Normen
AVG §37;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WWSLG Krnt 2003 §35;
WWSLG Krnt 2003 §45;
WWSLG Krnt 2003 §46;
AVG §37;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WWSLG Krnt 2003 §35;
WWSLG Krnt 2003 §45;
WWSLG Krnt 2003 §46;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 77, KG E., und Mitglied der mitbeteiligten Partei.
Mit Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz (kurz: AB) vom 16. Oktober 2012 iVm deren Berichtigungsbescheid vom 23. Oktober 2012 wurde gestützt auf § 46 des Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte-Landesgesetzes - K-WWLG ein (von einem nichtamtlichen Sachverständigen im Zusammenwirken mit einem Amtssachverständigen der AB ausgearbeiteter) "Nutzungsplan" betreffend "künftige Schwend- und Almverbesserungsmaßnahmen" agrarbehördlich genehmigt, weil es "gegen die von der belasteten Grundeigentümerin (der Forstverwaltung G.) gemeinsam mit der Berechtigten (der hier mitbeteiligten Partei) erarbeiteten Maßnahmen keine Einwendungen" und auch keine gesetzlichen Versagungsgründe gebe. Ein gemeinsam mit der Belasteten "ausgearbeiteter Maßnahmenplan" sei bei der Vollversammlung der Mitbeteiligten am 14. April 2011 einstimmig beschlossen worden.
Der Bescheid, der somit von einem "Übereinkommen über die Ausübung von Nutzungsrechten" (vgl. § 46 K-WWLG) ausgeht, wurde der Forstverwaltung G. und der mitbeteiligten Partei zugestellt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 2013 wies die belangte Behörde eine gegen den Bescheid der AB erhobene Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz iVm § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück, weil der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die rechtliche Grundlage für die vom Bescheid der AB erfassten Nutzungsrechte bilde eine Dienstbarkeitsurkunde vom 21. Juni 1861, mit welcher zugunsten der an der mitbeteiligten Partei beteiligten Liegenschaften Weide- und Holzbezugsrechte auf verschiedenen Grundstücken der KG L. (die nun im Eigentum der Forstverwaltung G. stünden) eingeräumt worden seien.
Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 16. März 1972 sei diese Dienstbarkeitsurkunde dahin abgeändert worden, dass an die Stelle der aufgrund der zitierten Dienstbarkeitsurkunde bisher berechtigten Liegenschaften nunmehr die mitbeteiligte Partei - bestehend aus dort angeführten Mitgliedern ("u.a. aus der (der Beschwerdeführerin gehörenden) Liegenschaft vlg. (J.), EZ. 77, KG (E.)") - getreten sei.
Somit sei seit Rechtskraft dieses Bescheides aus 1972 "als Eigentümerin der berechtigten Liegenschaft" die mitbeteiligte Partei "in Bezug auf die mit Dienstbarkeitsurkunde ex 1861 eingeräumten Weide- und Holzbezugsrechte anzusprechen". Damit seien aber die aus der Dienstbarkeitsurkunde aus 1861 "erfließenden Rechtspositionen" für die einzelnen Mitglieder der Agrargemeinschaft insoweit gleichsam "mediatisiert", als ihnen lediglich die Befugnis zur faktischen Nutzung der in Rede stehenden Weide- und Holzbezugsrechte, nicht jedoch die im öffentlichen Recht gründende Befugnis zur Verfolgung der aus der Dienstbarkeitsurkunde erwachsenen Rechte zukomme (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. März 2007, Zl. 2005/07/0103, betreffend "Pächter von Nutzungsrechten").
Dieser Rechtsstandpunkt sei damit zu begründen, dass nach § 45 K-WWLG Parteien des Verfahrens nur die Eigentümer der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften seien (Abs. 1) und anderen Personen Parteistellung im Verfahren nur insoweit zukomme, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt würden (Abs. 2).
"Eigentümern von Stammsitzliegenschaften einer (wie hier) diesbezüglich berechtigten Agrargemeinschaft" kämen indessen nach dem K-WWLG keine Rechte zu, und es würden ihnen auch keine gesetzlichen Pflichten auferlegt, weshalb der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung zukomme.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 12. September 2013, B 776/2013-4, abgelehnt und die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.
Das Landesverwaltungsgericht Kärnten, welches gemäß Art. 151 Abs. 51 Z. 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde in das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eingetreten ist, hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
2. Die Bestimmungen des Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte-Landesgesetzes - K-WWLG, LGBl. Nr. 15/2003 idF LGBl. Nr. 11/2007, lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 35
Nutzungsplan der belasteten Grundstücke
(1) Auf Verlangen der Behörde oder der Eigentümer der berechtigten Liegenschaften hat der Eigentümer der verpflichteten Liegenschaft der Behörde einen Plan über die Ausnützung des belasteten Grundstückes (Nutzungsplan) durch ihn und durch die Eigentümer der berechtigten Liegenschaften vorzulegen. Die Behörde hat den Entwurf des Nutzungsplanes den Eigentümern der berechtigten Liegenschaften zur Stellungnahme innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist zu übermitteln. Der Nutzungsplan bedarf der Genehmigung der Behörde.
(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
a) die im Nutzungsplan vorgesehenen Betriebsvorschriften geeignet sind, die gebührenden Nutzungsrechte dauernd zu sichern,
b) durch die beabsichtigten Nutzungen des Eigentümers der verpflichteten Liegenschaft die gebührenden Nutzungsrechte der Eigentümer der berechtigten Liegenschaften ausreichend bedeckt bleiben und
c) der Nutzungsplan nicht gegen Bestimmungen dieses Gesetzes verstößt.
(...)
§ 45
Parteien des Verfahrens
(1) Parteien des Verfahrens sind die Eigentümer der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften.
(2) Anderen Personen kommt Parteistellung im Verfahren nur insoweit zu, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt werden.
§ 46
Genehmigung von Übereinkommen der Parteien
(1) Alle über die Ausübung von Nutzungsrechten getroffenen Übereinkommen (Vergleiche) der Parteien bedürfen der Genehmigung der Behörde.
(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn das Übereinkommen
- a) den Bestimmungen dieses Gesetzes widerspricht,
- b) den Interessen der Schaffung und Erhaltung einer leistungsfähigen, nachhaltigen und umweltverträglichen Land- und Forstwirtschaft widerspricht,
- c) rechtlich oder tatsächlich undurchführbar ist oder
- d) Rechte dritter Personen offenkundig verletzt."
3.1. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zugrunde, dass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme.
Die Beschwerdeführerin bringt dagegen im Wesentlichen vor, zugunsten ihrer Liegenschaft seien Weideservitute betreffend die Beweidung durch 35 Rinder und sieben Schweine einverleibt. Daher werde durch den Bescheid der AB in ihre Rechte eingegriffen, sodass ihr nach § 8 AVG und § 45 Abs. 1 K-WWLG Parteistellung zukomme.
3.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die belangte Behörde stützt ihre eine Parteistellung der Beschwerdeführerin verneinende Auffassung auf den Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach vom 16. März 1972.
Dieser (unstrittig rechtskräftige) Bescheid knüpft an die Einräumung (u.a.) von Weiderechten "zu Gunsten mehrerer Liegenschaften" der mitbeteiligten Partei durch die Dienstbarkeitsurkunde vom 21. Juni 1861 an und nimmt diesbezüglich unter Spruchpunkt 2.) folgende "Neuregelung" (so Spruchpunkt 4.)) vor:
"Anstelle der, auf Grund der zitierten Dienstbarkeitsurkunden bisher berechtigten Liegenschaften tritt nunmehr die 'Agrargemeinschaft H' (die mitbeteiligte Partei), aus nachstehend angeführten Mitgliedern bestehend.
Zu Gunsten dieser unten angeführten Mitglieder werden die wie folgt abgeänderten Weideservitutsrechte auf den tiefer stehenden Grundstücken eingeräumt:"
Darauf folgt u.a. die Bezeichnung der Liegenschaft, die nunmehr im Eigentum der Beschwerdeführerin steht, wobei angeführt wird: 35 Rinder, 7 Schweine.
Nach Spruchpunkt 4.) des Bescheides vom 16. März 1972 erlöschen (u.a.) mit der "Neuregelung" der in Spruchpunkt 2.) angeführten Weiderechte sämtliche in den Dienstbarkeitsurkunden vom 21. Juni 1861 und vom 20. Mai 1931 angeführten Weiderechte.
Zur Begründung des angefochtenen Bescheides gibt die belangte Behörde allerdings lediglich den ersten Absatz des Spruchpunktes 2.) des genannten Bescheides wieder, ohne sich mit dem vollständigen Inhalt des von ihr zur Verneinung der Parteistellung der Beschwerdeführerin herangezogenen Bescheides zu befassen. Nach den weiteren (gerade wiedergegebenen) Bestimmungen des Spruchpunktes 2.) erscheint es allerdings nicht als von vornherein ausgeschlossen, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin einer berechtigten Liegenschaft (vgl. § 45 Abs. 1 K-WWLG) ist.
Ohne nähere Auseinandersetzung mit den angeführten Bestimmungen des Bescheides vom 16. März 1972 in ihrer Gesamtheit kann nämlich nicht ohne Weiteres - wie die belangte Behörde dies im angefochtenen Bescheid getan hat - gesagt werden, dass sämtliche dort genannten Weideservitutsrechte nur noch der Agrargemeinschaft (somit der mitbeteiligten Partei) und nicht mehr den durch diese "mediatisierten" Mitgliedern der Agrargemeinschaft zukämen. Bei der somit vorzunehmenden Gesamtbetrachtung könnte auch der in Spruchpunkt 1.) des genannten Bescheides angeführte - in den vorgelegten Verwaltungsakten allerdings nicht enthaltene - (Regulierungs‑)Bescheid ebenfalls vom 16. März 1972, Zl. 2181/14/72, von Interesse sein.
In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass es nach der hg. Rechtsprechung für die Parteistellung genügt, dass die Verletzung eines eigenen, tatsächlich bestehenden subjektiven Rechtes durch den Bescheid möglich ist. Die Behörde muss daher zum Zweck der Prüfung der Parteistellung jenen Sachverhalt ermitteln, der es ermöglicht, ein Urteil darüber abzugeben, ob eine Beeinträchtigung von Rechten in Frage kommt (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG I2 § 8 Rz 9).
Die belangte Behörde hat jedoch den für die Beurteilung der Parteistellung der Beschwerdeführerin maßgebenden Sachverhalt (§ 37 AVG) nicht ausreichend ermittelt.
4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG und § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Das Aufwandersatzmehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil es zum einen den pauschalierten Schriftsatzaufwand überschreitet und zum anderen die verzeichnete Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2011/07/0261, mwN).
Wien, am 25. Juni 2014
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