herrn P. selbst dorthin gebracht worden.

Die Ware sei an das Franchiseunternehmen der Beschwerdeführerin verrechnet worden. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Ausgangsrechnungen und Bestellscheinen aus dem bezüglichen Zeitraum. Zusätzlich sei durch Herrn P. auf manchen Bestellscheinen das Kürzel "RGS" für den Standort des Weihnachtsstandes hinzugefügt worden, was zusätzlich beweise, dass die Ware für den Weihnachtstand in einer Bestellung (auch) für das Franchiseunternehmen der Beschwerdeführerin bestellt und auch gemeinsam an das Franchiseunternehmen verrechnet worden sei. Weiters ergebe sich aus den von der H. GmbH vorgelegten Unterlagen (Ausgangsrechungen/Warenbestellung), dass der Wert der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum bestellten Ware EUR 44.504,-- betrage, im vergleichbaren Zeitraum im Jahr 2005 (ein Jahr später) EUR 33.426,42.

Mit Bescheid vom 1. März 2013 habe die belangte Behörde festgestellt, dass Herr P. auf Grund seiner Tätigkeit am Weihnachtsstand in keinem Vollversicherungsverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG zur H. GmbH gestanden sei, sondern der Weihnachtsstand auf Rechnung und Gefahr des Franchiseunternehmens der Beschwerdeführerin geführt worden sei. Diese Entscheidung sei rechtskräftig.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass es für die Dienstgebereigenschaft wesentlich sei, wer nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen) Gesichtspunkten aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet werde, wen also das Risiko des Betriebs im Gesamten unmittelbar treffe. Entscheidend sei, ob der Betrieb dem in Frage kommenden Dienstgeber wirtschaftlich zuzurechnen sei, d.h. auf seine Rechnung und Gefahr betrieben werde.

Die Beschwerdeführerin habe den Stand in der M.-Straße als weitere Betriebsstätte ihres Unternehmens bei der Gewerbebehörde gemeldet. Sie habe für den Stand die Miete bezahlt. Aus der Aufstellung von Herrn P. ergebe sich, dass dieser die Kosten als gewinnschmälernde Posten berechnet habe: Das Personal (Frau S. und Frau C.), die Garage, die Miete und die Kfz-Kosten seien vom "Deckungsbeitrag (Gewinn)" abgezogen worden. Die Stunden des Herrn P. seien hier mit einem Null-Betrag angeführt; dass er seinen Stundenlohn abhängig vom erwirtschafteten Gewinn berechnen habe wollen, ändere nichts daran, dass er eben keinen Stundenlohn erhalten, sondern den Stand wirtschaftlich eigenverantwortlich im Rahmen des Franchiseunternehmens seiner Ehefrau geführt habe und erst im Nachhinein eruieren bzw. wissen habe können, wie viel er verdient habe. Bezüglich des Personals sei von Frau C. vorgebracht worden, sie habe sich zur H. GmbH zugehörig gefühlt und hätte Kunden - wenn sie gefragt hätten - an die H. GmbH verwiesen. Allein daraus könne aber keine Dienstgebereigenschaft abgeleitet werden. Frau C. sei durch die H. GmbH evaluiert worden und an einem Weihnachtsstand tätig gewesen, der mit dem Logo der Firma H. beschriftet und mit Ware von H. ausgestattet gewesen sei. Sie hätte gar nicht wissen können, dass die Betreuung des Weihnachtsstandes im Rahmen eines Franchiseunternehmens erfolgt sei.

Im Gegensatz dazu habe Frau S. in schriftlicher Beantwortung der Fragen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angegeben, sie sei von der H. GmbH zum Bewerbungsgespräch eingeladen, aber nicht genommen worden. Herr P. habe sie später angerufen und ihr eine geringfügige Stelle im Rahmen des Franchise-Unternehmens angeboten. Sie habe Herrn P. als ihren Dienstgeber gesehen.

Das Personal sei zwar von der H. GmbH ausgesucht und zum Bewerbungsgespräch eingeladen worden, weil die H. GmbH selbst Personal für ihre Geschäfte gesucht habe. Die "übriggebliebenen", bereits durch den Aufnahmeprozess bei der H. GmbH evaulierten Personen bzw. deren Kontaktdaten seien sodann an das Franchiseunternehmen der Beschwerdeführerin weitergeleitet worden.

Durch die bereits rechtskräftige Entscheidung, welche die Dienstgebereigenschaft der Beschwerdeführerin im Rahmen ihres Franchiseunternehmens bestätige, sei diese rechtliche Beurteilung bindend. Dass die Beschwerdeführerin ihren Ehemann sozusagen als eine Art "Gewerbestandort-Leiter" eingesetzt habe und dadurch wenig oder keinen Kontakt mit den dort beschäftigten Personen gehabt habe, sei für ihre rechtskräftig festgestellte Dienstgebereigenschaft völlig irrelevant. Auch das Vorbringen, der Gewerbestandort sei nur "sicherheitshalber auf Anraten des Steuerberaters" angemeldet worden und die Kosten des Standes seien nur der Steuerminderung wegen in die Einnahmen-/Ausgabenrechnung eingeflossen, gehe ins Leere: Wenn man ein selbständiger Unternehmer zu sein vorgebe und all die damit verbundenen Vorteile nutze, dann müssten die Konsequenzen des weniger Vorteilhaften auch getragen werden. Man könne sich nicht aus beiden Bereichen - Selbständigkeit und Unselbständigkeit - nur die vorteilhaften Möglichkeiten sichern und im Nachhinein behaupten, dies wäre nur "sicherheitshalber" durchgeführt worden. In diesem Sinn seien die wiedergegebenen Behauptungen als reine Schutzbehauptungen zu werten.

Die Dienstnehmereigenschaft von Frau S. und Frau C. im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG sei im gesamten Verfahren nicht bestritten worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:

1. Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich, ob die Beschwerdeführerin oder die H. GmbH als Dienstgeberin der I. C. (der Erstmitbeteiligten) und der mittlerweile verstorbenen M. S. anzusehen war. Die Beschwerde bestreitet dies im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Die beiden Dienstverhältnisse seien von der H. GmbH evaluiert worden, d.h., die H. GmbH habe mit den beiden Dienstnehmerinnen Bewerbungsgespräche geführt und die Damen hätten einen Bewerbungsbogen ausgefüllt. Bei diesem Bewerbungsgespräch sei ihnen der Lohn bekannt gegeben worden und es seien ihnen die Arbeitszeiten mitgeteilt worden. Es sei zu keiner Kontaktaufnahme mit der Beschwerdeführerin oder ihrem Ehemann gekommen. Lediglich der Bewerbungsbogen sei in der Folge an Herrn P. weitergeleitet worden. Ein Konsens über die Begründung von mündlichen Dienstverträgen zwischen Frau C. und Frau S. und der Beschwerdeführerin sei im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt worden. Die Beschwerdeführerin sei von der H. GmbH auch nicht darauf hingewiesen worden, dass Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse erforderlich seien. Die Beschwerdeführerin habe die Sache als Unterstützung des Franchisegebers H. GmbH angesehen. Dass sie selbst als Dienstgeberin aufzutreten hätte, sei ihr in keiner Weise bewusst gewesen. Es habe darüber auch keine Gespräche zwischen ihr oder ihrem Ehemann und Organen der H. GmbH gegeben. Darüber habe Herr P. die Einvernahme von Zeugen beantragt, was die belangte Behörde zu Unrecht abgelehnt habe.

Auch der Betrieb des Standes in der M.-Straße sei nicht von Herrn P. geleitet worden, da dieser nur abends zum Marktstand gekommen sei und keinerlei Weisungen an Frau C. und Frau S. erteilt habe. Er sei nie als Vertreter der Beschwerdeführerin an der Leitung des Marktstandes beteiligt gewesen.

Auch viele andere Umstände sprächen gegen eine wirtschaftliche Selbständigkeit der Beschwerdeführerin bei Führung des Marktstandes. So habe zum Beispiel täglich der Tageserlös an die H. GmbH abgeführt werden müssen, sodass die Abrechnung erst am letzten Tag der Marktzeit durchgeführt worden sei. In der Abrechnung habe man sich auf eine Nettozahlung von EUR 10.000,-- an die Beschwerdeführerin geeinigt. Die Aufstellung über die Abrechnung übergehe die belangte Behörde mit Stillschweigen. Dies sei aber entscheidend, denn warum sollte die H. GmbH Zahlungen an die Beschwerdeführerin leisten, wenn diese auf eigenes Risiko den Marktstand betrieben habe.

Offenbar mit Wissen und Willen der H. GmbH hätten Frau C. und Frau S. ihr Entgelt selbst bzw. in Absprache mit Herrn P. aus der Geschäftskasse entnommen, was ihnen die Beschwerdeführerin nicht verwehren habe dürfen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Beschwerdeführerin von der H. GmbH sei daher enorm groß gewesen; dagegen habe keine wirtschaftliche Abhängigkeit der beiden Damen von der Beschwerdeführerin bestanden. Dass deren Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse nicht erfolgt sei, könne nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen.

Die belangte Behörde habe sich mit diesen Umständen nicht näher befasst und damit gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Sie habe in ihrem Bescheid festgestellt, dass der Wert der bestellten Waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum EUR 40.504,-- betragen habe und im vergleichbaren Zeitraum im Jahr 2005 EUR 33.425,42. Dabei übersehe die belangte Behörde aber, dass es sich bei den durch die H. GmbH vorgelegten Unterlagen um tabellarische Listen handle und um keine Ausdrucke aus der Buchhaltung. Die Umsatzvergleiche bei der Beschwerdeführerin ergäben für den entsprechenden Zeitraum und die gegenständlichen Jahre innerhalb von drei Jahren Schwankungen von ca. EUR 1.000,--. Dies wäre für die belangte Behörde leicht zu erheben gewesen, etwa durch Einsicht in die Buchhaltung der Beschwerdeführerin, was angeboten worden sei, oder durch Einsicht der vorgelegten Urkunden oder auch eine Anfrage beim zuständigen Finanzamt. Die belangte Behörde gehe aber kritiklos von der Richtigkeit der selbst erstellten Tabellen des Geschäftsführers der H. GmbH aus.

Die Beschwerdeführerin habe zum Beweis dafür, dass der Tageserlös täglich der H. GmbH übergeben worden sei, auch Zeugeneinvernahmen beantragt.

Auch die Gesetzesauslegung der belangten Behörde erscheine unrichtig, weil sie die diversen Abhängigkeiten der Beschwerdeführerin von der H. GmbH völlig mit Stillschweigen übergangen habe.

2. Dienstgeber im Sinn des § 35 ASVG ist derjenige, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb, in welchem ein Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, geführt wird.

Die Person, auf deren Rechnung und Gefahr ein Betrieb geführt wird, ist jene, die nach rechtlichen (und nicht bloß tatsächlichen Gesichtspunkten) aus den im Betrieb getätigten Geschäften unmittelbar berechtigt und verpflichtet wird. Es kommt also darauf an, wen das Risiko des Betriebes im Gesamten unmittelbar trifft. Im Fall der Betriebsführung durch Dritte muss dieser Person zumindest die rechtliche Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Betriebsführung zustehen. Maßgeblich sind die wirklichen rechtlichen Verhältnisse, nicht der nach außen in Erscheinung tretende Sachverhalt. Demgemäß kann auch ein indirekt Vertretener Dienstgeber sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2011, Zl. 2008/08/0165, mwN). Schon nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 35 Abs. 1 ASVG kommt es nicht darauf an, ob der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter anstelle des Entgelts verweist.

3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist dem Beschwerdevorbringen zunächst entgegen zu halten, dass es nicht darauf ankommt, wer - sei es bei der Einstellung, sei es im laufenden Betrieb - als Dienstgeber aufgetreten ist. Entscheidend ist vielmehr, auf wessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wurde.

Dazu hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Weihnachtsstand, an dem die beiden Dienstnehmerinnen beschäftigt waren, im Rahmen des Franchise-Unternehmens der Beschwerdeführerin betrieben wurde. Dieser Beurteilung - die nach den Angaben der belangten Behörde jener im (in den vorgelegten Verwaltungsakten allerdings fehlenden) rechtskräftigen Bescheid betreffend die Pflichtversicherung des E. P. entspricht - tritt die Beschwerde nur insoweit entgegen, als sie auf die "enorm große" wirtschaftliche Abhängigkeit der Beschwerdeführerin von der H. GmbH verweist. Dabei führt sie ins Treffen, dass täglich der Tageserlös an die H. GmbH abzuführen gewesen sei und man sich in der Endabrechnung auf eine Nettozahlung von EUR 10.000,-- an die Beschwerdeführerin geeinigt habe. Es wird aber nicht dargelegt und ist anhand der vorgelegten Abrechnung auch nicht ersichtlich, dass diese Auszahlung nicht abhängig vom erzielten Gewinn erfolgt ist und die Beschwerdeführerin die entstandenen (und steuerlich geltend gemachten) Aufwendungen nicht selbst zu tragen hatte. Die Beurteilung, dass letztlich (auch) der Weihnachtsstand auf ihre Rechnung und Gefahr geführt wurde, kann daher nicht als unrichtig erkannt werden.

Die Gegenüberstellung des Werts der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum bestellten Waren zum Warenwert eines Vergleichszeitraums war nur eines von mehreren Argumenten der belangten Behörde und nicht tragend für die Entscheidung. Dem in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmangel fehlt folglich die Relevanz für den Ausgang des Verfahrens.

4. Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 31. Juli 2014

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte